CAT - 7
Ich fühle mich wie Cinderella, während vor ihr der Prinz kniet. Doch mein Prinz ist ein Fremder in Jeans, der in Clubs vögelt. Innerlich schlage ich mir vor Schreck die Hand vor den Mund. Das kann ich nicht wirklich gerade gedacht haben, aber leider muss ich mir eingestehen, dass genau hier mein Problem liegt: ich kann den ganzen Tag an nichts anderes denken, als an den Fremden.
Max hilft mir aus dem tiefen Sitz und mit einem Lächeln drücke ich dem Mann vom Parkservice, der unseren - sorry, Max' - Wagen parken soll, den Schlüssel in die Hand, während Max ihn mit einem weiteren grimmigen Blick bedenkt. Kein Wunder das James immer durchdreht, wenn ich irgendwo auftauche. Max spielt seine Rolle als mein Kavalier einfach zu gut.
Über den roten Teppich folge ich Max zum Eingang und zum ersten Mal seit ich über welche laufe, ergibt der rote Teppich in mehr als optischer Hinsicht Sinn: ohne ihn hätte ich meine Absätze auf der gekiesten Einfahrt mit nur wenigen Schritten ruiniert.
Max führt mich die drei Stufen zum Eingang hinauf. Zwei Männer flankieren die große Tür.
Der Eine trägt die gleiche Kleidung wie der Parkservice, doch bei diesem führt ein weißes Kabel von dem Knopf in seinem Ohr direkt in die Jacke. Das schaut dermaßen bescheuert aus, weist ihn aber unzweifelhaft als den Sicherheitsdienst aus. Neben ihm steht der Gastgeber, Steve Jefferson Lake-Palmer und begrüßt uns persönlich. Nett. Wirklich nett, wie er Max die Hand reicht und ihm jovial auf die Schulter klopft.
Mit seinem leicht angegrauten braunen Haar, den dunklen Augen und der tiefen Stimme kommt er sehr sympathisch rüber und der maßgeschneiderte Anzug in marineblau steht ihm ausnehmend gut.
Er kommt mir vage bekannt vor, aber spontan kann ich nicht einordnen, woher. Vermutlich aus der Presse. Max meinte auf der Fahrt, er sei im Ölgeschäft und ihm gehöre zudem eine Tankstellenkette. Er wird sicher öfter die Titelblätter zieren und mir daher bekannt vorkommen.
Dann fragt der sympathische Mann nach meinem Namen und wie Max ihm „Catherine Jones" entgegen haucht, klingt mein Name nach Samt und Seide, beinahe wie ein sinnliches Versprechen.
James Blick spüre ich auf meiner Haut, schon bevor ich ihn sehe. Ich bin mir sicher, er hasst mich in diesem Augenblick, denn immerhin habe ich mich jetzt bei Max untergehakt, während er mit ein paar anderen wichtig aussehenden Typen auf der anderen Seite des Saals spricht und sehnsuchtsvoll zu uns herüberschaut.
Die Traurigkeit in seinem Blick berührt mich wie jedes Mal, wenn wir drei in der Öffentlichkeit aufeinandertreffen. Ich muss unbedingt mit Max darüber reden, damit ihm klar wird, was er James antut. Sein Partner betet den Boden an, auf dem Max geht und es ist eine Zumutung wieder und wieder mich als Freundin zu präsentieren.
Der Gastgeber schaut angespannt auf die Uhr. Eigentlich könnte er langsam mal die Gäste begrüßen, oder nicht?
Aufmerksam sehe ich mich um und versuche einzuschätzen, wer wirklich wichtig ist und wer es nur gerne wäre. Dank der letzten Monate, diverser Partys und Max' Hilfe erkenne ich tatsächlich den einen oder anderen wieder, dem ich bereits vorgestellt wurde. Plötzlich fällt mir siedend heiß ein, dass ich vergessen habe, mich im Auto zu erkundigen, was denn der Anlass für diese Party ist. Sofort erkundige ich mich bei Max danach. Der grinst mich an, zuckt mit den Schultern und tippt sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen.
„Lass mich überlegen," sagt er. „Irgendein protziger Arsch, der zu viel Geld hat, möchte es auf effektive Art und Weise loswerden. Da kam er auf die Idee, die Kronleuchter zu polieren und eine geile Party zu machen, zu der er einen Haufen anderer alter, reicher Säcke einlädt."
Leise pruste ich. „Ich will es wirklich wissen", ermahne ich ihn.
