neunzehn.
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KAPITEL NEUNZEHN
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„Draco hat erzählt, du hättest ihn besucht." Daphne erwähnte es wie beiläufig, aber Astoria merkte es sofort, wenn ihre Schwester mehr sagen wollte als sie eigentlich aussprach. Seit sie in ihr Zimmer gekommen war, hatte sie gespürt, dass etwas ihre Schwester beschäftigte.
„Ja, habe ich." entgegnete Astoria gleichgültig und sortierte weiter ihre Kleidung, die sie zuvor aus ihrem Kleiderschrank geholt hatte. Abwägend verglich sie zwei ihrer Blusen miteinander, bevor sie die eine zur Seite warf und die andere wieder in den Schrank hängte.
„Darf ich fragen, warum?"
Astoria hielt inne und warf ihr einen fragenden Blick zu. Durfte sie nicht jemanden besuchen, der verletzt im Krankenflügel lag? Draco war auch für sie kein Fremder. „Weil ich ihm Gute Besserung wünschen wollte?" Sie ließ es als Frage klingen und gab Daphne so zu erkennen, dass es keinen anderen Hintergrund gehabt hatte. Was wollte sie von ihr hören?
„Weißt du, ich stehe Draco sehr nahe. Ich denke nicht, dass er sich im Moment ablenken lassen möchte." fuhr sie unbeirrt fort und Astoria schüttelte genervt den Kopf. Glaubte sie, sie wollte eine Beziehung mit ihm?
„Ich bin nicht dumm, Daphne. Denkst du, weil ich ihn im Krankenflügel besuche, bin ich ihm verfallen?" fragte sie, blieb jedoch geduldig und regte sich nicht über die Frage ihrer Schwester auf.
Sie war keine naive Viertklässlerin, die Draco Malfoy anhimmelte. Abgesehen davon, war er ein Klassenkamerad ihrer Schwester und im sechsten Schuljahr. Sie wusste nicht, ob es von Vorteil war, sich bei diesem Altersunterschied auf Hogwarts auf eine Beziehung einzulassen, wenn man auf einem Internat war, von dem einer der beiden bereits zwei Jahre früher in die „richtige" Welt gehen würde.
Vielleicht verließ sie sich in diesem Punkt zu sehr auf ihre Logik, doch solange es niemandem gab, für den sie sie über Bord warf, gab es wohl auch keinen Grund umzudenken.
„Natürlich denke ich das nicht." antwortete Daphne. „Ich habe mich nur gefragt, warum du es gemacht hast. Ihr hattet nie engeren Kontakt."
„Weil ich nett sein wollte." entgegnete Astoria sofort und ihre Schwester warf ihr einen schrägen Blick zu.
„Aber du hattest nie Interesse an ihm."
Astoria gab auf. Offensichtlich verstand sie es nicht. Sie wusste nicht, ob sie zu hart mit ihr war oder ob sie es schlicht und ergreifend nie verstehen würde.
⭒⭒⭒
Unruhig drehte sich Hermine hin und her und war sich gleichzeitig bewusst, dass ihre Versuche wieder einzuschlafen sinnlos waren. Seitdem sie aufgewacht war, hatte sie die Gedanken nicht mehr aus ihrem Kopf vertreiben können, die sich unentwegt in ihm herumtrieben.
Und ihr Traum hatte auch nicht dazu beigetragen, ihre Unruhe zu legen.
Pansy machte sie verrückt - und Hermine hatte die Befürchtung, dass sie genau das mit ihrer Wortwahl und ihrer Verabschiedung vorgestern beabsichtigt hatte. Gestern hatten sie nur Blicke ausgetauscht, aber diese hatten gereicht, es unmöglich für sie zu machen, nicht über sie nachzudenken.
Die Erinnerung an ihren Traum war stückweise zurück gekommen und Hermine presste das Kissen auf ihr Gesicht, um an etwas anderes zu denken. Doch es gelang ihr nicht.
Der Gedanke an Pansy kehrte immer wieder zurück, so sehr sie auch versuchte sich abzulenken. Sie sah die Situation des Traumes so deutlich vor ihr, wie sie es selten am Morgen getan hatte.
Sie konnte die für den Weihnachtsball geschmückte Große Halle sehen, sie konnte ihr blaues Kleid an sich selbst sehen, das sie damals getragen hatte und am wichtigsten: Sie konnte Pansy sehen, die so schön aussah, dass es ihr nicht nur im Traum die Sprache verschlagen hatte.
Hermine hatte es immer als unsinnig angesehen, aus Träumen die Zukunft zu deuten, was hauptsächlich daran lag, dass sie unschlüssig und Verarbeitungen des Erlebten waren. Genauso war es auch heute Nacht gewesen.
Die Szene zu Beginn, in der Viktor und sie außerhalb des Ballsaales waren, kam ihr mehr als bekannt vor - es war der Ort ihres ersten Kusses. Doch etwas hatte sich geändert: Pansy hatte Viktor von ihr gezogen (woraufhin er einfach verschwunden war, was Hermine wieder klar machte, wie unmöglich es war, Träume als logisch zu bezeichnen) und hatte ihr tief in die Augen gesehen.
„Du verdienst besseres, Granger." hatte sie gesagt und Hermine hatte nur verwirrt gefragt, was oder besser gesagt wen sie damit meinte.
