XXX.

Kapitel 30

Noch nie in meinem gesamten Leben hat sich ein Kuss so intensiv angefühlt. Noch nie hatte ich das Gefühl von einer solchen Geborgenheit, wenn ich in der Nähe einer Person bin. Und noch nie hat mich eine Person so sehr in den Bann gezogen wie Edward.

Wir küssen uns nicht lange, es ist ein sehr zärtlicher und vorsichtiger Kuss, doch das Feuerwerk das in meinem gesamten Körper ausgelöst wird, ist unbeschreiblich. Für einen kurzen Moment vergesse ich all die Sorgen um uns herum und konzentriere mich nur auf Edward, der seine rechte Hand an meinem Kinn platziert hat und die linke an meiner Schulter.

Langsam lösen wir uns voneinander, doch Edwards Kopf bleibt noch in meiner Nähe und seine Hände verweilen an den selben Stellen. Eine kurze Zeit schauen wir uns nur in die Augen und vergessen, was um uns herum passiert. Ich lasse mich von diesem außergewöhnlichen Grauton seiner Iris faszinieren und kann meinen Blick kaum davon abwenden.

Doch ungefähr zeitgleich realisieren wir beide, was hier geschieht. Ich habe verdammt nochmal Edward geküsst! Beschämt nimmt er seine Hände von mir, steht hastig auf und schaut schließlich zu mir. ,,Ich...werde mich jetzt lieber mal umziehen", meine ich hastig, stehe ebenfalls auf und kratze mich verlegen am Kopf.

Edward nickt etwas verwirrt, erwidert schließlich auf meine Aussage: ,,Ja, das muss ich auch. Und dann muss ich noch...arbeiten auf meinem Computer." Ich atme tief durch und mache mich schließlich schnell auf den Weg zurück in mein Zimmer.

Verwirrt lasse ich mich langsam und vorsichtig auf meinem Bett nieder, schaue hoch an die Decke und versuche, meine Gedanken zu sammeln. Was um alles in der Welt ist gerade geschehen? Tatsächlich hat Edward mich geküsst. Wie kam es nur dazu? Warum hat er das getan?

Immerhin ist es Edward.

Ich kann mir schlichtweg nicht vorstellen, wieso er es getan hat. Was ich ebenfalls nicht verstehe ist, dass ich den Kuss erwidert habe. Und, dass es mir gefallen hat. Es war unbeschreiblich. Aber was ist jetzt? Edward wird mich wohl kaum mehr mögen, als freundschaftlich, also war es womöglich nur eine Kurzschlussreaktion? Viellicht haben wir so gehandelt, weil wir beide so erleichtert waren, dass wir die Mission überlebt haben.

Ist das aber nicht etwas seltsam? Ich erinnere mich an den Abend zurück, an dem ich Edward dazu gezwungen habe, Clueless zu gucken. Er meinte, dass wenn er Josh wäre nie im Leben jemanden wie Cher daten würde. Bin ich im übertragenen Sinne aber nicht genau so wie Cher, immerhin sind wir ungefähr im selben Alter. Vielleicht bin ich nicht so reich und populär, aber dennoch könnte man meinen, Edward wäre Josh und ich Cher.

Also warum hat Edward mich dann geküsst? Ich komme zu keinem Schluss. Auch verstehe ich mich selbst aber selbst nicht. Warum habe ich den Kuss erwidert? Ich beginne doch nicht etwa Gefühle für Edward zu entwickeln, ohne dass ich es bemerke? Nein, das kann nicht sein. Immerhin ist es Edward.

Edward.

Er ist schon sehr charmant, das muss ich zugeben. Auch ist er intelligent und gutaussehend. In letzter Zeit hatte ich auch viel Spaß mit ihm, er kann also auch witzig sein. Jedenfalls, wenn er nicht zu sehr damit beschäftigt ist, ein langweiliger Spielverderber zu sein.

Was ist also, wenn ich doch gerade Gefühle für ihn entwickle? Immerhin werde ich von seiner Anwesenheit vollkommen benebelt, spüre ein Kribbeln, wenn er mich anfasst und habe ich gerade verdammt nochmal geküsst!

Eins ist jedenfalls klar: Selbst wenn ich beginne, Gefühle für Edward zu entwickeln, muss ich diese ignorieren, da sie nicht richtig sein können. Womöglich ist das jetzt auch nur die Überanstrengung von der Mission. Ich sollte das vielleicht alles vergessen.

Der restliche Tag verläuft ziemlich Ereignislos. Edward und ich verhalten uns ganz normal, als wäre dieser Kuss nie gewesen. Beim Mittagessen bekomme ich ihn sogar dazu überredet, das Training heute ausfallen zu lassen.

Als wir jedoch spät am Nachmittag zusammen kochen (inzwischen würde ich mich tatsächlich als akzeptable Köchin einstufen), bekommt Edward einen Anruf, der ihn sehr verwirrt. Er verlässt die Küche und lässt mich somit alleine mit den kochenden Kartoffeln. Es dauert ungefähr drei Minuten, dann erscheint Edward wieder, steckt etwas gestresst sein Handy in die Hosentasche.