„Okay, es ist eine Verlobungsparty. Aber das habe ich dir im Café schon gesagt. Du bist heute irgendwie strange, Süße!"
„Macht es dir eigentlich Spaß, mich zu verarschen?", frage ich leicht angesäuert.
Frech grinsend antwortet er mit „Ja", woraufhin ich ihm spielerisch auf den Arm schlage. Unwillkürlich wandert mein Blick zu James, der mich böse anstarrt. Lautlos forme ich ein „Sorry" mit meinen Lippen in seine Richtung und er verzieht einen Mundwinkel zur Andeutung eines Lächelns. Echt überraschend! Das hat er noch nie gemacht!
„Okay, Spaß beiseite. Es ist wirklich eine Verlobungsparty." Max winkt seinen Eltern über den Saal hinweg zu. „Myra wird heiraten. Sie ist die Tochter von Mums bester Freundin."
Alles klar. Ich speichere diese Informationen für die anstehenden Glückwünsche.
Wenig später geht ein Raunen durch den Saal. Na endlich kommt Bewegung in die Sache! Oh, und da steht ja auch die wunderschöne Maid in einem wunderschönen Designer-Kleid. Dabei wäre der Aufwand bei der Schönheit gar nicht nötig. Selbst in einem Kartoffelsack, würde sie blendend aussehen.
Dem Anlass entsprechend strahlt die Frau von innen heraus und im Gegensatz zu meiner, ist ihre Bräune sicherlich nicht aus der Sprühdose. Wahrscheinlich war sie irgendwo im Urlaub, wo die Temperaturen hoch genug waren, damit ein knapper Bikini reicht, um diese Farbe zu bekommen. Ein bisschen neidisch bin ich schon.
Aber dieses Gefühl weicht ganz schnell intensivem Mitleid: neben ihr steht niemand anders, als der Typ aus dem Club. Eben der, der gestern das Mädel im Club gevögelt hat. Das darf ja wohl nicht wahr sein! Was für ein Arsch!
Er begleitet Myra durch den Saal zu ihrem Vater und sein Blick gleitet dabei total gelangweilt über den ganzen Saal, als wolle er einschätzen, wer alles gekommen ist, um ihn und seine Zukünftige zu feiern.
Dann streift sein Blick auf einmal mich, seine Augen weiten sich nur minimal, dennoch weiß ich sofort: er hat mich erkannt. Genauso sicher weiß ich noch etwas: Sich am Tag vor seiner Verlobung noch mal kurz auszutoben, das ist wirklich ekelhaft.
Sofort bin ich hin und hergerissen zwischen dem Wunsch, auf der Stelle im Boden zu versinken oder ihn zu schlagen. Gleichzeitig würde ich ihm gerne die Augen auskratzen, oder mir, weil ich ihn dann nicht mehr ansehen müsste.
Max folgt mein Blick.
„Nein" sagt er und um dem mehr Gewicht zu verleihen wiederholt er: „Nein, nein, nein! Denk nicht mal daran!"
Er klingt, als würde er zwischen jedes Wort extra ein Ausrufezeichen setzen, damit ich es auch wirklich verstehe. Automatisch versuche ich seiner Anweisung zu folgen und nicht daran zu denken, was ich beobachtet habe. So richtig klappt das nicht. Dafür bin ich zu geschockt. Der Typ ist verlobt und vögelt eine andere. Geht's noch? Das wäre sogar für Emmis zweifelhafte Moralbegriffe zu viel.
„Wer ist der Typ neben ihr?", wispere ich neugierig. Max Blick ist härter, als ich ihn je erlebt habe, als er mir antwortet.
„Über den erfährst du von mir gar nichts! Ich will überhaupt nicht über ihn nachdenken und noch weniger über ihn reden. Er ist ein blöder Arsch. Und basta!", konstatiert Max kurz angebunden. In Gedanken unterschreibe ich diesen Satz mit meinem vollen Namen.
Ich beobachte, wie die beiden zum Gastgeber schlendern. Myras Vater nimmt ihren Arm, drückt ihn sanft und wendet sich dann der versammelten Gesellschaft zu. Er hält eine Rede die von Lachen und Applausbegleitet wird.
Doch ich kann ihm nicht zuhören. Das Blut pocht in meinen Ohren und an ganz anderen Stellen, denn der Blick, sein Blick, ruht unverwandt auf mir. Mein Herz rast, meine Finger schwitzen.
Plötzlich hasse ich diese Veranstaltung. Und überhaupt: warum habe ich mich überreden lassen, hierherzukommen, statt zu lernen?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top