„Jemanden, der dich liebt. Jemanden wie mich." Und damit hatte Pansy sie geküsst. Hermine erinnerte sich nicht an mehr, nur dass es... gut gewesen war.
Hermine legte sich die Hand an die Lippen und auch, wenn es nicht real war, spürte sie ihr Herz schneller schlagen bei dem Gedanken daran, es wäre Wirklichkeit.
Was hatte das zu bedeuten? Sie lag wach wegen der Vorstellung daran Pansy zu küssen, die ihr vor zwei Tagen gestanden hatte, dass sie lesbisch war. Ihr Herz raste bei dem Gedanken daran und sie konnte kaum logisch denken, wenn sie mit ihr sprach. Es gab nur eine logische Erklärung dafür, doch Hermine wollte sie aus ihren Gedanken drängen, als sie ihr in den Sinn gekommen war. Konnte es sein? Hatte sie sich in Pansy Parkinson verliebt?
Wieso frage ich mich das noch? Weiß ich es nicht schon längst?
Doch war die Pansy, die sie ihr Herz geschenkt hatte, Wirklichkeit oder spielte sie ihr nur etwas vor und sie hatte sich in das verliebt, was einem Traum gleichkam: Einer Vorstellung?
⭒⭒⭒
Pansy war neben Hermine eine der wenigen Schülerinnen, die Geschichte der Zauberei weiter gewählt hatte. Sie wusste nicht, warum sich die Slytherin dafür entschieden hatte, da sie selbst das Fach als unglaublich langweilig empfand, aber sie wollte sich alle Möglichkeiten offen halten und die Themen an sich waren nicht uninteressant.
Nach der letzten Stunde in Geschichte, gab sie Pansy mit einem Nicken Richtung Gang zu verstehen, dass sie gerne mit ihr reden würde. Worüber, wusste sie selbst nicht.
Das einzige, was sie spürte, als Pansy auf sie zukam, war die Tatsache, dass ihre Hände schwitzig wurden und ihr Puls sich erneut beschleunigte.
„Was gibt es so Wichtiges, dass es nicht warten kann?" fragte Pansy mit dem Anflug eines Lächelns und blieb neben Hermine im Gang um die Ecke stehen. Sie redeten nicht häufig miteinander, wenn sie von vielen Schülern umgeben waren. Es gäbe zu viel Gerede - davon existierte momentan genug.
„Ich wollte nur reden, nichts Besonderes. Und ich dachte, es wirkt vielleicht abweisend auf dich, wenn ich dich nicht mehr anspreche... nach unserem Gespräch letztens." Hermine wusste selbst nicht, wo ihre Worte hinführen sollten, doch Pansys Gesicht zierte nun ein selbstbewusstes Lächeln.
„Ich dachte, wo du mir etwas anvertraut hast, kann ich auch über mich reden."
„Schieß los, Hermie."
„Hermie?" fragte Hermine belustigt nach, auch wenn sie sich sonst so vehement gegen Spitznamen wehrte.
Pansy winkte ab. „Ich experimentiere nur. Aber komm nicht auf die Idee mich Pan zu nennen, weil ich dir sonst eine Pfanne auf den Kopf haue."
Hermine lachte leicht über das Wortspiel ihres Gegenübers, bevor sie wieder ernster wurde. Sie war so angespannt, dass es ihr kaum möglich war, sich länger daran aufzuhalten. Was tat sie überhaupt hier?
„Wir sind wohl an dem Punkt unserer Freundschaft angelangt, wo wir über Liebesprobleme reden, nicht wahr?"
Pansy schnaubte abwertend, doch Hermine merkte, dass sie ihre Aufmerksamkeit inne hatte, obwohl sie versuchte es zu überspielen.
„Es gibt eine Person, an die ich die ganze Zeit denken muss und die mich um den Verstand bringt, nachdem ich sie näher kennengelernt habe. Aber ich weiß nicht, ob es einen Sinn hat, weil wir uns zu unterschiedlich sind, um jemals eine Zukunft haben zu können, geschweige denn, dass sie mich so sehen könnte wie ich sie." erzählte Hermine und bemerkte, wie sich der Ausdruck in Pansys Gesicht änderte und forschend, sogar beinahe unsicher, wurde.
Sie versuchte es nicht zu zeigen, aber Hermine entging ihre erste Gefühlsregung nicht, die sich deutlich in ihren Augen abgezeichnet hatte.
„Wer könnte dich nicht mögen?" fragte Pansy lächelnd und die Gryffindor spürte, dass sie es tatsächlich aufrichtig meinte. Kurz glaubte sie, sie sah Entschlossenheit im Gesicht der Slytherin aufblitzen, doch Pansy wich wieder zurück, als hätte sie die Idee, die sie gehabt hatte, wieder verworfen. „Ich bin mir zu einhundert Prozent sicher, dass er dich auch mag."
Hermine blieb keine Zeit, etwas zu erwidern, denn Pansy schien es plötzlich eilig zu haben, weiter zu gehen. „Ich muss zu Wahrsagen." meinte sie schlicht und Hermine behielt ihre Meinung zu dem Fach für sich, da sie zu beschäftigt war, darüber nachzudenken, wie Pansy ihre Antwort formuliert hatte.
Ihre Stimme hatte ihr beinahe den Eindruck gegeben, als wüsste sie, dass Hermine von ihr redete.
Entweder war sie eine gute Menschenkennerin, konnte Gedanken lesen oder war schlicht und ergreifend zu sehr von sich selbst überzeugt.
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