Teil 1; Kapitel 3

Die gesichteten Personen rannten keineswegs nach links oder rechts davon. Ihr Weg führte unter die Erde. Verwirrt starrte ich in die Richtung, an der gerade noch einige Lichter zu sehen waren. Nur halb in dem Bewusstsein, was ich gerade tat, trat ich den Boden, in der Hoffnung eine Luke oder ähnliches zu finden, ab. Ich war mir langsam nicht mehr sicher, ob das Ganze nicht doch eine Halluzination gewesen ist, als meine Füße auf etwas hartes stießen. Als wäre das das Stichwort, wachte ich wieder aus meiner Art Trance auf und ertaste auch mit den Händen einen wohl sehr verrosteten Deckel. Ich griff an dessen Rand und versuchte ihn mit aller Kraft nach oben zu ziehen, erfolglos. Ich suchte mir Stock und Stein, um die Platte hochzuhebeln und tatsächlich, nachdem ich mich das zweite Mal mit aller Kraft auf das Ende des Stockes stemmte, gab dieser nach. Kalte, etwas riechende Luft stieg aus dem sich nun vor mir erstreckendem Loch und gab mir das Gefühl ein weiteres Mal die polnischen Festung zu besuchen, die wir auf einer der Klassenfahrten besichtigten. Während ich mit vorsichtigen Schritten die wackelige Leiter hinunterstieg, dachte ich über die Fahrt nach. Es war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, eine innige Freundschaft mit jemandem aufgebaut zu haben. Es war ein Junge aus der Parallelklasse, neben dem ich auf der Hinfahrt im Bus saß. Wir hatten uns unterhalten und eigentlich ganz gut verstanden. Nach der Fahrt haben wir uns dann jedoch nicht noch einmal getroffenen oder miteinander geredet. Er war offensichtlich genauso interessiert darin, soetwas aufrechtzuhalten, wie ich.

Als ich durch den sich nähernden Boden aus meinen abschweifenden Gedanken gerissen wurde, sah ich mich in der durch das hineinfallende Licht nur spärlich belichteten Höhle um. Ich schien soweit ich es erkennen konnte alleine zu sein.  "Hallo?", fragte ich in die Dunkelheit hinein. Irgendwo mussten die Leute doch sein. Ich tastete mich an der kalten, steinernen Wand vorwärts und fragte immer wieder, ob jemand da sei, eine Antwort erhielt ich nicht und nach einigen Minuten des Vorwärtstastens gab ich auf. Ich stand nun schon in völliger Dunkelheit. Ich würde Morgen einfach mit einer Taschenlampe wieder herkommen und sehen, wo sich die Leute, die sich irgendwo in diesem Tunnel versteckten, aufgehalten hatten.

Am nächsten Morgen war von meiner Aufregung am letzten Abend nichts mehr zu spüren. In aller Ruhe zog ich mich nach dem Aufstehen an, kämmte meine Haare und trat einen Apfel in der einen und die Taschenlampe in der anderen Hand in die Morgensonne. Ich biss in den Apfel und genoss den sich ausbreitenden süß-säuerlichen Geschmack, während ich mir den gestern abgelaufenden Weg wieder ins Gedächtnis rief. nach einiger Zeit fand ich dann endlich den größtenteils mit Moos überwachsenen Deckel. Glücklicherweise konnte ich mir das Hebeln sparen, da ich am Abend zuvor einen Stein in die Öffnung gelegt habe. Als ich die Leiter hinuntergestiegen und einige Gänge abgelaufen war, endete auch der bisher längste Gang. Ich wollte mich gerade umdrehen, um die letzten drei abzulaufen, als mir aus dem Augenwinkel etwas ungewöhnliches auffiel. Aus der Wand quollen Massen an frischen langen Kleepflanzen, die rundherum mit Blumen und Kleeblätter bewachsen waren. Natürlich gewachsen sein konnten sie in der dunklen Höhle auf keinen Fall, sie mussten dort vor nicht allzu langer Zeit angebracht worden sein. Vorsichtig versuchte ich mithilfe meines Fingers den Ursprung zu finden, doch egal wie sehr ich meinen Finger durch das Loch in der Wand zu quetschen versuchte, die Stängel saßen zu fest drin, als dass ich die hälfte des Fingers hineinbekam. Es blieb also nichts anderes übrig, als die Pflanzen herauszuziehen. Ich griff fest zu und als ich gerade noch einmal tief Luft holte, ertönte eine laute Stimme und ließ mich zusammenzucken.

"Neein!", schrie eine helle Stimme und ich konnte nicht beurteilen, aus welcher Richtung sie kam. "Untersteh dich, sonst verbrenn ich dich, wie es schon damals mi..", plötzlich ertönte eine etwas tiefere Stimme und unterbrach das Gebrüll mit ruhigem Ton, "Ist schon gut. Sieh nur, sie hat doch schon losgelassen." "Wer ist da?", fragte ich mit etwas unsicherer Stimme. "Komm heraus, dann werden wir dir", setzte die tiefere Stimme erneut an, doch wurde von der hellen unterbrochen, "Ich bin mir mit ihr noch nicht sicher!" "Aber sie hat doch be" Abrupt verstummten sie. Während ich mir eine Anweisung von den sonderbaren Stimmen erhoffte, versuchte ich meine Gedanken zu ordnen.
Was hatte es mit den beiden vermeintlichen Frauenstimmen und den Kleepflanzen auf sich? Wie gelangten die Stimmen überhaupt zu mir? Standen beide womöglich am Eingang des Tunnels? Das würde erklären, warum ich laut der einen herauskommen sollte. Wie sie mich gesehen hatten, erklärte das jedoch nicht. Viel wahrscheinlicher war es in dem Fall, dass ich durch Kameras beobachtet wurde und die Stimmen  mithilfe von Lautsprechern durch die Höhle klangen. Wieso sollte man jedoch in einer solchen Höhle technische Gerätschaften wie diese anbringen. Es ergab einfach keinen Sinn.

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