SAM - 12

Mein Puls ist definitiv in einem ungesunden Bereich, als ich mich in den Ledersitz meines Autos fallen lasse. Ich könnte mir jetzt einreden, es käme davon, dass ich in Lichtgeschwindigkeit die Feuerleiter hinuntergeklettert bin, aber das wäre gelogen. Es liegt an ihr. Daran, wie sie mich angesehen hat, wie sich ihre Hand an meinem Schwanz angefühlt hat. Wie sie sich in meinen Armen angefühlt hat. Sie ist zierlich wie eine Elfe und die Unschuld ihrer Berührungen war unfassbar erregend.

Sie ist noch Jungfrau, ermahne ich mich streng. Dann wird mir klar, was ich hier grade für einen krassen Scheiß gebaut habe. Und dass man mir aus der Aktion locker einen Strick drehen kann. Ich habe ihr einen Teil ihrer Unschuld geraubt. Eine Unschuld, die mir nicht zustand, sondern ihrem Freund. Das kann ich nicht mehr gut machen. Shit.

Ich lasse den Motor an und schalte die Heizung auf volle Touren. In den nassen Klamotten friere ich. Mit aller Macht bemühe ich mich, mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Aber immer wieder sehe ich ihre faszinierend grünen Augen vor mir, sehe, wie sie mich neugierig erforscht. Fuck, ich habe schon wieder eine Latte, obwohl sie mir grade einen runtergeholt hat.

Doc Sandman wäre sicherlich enttäuscht. Cinderella ist nicht die Art Frau, über die wir sprachen. Die Sorte, die weiß was sie tut, wenn sie sich entscheidet, mit mir Sex an einem öffentlichen Ort zu haben. Ich habe sie einfach in einem schwachen Moment erwischt. Vergewaltigung? Ich schlucke trocken. Ich muss das unbedingt klären und muss Cinderella sagen, dass ich ein total kaputter Freak bin und am besten soll sie sich von mir fernhalten. Aber wie kann ich mich von ihr fernhalten?

Seit Lisa gegangen ist, bin ich sexuell unausgelasteter als je zuvor und ich könnte das hier noch hundert Mal mit diesem Mädel wiederholen. Warum zur Hölle, sah sie so heiß aus unter der Dusche?

Dann trifft mich wieder der Schock: Es hat nicht viel gefehlt und ich hätte sie gegen diese Wand gelehnt gevögelt. Eine verdammte Jungfrau! Ich blöder Arsch. Allein für die Idee in ein Wohnheim einzusteigen gehöre ich gesteinigt und am besten weggesperrt!

Wahrscheinlich kann ich mir jetzt nie wieder einen runterholen, weil ich immer an diese beschissene Aktion denken muss.

Dann fällt mir was ganz anderes ein und die Überreste meiner Erregung lösen sich in Luft auf. Hoffentlich ist sie schon alt genug dafür. Wenn nicht, dann hilft auch ihr Einverständnis nichts.

Und was sage ich eigentlich Max? Sorry, Max, aber ich bin ohne Gehirn, total schwanzgesteuert ins Wohnheim gefahren und hab deine supergeile Freundin verführt? Er wird mich umbringen! Er hasst mich ohnehin schon! Am besten rufe ich Doc Sandman an. Vielleicht weiß sie, wie ich das in Ordnung bringe.

„Okay Sam, lassen Sie mich das noch mal zusammenfassen, dann sehen wir, ob ich es richtig verstanden habe.

"Sie haben die Party verlassen und sind noch in eine Bar gegangen. Dort haben sie eine Frau kennengelernt, die sie an Cat erinnert hat." Doc Sandman macht eine Pause und ich nicke.

„Sie haben vom Auto aus Max angerufen, ihm gedroht, seinen Eltern private Details über sein Sexualleben zu verraten und haben sich ihren Namen und ihre Telefonnummer sowie die Adresse ihres Wohnheimes besorgt." Sie blickt auf ihre Notizen und ich kaue auf meinen Fingernägeln, während sie die Stichpunkte vorliest.

„Dann sind sie in den geschützten Bereich eines Studentenwohnheims eingedrungen, indem sie über die Feuerleiter in ein offenes Fenster gestiegen sind. Das Fenster gehörte, wie sich hinterher rausstellte, zu den Duschräumen. Und dort haben sie dieses Mädchen beim Masturbieren angetroffen." Ich nicke wieder. „Dann haben sie das Mädchen mit ihren Fingern..."; sie stockt und sucht nach einem anderen Ausdruck als gefickt, „erkundet und dabei festgestellt, dass sie noch Jungfrau ist. Daraufhin haben sie sich zurückgenommen und sie hat es vor ihren Augen zu Ende gebracht. Auf ihre Bitte hin hat sie ihnen anschließend bei der Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse geholfen."

Wenn Sie das schonungslos zusammenfasst, ist das noch krasser, als wenn ich selber an die Situation zurückdenke. Das sage ich der Psychologin auch und sie nickt und lobt mich, weil ich trotz der überwältigenden Erfahrung kritisch reflektiere.

