SAM - 46

„Niall, wie schön dich zu sehen", ich klopfe Cats Bruder auf den Rücken.

„Ich freue mich auch", antwortet Cats Bruder grinsend. „Und danke, dass ich hier einziehen kann. Zu Hause war es am Ende echt ungemütlich."

„Kein Problem. Ist ja mehr als genug Platz. Und also, wenn du mal was brauchst, wenn Cat in der Uni ist, dann ruf einfach an oder komm rauf. Ich richte deinen Fingerabdruck nachher oben ein, dann kannst du durch die Sicherheitstüren zur Wohnung und auf die Dachterrasse ohne über die Leiter zu klettern." Eine kurze verlegene Pause entsteht, nachdem Niall sich bedankt hat.

„Ist Cat auch da?", frage ich in die Stille zwischen uns.

„Nein, sie ist vorhin ziemlich mieser Laune gewesen und meinte, sie würde laufen gehen. Was hast du angestellt?"

Er ist so geradeheraus, dass ich lachen muss.

„Das ist nicht lustig. Ich verrate dir nicht wie sie ihre Sandwiches mag, damit du es verkackst!", schnaubt er.

Verkackt. Ja, das habe ich wirklich richtig verkackt. Ich habe gedacht, dass das funktionieren könnte. Dass ich mich entspannen könnte, weil sie die ganze Geschichte kennt und verständnisvoll reagiert hat. Aber irgendwie macht es die Situation besser, andererseits auch hundert Mal schlimmer. Unpersönlicher Sex auf dem Klo oder betrunken ist eine Sache. Aber hier im Haus nüchtern mit ihr rumzumachen, fühlt sich schrecklich an, ich habe mich gefühlt wie ein Tier im Käfig. Ich hätte nach der ganzen Sache ausziehen, am besten das ganze beschissene Haus niederbrennen sollen.

„Ich weiß überhaupt nicht mehr, wie ich mit ihr umgehen soll", gestehe ich leise.

„Mach dir keinen Stress, sie mag dich doch. Geh mit ihr nett essen oder koch für sie. Geht ins Kino oder in ein schönes Konzert. Mehr erwartet sie gar nicht, weißt du? Mach dir nicht zu viel Druck. Das Andere kommt dann von selber."

„Sie hat dir erzählt...", der Rest des Satzes will nicht über meine Lippen kommen.

„...,dass sie dich mag? Das braucht sie mir nicht erzählen. Das sieht ein Blinder. Sie ist verrückt nach dir!"

Erleichterung überschwemmt mich. Ich dachte schon, Cat hätte ihm alles erzählt.

***

Nialls Tipp folgend nehme ich den Druck raus und lade Cat tatsächlich für den Samstag zum Essen ein. Einfach sie und ich und eine leckere Lasagne. Doch als der Samstag endlich angebrochen ist, der Zeitpunkt, zu dem wir verabredet sind näher rückt, drehe ich halb durch.

Das  Warten auf sie ist nich das einzige, was mich fertig macht.  Ich versuche zusätzlich den ganzen Nachmittag meinen Pegel im grünen Bereich zu halten. Genug trinken, damit ich das hier durchziehen kann. Aber nicht so viel, dass Cat was merkt.

Ich gehe x-mal durch die Wohnung und kontrolliere, dass alles perfekt ist. Das Bad ist sauber, das Klo geschrubbt. Küche clean, fast steril. Blumen auf dem Tisch. Geschirr. Kerzen. Blütenblätter. Zwei Flaschen Wein. Der weiße, den sie gerne mag und der Rote ist für mich - mit extra Schuss.

Im Schlafzimmer Teelichter und Feuerzeug bereit. Auf dem Bett Rosenblätter.

Cat, komm bitte endlich. Als es tatsächlich an der Tür klingelt, zucke ich regelrecht zusammen, öffne ihr.

„Hi", sagt sie schüchtern. Mein Gott, habe ich mich wirklich, wirklich für ein Date mit ihr entschieden? Habe ich wirklich geplant, mit ihr zu schlafen? Hier?

„Hi", sage ich.

„Ich habe Nachtisch mitgebracht." Sie hält mir ein Schälchen entgegen. Mousse au Chocolat? Ja, Baby, damit wüsste ich schon eine Menge anzufangen und meine Vorstellung hat irgendetwas mit ihrem Körper, diesem leckeren Zeug und meiner Zunge zu tun.

„Ist nicht italienisch, sondern Französisch, aber ich hoffe, es ist trotzdem okay?", erkundigt sie sich.

Ich mag es Französisch. Aber das kann ich jetzt nicht sagen, oder? Das ist echt schwierig. Ich will heute auf keinen Fall wie der lüsterne Arsch rüberkommen, der ich bin. Ich will Perfektion!

„Komm", ich führe sie zum Esstisch.

„Wow, Sam, das sieht toll aus!"

Dann warte, bis du die Lasagne siehst... Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel und danke Granny dafür, dass sie nicht nur backen, sondern die perfekteste Lasagne macht, die man sich nur vorstellen kann.

Meine Hände zittern, als ich die zwei Teller zum Esstisch trage und ich kann fast den Wein nicht einschenken.

Fuck, ich sollte mich langsam einkriegen. Niall hat recht. Ich mach mir selber zu viel Druck, das merke ich.

Sie sieht mich schon ein bisschen merkwürdig an. Aber sie ist total entspannt im Vergleich zu mir.

Dabei ist sie die Jungfrau und nicht ich. Wenn dann müsste sie nervös sein, oder? Verkehrte Welt.

„Wie war dein Tag?", frage ich um das Ganze etwas zu entkrampfen.

