SAM - 8
Verdammt, was ist nur los mit mir? Heute geht es nur um Myra, der dieser Tag unendlich viel bedeutet. Und ich verblödeter Arsch habe eindeutig schon wieder zu viel getrunken.
Damit habe ich meiner Schwester schon eine ganze Menge Veranstaltungen verkackt und jetzt bin ich auf dem besten Wege, es wieder zu tun. Ich versteh es nicht ganz, denn eigentlich dachte ich wirklich, ich hätte mich heute Nachmittag in der Familienrunde gut im Griff gehabt. Vielleicht habe ich mein Hirn schon kaputt gesoffen. Das ist die einzige Erklärung dafür, dass ich halluziniere.
Da steht die Hübsche aus dem Club live und in Farbe. Aber eine andere Version. Das ist ein Upgrade der Kleinen von gestern. Sie steht in mitten der Gäste in einem Traum von einem Kleid, das sich enger um ihren Oberkörper schmiegt, als es erlaubt ist und dann elegant über ihre Hüften fällt. Sie zeigt nicht mal Knie, was echt Stil hat im Gegensatz zu anderen Cocktailkleidern hier. Und ihre Füße stecken in den heißesten Fick-mich- Schuhen, die ich in den vergangenen Wochen, ach Quatsch, Monaten, gesehen habe.
Unsere Blicke kreuzen sich und ich weiß, dass ich mich nicht täusche, denn auch sie hat mich wiedererkannt. Ihr erschrockener Blick verrät sie. Scheiße. Die Kleine ist sowas von heiß. Vielleicht ein bisschen zu jung, aber definitiv heiß.
Sie wendet sich wieder Max zu. Ach, als ob irgendjemand glauben würde, dass er mit einer Braut wie der zusammen ist...
Oder war das Homoding nur eine Phase? Ist er bei ihr vielleicht schwach geworden und hat seine Neigung korrigiert? Zähneknirschend beobachte ich, wie er nach Dads Rede besitzergreifend einen Arm um das Mädchen legt und sie durch den Saal führt. Vielleicht zum hinteren Badezimmer?
Zumindest wäre das mein Ziel, wenn ich mit ihr zusammen hier wäre. Genau die richtige Mischung aus Privatsphäre und Risiko. Ich habe auch schon eine genaue Vorstellung, was ich dort mit ihr anstellen würde; ihren stilvollen Rock hochschieben und sie von hinten nehmen, bis sie kommt und meinen Namen stöhnt. Natürlich, während sie diese Wahnsinns-Schuhe trägt. Nur zu genau kann ich mir ausmalen, welche Geräusche sie dabei macht und wie sie sich auf die Unterlippe beißt, um nicht zu laut zu sein.
Wo kommt denn dieser Gedanke jetzt wieder her? Zum Glück ist Steve, Myras Verlobter, jetzt auf das Stichwort meines Vaters, aufgetaucht und nach ein paar Worten und unter dem Beifall der Gäste schiebt er meiner Schwester den fetten, glitzernden Verlobungsring auf den Finger und küsst sie.
Och, ist das rührend. Ich glaub, ich muss gleich kotzen! Da hätte ich mir besser doch zwei bis drei Drinks mehr genehmigen sollen. Einerseits um die Süßholzraspelei zu ertragen, andererseits um den Drang zu ertränken, über Max' heiße Freundin herzufallen. Oder wird der schlimmer, wenn ich mehr trinke?
Ich kann unmöglich bei der Feier meiner Schwester krumme Dinger abziehen, das geht gar nicht. Das würde sie mir nie verzeihen. Und ich mir wahrscheinlich auch nicht. Wahrscheinlich müsste ich den Rest meines Lebens im Dauersuff verbringen, um das zu vergessen.
Dennoch ertappe ich mich dabei, wie ich, die Hände in den Hosentaschen, langsam durch den Saal schlendere und mich dem hinteren Teil nähere, wo Max mit dem Mädel in der Menge verschwunden ist.
Vielleicht habe ich ja Glück und Max hat mein Brötchen schon für mich gebuttert? Die Vorstellung gefällt mir nicht so gut, wie ich es eigentlich erwartet hatte, nicht einmal halb so gut. Außerdem weiß niemand genau, wo er seinen Schwanz schon überall hatte.
Unter dem kritischen Blick meiner Familie nehme ich unterwegs vom Personal meines Vaters ein Glas eiskalten Schampus zum Anstoßen entgegen.
Myra hat es gut getroffen, sinniere ich. Ihr zukünftiger ist nett. Wirklich! Irgendwo habe ich mal gelesen, dass nett einfach ein anderer Ausdruck für langweilig ist. Der Drang nach Aufregung steckt offenbar nur in meiner Genetik. Der einzig Kaputte von uns dreien bin ich, aber das ist mit Sicherheit auch besser. Lieber will ich mir nicht vorstellen, wie meine Schwester sich jahrelang durch fremde Betten schläft, weil sie ihr eigenes Bett verabscheut. Das lassen wir lieber.
