vier.

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KAPITEL VIER
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Pansy wagte es zu behaupten, dass Daphne Greengrass ihre beste Freundin war.

Freundschaft unter Reinblütern war ein kompliziertes Thema. Man war befreundet, weil sich die Familien untereinander kannten, weil man sich in frühen Jahren kennengelernt hatte und weil sie die einzigen waren, die "würdig" genug waren, um sich mit ihnen abzugeben.

Die reinen Familien hielten zusammen, was nach außen betrachtet ein Zusammenhalt war, den man sich nur wünschen konnte.

Doch Pansy begriff früh, dass es um viel mehr als Freundschaft im Leben ging: Macht. Geheimnisse zu kennen und zu vertuschen war die eine Sache, doch sie war überzeugt davon, dass Wissen Macht war und es verführerisch war, sie anzuwenden.

Die tiefsten Abgründe der Seele eines Menschen zu kennen, wusste eine geschickte Person zu nutzen. Wie leicht hatte man jemanden in der Hand, dessen Geheimnisse man in Erfahrung brachte.

Jeder definierte Freundschaft anders, und Pansy hatte ihre Definition gefunden, die viel einfacher war, als jede ausführliche Erklärung: Gab es eine Person, deren Geheimnisse man nie gegen sie verwenden würde, dann - und nur dann - war sie ein Freund, was umgedreht nicht bedeutete, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte.

Es war schwer, Menschen zu vertrauen, wenn man Ehrlichkeit, Vertrauen oder gar Liebe nicht messen konnte.

Deswegen wollte Pansy nie jemandem das Gefühl geben, sich hundertprozentig auf sie verlassen zu können. Es war viel zu leicht, ausgenutzt zu werden und sie würde nicht zulassen, verletzt zu werden.

Dann gab es Granger mit ihrem Edelmut und ihrem scheinheiligen Gerede über Freundschaft und Güte.

Lächerlich, würde Pansy dazu sagen. Lächerlich, würde Pansy gerne dazu sagen.

Ein Teil in ihr sehnte sich nach den Dingen, von denen Granger sprach. Keine Hintergedanken und Freunde zu haben, auf die man sich immer verlassen konnte... Wenn sie das hörte, wüsste sie gerne, wie es sich anfühlte.

Sie fragte sich, wie sie sein würde, wenn sie nicht Pansy Parkinson wäre und wen sie zu ihren Freunden zählen würde. Parvati Patil hätte eine Person sein können, die sie ihr Leben lang an ihrer Seite gehabt hätte, doch sie hatte ihre Freundschaft verheimlicht. Mit Gryffindors befreundet zu sein, wurde nie gut aufgenommen. Und Parvati war es irgendwann zu viel geworden.

Schnaubend versuchte sie sich auf das Buch zu konzentrieren, das in ihrem Schoß lag. Seit sie Dracos Plan durchführte, machte sie sich viel zu viele Gedanken um Themen, die ohne weiteres an ihr vorbeigehen sollten.

Als Daphne in den Schlafsaal kam, war Pansy dementsprechend sehr dankbar, eine eventuelle Ablenkung durch die Tür kommen zu sehen.

Glücklicherweise begann die andere, blond gelockte Slytherin direkt, ihr Anliegen vorzubringen. „Pansy, schau nur! Ich habe mir gedacht, ich zeichne ein wenig, nachdem ich Ewigkeiten keinen Stift mehr in der Hand gehalten habe und siehe da..."
Sie hielt eine Zeichnung hoch und nachdem Pansy nur einen kurzen Blick darauf erhaschen konnte, riss sie ihr das Stück Papier aus der Hand.

Es war... gewöhnungsbedürftig. Vielleicht lag es daran, dass Pansy nie viel von Kunst abgewinnen konnte und während sie realistische Zeichnungen nett anzusehen fand, hasste sie Bilder, in die man zu viel hineininterpretieren musste.

Daphnes Zeichnung war vermutlich nicht schlecht, aber sie traf Pansys Geschmack nicht, was wohl der Grund war, dass ihr erster Eindruck... schrecklich war.

Sie war kurz davor etwas Ruppiges zu ihrer Freundin zu sagen, doch in diesem Moment blickte sie in die erwartungsvoll leuchtenden Augen von Daphne, die sie beinahe hoffnungsvoll ansahen.

Pansy hielt mitten in ihrer Antwort inne und konnte plötzlich nicht mehr sagen, dass es schlecht war. „Du weißt, ich lasse mich nicht leicht von Kunst begeistern und ich habe kein Auge für solche Dinge, aber... objektiv betrachtet sieht das wirklich gut aus."

