CAT - 53

„Hattest du einen netten Abend?", fragt Sam ätzend, als ich nach oben in seine Wohnung komme und ich erstarre bei seinem Anblick.

„Das gleiche könnte ich dich fragen!", gifte ich zurück. „Wenigstens kann ich mich an alles erinnern, was ich getrieben habe. Das ist mehr als du behaupten kannst."

Sam wird blass. Das war unter der Gürtellinie, ich weiß, aber ich bin richtig wütend über diese mehr als unpassende Begrüßung und habe einen Moment rotgesehen. Eigentlich wollte ich mich lediglich in sein Bett verkriechen, vergessen wie ekelhaft es ist, sich von Dan anfummeln zu lassen. Und nun ist Sam plötzlich hier.

Im Grunde bin ich erleichtert darüber. Aber gleichzeitig unsicher, wie ich mit ihm umgehen kann. Und bitte, was hat er erwartet? Dass ich hier sitze und heule? Schon klar, dass er es nicht lustig findet, wenn ich Party mache während er einsitzt. Aber im Grunde ist es ja so, dass er sein Kommen nicht vorher angekündigt hat.

„Tut mir leid", sagt er zerknirscht. „Ich warte nur schon ziemlich lange und ich dachte, du kommst nie heim."

„Ich habe mehrere Tage gewartet", gebe ich ihm zu Bedenken. „Und du hättest mir einfach appen können. Woher hätte ich wissen sollen, dass Du wartest?"

Himmel, ich habe ihn wahnsinnig vermisst. Und nun stehen wir hier und streiten. Aber das ist vermutlich nichts gegen das, was passieren würde, wenn er wüsste, was die Jungs und ich da ausgekocht haben.

„Lass uns bitte nicht streiten, Cinderella" sagt er und die Verzweiflung, die aus seiner Stimme klingt schneidet mir ins Herz. Die Tränen, die plötzlich seine Wangen runter rinnen, als er sich auf die Couch setzt, machen mich hilflos. Im Angesicht seines Leides, dass er gerade ertragen muss, packt mich ein unbändiger Zorn, sodass ich Dan am liebsten in der Luft zerreißen will. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass er der Drahtzieher ist. Und ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass ich ihn fertig machen werde.

„Ich streite nicht, du streitest!", gebe ich trotzig zurück. Dass er mir leidtut, heißt nicht automatisch, dass er mir blöd kommen kann.

„Lass uns einfach schlafen, ja?" Sam ist sehr bemüht, die Wogen zu glätten „Wir reden morgen. Das hat alles keinen Sinn!"

„Sam, darf ich dich was fragen?" Auch auf die Gefahr hin, dass ich zynisch oder verbittert oder nach beidem klinge.

„Muss ich antworten?", erkundigt Sam sich argwöhnisch. Wahrscheinlich musste er die letzten zweiundsiebzig Stunden mehr Fragen beantworten, als er zählen kann.

„Bist du sicher, dass du dich nicht erinnern kannst? Oder willst du dich nicht erinnern?", frage ich ganz direkt.

„Es ist wie beim ersten Mal. Ich hatte einen totalen Blackout, Cat. Bitte sag, dass wenigstens du mir glaubst." Seine braunen Augen ruhen unsicher auf mir und ich nicke „Dir glauben mehr Leute, als du meinst, mein Lieber!"

„Das meine ich nicht. Andere sind mir egal. Ich will wissen ob du mir glaubst, Cat!"

„Ich glaube dir. Und ich stehe voll und ganz hinter dir, egal was passiert." Gleichzeitig hoffe ich, dass das auch von seiner Seite so sein würde. Er hat mich jetzt unzählige Male abgewiesen und ich möchte den Status Quo nicht gefährden, den wir mühsam errungen haben, dennoch wage ich es, meinen Gefühlen zu folgen.

„Es gibt da noch etwas..."

„Ja, Cat?"

Okay, Augen zu und durch.

„Also, James meinte vor sehr langer Zeit mal, ich könnte dir einen blasen, wenn du nicht richtig mit mir schlafen willst. Aber ich habe keine Ahnung, was genau ich da machen soll. Ich würde das aber sehr gerne mit dir versuchen."

Einen Moment starrt Sam mich an, als sei ich verrückt geworden. Vermutlich bin ich das sogar. Er saß im Knast. Ein Mädchen hat ihn wegen Vergewaltigung angezeigt, und ich frage ihn, ob ich ihm einen blasen darf?

Doch ein größerer Vertrauensbeweis fällt mir gerade nicht ein... Alles, was ich sagen könnte, wären am Ende hohle Phrasen, ohne jegliches Gewicht, ohne Bestand, ohne Wirkung auf die Zukunft.

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