XL.

Kapitel 40

,,Fee, wie lange kann denn ein Mensch verdammt nochmal brauchen, um sich fertig zu machen?! Kommst du jetzt bitte endlich!"

Genervt verdrehe ich meine Augen und greife mir meine Tachse. Zehn Minuten zu spät ist doch immer noch rechtzeitig! Ich öffne die Tür und und eile seufzend zu Edward. ,,Ach mein geliebter Ehemann, so viel zu spät sind wir doch noch gar nicht!"

Edward beginnt sobald er mich sieht, laut zu lachen, was wohl daran liegen mag, dass ich aussehe, wie eine fünfzigjährige, vornehme Dame. Drei Begriffe, die überhaupt nicht zu mir passen. Make-up hat all das jedoch möglich gemacht. Ebenfalls habe ich meine inzwischen verkrustete Wunde überschminken, sodass diese nicht so sehr auffällt.

Während ich mir meine Pumps (hoffentlich ist der Boden in diesem Ballsaal nicht allzu rutschig- sonst kann ich nämlich damit rechnen, auf den Hintern zu fliegen) anziehe, meint Edward sich an die Haustür anlehnend: ,,Naja, die Menge an Zeit hat sich immerhin gelohnt, du siehst wirklich sehr authentisch aus."

,,Du aber auch, Schatz. Gewöhne dir bitte eine vornehme Sprache an und so zu tun, als wären wir beide alt und ich deine Frau." Motiviert stelle ich mich aufrecht hin und klatsche meine Hände lächelnd zusammen. ,,Wir können los."

,,Ach doch schon? Ist ja nicht so, als dass Roxy uns schon vor siseben Minuten abholen wollte. Sie wird bestimmt schon warten, Ehefrau."

Ich gucke Edward genevrt und empört an, während ich durch die Tür, die er mir aufhält nach draußen laufe und beginne, die Treppen nach unten zu laufen. Dabei verliere ich jedoch das Gleichgewicht, da das Treppenlaufen mit hohen Schuhen mir schon immer schwer gefallen ist. Eigentlich stolpere ich mit Garantie, wenn kein Geländer da ist.

In diesem Falle ist kein Geländer da, dennoch halte ich mich noch im letzten Moment an Edwards Schulter fest, weswegen ich zum Glück nicht zu Fall komme. Solbad ich mich wieder aufgerappelt habe, sehe ich, dass Edward mich wie immer belustigt anguckt.

,,Du kannst ja nicht einmal mit normalen Schuhen laufen, ist das nicht ein bisschen riskant, ausgerechnet jetzt solche hohen Teile anzuziehen?", fragt er schließlich, sobald wir uns wieder in Bewegung gesetzt haben.

,,Wenn ich eine reiche, vornehme Frau sein soll, dann muss ich hohe Schuhe anziehen, Eddielein. Vor allem mit meiner Größe ist das zu erwarten, sonst würde das alles nämlich nicht glaubwürdig aussehen. Außerdem ist das doch voll cool, so bin ich endlich mal groß, bestimmt 1,65m."

,,Normale Frauen sind so groß ohne hohe Schuhe", bemerkt Edward trocken, weswegen ich ihm beleidigt gegen die Rippen schlage. Er wird es wohl nie lassen, sich über meine Größe zu beschweren.

,,Du bist ein richtiger Idiot, weißt du das eigentlich?", frage ich also beleidigt und verdrehe meine Augen, während wir bereits unten ankommen, doch auf der Straße ist kein Auto zu sehen. Dabei sind wir Edward zufolge doch viel zu spät, wieso wartet Roxy also nicht hier auf uns?

,,Tatsächlich hast du das schon gelegentlich oft erwähnt", meint Edward und guckt dabei stirnrunzelnd über die Straße. Anscheinend ist er ebenso verwirrt darüber, dass Roxy noch nicht da ist. Hat sie sich etwa verspätet? Oder steht sie im Stau? Vielleicht hat sie sogar einen Unfall gebaut.

Edward gibt den Versuch, Roxy auf der Straße zu suchen auf und schaut wieder zu mir runter und lächelt. ,,Ich finde, du siehst ohne hohe Schuhe wunderbar aus, deine Größe ist perfekt, wie sie ist."