„Okay", sagt sie.

War das alles? Was ist mit dem Tischgespräch? Ich drücke auf die Fernbedienung und aus den Lautsprechern tönt Einaudi, Niall hat mir die Lieder als Mp3 per Mail geschickt.

Jetzt lächelt sie.

„Lass es dir schmecken. Guten Appetit."

„Danke, dir auch, Sam."

Sie probiert die Lasagne und verdreht genussvoll die Augen. „Oh mein Gott, ist das lecker", seufzt sie.

„Ich muss dir was gestehen, Cat", sage ich und sie sieht dermaßen alarmiert aus, dass ich lachen muss.

„Die hat Granny gemacht."

Ja, das war nicht schlecht, denn nun lacht sie: „Sie kann einfach alles, was mit einem Ofen zu tun hat, oder?"

„Und mit Töpfen. Und mit einem Grill", ergänze ich.

„Aber sie übt auch schon ein paar Jährchen."

Cat entspannt sich zunehmend, während wir plaudern. Dann wird es Zeit für Nachspeise.

Cat steht auf und holt Dessertschälchen aus dem Schrank. Ja, mein Date kennt sich super aus in meiner Küche. Sie war ja schon oft genug hier.

Cat hat wieder das Kleid an, das knielange, rückenfreie. Wie beim letzten Mal geht meine Phantasie mit mir durch. Es juckt mich in den Fingern, sie zu mir zu ziehen und diese Schleife zu öffnen, sie in ihrer nackten Pracht zu bewundern. Nicht dran denken.... Nachdem Cat sich wieder gesetzt hat, streiche ich eine lose Strähne hinter ihr Ohr, und streife dabei wie zufällig ihren Hals.

Cats grüne Augen fixieren mich.

„Du bist wunderschön, Cat", flüstere ich ihr zu.

Sie lächelt mich verlegen an und die Spannung zwischen uns ist sofort fast mit den Händen greifbar.

„Iss deine Nachspeise und dann müssen wir los, ja?"

Sie nickt und auf einmal sieht man ihr die Aufregung an.

„Welchen?", stelle ich in der Garage die obligatorische Frage, selbst wenn ich eigentlich weiß, welchen sie wählen wird. Ich habe den Schlüssel vom Aston bereits in der Hand, als sie antwortet: „Den Tesla".

Ohne Scheiß, jetzt? Den Tesla?

„War nur ein Scherz!", sagt sie. „Jetzt guck doch nicht so schockiert!"

Wir sind viel zu früh, doch das ist gut, denn wir bekommen noch einen guten Parkplatz. Als wir ins Foyer schlendern, greife ich nach ihrer Hand und bin froh, dass Cat sie nicht wegzieht. Es ist schön sie anzufassen, ihre weiche Haut zu spüren, aber es ist nicht genug. Nicht annähernd genug. Ich will ihr näher sein, sie an mich ziehen. Sie küssen. Und dann will ich..., dass dieser Abend vorüber geht, ohne dass ich ihr an die Wäsche gehe, bevor wir wieder zu Hause sind.

Hier wäre alles viel einfacher für mich und ich habe mich daran gewöhnt, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen.

Unsere Plätze sind gut, glaube ich. Zumindest waren die Karten teuer. Nicht weil ich Cat unbedingt beeindrucken will, es gab nur noch welche in dieser Kategorie.

Eine schmächtige Frau betritt den Saal durch einen Seiteneingang, dann geht sie zu dem riesigen Flügel. Wenn Nialls genaus groß ist, dann ist es ein Glück, dass dreiviertel oder mehr des ersten Stockes noch leer stehen.

„Ist sie das?", frage ich und Cat nickt. Sie hat glatte dunkle Haare, mandelförmige Augen und trägt einen Kimono. Echt jetzt? Ich hätte von einer Solistin ein Abendkleid erwartet! Sie verbeugt sich und Applaus brandet auf.

Sie setzt sich an den riesigen Flügel und ich schwöre, in dem Moment, als sie die Tasten berührt beginnt ein Zauber zu wirken. Sie spielt zum Eingang eines der Stücke von Einaudi, das Cat angeblich sehr mag.

„Das spielt sie immer als erstes", flüstert Cat. „Das war schon Tradition, als sie noch mit Niall aufgetreten ist."

Dann folgen zwei Stücke, die ich nicht kenne. Dann eines, dass ich schon einmal gehört habe. Doch ich habe keine Ahnung, wie es heißt geschweige denn, von wem es ist.

Immer wieder sehe ich zu Cat. Sie sieht unglaublich glücklich aus. Sie lächelt die ganze Zeit. Als Pause ist, stellt sie sich mit gefühlt tausend weiteren Frauen an den Toiletten an, während ich meinen Flachmann leere. Damit habe ich, Lisa sei Dank, ja schon Übung.

Der Abend ist und bleibt eine Prüfung, denn im Dämmerlicht des Konzertsaales kann ich einfach nicht anders. Ich Idiot lege ihr meine Hand auf den Oberschenkel. Sie schaut zu mir rüber und tut das gleiche.

Während ich aber mit meiner Hand weiter Richtung Knie gleite, um die nackte, weiche Haut unter ihrem Rocksaum zu berühren, wandert ihre Hand in die entgegengesetzte Richtung, nämlich meinen Oberschenkel hinauf. Eine Welle der Erregung überflutet mich.

Als meine Hand unter ihren Rock rutscht, sieht sie mich mahnend an. Okay, ich mach langsam, versprechen meine Augen, aber mein Blut kocht bereits. Sie und Alkohol sind wie eine Droge. Diesmal wird es funktionieren

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