VI.
Kapitel 6
Nachdem wir die zwei Tüten im Kofferraum verstaut haben, setzen wir uns in das Auto und Edward fährt los. ,,Wärst du so nett und schnallst dich bitte an", bittet er mich nach einer kurzen Zeit, woraufhin ich die Augen verdrehe. Für mich ist es normal, zu vergessen, mich anzuschnallen. Nur wenn ich zum ersten Mal bei jemandem, den ich nicht kenne, mitfahre, schnalle ich mich an. Doch anscheinend hat mein Gehirn schon umgeschaltet und denkt, Edward wäre kein Fremder, sodass ich nicht daran gedacht habe, mich anzuschnallen.
,,Ich vertraue dir, dass du keinen Unfall baust, also brauche ich mich nicht anzuschnallen", entgegne ich ihm also leicht genervt und lächle dabei gezwungen, was wirklich seltsam aussehen muss.
,,Dessen bin ich mir durchaus bewusst, doch die Polizei könnte uns anhalten und darauf habe ich keine Lust."
,,Hey, so darf man nicht denken! Wenn du denkst, dass du so gut wärst, das du keinen Unfall bauen würdest, dann baust du erst recht einen. Das ist nämlich ziemlich arrogant. Außerdem könnte dir rein theoretisch einfach jemand hinten rein fahren, dann würdest du auch einen Unfall bauen und nicht einmal daran Schuld sein, denn-"
,,Okay, okay, stopp! Hör auf, zu reden, das ist echt zu viel in so kurzer Zeit! Dein Geplapper verwirrt! Schnall dich jetzt einfach an und sei still!", unterbricht mich Edward jedoch, obwohl ich noch so viel zu sagen gehabt hätte. Ich hasse es, wenn jemand meinen Redefluss unterbricht.
,,Man, du bist so ein langweiliger Spießer, das ist wirklich gruselig! Wie hältst du das nur in deiner eigenen Gesellschaft aus?"
,,Zufällig bin bin ich weder schizophren, noch dass ich eine gespaltene Persönlichkeit habe, ich habe also keinerlei Probleme damit, mit mir selbst klarzukommen."
Nachdem er das gesagt hat, mustere ich ihn zweifelnd, woraufhin ich sage: ,,Du und Gollum würdet euch wirklich gut verstehen. Soll ich dir einen Ring kaufen?"
,,Du sollst dein Mundwerk schließen, wir sind gleich da."
,,Wohin fahren wir überhaupt?", frage ich, schaue aus dem Fenster und erkenne, dass wir auf der Straße sind, die in Richtung Stadtmitte führt. Wie diese heißt, wusste ich noch nie und das werde ich wahrscheinlich auch nie wissen.
,,Zu mir nach Hause, dementsprechend auch zu deinem Wohnort in nächster Zeit, die hoffentlich so schnell wie möglich vorbeigeht", erklärt mir Edward und schenkt mir ein gezwungenes Lächeln, dass seine Zähne, die so wie alles an ihm perfekt weiß sind, präsentiert.
,,Du mich auch, Eddie. Bald darfst du wieder alleine in deiner langweiligen, stinkenden Einöde verrotten, ich werde so schnell wie möglich wieder raus sein. Ich werde nämlich bald 18 und dann bewerbe ich mich beim deutschen Geheimdienst und wohne in meiner eigenen Wohnung. Naja, davor muss ich noch die Schule fertig machen, aber danach."
,,Wir werden ja sehen, ob du in ein paar Minuten immer noch der Ansicht bist, dass ich in einer "langweiligen, stinkenden Einöde" lebe. Und nenn mich nie wieder Eddie, das ist echt grauenvoll!"
,,Wie soll ich dich nicht nennen? Eddie? Ist doch ein schöner Name", provoziere ich ihn grinsend, da er mir soeben einen sehr guten Grund dazu gegeben hat.
,,Halt die Klappe!"