Daphne begann glücklich zu strahlen und Pansy fühlte sich gut dabei, ihre Meinung galanter auszudrücken und wurde von ihrem Lächeln angesteckt, sodass sich auch ihre Mundwinkel hoben.

Das war Grangers Werk, ganz klar. Durch diesen verfluchten Plan hatte sie es geschafft, ihr Flöhe in den Kopf zu setzen.

Verflucht seist du, Draco Malfoy und deine schrecklichen Pläne.

⭒⭒⭒

Als Mädchen mit sechs älteren Brüdern aufzuwachsen, bereitete einen gut auf das Leben vor. Der Ansicht war zumindest Ginny Weasley.

Sie hatte sich im sehr jungen Alter vor allem erschreckt und Fred und George hatten diese Tasache zu ihrem Nachteil auszunutzen gewusst. Mittlerweile bekam sie keinen Schock mehr, wenn etwas Unerwartetes passierte. Bis auf heute.

Quidditch war ein wichtiger Teil von ihr und sie würde keineswegs nur nach den Zeiten des Gryffindorteams trainieren. Bei dem ganzen Stress des ZAG-Jahres brauchte sie einen Ausgleich, den sie nur in der beliebten Zauberersportart fand.

In dem Moment, als sie das Quidditchfeld betrat und auf ihren Besen steigen wollte, zuckte sie beim Geräusch eines Klatschens hinter sich am Rand des Feldes zusammen.

„Merlin, steh mir bei." murmelte sie, als sie sich umdrehte und sah, wer ebenfalls hier war und sich gerade lässig zu ihr rüber bewegte: Blaise. In seiner Hand hielt er einen Besen.

„Was für ein interessanter Zufall." meinte er mit einem schelmischen Grinsen, das Ginny die Augen verdrehen ließ, bevor sie ein ironisch gemeintes Lächeln aufsetze.

„Nicht, dass ich es nicht verstehe, dass du mich verfolgst, aber wenn du dein Gesicht in dieser Form behalten willst, lässt du es lieber bleiben. Danke." Sie drehte sich um und wollte sich so schnell wie möglich auf ihren Boden setzen, doch Blaise war schnell genug, um seine Hand auf den Besen zu legen und sich so vor sie zu stellen, dass sie gezwungen war, zu ihm zu sehen.

„Sag, dass ich gehen soll und ich gehe." meinte er mit beinahe sanfter Stimme und setzte ein Grinsen auf, das andere Mädchen womöglich zum Schmelzen gebracht hätte. Er hatte ihr nie Aufmerksamkeit geschenkt und das hatte sie auch nicht wirklich gestört. Doch ihre Verwirrung würde ihn wahrscheinlich nur noch mehr anstiften, zu tun, was auch immer er hier tat.

„Okay..." erwiderte sie gedehnt und sah ihn verständnislos an. „Ich möchte, dass du gehst."

Ihr fiel sofort auf, dass ihn ihre Reaktion überraschte und unwillkürlich fragte sie sich, was er von ihr erwartete und was sein eigentliches Ziel war.

Doch er schien weiter albern sein zu wollen und nahm ihre Antwort auf die leichte Schulter, beinahe als hätte sie ihn nur... necken wollen.

„Das wäre der Moment gewesen, in dem du sagst: Blaise, ich habe es nicht so gemeint. Bleib doch bei mir!" Mit bedauernder Miene fasste er sich mit der Hand ans Herz und sah sie leidend an, was sie nur noch mehr nervte. Nach all den Jahren tat er plötzlich so, als wäre sie ein normaler Mensch? Keine dreckige Blutsverräterin, die in einem Zimmer mit ihrer Familie lebte?

Wenn er glaubte, diese Masche funktionierte, hatte er sich gewaltig getäuscht.

„Aber der Moment sah wohl eher so aus: Zabini, lass mich in Ruhe oder ich hetze dir einen Flederwicht-Fluch auf den Hals."

Blaise nickte betont getroffen und sah amüsiert zur Seite. „Dann werde ich nicht warten, bis du wieder landest." sagte er schlicht und Ginny sah ihn eine Weile stumm an, doch sie konnte nicht aus seinem Blick und seinen Gesten schlau werden.

„Es wäre besser."

Während er ging und sie ihn stirnrunzelnd beobachtete, hätte sie beinahe vergessen, warum sie überhaupt hergekommen war.

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