CAT - 58
Ich verlasse die Toilette und gehe zurück zu Dan. Doch als ich gerade den Eingangsbereich durchqueren will, sehe ich Sam dort stehen; wie erstarrt. Er ist beinahe so bleich wie die Wand hinter ihm. Ungläubig sieht er mich an.
„Das kann nicht dein Ernst sein", flüstert er. „Von allen Typen die du haben kannst, ausgerechnet er?"
Das ist der Super-GAU! Doch ich bin was Dan anbelangt gut vorangekommen. Er ist nicht leicht zu manipulieren, weil ich einfach nicht verstehe, wie sein Hirn tickt. Ich aber total überzeugt, dass ich aus ihm rauskriegen kann, was ich wissen will.
„Es ist nicht, wie es vielleicht für dich aussah."
„Das ist nicht dein Ernst!", wiederholt er. Ich glaube beinahe er steht unter Schock und hört mir gar nicht zu. Ich habe nicht im Traum damit gerechnet, dass er rausfindet, das ich mich mit Dan treffe.
„Wie lange geht das mit Euch beiden schon? Wenn ihr vögelt, amüsiert ihr Euch dann gut über mich? War das dein Plan, wie wir miteinander auskommen? Mir einen blasen und ihn hinter meinem Rücken ficken?"
Denkt er ehrlich ich würde?! Aber für ihn sieht es so aus. Ich würde in derselben Situation nicht anders denken.
„Ich schlafe nicht mit Dan. Vertrau mir doch bitte!", flüstere ich leise, weil ich jetzt unmöglich laut mit Sam streiten kann, wenn Dan nichts mitkriegen soll.
„Wie lange geht das schon? Sag es mir Cat!" Seine Stimme ist bei dieser Frage so klirrend kalt, dass mir ein Schauer über den Rücken läuft, aber ich kann keine Antwort geben. Zwischen der Tatsache, dass ich ihn treffe und der Unterstellung, dass ich mit ihm vögeln würde, liegen Welten. Und diese Welten tun verdammt weh.
„Lass es mich erklären", bitte ich ihn noch einmal.
„Ich will nichts hören. Ich gehe besser, bevor ich mich vergesse!"
Ach, echt? So läuft das? Er beschließt, wann unser Gespräch endet. Da ist er aber im Irrtum, denn ich bin noch lange nicht fertig.
„Du erwartest, dass ich dir vertraue, wenn du verhaftet wirst, umgekehrt hörst du mir aber nicht einmal zu? Du bist ein selbstgerechtes Arschloch!
Meinst du ich gehe gerne mit ihm aus? Meinst du ich lass mich gerne von ihm begrapschen? Ich tue das für uns, weil..."
„Für uns?", höhnt er. „Hör dir mal zu! Du bist völlig verrückt!"
Noch einmal versuche ich zu ihm durchzudringen, doch es bleibt zwecklos. Er hört mich nicht an. Die Tür schlägt hinter ihm zu. Einfach so.
Ich texte Dan, dass ich Streit mit Sam hatte und das klären muss, dann schnappe mir meine Jacke und verlasse die Bar.
Der Regen ist kühl auf meiner Haut. Im Sommer regnet es so selten, dass ich die Feuchtigkeit geradezu genieße.
In mir liefern sich unbändige Wut, Hilflosigkeit und Resignation einen erbitterten Kampf. Das kann nicht alles umsonst gewesen sein. Ich habe viel Zeit und Mühe investiert, mit Dan warm zu werden.
„Es ist total bescheuert im Dunkeln einfach drauf los zu laufen", sagt Dan plötzlich hinter mir.
Meine Tränen sind inzwischen getrocknet, aber nach wie vor bin unglaublich wütend, dass Sam mir nicht zugehört hat. Ich habe ihn hintergangen. Das war blöd, ich hätte ihm gleich sagen sollen, was ich ausgebrütet habe, als er aus der U-Haft kam, dann wäre ich Dan jetzt nicht schutzlos ausgeliefert.
Panik kriecht durch meinen Körper bis in den letzten Winkel. Sams Reaktion in der Bar war eindeutig. Jeder Idiot hätte kapiert, wie wichtig ich ihm bin.
„Hey Cat, nun warte doch", sagt er und überholt mich, dabei packt er meinen Arm.