,,Oh, so etwas sagt man aber nicht, Eddielein", empöre ich mich gespielt enttäuscht und schüttle tadelnd mit dem Kopf. Kurz darauf bleibt der Wagen stehen.
Edward zieht den Schlüssel raus. ,,Wir sind da", teilt er mir mit, schnallt sich daraufhin ab und steigt aus. Ich folge seinem Beispiel, steige ebenfalls aus und sehe mich um, sobald ich die Tür hinter mir geschlossen habe.
Wir stehen auf einem kleinen Parkplatz, für drei Autos, der leicht überdacht ist. Wenn ich es mir genau überlege, ist es eher eine Garage, die nicht geschlossen ist. Warum auch immer. Trotz dessen, dass von der Garage aus eine Treppe nach oben führt, die wahrscheinlich ins Haus geht, verlässt Edward die Garage und läuft in Richtung der Straße. Ich folge ihm und sehe, dass er rechts abbiegt und auf eine andere Treppe zuschreitet.
Da ich mir aber zuerst einen Überblick über das Haus verschaffen möchte, bleibe ich kurz davor stehen und betrachte es. Das Haus ist sehr groß, es gleicht fast schon einer Villa. Jedoch keiner alten Villa, ganz im Gegenteil, es ist ein neu gebautes Haus. Die Villa ist größtenteils eckig gebaut, hat viele Glasflächen und ist in Grau- und Weißtönen gehalten.
Um Edward nicht zu verpassen, folge ich ihm so schnell es geht auf die Treppe und renne ein bisschen, sodass wir die letzten Stufen gemeinsam besteigen. Wir kommen an einer schwarzen Tür, die sehr sicher aussieht an. Während er die Tür aufschließt, kann ich mir eine Frage nicht verkneifen: ,,Gehört das alles dir?"
Edward hält in seiner Bewegung inne und wirft einen Seitenblick zu mir. ,,Sieh dir dieses Haus doch mal an! Unser Eingang ist erst in der zweiten Etage. Von der anderen Seite des Hauses, oder der Garage kommst du in die erste Etage. Dort wohnt ein altes Ehepaar. Sie haben mir den Rest des Hauses oder Villa zur Verfügung gestellt."
,,Und du vertraust einfach so einem fremden Ehepaar?", frage ich ihn verwundert. ,,Bist du da nicht misstrauisch oder so?"
Edward schließt die Tür endgültig auf und antwortet mir anschließend: ,,Ich kenne die Beiden, genauer gesagt sind sie Freunde unserer 'Organisation'."
Wir betreten einen kleinen Vorraum zu der Wohnung. An den Seiten stehen Schuhregale in weiß, wo auch einige Schuhe zu finden sind und einige Jackenhaken. ,,So, da wären wir auch schon bei den ersten zwei Regeln", sagt Edward und stoppt mich somit bei dem Vorhaben, die Tür zu öffnen, um aus dem Vorraum herauszukommen. ,,Zum einen ziehst du dir bitte immer die Schuhe aus." Er deutet auf meine dreckigen Lackschuhe, woraufhin ich ihn unschuldig angrinse und die Schuhe von meinen Füßen ziehe.
Während ich sie in einem Schuhregal platziere, redet Edward weiter: ,,Dazu wollte ich dir noch sagen, dass du weder die Treppe von der Garage aus hoch gehen darfst, noch dass es dir gestattet ist, die andere Seite des Hauses aufzusuchen. Du lässt das alte Ehepaar bitte in Ruhe. Das heißt natürlich ebenfalls, dass du abends nicht zu laut sein darfst. Normal sind das Regeln, die zur Allgemeinbildung gehören, aber so wie du aussiehst, kennst du diese nicht. Mal so nebenbei solltest du zur Mittagszeit auch ruhig sein, falls du das nicht weißt."
Sobald Edward fertig mit Reden ist, gucke ich ihn skeptisch an, muss mir dabei ein Lachen verkneifen. ,,Du weißt schon, dass das jetzt vier Regeln waren, nicht zwei."
