4-3 | Katz und Maus
Unentschlossen stand Mina vor ihrer eigenen Wohnungstür. Sie konnte hören, dass Henrik inzwischen wieder da war und offensichtlich in ihrer Kochnische an irgendetwas bastelte. Sie fühlte sich nicht bereit, ihm unter die Augen zu treten, doch sie wusste, sie musste sich dem Gespräch mit ihm früher oder später stellen. Mit einem unguten Gefühl im Magen schloss sie die Tür auf.
»Oh, Mina«, wurde sie kühl begrüßt, »schön, dass du in deine Wohnung zurückfindest.«
Sprachlos starrte sie Henrik an. Er schien tatsächlich erneut Abendessen zuzubereiten, doch seine kalte, beinahe schon herablassende Begrüßung irritierte sie. War er etwa immer noch wütend, dass sie den Kuss abgebrochen hatte?
»Es ist in der Tat meine Wohnung, Henri, du tust gut daran, das nicht zu vergessen«, erwiderte sie entsprechend verärgert, während sie ihren Mantel aufhängte und die Aktentasche auf dem Sofa ablegte.
Langsam drehte er sich zu ihr um: »Möchtest du mich loswerden?«
Mit zwei großen Schritten war sie auf ihn zugetreten und funkelte ihn wütend an: »Nein. Ich will bloß meinen besten Freund wiederhaben und hier in Ruhe leben.«
Seine einzige Reaktion bestand darin, dass er eine Augenbraue hochzog und sich wieder dem Kochtopf zuwandte, in welchem, wie Mina nun riechen konnte, eine Gemüsesuppe vor sich hin köchelte.
»Ich habe bei René übernachtet«, erwähnte Henrik wie beiläufig, doch sofort gefror Mina das Blut in den Adern. Sie musste keine Hellseherin sein, um zu wissen, worauf das hinauslief.
»Er hat mir interessante Dinge erzählt«, fuhr er fort, noch immer so unbeeindruckt und nachlässig, als würde er über das Wetter plaudern: »Anscheinend habt ihr gerade eine Beziehungspause eingelegt, weil es nicht so gut läuft.«
»Ich weiß, was du sagen willst, Henri, aber ...«, setzte sie an, doch sofort wurde sie von ihm unterbrochen. Er hatte sich wieder zu ihr umgedreht und war noch näher an sie herangetreten.
»Du hörst jetzt mal mir zu, Mina!«, fuhr er sie wütend an: »Du hast eine Pause mit René! Hast du überhaupt verstanden, warum er die wollte?«
Verwirrt blinzelte sie: »Ja, natürlich. Er hofft, dass wir ... naja, eher ich ... zu unseren alten Gefühlen zurückfinden, wenn wir ein wenig auf Abstand gehen.«
Hart packte Henrik sie an den Oberarmen: »Das ist nur die eine Hälfte der Wahrheit! Himmel, Mina, du bist doch sonst so schlau! Diese Pause dient dazu, damit du realisierst, dass du nur René willst. Nur ihn! Und dazu gehört, dass du deine Gefühle für andere Männer austestest! René ist nicht bescheuert, okay? Er weiß nichts Genaues, aber er hat angedeutet, dass er denkt, dass du dich vielleicht für andere Männer interessierst! Und er will, dass du da mal ernsthaft drüber nachdenkst. Er will, dass du dir absolut sicher bist, dass du dein Leben mit ihm verbringen willst, bevor ihr heiratet!«
Nur am Rande bemerkte Mina, dass Henriks Griff um ihre Oberarme schmerzhaft fest war. Sie konnte nicht glauben, was er ihr da erzählte. Es machte keinen Sinn, weder, dass René so denken würde, noch dass irgendeiner so etwas zulassen würde! Wütend zischte sie Henrik an: »Du erwartest doch nicht ernsthaft, dass ich mit allen möglichen Männern rummache, nur weil wir Pause haben? Wofür hältst du mich?«
In offensichtlicher Frustration ließ er von ihr ab und warf die Hände die Luft: »Frau! Hörst du dir selbst zu? Wenn du während eurer Pause treu zu René bleibst, könntet ihr die Pause auch gleich sein lassen! Der Sinn ist doch, andere Menschen auszuprobieren, um dann mit der Erkenntnis, dass René eben doch der Beste ist, zurückzukehren!«
Mina senkte den Blick. Den Teil verstand sie durchaus. Das Problem war nur ...