Verblüfft blinzle ich, da ich mit den Gedanken noch vollkommen bei Roxy war und Edward jetzt plötzlich wieder das Thema bezüglich meine Größe aufnimmt. Was mich aber noch mehr verwundert ist, dass er sagt, dass meine Größe perfekt ist. Vor allem wenn man bedenkt, dass er sich noch vor zwei Minuten über sie lustig gemacht hat.

Edward scheint wohl die Verwirrung in meinen Augen zu sehen, denn er beginnt herzlich zu lachen und schlägt mir spielerisch gegen die Schulter. ,,Ich meine das ernst, Fee. Lass dir bitte nie etwas anderes einreden, vor allem nicht von mir." Vollkommen benebelt von dem Klang von Edwards Lachen, beginne ich, breit zu grinsen, da er mir gerade eines der schönsten Komplimente überhaupt gemacht hat.

Sobald sich mein Gehirn jedoch endlich einschaltet, entgegne ich ihm: ,,Keine Angst, das werde ich nicht", worauf wir uns beide zulächeln, ich schließlich aber den Blick von Edward nehme und auf die Straße gucke. Eine Stille breitet sich aus, während ich die Straße vor uns beobachte, auf der jedoch keine Autos fahren.

Man hört lediglich das Geräusch der Motoren der Autos, die auf einer Straße weiter entfernt fahren, was irgendwie beruhigend ist. In letzter Zut hatte ich wenig ruhige Momente, in denen ich meinen Kopf frei kriegen konnte. Eigentlich passiert immer etwas, was mich vollkommen aus der Bahn wirft, weswegen diese zwei kleinen Minuten Stille mir wirklich gut tun.

Wirklich frei bekomme ich meinen Kopf in dieser Zeit aber nicht. Das ist mit meiner derzeitigen Situation wohl schlichtweg unmöglich, vor allem, da Edward neben mir steht, der es schafft, immer wenn ich denke, es könnte nicht noch komplizierter werden, mir das Gegenteil beweist. Wie jetzt gerade eben, denn komplett ausgeglichen ist mein Herzschlag immer noch nicht. Dafür bräuchte mein kleines Herz noch etwas mehr Zeit, die es leider nicht bekommt, denn die Stille wird von einem Auto, das den Annaberg hochfährt unterbrochen. Besagtes Auto bremst laut auf der Straße vor uns und dreht sich um, weshalb ich etwas zurückschrecke, schließlich sich aber das linke Fenster des schwarzen Mercedes öffnet und man Roxy auf der anderen Seite des Autos erkennen kann, die ruft: ,,Los, steigt schnell hinten ein!"

Das lassen Edward und ich uns nicht zweimal sagen, wir beide steigen auf der linken Seite des Autos ein, doch Edward rutscht auf die Fahrerseite rüber. Kaum dass ich die Tür hinter mir geschlossen habe, rast Roxy schon los, weswegen ich etwas nach vorne geschleudert werde, da ich nicht angeschnallt bin. Doch daran ändere ich auch nichts. ,,Sorry, dass ich so spät dran bin", teilt uns Roxy gestresst mit, während sie das Auto in einer scharfen Kurve dreht und ich Augen weit aufreiße. Roxys Fahrstiel ist wirklich sehr eigenartig.

,,In der Johannisstarße gab es einen Unfall und ich stand im Stau, erzählt dort dann einfach irgendwie so etwas in einem schön arroganten Ton. Ach hier sind eure Eheringe." Edward und ich tauschen einen änhstlichen, aber auch verwunderten Blick aus, als uns Roxy dine Schmuckbox hinter gibt. Seit dem Lee weg ist, benimmt sich Roxy wirklich seltsam. Edward reicht mir den kleineren, goldenen Ring, den ich mir an meinen Ringfinger stecke.

,,Jedenfalls sind eure Namen Volkmar und Andrea Böttcher, mit diesen Namen habe ich euch dort angemeldet. Ich bin Katharina Schulz und eure Manegerin, gaht also bitte auch so mit mir um. Den restlichechen Scheiß dürft ihr euch selbst ausdenken, versucht nur nicht, verschiedene Sachen zu sagen, sonst fliegen wir auf."