,,Das interessiert mich geringfügig wenig, Hauptsache, du hältst sie ein", entgegnet er mir emotionslos, woraufhin ich meine Augen rolle, anschließend aber die Tür vor mir öffne und hindurch gehe.
Links von mir befindet sich ein großer Loft mit einem Wohnzimmer, in der Mitte einem Esstisch und etwas weiter vorne einer Bar. Neben der Bar ist ebenfalls eine Tür, die wahrscheinlich zur Küche führt. Es ist alles sehr modern eingerichtet, keineswegs stillos (dennoch für meinen Geschmack etwas kühl). Auch ist es hier sehr ordentlich, was ich aber bereits erwartete, irgendwie sieht Ordnung Edward ähnlich. Rechts von der Bar, also im Moment genau gegenüber von mir befindet sich eine Treppe, die sehr steil und rund nach oben führt.
Auf der anderen Seite der Wohnung befinden sich drei Türen, die anscheinend in irgendwelche Zimmer führen. ,,Es wäre vielleicht ganz sinnvoll, würdest du dich bewegen, du stehst mir im Weg", ertönt Edwards Stimme hinter mir, in Folge dessen ich ein paar Schritte nach vorne laufe und er an mir vorbei in das Wohnzimmer läuft.
,,Also", sagt er und dreht sich neben dem Sofa stehend zu mir. ,,Ich werde dich jetzt hier kurz herumführen und dir jeweils immer die Regeln erläutern. Das hier ist das Wohnzimmer, wie du dir wahrscheinlich denken kannst. Ich bitte dich, den Fernseher nicht kaputt zu machen, wenn du ihn benutzt." Er deutet auf den großen Flachbildfernseher. ,,Wie ein Fernseher funktioniert, weißt du hoffentlich. Auf dem Couchtisch liegen die Fernbedienungen. Wenn du Filme oder Serien gucken möchtest, ich habe Netflix. Außerdem hasse ich es, wenn Leute ihre Füße auf dem Couchtisch ablegen, das solltest du also auch nicht machen."
,,Sonst noch was?", frage ich lachend, weil das wirklich lächerlich ist. ,,Ich trage doch sowieso keine Schuhe, da kann ich doch überhaupt keinen Dreck machen!"
,,Keine Widerrede, du befolgst diese Regel. Also, komm mit, ich zeig dir den Rest." Edward und ich laufen in Richtung des großen Tisches, wo er auch kurz stehen bleibt. ,,Naja, das ist ein Tisch, falls du es noch nicht bemerkt hast. Mehr gibt es hierzu auch nicht zu sagen."
Wir laufen weiter zur Bar, die Schränke mit einigen Spirituosen hat. ,,An die Bar darfst du eigentlich nicht gehen. Ich benutze sie auch selten, aber manchmal wenn ich Besuch habe, brauche ich sie. Jedenfalls, du darfst hier nichts anrühren."
,,Ist das dein Ernst? Ich bin 17 Jahre alt!", protestiere ich ein weiteres Mal, doch er geht auf meine Beschwerden nicht ein, sondern öffnet die Tür neben der Bar. Hinter ihr befindet sich, wie ich es bereits dachte, eine Küche. Sie ist wie der Rest der Wohnung sehr modern ausgestattet.
,,Also, das ist die Küche. Hier befinden sich nur frische Lebensmittel, ich hasse Fast-Food oder eingefrorenes Zeugs. Deswegen koche ich immer, das heißt also, dass ich es dir auch beibringen werde, da ich davon ausgehe, dass du nicht kochen kannst. Du kommst mir auch nicht auf die Idee, Fast-Food zu essen, wenn ich nicht da bin, das ist ungesund und schlecht für den Muskelaufbau und die Konzentration."
,,Das heißt, ich darf mir nicht einmal eine Pizza bestellen oder so?", frage ich voller Angst, denn eigentlich bin ich es gewohnt, mich ungesund zu ernähren. ,,Du hast aber Schokolade, oder? Sag mir nicht, dass das auch verboten ist!"
