SAM - 44
Mitten in der Sitzung vibriert mein Handy.
„Sam, du Schwindler", schreibt mir Cat und ich muss mal wieder über ihre Ausdrucksweise lachen. „Mein Bruder fragt grade nach, wie mir die Sandwiches geschmeckt haben!"
„Und?", texte ich zurück. „Wie waren sie?"
„Ganz okay" lautet ihre lapidare Antwort. Nur okay und dafür habe mir wirklich Mühe gegeben?
Dann kommt eine weitere Nachricht: „Ich könnte mich daran gewöhnen, dass du mir Sandwiches machst, Sam."
Und ich könnte mich daran gewöhnen, ihr Frühstück zu machen und jeden verdammten Tag meines Lebens neben ihr aufzuwachen und ihre sexy Kurven an meinen Körper geschmiegt zu fühlen. Ihr seidig weiches Haar unter meinen Händen zu spüren und ihre zarte Haut zu küssen. Ich will sie verwöhnen, bis sie um Erlösung bettelt. Ich will ihr zuckendes Fleisch um meinen Schwanz spüren und sie vögeln, bis sie meinen Namen schreit. Nervös rutsche ich auf meinem Stuhl hin und her, versuche den Ausführungen meines Technikers zu folgen, der unserem Kunden das neue Waffensystem erklärt. Aber meine Hose spannt nach meinem gedanklichen Exkurs zu Cat und ihrem anbetungswürdigen Körper ziemlich eng und unbequem um meine Hüften.
Nach der Sitzung bin ich völlig durch. Ich hatte dieses Wochenende zu viel Alk, zu wenig Schlaf, keinen Sex und ich glaube, ich habe wieder ein paar Mahlzeiten ausfallen lassen. Das könnte wieder mit Migräne enden und bis Mittwoch, bis die Scheiben bei Cat gewechselt sind und der Alarm verkabelt ist, will ich Kotzerei gerne vermeiden. Bis dahin schläft Cat in jedem Falle oben bei mir. Sicher findet sie das unlustig bis ekelhaft, wenn ich mich neben ihr übergebe.
Ich glaube und das ist echt spitze, dass ich den Auftrag für die Drohnen heute klargemacht habe. Vermutlich gibt das wieder Negativ-Schlagzeilen. Drohnen kommen bei den meisten nicht gut an, vor allem dann nicht, wenn man sie nicht nur an das eigene Militär verkauft, sondern die Lieferungen breiter streut. Aber hey, wenn nur die eigenen Leute super Waffen hätten, wo würde das hinführen?
Irgendwie hätte ich Lust auf indisch. Und noch immer auf Cat. Hört das eigentlich mal auf? Vielleicht sollte sie im Bett schlafen und ich einfach auf der Couch pennen.
Ich könnte aber auch einfach mit ihr schlafen. Sie will es. Ich will es. Eigentlich stehe ich mir nur selber im Weg. Wenn es ihr nichts ausmacht, es außerhalb geschlossener Räume zu tun, dann sollte es mir doch herzlich egal sein, oder? Der Fehler im Suchbild ist aber, dass es mir einfach nicht egal ist.
Vielleicht könnte ich es für sie ja trotzdem nett machen? Mann, wie nett, wenn wir dann erwischt werden. Wenn überhaupt, dann will ich mich auf sie konzentrieren, will selbst jede Sekunde auskosten. Das sollte kein Quickie zwischen Tür und Angel sein.
Ich will das volle Programm mit ihr. Die komplette Romantiknummer. Aber was, wenn ich es am Ende nicht bringe und für sie alles vermassle?
Ich drehe mich im Kreis, verdammt! Ich brauch jetzt erstmal was zu essen.
„Hey Sam", meldet sich Cat, als ich sie über die Freisprechanlage anrufe. „Kann ich dich gleich zurückrufen? Ich war beim Laufen und bin grad unter der Dusche." Vielleicht ist es besser rechts ranzufahren? Mein Blut versackt gerade zwischen meinen Beinen. Ein kurzer Gedanke an eine nackte Cat unter der Dusche und mein Gehirn ist plötzlich unterversorgt.
„Ja, ist gut. Ruf mich an, wenn du fertig bist", presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Ist alles in Ordnung bei dir, du klingst ein bisschen komisch?", fragt Cat, naiv wie sie ist, ganz freundlich nach und ich schäme mich beinahe für meine Sexphantasien.
„Alles gut, du solltest mir nur beim Autofahren nicht mehr erzählen, dass du beim Duschen bist", teile ich ihr über meine Freisprechanlage mit.
„Warum?", fragt sie arglos.
„Weil es impliziert, dass du gerade nackt bist." Okay, langsam nervt ihre Begriffsstutzigkeit und meine Latte auch, bequem ist das beim Fahren nicht gerade.
„Die meisten Menschen duschen nackt." Sie kichert und zu meinem Leidwesen weiß ich genau, worauf sie anspielt. Ich in Jeans unter ihrer Dusche. Mein Kopfkino zeigt mir Bilder, die weder jungendfrei sind, noch zum Autofahren passen. Bilder ihrer Hand an meinem Schwanz, die ehrfürchtige Neugier in ihren Augen.
„Ja, aber die meisten Menschen erzählen mir nicht, dass sie duschen. Und die Meisten habe ich noch nicht nackt unter der Dusche gesehen. Dich schon", bemerke ich etwas spitzer als beabsichtigt.
