prolog.
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PROLOG
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Das letzte, womit Hermine an diesem Tag gerechnet hatte, war eine weinende Pansy Parkinson. Sie hatte Pansy nie als Mensch wahrgenommen, den etwas so weit mitnahm, dass es zu einer solchen Gefühlsäußerung kam.
Es war immer umgedreht gewesen. Sie hatte andere Personen zum Weinen gebracht - und das nicht zu knapp.
Ihre Persönlichkeit war fies, sadistisch und herablassend. Manchmal versuchte Hermine, ihre Art nachzuvollziehen und zu verstehen, wie es war mit einer strengen reinblütigen Familie und veralteten Ansichten aufzuwachsen. Doch jedes Mal, wenn Pansy sie triezte, fiel es ihr schwerer, einen Grund für ihr Verhalten zu finden.
Allerdings würde sie nicht einmal bei Pansy so weit gehen, anzunehmen, dass sie eine Todesserin war. Sie konnte Harrys Beschuldigungen an Draco nichts abgewinnen.
Als Hermine die Mädchentoilette aufsuchte, war ein lautes Schluchzen das erste, was ihr auffiel. Von der Tatsache abgesehen, dass sie Vertrauensschülerin war und eine gewisse Verantwortung gegenüber den Schülern von Hogwarts hatte, ließ es sie nicht ungerührt.
Doch als sie zu der offenen Kabine ging, in der sie Pansy sah, hielt sie inne. Sie wusste nicht, wie sie auf dieses ungewohnte Bild reagieren sollte und beobachtete, wie sich die Miene der Slytherin verhärtete, als sie ihren Blick hob.
„Granger. Halt deine langen Zähne aus fremden Angelegenheiten heraus." schnappte Pansy grob und strich sich ihre braunen Haare aus dem Gesicht, während sie so würdevoll wie möglich aufstand.
„Mit diesem Kommentar bist du zwei Jahre zu spät, Parkinson." entgegnete Hermine und versuchte, sich den Gedanken aus dem Kopf zu schlagen, herauszufinden, was mit Pansy los war. Seit dem Beginn dieses Schuljahres führte sie eine Beziehung mit Draco - vielleicht hatte sie damit bereits den Grund.
Manchmal war sie dankbar, dass es die Slytherins gegeben hatte, da sie ohne sie immer noch mit zu langen Zähnen herumlaufen würde. Aber Pansy hatte ihr sonst wenig Anlass gegeben, sich über ihre Anwesenheit zu freuen.
Die Slytherin ging an ihr vorbei und rempelte sie provozierend in die Seite, bevor sie vor dem Waschbecken stehen blieb, um einen kurzen Blick in den Spiegel zu werfen. Hermine wollte ihren Blick abwenden, als sie plötzlich Pansys Stimme hörte, die innehalten ließ.
„Granger?" Ihre Stimme klang kühl und beinahe so, als hätte sie dieses Wort nicht aussprechen wollen. Es hatte sie Überwindung gekostet - vielleicht war es dass was Hermine dazu bewegte, schweigend abzuwarten.
„Denkst du, dass ich ein schlechter Mensch bin?"
„Was?" entgegnete Hermine perplex, da sie der Satz zu sehr überrascht hatte, um überlegter zu reagieren.
„Gibt es bei Muggeln nicht etwas wie Wasser? Sind deine Ohren verstopft?" Pansy wandte sich mit einer abrupten Geste von ihr ab und richtete sich ihr Haar.
Wenn sie ihre Frage tatsächlich ernst meinte, war das vielleicht Hermines Chance, sie (auch wenn das sehr weit ausgeholt war) dazu ermutigen, sich netter zu verhalten. Sie war keine Therapeutin und definitiv würde sie Pansy nicht blind vertrauen, aber wenn sie Anzeichen machte, Hilfe anzunehmen, würde sie nicht untätig bleiben.
„Niemand, der sich bessern möchte, muss ein schlechter Mensch bleiben." antwortete Hermine abwartend und beobachtete, wie die Slytherin innehielt.
„Also bin ich ein schlechter Mensch." murmelte sie und schnitt Hermine das Wort ab, als sie ausholen wollte. „Spar dir deine Worte, Granger. Du bist eine Gryffindor, also dachte ich, von dir keine Ausreden, sondern Fakten zu hören."
„Würdest du mir diese Frage stellen, wenn du es nicht wissen würdest? Du manipulierst, diskriminierst und erpresst. Nenn mir deine Definition von einem guten Menschen." Hermines Antwort war bissiger als gedacht, doch sie war zu verwundert darüber, was Pansy gesagt hatte, um länger über ihre Worte nachzudenken.
Sie glaubte daran, dass jeder eine Chance verdiente sich zu beweisen und dass jede Person in der Lage war, sich zu ändern. Wenn Pansy an sich selbst zweifelte und Hermine sie bestätigte, würde es vielleicht eine der „klassischen" Slytherins, die es Draco Malfoy gleichtat, weniger geben.
„Du hast es leicht mich zu beurteilen mit deinem Edelmut. Hermine Granger, die ach-so-perfekte beste Freundin von Harry Potter. Natürlich bin ich die Böse in dieser Welt." Pansy schnaubte und wandte ihren Blick wieder Hermine zu, die schweigend verfolgte, was sich auf ihrem Gesicht abzeichnete. „Vielleicht kannst du dich einmal in deinem Leben nützlich machen. Zeig es mir. Wie bist du so gut?"
„Du willst, dass ich dir zeige, wie du ein guter Mensch sein kannst?" fragte Hermine mit ungläubig spöttischen Unterton nach, doch Pansy erwiderte ihren Blick ernst.