Seine Stimme hat einen lauernden Unterton. Das kann kein Zufall sein, dass er hier ist. Ist Showtime!
„Hey, Dan!", sage ich freundlich. „Was tust du denn hier?"
„Naja, Sam ist kein unbeschriebenes Blatt. Ich dachte ich schau mal, ob alles okay ist nach dem Streit."
„Danke. Aber es ist alles gut."
„Er hat dir nicht wehgetan? Sich dir nicht aufgedrängt?"
„Nein, wirklich nicht. Er ist ausgeflippt, aber er hängt sehr an mir. Er würde mir nie wehtun."
„Da hast du ja Glück, wenn er deine Jungfräulichkeit unangetastet gelassen hat. Bei Nadine war er nicht gerade zimperlich." Er packt mich fester.
„Du tust mir weh, Dan!" Ich versuche seine Hand abzuschütteln, aber er ist zu stark.
„Ich werde dir noch sehr viel mehr wehtun, wenn du nicht freiwillig mitmachst. Erst scharf machen und dann die Beine zusammenzwicken? So läuft das nicht, Süße."
„Was willst du von mir?", wieder versuche ich ihn abzuschütteln.
„Ich werde mir jetzt von dir holen, was mir bei Nadine zugestanden hat." Seine Augen funkeln gierig.
„Du hattest vor nicht mal einer Woche erst ein blutjunges Mädel. Warum mich?"
Auf gut Glück werfe ich ihm die Frage vor die Füße und zu meinem Erstaunen springt er dieses Mal darauf an.
„Die Kleine war eben grad zur Hand und ich dachte, wenn Sam von der Bildfläche verschwindet, würde ich dich leichter rumkriegen."
Bäh, ist ja ekelhaft.
„Und nun willst du mir meine Jungfräulichkeit nehmen, weil du Nadines nicht haben konntest? das klingt völlig verrückt, Dan!"
„Bist ein helles Köpfchen, Cat. Und jetzt zier dich nicht, und mach mich nicht noch schärfer. Dann tu ich dir vielleicht auch nicht weh."
Er ist wirklich verrückt. Eindeutig.
Seine Hand wandert unter meinen Rock. Oh Gott. Ich glaube ich muss gleich kotzen.
„Also hast du ihm wieder k.o.-Tropfen gegeben?"
„Hat doch beim ersten Mal schon super funktioniert. Allerdings war es da eher ein Versehen. Die waren nicht für ihn, sondern für Nadine. Aber der Idiot hat ihren Drink gekippt. Das hab ich aber erst gecheckt, als ich ihr an die Wäsche wollte. Sie hat sich gewehrt wie eine Irre!"
Rede weiter, ermahne ich mich.
„Und der andere Typ war ein Trittbrettfahrer, oder wie?"
„Ich hatte den Typen noch nie gesehen, aber er hat es ihr ganz schön besorgt. Glaub er fands ziemlich geil, dass sie sich wehrt."
„Dan", frage ich gedehnt. „Was wäre, wenn ich mich nicht wehre, weil ich genau das hier mit dir will? Wärst du dann sehr enttäuscht?"
Er sieht mich mit schräggelegtem Kopf an.
„Was wäre, wenn du eine ganze Nacht lang alles mit mir tun könntest, worauf du Lust hast und keine Eile hättest?"
Er leckt sich die wulstigen Lippen, überlegt. Zittrig hole ich Luft. Ist das der Moment? Ist er abgelenkt genug? Sams mahnende Stimme, als er mir nach dem Einbruch die kleine Pistole gab, hallt durch meine Erinnerung:
„Du wirst im Notfall nur einen Versuch haben. Also wähle den richtigen Moment und überstürze nichts."
Dan packt mich im Nacken und prophezeit mir:
„Das wird die längste Nacht deines Lebens!"
Er schiebt mich vor sich her die Straße hinunter, dann in eine Nebenstraße, dort zieht er mich auf die Ladefläche seines Pickups. Shit, langsam gehen mir die Möglichkeiten aus. Er wird es tun. Hier. Oh, denk nach Cat. Denk nach.
Doch mein Gehirn setzt sich zur Ruhe, als er seine Hand unter mein Shirt zwängt. Es ist ein wenig, als würde ich aus meinem eigenen Körper heraustreten und das Geschehen nur noch von außen betrachten.