»Und was, wenn ich diese Erkenntnis am Ende nicht habe?«, fragte sie leise.
Diese Frage schien Henrik kurzzeitig aus dem Konzept zu bringen, denn er blieb bloß stumm vor ihr stehen. Dann, mit einer Zärtlichkeit, die sie ihm niemals zugetraut hätte, legte er ihr zwei Finger unter das Kinn, zwang sie so, den Kopf wieder zu heben, und umschlang sie mit dem anderen Arm: »Dann ist es so. Dann ist es gut, dass du deine Gefühle sortiert hast, bevor ihr irgendeine Form von dauerhafter Beziehung eingegangen seid.«
Mit großen Augen starrte sie ihn an. War es wirklich gut, René zu betrügen, nur um ihn dann am Ende endgültig zu verlassen? Die Aufrichtigkeit, die ihr aus Henriks grünen Augen entgegenstrahlte, zeigte ihr, dass er seine Worte vollkommen ernst meinte.
»Ich kann nicht«, flüsterte sie, ohne den Blick abzuwenden: »Wenn ich ... wenn ich René jetzt aufgebe, dann ist es aus. Für immer.«
Etwas flackerte auf in Henriks Augen, etwas, das ihr Angst einjagte und gleichzeitig einen wohligen Schauer über ihren Körper laufen ließ. Seine Hand wanderte von ihrem Kinn auf ihre Wange: »Dann ist es vielleicht richtig, das jetzt zu tun. René ist mein bester Freund, Mina. Aber wenn du ihn nicht genug liebst, um ohne zu zögern den Rest deines Lebens mit ihm verbringen zu wollen, dann solltest du es lieber früher beenden als später. Er hat dir die Tür selbst geöffnet. Auch, wenn er hofft, dass du zurückkommst ... er hat es getan in dem Bewusstsein, dass du vielleicht für immer gehst.«
Ihr Herzschlag beschleunigte sich. René war so ein guter Mensch. Unter all der Fröhlichkeit, den Streichen und Dummheiten, die er ständig im Kopf hatte, hinter all dem steckte ein unendlich gutes Herz, das hatte sie schon immer gewusst. Und sie liebte ihn dafür. Er wärmte ihr Herz, gab ihr das Gefühl, dass es wirklich gute Menschen auf der Welt gab, und schenkte ihr immer wieder aufs Neue so viel Freude.
Bloß ...
Sie war nicht in ihn verliebt. Vielleicht war sie es früher einmal gewesen, doch hier, in den Armen von Henrik, nach dem Kuss, den sie geteilt hatten, wusste sie mit absoluter Sicherheit, dass sie nicht länger in René Förster verliebt war.
Sie schloss die Augen und lehnte sich in seine Hand. Als habe er nur auf ein Zeichen von ihr gewartet, presste Henrik sie noch enger an sich und begann, mit seinem Daumen über ihre Lippen zu streichen. Ein Seufzen entfloh ihr.
»Mina«, sagte er leise: »Gefühle sind, wie sie sind. René versteht das. Er wird es verstehen.«
Langsam öffnete sie ihre Augen wieder. Henriks Blick war dunkler geworden, deutlich gezeichnet von dem Verlangen, das er für sie empfand, und sie konnte sich nicht dagegen wehren. Wie ein Spiegel flammte auch in ihr die Leidenschaft hoch.
Und endlich erwiderte sie seine Umarmung.
»Ich möchte nichts kaputt machen«, gestand sie leise, ihre Stirn auf seiner Schulter abgelegt: »Ich habe Angst.«
Beruhigend streichelte er ihr über den Kopf: »Ich habe auch Angst, Mina. Lass uns zusammen Angst haben.«
Mit diesen Worten schaltete er die Kochplatte aus, dann umschlang er Mina mit beiden Armen, hob sie hoch und trug sie in ihr Schlafzimmer. Sanft legte er sie auf der Matratze ab, um dann die Tür zu schließen und ein kleines Licht anzumachen. Heiße Schauer liefen über Minas Körper, während sie ihn dabei beobachtete, wie er sich langsam seiner Kleidung entledigte. Noch immer hatte er den durchtrainierten Körper eines Fußballspielers. Seine grünen Augen, die sie sonst voller Wärme und Offenheit angeschaut hatten, schienen sie jetzt zu verschlingen, so viel unverhüllte Lust konnte sie darin lesen.