Nachdem Edward und ich beide etwas zustimmendes genuschelt haben, breitet sich eine Stille im Auto aus. Das leigt wohl daran, dass niemand weiß, was man jetzt sagen könnte. Alle Dinge, die mir in den Sinn kommen, wären sehr unpassend. So schweige ich also und versuche mir die Namen, die Roxy genannt hat zu merken, was zum Glück aber ziemlich leicht ist, da diese sehr prägnant sind.

Irgendwann verweile ich damit, meinen Kopf in einem bestimmten Rhythmus gegen die Fensterscheibe zu schlagen, womit ich mir einen leicht verwirrten Blick von Edward einfange. Eine Sache, die ich vollkommen verstehe, für Außenstehende muss das wirklich seltsam aussehen. Was die Langweile nicht alles mit einem tut.

Als Roxy endlich den Wagen vor einem großen Gebäude hält, versuche ich, mit minem Bleistiftrock elegant aus dem Auto auszusteigen, was aber natürlich nicht funktioniert, weswegen ich ein paar Schritte nach vorne stolpere. In der Hoffnung, dass es niemand gesehen hat, gucke ich mich unschuldig um und streife dabei meinen Rock glatt.

Anschließend folge ich Edward und Roxy zu der gigantischen Einangstür aus Glas. Weil ich heute besonders schusselig drauf bin, würde es mich um ehrlich zu sein nicht einmal wundern, wenn ich gegen diese laufe. Da mir Edward die Tür jedoch aufhält, wird diese Peinlichkeit zum Glück verhindert. Ich unterdrücke einen verliebten Seufzer und lächle ihn nur an. Hoffentlich ist diese Mission so früh wie möglich bestanden, dann verlässt mich endlich dieses mulmige Gefühl in meinem Magen.

,,Guten Tag, sie müssen Herr und Frau Böttcher sein, schön, dass sie endlich da sind!", werden wir schon von einer ebenso förmlich wie ich gekleideten Dame, die ein Klemmbrett in ihren Händen trägt, empfangen.

,,Ach", seufze ich theretralisch und halte ihr meine Hand hin. ,,Dieser Stau in der Johannisstarße hat uns vollkommen aufgehalten. Solch eine Tragödie! Ich entschuldige mich aufrichtig für unser Zuspätkommen."

Während die Dame, die um die 30 sein sollte, lächelnd meine Hand schüttelt, meint sie höflich: ,,Da Sie nun gesund da sind, wollen wir darum kein Drama machen, solange Sie genug Zeit haben, um sich hier alles anzugucken ist doch alles gut."

Ich lächle und trete einen Schritt zurück, damit sie auch Edward und schließlich Roxy die Hand schütteln kann. ,,Also, ich werde sie jetzt hier ein bisschen rumführen. Stellen sie sich frei, jegliche Fragen zu stellen. Das hier ist der Eingangsbereich, hier werden die Gäste empfangen. Wenn man durch diese Tür hier geht, gelangt man in den Ballsaal, würden sie mir bitte also folgen?"

Wir laufen alle auf die große, weiße Tür vor uns zu, die die Braunhaarige (wie heißt sie eigentlich?) öffnet. Ein großer Saal mit braunem Parkettboden ist dahinter zu sehen. Es stehen einige runde Tische im Raum verteilt und vorne ist eine große Bühne zu sehen. ,,Wie sie sehen, ist der Raum sehr groß, also geeignet für jede Art einer Party. Die Tische lassen sich natürlich auf Wunsch gegen andere austauschen oder entfernen."

,,Ja, das ist tatsächlich ganz geräumig. Frau Schulz, wären Sie so freundlich und legen einen maßstabgetreuen Grundriss an", bedenkt Edward mit einem äußert herablassenden Ton, während er eine perfekt nachdenkliche Falte zwischen seinen Augenbrauen produziert. Er sieht wirklich sehr authentisch aus.

,,Aber, das ist nur ein normaler Raum, wozu brauchen sie denn einen-", möchte Roxy protestieren, wird jedoch von Edward, der ihr einen vernichtenden Blick zuwirft unterbrochen und stoppt in ihrem Satz.