„Aber was hat das genau mit dem Autofahren zu tun", erkundigt sie sich.
Macht sie das mit Absicht?
„Mein Gehirn wird dann nicht mehr richtig durchblutet."
„Oh" sagt sie und klingt etwas peinlich berührt. „Vielleicht ist es dann besser, einen Parkplatz zu suchen", neckt sie mich dann plötzlich ungeniert, „und dort zu warten, bis sich die Durchblutung normalisiert. Ich würde dann einfach weiterduschen, ich friere langsam."
Dann legt sie einfach auf. Dabei habe ich noch nicht einmal fragen können, ob sie was von unserem Inder will. Moment? Unser Inder? Samuel, nicht gut, so zu denken. Gar nicht gut...
***
„Wo ist mein Auto?", platzt mein Vater in mein schwer verdientes indisches Take-Away.
„Guten Tag, Dad. Ich freue mich ebenso dich zu sehen. Und danke der Nachfrage mir geht es gut. Was gibt es denn? Setz dich doch? Möchtest du einen Kaffee?", bestreite ich das Gespräch alleine.
„Der Tesla, Sam, wo ist er?", fragt mein Dad erneut.
Nun mache ich mir doch die Mühe von meinem Bericht aufzublicken, den ich gerade durchgehe.
„Seit wann ist der Tesla dein Auto? Eigentümer ist, soweit ich weiß, Palmer Armory? Aber nimm gerne einfach einen Wagen, der da ist. Ich würde nämlich gerne weiterarbeiten. Ich verdiene mein Geld nicht damit, dass ich Däumchen drehe und warte bis das Öl von selber in meine Tanks fließt."
„Nein, stimmt. Du verdienst dein Geld damit, Waffen zu verkaufen in Länder, aus denen das Öl zu uns fließen sollte."
Er klatscht eine Zeitung auf den Tisch. Dann zwei weitere.
„Dreimal schlechte Presse in einer Woche ist selbst für dich eine reife Leistung."
Genervt ziehe ich die Zeitungen zu mit rüber. Die erste Ausgabe ist von heute. Und wie befürchtet wird der Deal mit den Drohnen durch den Dreck gezogen. Die Tageszeitung von gestern behandelt den Einbruch bei Cat. Die dritte Zeitung, Klatschpresse, titelt mit der Überschrift „Kein Kind von Traurigkeit". Darunter ist ein Bild von Cat zu sehen, wie sie mit mir auf einem der Picknicktische tanzt. Ihre Augen funkeln und ihre Haare und ihre helle Haut leuchten im Widerschein des Lagerfeuers. Wer auch immer der Fotograf ist, er hat ganze Arbeit geleistet, denn Cat sieht atemberaubend aus.
„Nur wenige Wochen nach der Trennung von Dauerflamme Lisa McEvans hat Sam Lake-Palmer wieder Feuer gefangen. Auf einer Party wurde er mit dieser Schönheit abgelichtet, bei der es sich um niemand geringeren handelt, als die Tochter von Senator Jones. Er gilt als einer der schärfsten Verfechter eines Waffenverbotes in den Vereinigten Staaten." Das reicht mir schon.
„Sonst noch was Dad?", frage ich möglichst kühl.
„Der Tesla?"
„Den hat Cat", antworte ich desinteressiert.
„Du hast Firmeneigentum an eine deiner kleinen Schlampen verliehen?"
„Nein, ich habe meiner Nachbarin ein Auto überlassen, damit sie und ihr körperlich benachteiligter Bruder nicht Taxi fahren müssen", korrigiere ich seine Annahme.
Er hat den Anstand wenigstens für den Bruchteil eines Augenblicks betreten zu sein. Doch er hat sich gleich wieder im Griff.
Ich warte noch bis er an der Tür ist.
„Ach Dad, was ich noch sagen wollte..." Er dreht sich im Türrahmen um.
„Ich werde meine Therapie abbrechen. Ich habe keinen Bock mehr zu dem Scheiß. Das ist Zeitverschwendung. Ich bin in den letzten Jahren keinen Schritt weitergekommen. Falls du nicht mit deinem verkorksten Sohn klarkommst, gibt es freie Termine bei Doc Sandman."
„Wie du meinst", sagt er und geht einfach. Danke für das Gespräch, Dad! Aber so war es schon immer.
Ein paar Minuten später klopft es an der Tür und Cat steckt ihren Kopf herein. „Störe ich? Ich wollte nur Bescheid sagen, dass wir da sind. Der Tesla steht wieder in der Garage, den Schlüssel habe ich in den Kasten gehängt."
„Danke, Cat", sage ich.
„Brauchst du noch was?", fragt sie mich.
Ja, Dich!
Aber ich sage nichts. Das macht alles keinen Sinn. Ich hätte sie nie, nie, nie bitten sollen, bei mir zu übernachten. Jetzt bin ich angefixt und werde nicht mehr von ihr loskommen.
Die Vorstellung, sie morgens ganz langsam zu lieben, mit ihr gemeinsam zu kommen, lässt mich nicht los.
„Kaffee wäre super", sage ich.
Kurz darauf bringt sie mir einen Becher und stellt ihn neben mir auf dem Schreibtisch ab.
Ihre Hand streift dabei meinen Unterarm. Die Berührung schießt wie elektrischer Strom durch meinen kompletten Körper. Ich bin verloren!
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