Mina wusste nicht, wann sie sich das letzte Mal so begehrt gefühlt hatte. Nervös leckte sie sich über die Lippen, ehe sie begann, sich selbst auch auszuziehen. Sie ließ Henrik dabei keine Sekunde aus den Augen, als sie ihren Pullover jedoch über den Kopf zog, fiel sein Blick wie magisch angezogen auf ihre Brüste. Sie unterdrückte ein Kichern.
»Du bist so schön«, murmelte er, während er zu ihr aufs Bett kroch.
Mina musste sich konzentrieren, um das Atmen nicht zu vergessen. Wie hatte sie Henrik zuvor nur nicht als attraktiven Mann wahrnehmen können? Sein immer etwas wildes Haar, seine breiten Schultern, die rauen Hände, die jetzt über ihren entblößten Bauch strichen. Sie hatte das Gefühl, ihr ganzer Körper stand in Flammen. Schnell zog sie den Rest ihrer Kleidung aus, bis sie ebenso nackt war wie er selbst.
Vorsichtig ließ sie sich zurücksinken, bis sie ausgestreckt auf dem Bett lag, und bot ihren ganzen Körper seinem hungrigen Blick an. Beinahe als wäre er überfordert von ihrem Anblick, zuckten seine Augen hin und her, als wüsste er nicht, wo er zuerst hinschauen sollte. Entschlossen griff sie nach seiner Hand und zog sie zu sich, legte sie auf einer ihrer Brüste ab.
»Mina«, seufzte Henrik und endlich, endlich beugte er sich über sie und küsste sie.
Zufrieden ließ Mina ihre Augen zufallen, verdrängte jeden Gedanken an René und gab sich ganz dem Kuss hin. Zärtlich, unendlich langsam und trotzdem voller Selbstbewusstsein strichen Henriks Lippen über ihre, während der Daumen seiner rechten Hand ihren steifen Nippel liebkoste. Wie kleine Blitze zuckte Erregung durch ihren Körper. Ohne es recht zu merken, schob Mina ihre Beine auseinander, um Henrik dazu einzuladen, sich zwischen sie zu legen. Ohne zu zögern kam er der unausgesprochenen Aufforderung nach.
Sie gab einen unzufriedenen Laut von sich, als er den Kuss beendete, doch als sie kurz darauf seine heißen Lippen auf ihrer anderen Brust spürte, verstummte ihr Protest. Voller Hingabe leckte und saugte er an ihrem Nippel, während seine andere Hand zunehmend härter ihre rechte Brust knetete. Stöhnend reckte sie sich ihm entgegen, vergrub ihre Hände in seinem Haar, rieb ihre Hüfte an seinem Oberschenkel, um so viel von seinem muskulösen Körper wie möglich zu spüren.
»So gierig«, neckte Henrik sie mit einem dunklen Lachen, doch er kam dem ungeduldigen Rollen ihrer Hüfte entgegen. Seinen linken Arm neben ihr aufgestützt, wanderte seine rechte Hand langsam über ihren Rippenbogen, weiter zu ihrem Bauch, runter, hinab zwischen ihre Schenkel. Sofort spreizte sie ihre Beine noch weiter, gierig nach seiner Berührung. Wieder lachte er, doch er hielt nicht inne. Seine Finger fanden ihre erhitzte Mitte, strichen zuerst zart, dann mit zunehmendem Druck darüber. Seufzend und stöhnend drängte Mina sich ihm entgegen, versuchte ihm mit ihrem Körper zu verstehen zu geben, dass sie ihn in sich spüren wollte.
Wieder schien er ihre Gedanken lesen zu können, denn im selben Moment, als seine Lippen für einen weiteren Kuss zurückkehrten, drang er mit zwei Fingern tief in sie ein. Ohne Scham stöhnte sie in seinen Mund, öffnete sich ihm ganz, während er einen langsamen Rhythmus aufnahm. So, wie seine Zunge über ihre strich, so stieß er seine Finger in sie, während seinen Daumen ihre empfindlichste Stelle fand.