,,Was ist los?", möchte ich etwas besorgt von ihm wissen, runzele dabei meine Stirn und stütze mich an der Küchentheke ab.

,,Wir gehen in einen Club", ist seine schlichte Antwort darauf, dann nimmt er den Deckel vom Topf, in dem sich die Kartoffeln befinden.

,,Ist das dein Ernst?", frage ich etwas verwundert, beobachte Edward dabei, wie er sich gegenüber von mir an die Theke lehnt. ,,Und deswegen hast du diesen Gesichtsausdruck aufgesetzt?"

,,Wir gehen doch nicht aus Spaß in einen Club! Roxy hat angerufen, sie muss mit uns reden."

,,Dann soll sie doch einfach herkommen, ist vielleicht leichter", bedenke ich weiterhin verwirrt, da das keinerlei Sinn ergibt.

,,Naja, anscheinend ist es etwas sehr Wichtiges und sie hat Angst, dass sie verfolgt oder abgehört wird. Öffentliche Orte sind da meistens ein sehr guter Treffpunkt, um unauffällig Informationen weiterzugeben. Vor allem Roxy ist ziemlich paranoid, sie denkt immer, dass etwas unsicher ist."

,,Das ist echt nicht normal, soll sie doch einfach anrufen und sagen, was sie will. Naja, ich hab kein Problem damit, in einen Club zu gehen, ich weiß nur nicht, ob das so spaßig mit dir wird."

,,Bitte was?", empört sich Edward gespielt beleidigt, verschränkt seine muskulösen Arme herausfordernd vor der Brust.

,,Naja, ich will ja nichts gegen dich sagen, Eddilein, aber...du wirkst jetzt nicht wie der typische Clubgänger."

,,Um ehrlich zu sein war ich auch noch nie in einem Club, deswegen nehme ich dich auch mit. Roxy hat nämlich nur gesagt, dass sie mich sprechen muss, aber ich denke mal, es ist okay, wenn du auch mithörst. Naja, wir müssen deinen Verband aber davor gegen ein Pflaster austauschen, sonst fällst du zu sehr auf."

,,Du warst noch nie in einem Club?", frage ich Edward unglaubwürdig mit einem belustigten Lächlen auf dem Mund.

,,Hast du etwa ein Problem damit?", hinterfragt dieser provozierend, was ich aber nur mit einem ironischen Kopfschütteln beantworte. ,,Na gut, dann mach dich nach dem Abendessen fertig und wir werden sehen, wie ich mich in einem Club anstelle."

***

Um halb Zehn kommen Edward und ich am mit Roxy verabredeten Club an. Ich möchte mich an der langen Schlage anstellen, doch Edward steuert geradewegs den VIP-Eingang an, was mich zwar verwirrt, doch ich folge ihm. Er zieht einen Gegenstand aus der Hosentasche, zeigt sie dem Türsteher, der nach einem kurzen Blick darauf nickt und uns durchlässt.

Wir treten ein und sofort wird die dröhnende Musik lauter, weswegen ich Edward meine Frage regelrecht zuschreien muss: ,,Wie bist du durch den VIP-Eingang gekommen?"

,,Mit der DSDB-VIP-Karte kommst du überall rein", entgegnet mir Edward in der selben Lautstärke wie ich. ,,Also, Roxy meinte, wir treffen uns um viertel vor zehn bei der Tanzfläche, lass uns mal da hin gehen."

Ich führe Edward in Richtung Tanzfläche, da er sich hier nicht wirklich zurechtfindet. ,,Hey Edward, es ist noch ein bisschen Zeit, bis es viertel vor Zehn ist, wir können ja noch ein tanzen!"

Mit einem anwiderten Ausdruck im Gesicht schüttelt Edward den Kopf, meint schließlich: ,,Du kannst ja gerne tanzen, ich schaue mich nach Roxy um." Schulterzuckend drängle ich mich auf die Tanzfläche und schwinge meine Hüften zu dem Lied, das gerade läuft, ich leider aber nicht kenne.

Dabei bleibe ich jedoch in Edwards Nähe, damit ich sobald er Roxy findet, mich schnell am Gespräch beteiligen kann. Kaum dass ich eine Minute getanzt habe, werde ich von irgendeinem komischen Typen von hinten angetanzt und begrabscht. Verwirrt drehe ich mich um, möchte ihm eine Ansprache stellen, dass er sich verziehen solle, doch dazu habe ich kaum Zeit, denn Edward erscheint mit einem harten Gesichtsausdruck vor uns.

Laut zischt er dem Typen zu: ,,Verpiss dich!" Er sagt das mit einem solchen Nachdruck, dass sich das der Typ nicht zweimal sagen lässt, sondern sofort mit großen Augen abhaut, wahrscheinlich um sich das nächste Opfer zu suchen. Was aber ganz und gar nicht gut ist, ist dass Edward so laut war, dass das gesamte Umfeld seine Ansprache gehört hat.