„Ich könnte auch den heiligen Harry Potter fragen. Aber bei so wie Gutmensch-Gefasel würde mir schlecht. Du hast wenigstens etwas... Biss." Ein leichtes Grinsen zierte das Gesicht der Slytherin, als sie es tatsächlich geschafft hatte, ihr Gegenüber belustigt zum Schnauben zu bringen. „Also...?"
„Falls du diesen Sinneswandel ernst meinst, werde ich es versuchen. Nur eine Sache, Pansy-" setzte Hermine an, wurde jedoch von Pansy warnend unterbrochen.
„Übertreib es nicht, Granger."
„Natürlich nicht, Parkinson. Ich will nur wissen, woher dieser Sinneswandel kommt." Hermine versuchte zu erkennen, was in Pansy vor sich ging, doch die Slytherin war verschlossen wie ein Buch ohne Beschriftung und Klappentext.
„Vielleicht später, Granger. Ich erwarte irgendeine Liste, aber lass dir noch ein wenig Zeit. Ich werde die nächsten Tage genießen, bevor ich mir alles verderbe. Ich bereue es jetzt schon." Schwungvoll drehte Pansy sich um, warf Hermine ein kurzes Zwinkern zu und verließ die Mädchentoilette so schnell, dass die Gryffindor überhaupt nicht so schnell reagieren konnte.
Eine Liste?
Was dachte Pansy denn, was es bedeutete, ein guter Mensch zu sein? Dass sie Charakterzüge auswendig lernen konnte wie Zaubertrankzutaten für die ZAG-Prüfungen? Es war wie mit Zaubersprüchen. Sie musste sie nicht nur kennen, sondern auch anwenden können.
Aber wenn sie eine Liste wollte... Hermine würde sich etwas einfallen lassen.
Und so unrealistisch und aussichtslos ihr das eben Geschehene schien, hoffte sie, dass Pansy vielleicht irgendwann in der Lage sein würde, das umzusetzen, was sie eben gesagt hatte. Sie würde in Kauf nehmen, dass es ein langer Weg werden würde. Solange es gelingen würde.
⭒⭒⭒
„Es war genauso, wie du es gesagt hast. Granger hat den gleichen Weltverbesserungskomplex wie Potter."
Pansy ließ sich mit einem zufriedenen Grinsen auf das Sofa des Slytherin-Gemeinschaftsraum sinken und sah erwartungsvoll in Dracos Gesicht, dessen Miene weicher wurde, als er ihren Blick erwiderte.
„Die Gryffindors sind viel zu leicht zu durchschauen." meinte er und Pansy schwieg einen Augenblick, bevor sie die Frage stellte, die sie ab Anfang an beschäftigt hatte.
Es war frustrierend. Sie hatte gedacht, etwas näher an Draco herangekommen zu sein, doch sie überkam vor allem seit dem Beginn dieses Schuljahres das Gefühl, dass in ihm viel mehr vorging, als er ihr und den anderen Slytherins anvertraute.
Pansy wollte so sehr, dass er ihr vertraute. Auch, wenn sie ab Anfang an Zeit miteinander verbracht hatten, schien sich erst im vierten Schuljahr etwas geändert zu haben.
Als Draco sie zum Weihnachtsball eingeladen hatte, war sie der glücklichste Mensch der Welt gewesen. Und während sie sich an diesem Abend unterhielten, erkannte Pansy, dass sie ihn wirklich mochte.
Er war in allen Punkten perfekt. Er sah gut aus, war Reinblut und hatte nichts an sich, gegen das ihre Eltern etwas auszusetzen haben könnten.
Das hieß, sie liebte den perfekten Jungen und niemand konnte ihr etwas vorwerfen.
„Wofür ist das überhaupt alles nötig? Ich werde mich tatsächlich anstrengen müssen, so zu tun, als würde ich das ernst meinen. Ich werde mich blamieren." In ihrer Stimme klang ein anklagender Ton mit und in diesem Moment wusste Draco, dass er sie besänftigen musste.
„Pansy..." setzte er an. „Vertraut Granger dir, gibt es zwei Wege, wie Potter reagieren wird: Entweder er misstraut dir und seine gesamte Aufmerksamkeit wird dir gelten, oder – was bei Potter wahrscheinlicher ist – er wird dir bald auch vertrauen und du kannst ihn so beeinflussen, dass er davon ablässt, mich im Auge zu behalten. Ich kann ihn dieses Jahr nicht gebrauchen."
Wieder versuchte Pansy zu verstehen, was an diesem Jahr so besonders war. Er machte viele Andeutungen, vor allem was seine Zukunft betraf, für die er offensichtlich einen Weg als Todesser eingeplant hatte, aber was genau er für besondere Taten er vollbringen würde, blieb ihr ein Rätsel. Er schien sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein, zumindest sagte er das.
„Mach dir um Potter keine Sorgen." entgegnete sie lediglich und schloss die Augen als er ihr einen Kuss auf die Stirn gab und sie umarmte.
Pansy konnte sich denken, wie viele eifersüchtige Blicke sie sich einfing, wenn sie Zeit mit Draco verbrachte. Ich bin seine Freundin, dachte sie stolz.
Doch obwohl er sie nun in den Arm nahm und sie ihren Kopf an ihn lehnte, hatte sie das Gefühl, ihm viel ferner zu sein, als sie es sein sollte. Sie ignorierte die Tatsache, dass es ihr nicht das erste Mal so ging.
All das war doch so perfekt.
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