»Henri!«, entfuhr es Mina unwillkürlich.
»Du bist perfekt, Mina«, raunte er ihr ins Ohr, ohne die Bewegung seiner Hand zu unterbrechen, »so perfekt für mich. So heiß. Ich kann gar nicht glauben, dass ich endlich ...«
Unwillig packte sie sein Gesicht und zog ihn in einen weiteren Kuss, ehe er mit seinen romantischen Plattitüden die Stimmung verderben konnte. Im Takt mit seiner Hand rollte sie ihre Hüften, presste sie sich an ihn, während sie spürte, wie sich im Innern ein Orgasmus anbahnte. Sie brauchte mehr, sie brauchte es schneller. Ihr Kuss wurde leidenschaftlicher, fordernder, und die Bewegungen ihrer Hüfte unkontrollierter. Entschlossen packte sie Henriks Handgelenk, um seine Hand festzuhalten und übernahm selbst die Kontrolle. Seufzend wandte sie sich unter ihm, versenkte seine Finger immer schneller in sich, während er nicht aufhörte, ihren empfindlichen Knoten zu massieren. Und dann, endlich, als sie schon meinte, vor Anspannung und Erregung platzen zu müssen, rollte der Orgasmus wie eine riesige, erlösende Welle über sie.
Henrik hielt sie fest, liebkoste sie, während sie zitternd unter ihm lag und langsam wieder zu Atem kam. Sie konnte kaum glauben, dass er sie bei ihrem ersten gemeinsamen Mal zum Höhepunkt gebracht hatte.
»Mina«, sagte er leise, nachdem sie wieder halbwegs bei sich war: »Hast du ... irgendwas da?«
Kurz blinzelte sie irritiert, dann begriff sie: »Nicht nötig. Ich nehm die Pille.«
Erleichtert lächelte Henrik sie an. Dann, vorsichtig, als wollte er sie nicht verschrecken, positionierte er sich zwischen ihren Beinen und schaute ihr tief in die Augen: »Darf ich?«
Kichernd schlug sie ihm gegen seinen Oberarm: »Du musst!«
Kurz noch zögerte er, schaute sie einfach nur an, als suche er nach einem Zeichen von Abwehr, dann senkte er sich unendlich langsam in sie. Automatisch hob Mina ihre Hüfte und spreizte ihre Beine weiter. Es war schon viel zu lange her und mit einem Mal wurde ihr bewusst, wie sehr sie Sex vermisst hatte. Als Henrik sich vollständig in sie versenkt hatte, schlang sie beide Beine um ihn, legte ihre Hände auf seine Schultern und presste ihn eng an sich.
Als habe er nur auf das Zeichen gewartet, begann Henrik, mit tiefen Bewegungen in sie zu stoßen. Die süße Erregung baute sich wieder in Mina auf, während sie ihre Augen schloss und einfach genoss, hier unter ihm zu liegen. Sie spürte, wie seine Bewegungen schneller wurden, kürzer und hektischer. Als sie ihre Lippen gierig auf seinen Hals presste, kam er mit einem lauten Stöhnen und ein paar letzten, unkontrollierten Stößen.
Schwer atmend rollt er sich von ihr runter, während sie nach der Bettdecke griff und sie über ihre beiden nackten, verschwitzten Körper zog. Zufrieden mit sich und der Welt kuschelte Mina sich an Henrik, der zu ihrem Erstaunen bereits eingeschlafen war. Nachdenklich fuhr sie mit ihren Fingern über seine Brust. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie noch stundenlang weiter machen können. Vielleicht wäre sogar noch ein weiterer Orgasmus für sie drin gewesen. Aber sie wollte sich nicht beschweren, immerhin hatte Henrik schon deutlich mehr Zeit für sie und ihre Bedürfnisse aufgebracht als René jemals zuvor.
Fluchend schloss sie die Augen. René war der letzte, an den sie jetzt denken wollte. Sie sollte sich einfach einmal damit zufrieden geben, was das Leben ihr gab.
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