,,Edward!", schreie ich etwas genervt, schaue ihm belustigt in die Augen. ,,Jetzt werde ich auch nicht mehr von normalen Menschen angesprochen, da der halbe Club jetzt denkt, ich hätte einen eifersüchtigen Freund, der niemanden in meine Nähe lässt!"

Ohne seinen Gesichtsausdruck zu ändern, mustert mich Edward einige Sekunden, kommt mir plötzlich jedoch näher. Er kommt mir so nahe, dass unsere Körper sich beinahe berühren, schaut mir intensiv in die grünen Augen. Mein Puls beginnt sofort zu rasen, als ich nach oben gucke, meinen Blick in seinen grauen Augen verliere.

,,Vielleicht ist mir das ja Recht." Ungläubig blinzle ich mit meinen Augen und versuche zu verarbeiten, was Edward da gerade gesagt hat. Doch lange bleibt mir dazu nicht Zeit, ebenso bleibt mir keine Zeit, etwas zu erwidern, denn Roxy scheint uns gefunden zu haben und ruft unsere Namen.

Edward und ich drängeln uns von der Tanzfläche, kommen schließlich bei Roxy an, die etwas neben der Spur aussieht. ,,Ed, hab ich dir nicht gesagt, du sollst Fee nicht mitnehmen?", fragt sie schließlich, sobald wir bei ihr ankommen.

,,Hast du nicht Roxy, du hast nur gesagt, dass es ein Notfall ist, also, was ist dein Problem?", entgegnet er Roxy etwas verwirrt. ,,Ist es denn so schlimm, wenn sie mithört?"

,,Naja, eigentlich sind die Informationen ja für Fee, aber ich bin der Meinung, du solltest ihr das nachher in Ruhe erklären, nicht bei dröhnender Musik und auch nur so viel, wie du als richtig empfindest. Am Besten, wenn sie gerade nicht vor dir abhauen kann."

Verwirrt schauen Edward und ich uns an. Was ist passiert? Warum verhält sich Roxy so seltsam und warum soll Edward es mir erst später erzählen? Ich verstehe es nicht. ,,Gut, dann gehe ich mir schnell ein Wasser bestellen, ihr redet hier und wenn ihr fertig seid, findet ihr mich an der Bar, ist das okay?"

Roxy und Edward nicken auf meinen Vorschlag hin, weswegen ich mich in Bewegung setzte, jedoch von Edward aufgehalten werde, der ruft: ,,Warte!" Ich drehe mich um, schaue erwartend zu Edward. ,,Hast du überhaupt Geld?"

,,Ähm nein", rufe ich ihm zu und bemerke, dass ich vollkommen vergessen habe, dass ich auch bezahlen muss. ,,Aber du." Augenrollend greift Edward in seine Hosentasche und zieht seinen Geldbeutel heraus. Er drückt mir einen Fünfeuroschein in die Hand, woraufhin ich grinsend 'danke' rufe und mich anschließend auf den Weg zur Bar mache.

Nachdem ich es endlich geschafft habe, mich durch die Menge zu drängeln und einen freien Platz an der Theke zu finden, bestelle ich bei dem Barkeeper ein kleines Wasser und bezahle. Als ich jedoch den ersten Schluck genommen habe, erscheinen zwei Männer vor mir, den einen identifiziere ich als den etwas aufdringlichen, der mich vorhin beim Tanzen begrabscht hat.

,,Na du Kleine", beginnt der eine zu reden, weswegen ich mein Gesicht verziehe, aber nichts sage. ,,Da hast du aber einen ziemlich eifersüchtigen Freund, aber, wo ist er denn hin?"

Ich schaue mich nach Edward um, sehe ihn jedoch nicht, da die Tanzfläche zu weit entfernt ist. Die beiden scheinen wohl zu denken, er wäre abgehauen oder etwas derartiges. Es ist aber dennoch ziemlich riskant, mich trotzdem ein weiteres Mal anzusprechen. Als ich mir jedoch die beiden genauer angucke, bemerke ich, dass sie nicht mehr unbedingt gerade stehen können, anscheinend sind sie betrunken.

,,Ich glaube, ihr solltet jetzt lieber hier weggehen", meine ich mit etwas erhöhter Stimme, damit sie mich hören.

,,Ach was, gerade fängt der Spaß doch erst an", ruft mir nun der andere zu, grinst dabei dreckig und kommt mir näher als ich das als angenehm empfinde. ,,Komm, wir gehen mal kurz hier weg."

Schneller als ich überhaupt regieren kann, nimmt mir der eine schon das Glas Wasser aus der Hand, während der andere beginnt, mich mit ihm zu zerren.

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Sooo, das war's auch schon mit dem 30. Kapitel. Ich hoffe sehr, es hat euch gefallen. :) Ich wollte euch eigentlich nur mal Bescheid sagen, dass ich jetzt für drei Wochen in den Urlaub fahre, das heißt, es könnte sein, dass die Updates etwas unregelmäßiger kommen, ich gebe mir aber Mühe, mindestens ein Kapitel pro Woche zu schreiben. Einen schönen Tag noch,

Eure Anna <3

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