„Ich muss dich haben", schnauft er. „Ich habe ihm gesagt, dass er bluten wird, für das was er mit Nadine gemacht hat." Ich spüre wie mir die Tränen über die Wange rinnen.
Sam, warum hast du nicht mit mir geschlafen? Das hier wollte ich mit dir.
Ich versuche mich unter Dan herauszuwinden. Doch er ist einfach zu stark und zu schwer. Es muss doch irgendwas geben, was ich tun kann! Doch egal wie sehr ich versuche, ihn von mir zu schieben. Er bewegt sich nicht und seine widerwärtigen Finger, seine wulstigen Lippen sind überall. Seine Hänge greifen nach meinen Brüsten und mein Atem stockt. Er muss runter von mir. Sofort!
„Nicht so grob, Dan", flehe ich. „Bitte, lass mich oben sein, du bist so schwer!" Meine Stimme klingt gepresst, weil ich unter ihm keine Luft kriege.
Er scheint mein Keuchen als Lust zu missverstehen. Tatsächlich wälzt er sich herum und wenige Sekunden später sitze ich rittlings auf ihm und die Ausbuchtung seiner Hose drückt sich gegen meine Mitte. Ekel wallt in mir auf und ich kann nur mit Mühe den Drang zu heulen unterdrücken. Ruhe bewahren. Nur Ruhe bewahren. Noch sind wir nicht nackt.
„Warte", sage ich. „Wir brauchen noch ein Kondom", lüge ich mit dünner Stimme und angle nach meiner Handtasche, die neben Dans Kopf auf dem Boden der Ladefläche liegt. Mir schwebt aber eine deutlich nachhaltigere Verhütungsmethode vor.
„Dass du das hier freiwillig machst, ist echt Ironie des Schicksals", grinst er zufrieden und greift nach meinen Brüsten.
„Hm", mache ich statt einer Antwort und ziehe die kleine Waffe.
„Ich schlage vor, dass du dich jetzt ganz ruhig hältst, während ich die Polizei rufe."
„Du kannst mir gar nichts.", brüllt er und will mich packen. Der Schuss hallt laut durch die Stille der Nacht.
Er jault auf. Ich bewege mich rückwärts aus seinem Bewegungsradius. Keine zwei Minuten später höre ich bereits Polizeisirenen, die sich schnell nähern.
***
Als Niall reinkommt, sitze ich schluchzend in Officer Murphys Büro.
Mein Bruder schlingt seinen gesunden linken Arm um mich und zieht mich fest an seine Brust.
„Dafür wird Dad uns enterben!", scherzt er, doch dann fügt er ernst hinzu: „Das hättest du nicht auf eigene Faust tun sollen. Das war ziemlich dumm von dir."
Ja, die Grenze zwischen Mut und Dummheit ist schmal und da habe ich wohl eindeutig übertreten.
„Ja, Mr. Jones", sagt Murphy, „das haben wir ihrer Schwester bereits gesagt."
„Sam wartet draußen", informiert mich Niall.
„Ich will ihn nicht sehen. Schick ihn weg‼
Niall ist entrüstet. „Das kannst du ihm nicht antun!", wettert er. „Er ist fix und fertig mit den Nerven. Er versucht seit Stunden dich zu erreichen. Ich übrigens auch!" Er ist fix und fertig? Na und? In mir ist dafür etwas zerbrochen...
„Tut mir leid, dass du mich nicht erreichen konntest. Mein Handy ist als Beweismittel sichergestellt worden. Ich habe meine letzten Gespräche mit Dan alle aufgezeichnet."
„Wir müssen sehen, in wie weit das Material vor Gericht Bestand hat. Es wurde ohne Genehmigung erstellt. Ich kümmere mich dann mal darum, dass Mr. Lake-Palmer uns verlässt und sie beide in Ruhe lässt. Danach können sie aufbrechen. Sollten wir etwas von ihnen benötigen, melden wir uns im Laufe des weiteren Ermittlungsverfahrens. Und wegen der Schusswaffe, denke ich, brauchen sie keine Sorgen haben. Dass sie in Notwehr gehandelt haben, ist ja erwiesen."
Er steht auf und zieht umständlich seine Hose hoch, dann geht er.
Sams wütende Stimme hallt über den Flur. Dann Murphys ruhige Stimme. Irgendwann kippt Sams Stimme ins Verzweifelte, dann kehrt im Gang vor dem Büro Ruhe ein.
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