Max führt die Blondine zu ihrem Tisch. Keine heiße Session auf unserem Marmorwaschtisch im Bad. Hätte mich auch gewundert. Wie niedlich, Max rückt seiner Begleitung sogar den Stuhl zurecht.
Eine wohlkalkulierte Nähe herrscht zwischen den beiden. Selbst als er seine Hand auf ihre legt, sieht man, dass er sie nicht wirklich begehrt. Für diese Dinge habe ich im Laufe der Jahre einen Blick entwickelt und was ich da sehe, beruhigt mich ungemein. Vielleicht komm ich ja doch noch zum Zug, wenn Max ihr für kurze Zeit den Rücken zudreht. Ich beschließe, die beiden auf alle Fälle mal im Visier zu behalten.
Und so beobachte ich unauffällig, wie die Fremde Max anstrahlt, kurz darauf über einen der Witze lacht, die er gemacht hat. Nicht so laut, dass es aufdringlich ist, aber doch laut genug, damit der eine oder andere der Geldsäcke, die in ihrer Nähe sitzen, einen Blick zu der Hübschen hinüberwirft.
Mindestens zwei der Tischnachbarn überlegen gerade, ob ein kleines Stelldichein mit ihr Spaß machen könnte. Manche Männer bleiben Jäger, auch wenn sie schon fette Beute an ihrer Seite sitzen haben, so fette Beute, dass Größe zweiundfünfzig einer Wurstpelle gleicht.
Das Essen wird auf mehrere Gänge verteilt in winzigen Häppchen serviert. In mir tobt ein Hunger, den das Essen nicht stillen kann und ich lechze danach, diesen Saal endlich verlassen zu können. Raus in die freie Wildbahn und dort wildern, statt mit diesen Zivilisierten zwischen den weißen Tischen eingepfercht zu sein. Oder mich an die Süße neben Max ranmachen.
Was auch immer! Ich will jagen und mit meiner Beute spielen, wie früher, vor dem Versuch, mit Lisa was Ernstes zu starten. Mit meinen Jungs habe ich für heute schon einen Treffpunkt an einer der belebteren Straßen klargemacht, wo sich Kneipen und Clubs aneinander reihen. Ich will, dass alles wieder abläuft wie vor Lisa. Und morgens, wenn ich aufwache, will ich wieder wissen, dass meine Kopfschmerzen höchstens von der Migräne kommen und nicht daher, dass ich mich blöd saufe.
James der neben mir sitzt, sagt irgendetwas. Zu mir, zu jemand anderem?
Tief atme ich ein, um mich besser auf das Gespräch zu konzentrieren, das am Tisch läuft. Immerhin hat mein Vater mich zusammen mit einigen seiner Geschäftsfreunde an einen Tisch gesetzt. Vermutlich in der Hoffnung, dass meine Therapie mit Doktor Sandman gut läuft und ich mich anständig benehme. Dabei habe ich sie bisher eigentlich nur kurz angerufen, um einen Termin mit ihr zu vereinbaren. Wobei „kurz" Quatsch ist. Sie hat sich ganz schön viel Zeit genommen am Telefon.
Vorsichtig hebe ich das Glas, das mir mit dem letzten Gang des Essens serviert wurde, an den Mund nippe lediglich. Heute Abend brauche ich mal wieder einen klaren Kopf.
Das Gespräch mit Sandman hatte zwar nur den Charakter eines informativen Austausches, aber den einen oder anderen Tipp, wie ich den heutigen Abend ohne Totalabsturz überstehe, konnte sie mir tatsächlich geben.
Dank ihr habe ich jedenfalls verstanden, dass ich versuche eine Sucht durch eine andere zu ersetzen. Als würde ein Raucher permanent statt zur Zigarette zu Gummibärchen greifen.
Ein bisschen schräg der Vergleich, aber sie hat recht. Ich habe verstanden, dass mich der Alkohol eher umbringen wird, als meine schrägen Kompensationsmechanismen.
Bedenklich bleibt jedoch die Tatsache, dass ich schon lange nicht mehr in der Lage bin „normalen" Sex zu haben. James neben mir knurrt und ich merke, dass ich schon wieder in meiner eigenen Gedankenwelt verschwunden bin.
Seinem starren Blick folgend muss ich beinahe lachen. Max hat sich die Kleine geschnappt und steht nun tatsächlich mit ihr auf der Tanzfläche. Für seine Verhältnisse hat er sie recht eng umschlungen und tanzt mit ihr Blues. Ich sehe zu James, dem die Eifersucht ins Gesicht geschrieben steht. Ein bisschen sieht er aus, als würde er jeden Moment Gift und Galle spucken. Sekunden später frage ich mich, warum ich eigentlich auf dem Weg zur Tanzfläche bin.
Würde ich James ärgern wollen, dann würde ich jetzt einfach eng umschlungen mit seinem Freund tanzen, aber eigentlich ist mir jetzt scheißegal, was die beiden für eine Beziehung haben. Aber dieses Mädchen ist mir nicht egal. Sie soll die geilen Fick-mich-Schuhe nicht umsonst angezogen haben. An Max sind sie verschwendet.
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