Aber ich habe noch etwas anderes herausgefunden. Das macht mir nämlich ehrlich gesagt eine Scheißangst: ich habe eine neue Stufe meiner Obsession erreicht und ich glaube heute mehr denn je, was Dan über mich behauptet.

Vielleicht bereut die Sandman es nun, mir geraten zu haben, nicht eine Sucht durch eine andere zu ersetzen? Vielleicht kauft sie mir nächste Woche eine Tüte Gummibärchen, damit ich von Gefummel in der Öffentlichkeit absehe. Diese Idee ist verdreht, aber erfrischend.

„Sam", reißt sie mich aus den Gedanken. „machen Sie sich keine Sorgen, schlussendlich hat sie selber entschieden die Sache fortzuführen, aber sie sollten sich vielleicht einen Anwalt suchen. Das sage ich Ihnen jetzt nicht nur als Therapeutin, eher als Frau. Wenn ich diese Sache im Licht des Morgens betrachten würde und die Lust verflogen wäre, würde ich möglicherweise auf die Idee kommen, es meinen Eltern zu erzählen. Selbst wenn das Mädchen sie nicht anzeigt, dann kann es dennoch sein, dass die Eltern es tun. Sie haben die Unschuld des Mädchens vielleicht aus Sicht der Eltern missbraucht. Und ich gehe davon aus, sie haben sich auch nicht vergewissert, ob das Mädchen über achtzehn war. Zudem gab es ja in ihrer Vorgeschichte schon einmal eine Anzeige wegen Missbrauchs."

Okay das ist jetzt krass. Sie kann Gedanken lesen, oder?

Aber sie hat recht, ich habe nicht mit einem Fünkchen darüber nachgedacht, dass in diesem Studentenwohnheim Kinder betreut werden; Mädchen unter achtzehn sind nichts anderes als Kinder.

Ich war so fixiert auf die Kleine und diese süßen Geräusche, die sie gemacht hat. Darüber habe ich alle Regeln, die ich immer selber für mich aufgestellt habe, über Bord geworfen. Wenn ich jetzt eine Anzeige kriege, dann bin am Arsch und das zu recht!

Doktor Sandmann holt mich gedanklich wieder zurück in die Praxis.

„Es wäre vielleicht gut, wenn sie die nächsten Wochen häufiger in meine Praxis kämen. Sofern sie sich entscheiden, die Therapie bei mir fortzusetzen. Ich stelle mir vor, dass wir uns jeweils Montag und Donnerstag zusammensetzen könnten. Ich würde gerne versuchen, über kognitive Verhaltenstherapie Fortschritte zu erzielen. Und ich möchte mit ihnen über ihren Blackout damals sprechen. Bei zwei Therapietagen pro Woche hätten wir mehr Zeit, ihre Themen parallel zu bearbeiten. Aber bitte nehmen sie sich Zeit für diese Entscheidung."

Schlussendlich einigen wir uns, uns bereits kommenden Donnerstag sehen um dann alles Weitere zu besprechen.

Nervös reibe ich mit meinen schweißnassen Handflächen über meine Hose. Allein bei der Erwähnung meines Filmrisses bekomme ich ein flaues Gefühl.

„Ich weiß nicht, was ich wegen Cat tun soll", sage ich nervös, als ich mich wieder halbwegs im Griff habe. „Ich will das wieder ins Lot bringen. Sie soll sich nicht benutzt fühlen." Nach einer Pause setze ich hinzu, was mir am meisten auf der Seele brennt: „Ich möchte das Richtige tun." Nicht wie der verwöhnte Fratz handeln, der ich bin. Ich will mich anständig verhalten. Nicht meiner Lust, meiner Leidenschaft folgen, oder den Regeln irgendwelcher Collegespiele, für die ich inzwischen eigentlich zu alt bin.

Doc Sandman sieht mich ähnlich überrascht an, wie ich mich selbst fühle.

„Wenn sie das möchten, dann tun sie das. Reden sie mit ihr. Sagen sie ihr, was sie bewegt. Aber melden sie sich dieses Mal um Himmelswillen beim Portier an!"

Genau auf die Art werde ich das machen: einfach zu Cinderella gehen und ihr alles erklären. Vielleicht, aber nur vielleicht, hilft das, mein inneres Gleichgewicht wiederherzustellen, denn seit Samstagnacht denke ich an nichts anderes mehr als daran, was ich diesem Mädchen zugemutet habe.

Als ich mich kurz darauf verabschiede, ermahnt mein persönliches Kriseninterventionsteam mich erneut, auf alle Fälle die Tür zum Foyer zu nutzen und Cat vom Portier nach unten bitten zu lassen.

So kommt es, dass ich, statt an die Arbeit zurückzukehren, gegen vier Uhr in einem Studentenwohnheim stehe, eine zweifarbige Rose in der Hand und höllisch angespannt bin. Früher scherte es mich eigentlich nicht wirklich, wie es den Frauen erging, mit denen ich meinen Spaß hatte. Sie waren alle erwachsen. Und da ich es nie hinter verschlossenen Türen getan habe, waren alle frei zu gehen, wenn sie es wollten.

Aber bei der Kleinen ist es anders. Sie ist viel zu jung, zu unerfahren, als das ich sie einfach kommentarlos sitzen lassen kann, oder?

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