Kapitel 3
Elba 1988
Ein Schwarm von Touristen, schwirrt um mich herum, während meine grünen Augen durch die Glasscheibe eines der kleinen Terracotahäuser, der Inselpromenade blicken. Ich nehme die Touristen um mich herum kaum war, mein Blick einzig allein auf den braunhaarigen, jungen Mann im hinteren Teil des Restaurants gerichtet, der alleine an einem Tisch sitzt. Auf Séamus, der allein an einem der kleinen Holztische sitzt. Sein Kopf in der Speisekarte vergraben. Dennoch wusste ich, dass er es war. Sein Gesicht war in mein Gedächtnis gebrannt. Seine umwerfenden, warmen, braunen Augen waren in mein Gedächtnis gebrannt. Er war in mein Gedächtnis gebrannt.
Mein Herz macht einen Satz, als ich durch den runden Türbogen des Restaurants trete. Mein Körper vibriert vor Nervosität, als hätte man ihn unter einen Strommast gehangen.
„You shook me all night long" von ACDC dringt durch ein kleines Radio, das auf der Theke steht, während die Sohlen meiner weißen Turnschuhe auf den Steinfliesen, des Restaurants widerhallen. Es war einer meiner Lieblingssongs.
Mein Blick auf meine türkisenen Schnürsenkel gerichtet, atme ich ein paar tiefe Atemzüge ein und aus. Ruhig bleiben Betty, schalle ich mich innerlich.
Schließlich hebe ich meinen Kopf und überbrücke mit wild klopfendem Herz, die letzten Schritte zu seinem Tisch. Im selben Moment als ich vor ihm zum Stehen komme, hebt er seinen Kopf, seine Hände, in denen er die Karte hält, sinken langsam auf den Tisch.
„Bet...", doch er kommt nicht dazu meinen Namen komplett auszusprechen, denn im gleichen Moment lehne ich mich rasch über den Tisch zu ihm rüber, umfasse sein Gesicht und ersticke seine Worte, mit meinen Lippen, im Keim.
Seine Lippen sind weich und warm. Sie schmecken wie Wein und ich möchte mich an ihnen berauschen. An dem süßen, sinnlichen Geschmack seiner Lippen.
Für einen beinahe, flüchtigen Moment schließe ich meine Augen, die Stimme von Brian Young in meinen Ohren. Schließlich löse ich mich von Séamus und mache einen kleinen Schritt zurück.
„Ich mag dich", presse ich mit zittriger, nervöser Stimme hervor. Das laute Dröhnen meines Herzens dabei laut in meinen Ohren.
Er erwidert nichts. Seine braunen Augen blicken nur stumm in meine. Sein Körper komplett regungslos dabei, abgesehen von seinem Brustkorb, der sich hebt und senkt. Kein einzelnes Wort dringt von seinen Lippen. Kein einziger Laut.
Sofortige Scham schießt durch meinen Körper. Erschrocken reiße ich meine Augen auf, als mir auf einmal klar wird, was ich getan habe. Hektisch reiße ich meinen Blick von Séamus ab, drehe mich um und renne so schnell ich kann, mit wehenden Locken aus dem Restaurant. Meine Füße tragen mich über die Inselpromenade, bis hin zum Hafen. Am Rande des Stegs bleibe ich schließlich stehen, mein Blick auf die blaue Hafenbucht gerichtet. Das türkisfarbene Wasser glitzert in den gleißenden Sonnenstrahlen, der heißen Mittagssonne. Hastig wische ich mir mit dem Handrücken über das Gesicht, trockne die Tränen, die über meine Wangen laufen. Tränen, der Beschämung. Tränen, des Schmerzes. Tränen, der Wut auf mich selbst. Für meine Dummheit einen Jungen zu küssen, ohne dass ich irgendetwas von ihm wusste. Einen Jungen, den ich gerade einmal ein paar Tage kannte.
Eine plötzliche, sanfte Berührung an meinem Arm, lässt mich aus meinen Gedanken zusammenzucken und mich automatisch herum wirbeln. Mein Brustkorb hebt und senkt sich unregelmäßig an dem von Séamus, als ich in die reiche, braune Melasse seiner Augen schaue.
„Ich mag dich auch, verdammt", bringt er mit leicht heiser Stimme plötzlich über seine Lippen, bevor seine Hand zu meinem Nacken wandert, die Schwielen seiner Finger reiben dort eine empfindliche Stelle.
Mein Magen flattert, als er meinen Kopf schließlich zu sich zieht und seine weichen, warmen Lippen auf meine legt. Ein Funke springt über bei der bloßen Berührung und lässt mich scharf die Luft einziehen. Eine Decke von Wärme umhüllt meinen Körper und bedeckt uns beide. Es ist, ob er meine Seele küssen würde und nicht meine Lippen. Er macht einen Schritt nach vorne und dann passiert es. Wir fallen. Direkt in die Hafenbucht hinein. Sekunden später, als wir beide an die Oberfläche kommen, lachen wir. Wild und jung, wie wir sind.
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