,,Hmm, du kannst dir von mir aus mal ein Eis in der Stadt kaufen, mehr Süßigkeiten aber nicht. Von mir aus kannst du auch einen Kuchen backen, aber nein, ich habe sonst keine Süßigkeiten. Und Pizza darfst du dir auch nicht bestellen, das ist nämlich keineswegs gesund."
Da ich es mir nicht verkneifen kann, huste ich eventuell etwas zu auffällig das Wort 'Spießer' und lächle Edward anschließend unschuldig an, der nur den Kopf schüttelt und anschließend aus der Küche, vorbei an der Treppe läuft.
,,Die Treppe führt zum Fitness- und Trainingsraum, also die ganze Etage besteht daraus. Das hat dich aber erst später zu interessieren, wir essen erst zu Mittag, bevor wir trainieren."
Edward möchte schon weiterlaufen, doch ich stoppe ihn: ,,Warte, du hast einen eigenen Fitnessraum? Das ist ja cool! Aber müssen wir schon heute trainieren, wir können doch bis morgen warten?"
,,Wir werden nicht bis morgen warten, wir sind im Zeitdruck. Du musst auf die Gefahren, die dir bevorstehen, vorbereitet sein und das wird bei dir eine nicht allzu leichte Aufgabe, wir müssen also jedes Stückchen Zeit nutzen, das wir bekommen."
Während ich Edward in Richtung der ersten Tür folge, frage ich missmutig: ,,Aber welche Gefahren, ich kann doch nicht vor etwas Angst haben, was ich nicht kenne!"
,,Du sollst auch nicht Angst haben, du sollst die Gefahr kennen und sie nicht unterschätzen. Angst ist in diesem Falle nicht angebracht. Und jetzt hör auf mit diesen Fragen! Also diese Tür führt zu meinem Zimmer, das für dich tabu ist. Kriegst du es hin, dieses Zimmer nicht zu betreten?", fragt er spöttisch, sodass ich ihm einen Leck-mich-doch-am-Arsch-Blick zuwerfe, mir jedoch einen Kommentar dazu verkneife.
,,Diese Tür führt zum Bad", teilt mir Edward mit und öffnet dir Tür, woraufhin sich ein großes, ebenso modernes Bad zeigt. ,,Versuche, das Bad nicht zu überschwämmen. Ich werde diesen Wandschrank für irgendwelche Kosmetiksachen freiräumen, da kannst du also herein stellen, was du willst." Er öffnet einen kleinen weißen Schrank neben dem einen Waschbecken, schließt ihn anschließend wieder, nachdem ich genickt habe.
,,Bitte bedenke, dass unsere beiden Zimmer auch Türen zu diesem Bad haben, du also immer darauf achten musst, dass du alle drei zuschließt, wenn du hier bist. Handtücher sind in der Kommode."
,,Welcher dumme Architekt hat sich denn das ausgedacht, das ist ja voll umständlich, wer denkt denn daran, drei Türen zu schließen?"
,,Du wirst bitte daran denken, und jetzt hör auf, immer deinen Senf zu allem zu geben!" Wir verlassen das Bad und Edward bleibt vor der dritten Tür stehen, die in der Nähe des Einganges ist. ,,Das ist dein Zimmer, du kannst dich darin gleich zurechtfinden, während ich koche. Viel Spaß."
Edward lässt mich alleine vor der Tür stehen, sodass ich ihm noch während er in die Küche läuft hinterherschaue und anschließend die Tür zu meinem Zimmer öffne.
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Ja, ich hab's dann auch endlich mal geschafft, zu updaten. Diese lange Pause tut mir echt unglaublich leid, aber ich denke, ich schaffe es jetzt wieder regelmäßiger. :)
Hier ein Bild von Fee's Schuhen, falls ihr euch fragt, wie ich sie mir vorgestellt habe.
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