,,Ich habe Sie nicht nach ihrer Meinung gefragt, jetzt beginnen sie schon. Und vergessen sie nicht, sich Notizen von all dem hier zu machen!" Edward wendet seinen Blick wieder von Roxy, die nun hastig beginnt, an ihrem Klemmbrett zu zeichnen und den Kopf einsenkt. Roxy ist ebenfalls wie ich sehr förmlich gekleidet, jedoch trägt sie im Gegensatz zu mir einen Hosenanzug und keinen Bleisiftrock. Alles in allem sieht sie sehr gut aus, da der Hosenanzug sehr vorteilhaft für Ihre Figur ist.

Edward kommt nun mir näher und legt seinen Arm um meinen Rücken. ,,Was sagst du, Schatz? Wie findest du den Saal für's Erste?" Ich seufze nachdenklich und schmeige mich ein bisschen zu sehr an Edwards Brust, was jedoch ein Impuls ist, den ich nicht unterdrücken kann. Seine Nähe benebelt meinen Verstand vollkommen und vor allem seine Hand, die an meiner Taille weilt, lässt mich keinen klaren Gedanken fassen. Wie soll ich das nur noch länger aushalten?!

,,Nun", meine ich schließlich nachdenklich und entferne mich von Edward, um klarer denken zu können. Ich schreite aufmerksam durch den Raum und begutachte die Tische, den Boden und auch die Bühne genauer. ,,Es sieht sehr passabel aus. Der Platz sollte genügen und auch die Bühne ist sehr schön. Ich hoffe nur, dass sie kurz davor vor haben, etwas an der Ausrutschgefahr des Fußbodens zu ändern, nicht?"

Ich bleibe stehen und drehe mich erwartend zu der Dame um, die ungefähr zwei Meter von mir entfernt steht. Etwas überfordert von meiner Frage stottert sie erst, meint aber schließlich: ,,Wie Sie es wünschen, Frau Böttcher."

Ich lächle zufrieden und komme den Dreien wieder näher. ,,Das ist sehr gut. Wir wollen doch nicht, dass unser Schnukiputzi hier ausrutscht und sich einen Knochen bricht, nicht Volkmar?" Erwartend bleibe ich neben Edward stehen und schaue zu ihm hoch.

,,Natürlich nicht, mein Schatz. Das wird nicht passieren!" Er streicht mir beruhigend über die Schulter und wendet sich schließlich wieder an unsere Führerin. ,,Wie ist das mit der Tanzfläche? Wo ist diese?"

Nachdem uns die Frau auch die Tanzfläche, den Ort, wo der DJ steht und auch die Bar gezeigt hat (wo wir jedesmal ein paar wirklich dumme Fragen und Aufforderungen hatten), fällt mir auf, dass ich noch nichts über die Toiletten ausfindig gemacht habe, was aber wirklich wichtig ist. So drehe ich mich also zu der Verwalterin und frage: ,,Für den Fall, dass mein geliebter Sohn die Toilette aufsuchen muss, würden sie mir diese bitte auch zeigen?"

,,Natürlich. Sie ist gleich hier." Wir folgen der Frau zur anderen Seite des Raumes. Während wir dort hin laufen, kommt mir Edward ganz nah und flüstert mir beim Laufen ins Ohr: ,,Übertreib es bitte nicht, Fee." Ein Schauder läuft über meinen Rücken und mein Atem stockt. Wie kann dieser Mann nur solche starken Gefühle bei mir auslösen? Er hat mir doch eigentlich nur etwas ins Ohr geflüstert, wieso reagiere ich deswegen vollkommen über?

Es ist mir wirklich ein Rätsel. Was mir aber klar ist, ist dass wenn das so weiter geht, hier etwas noch gewaltig schief laufen wird. Und wenn nicht jetzt, dann bei der Hauptmission. Wir sollten wirklich darüber reden. Aber was sollte ich ihm denn sagen? ,,Hey Edward, ich wollte dich nur mal bitten, nicht immer so verdammt sexy und intelligent zu sein, wenn du in meiner Nähe bist. Nein, sei bitte am besten überhaupt nicht mehr in meiner Nähe, sonst hyperventiliere ich noch! Danke."

Definitiv nicht. Aber dennoch muss ich eine andere Lösung für dieses Problem finden.

Und zwar zeitnah.

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