CAT - 27
Der Tesla geht echt gut, dafür, dass er ein Elektro-Spielzeug ist. Ich bin froh, dass ich ihn leihen durfte und würde Sam am liebsten um den Hals fallen. Doch wann würde ich das nicht? Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich ihn verzweifelt anspringe.
Emmi steht schon vor dem Wohnheim und ich hupe, um sie auf mich aufmerksam zu machen.
„Boah, krass, sag bloß, er hat dir sein Auto geliehen?"
„Nicht sein Auto, nur ein Auto. Er, oder die Firma besser gesagt, hat einen ganzen Fuhrpark!"
„Was kannst du für Kunststückchen im Bett, dass er dir einen solchen Luxus gönnt?", fragt Emmi und ich verschlucke beinahe meinen Kaugummi. Himmel, wo denkt sie nur hin?
„Keine, ich bin nach wie vor unberührt." Fast unberührt.
„Du machst Witze, oder?" Sie sieht mich an, als käme ich von einem anderen Stern und hätte ihr gerade erklärt, wie der Hyper-Antrieb funktioniert.
„Nope, mein Ernst."
„Und zwischen dir und Corey ist gestern nichts gelaufen?", fragt sie neugierig.
„Nein, nichts." Das ist gelogen. Es gehört sich nicht, Freundinnen anzulügen, aber ich habe keine Lust ihr zu erklären, dass ich auf einen One-Night-Stand aus war, nur um meine Jungfräulichkeit zu verlieren.
Sie sieht mich skeptisch an. „Dann ist es ja gut. Ich war schon ein bisschen eifersüchtig. Ich find ihn richtig heiß." Heiß. Ähm, ja, heiß ist er schon. Aber nicht heiß genug. Nicht auf die Sam-Art.
Okay, dann sag ich mal besser nichts weiter. Weil richtig „nichts" war es ja nicht und dass Emmi ihn gut findet, stand eigentlich zu befürchten.
Corey hat mir heute Morgen schon geappt, um sich zu erkundigen, ob ich wirklich gut nach Hause gekommen bin. Außerdem hat er gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihm am Montag in der Mensa zu Mittag zu essen. Das klingt nicht ganz so sehr nach nichts, wie ich es Emmi gerade verkaufen möchte.
Bei Walmart decke ich mich mit allem ein, was ich brauche. Ich bin kein Freund dieser Supercenter, um eine leere Küche zu füllen und den Geldbeutel auf effektive Art zu leeren, ist das hier perfekt. Also der Zweck heiligt quasi die Mittel.
Emmi, die dank der Erfahrung im Café eine gute Vorstellung hat, was nützlich sein könnte, ist mir eine große Hilfe. Und beim Einladen bin ich unfassbar froh sie zu haben. Ohne Emmi hätte ich Schwierigkeiten, alles in das Auto zu bekommen. Offenbar würde Emmi, so verschachtelt, wie sie den Kofferraum belädt, bei Tetris Weltrekorde brechen.
Im Anschluss an unsere Shoppingtour lade ich sie ins „Granny's" ein und wie zu erwarten war, ist sie hellauf begeistert. Ich hoffe nur, dass sie meine Wohnung ebenso begeistert annimmt. Sie ist die Erste, die meine phänomenale Baustelle zu Gesicht bekommt, und ich bin echt nervös. Ihre Meinung ist mir in den letzten Wochen und Monaten sehr wichtig geworden. Als wir durch das Tor zur Fabrik fahren, ist sie schon total hippelig und wie Max sagen würde im „Quietsche -Modus".
Ich fahre diesmal, im Schweiße meines Angesichtes, rückwärts in den Lastenaufzug und der bringt uns samt Auto und Gepäck bis in meine Etage. Wir können ebenerdig ausladen, das gefällt Emmi schon mal sehr gut. Wir müssen trotzdem hin und herrennen wie die Ameisen, bis wir alles in meiner Küche haben, was ich ausgesucht habe.
Dann bringe ich das Auto in die Garage, und hänge den Schlüssel an das Häkchen wo „Tessie" steht. Ohne Blödsinn hat jedes Auto einen Namen. Der Aston, dessen Schlüssel fehlt, weil Sam mit ihm unterwegs ist, heißt Ash. Niedlich, den Autos Namen zu geben.
Als ich nach oben komme, hat Emmi sich bereits nützlich gemacht und das Kaffeepulver geöffnet in eine Dose gefüllt und der italienischen Mokkakanne, die ich gekauft habe, genießbaren Kaffee entlockt. Gerade spült sie zwei der neuen Becher und füllt diese dann mit dem schwarzen Gold. Anschließend führe ich sie, den Kaffeebecher in der Hand, über die Feuertreppe nach oben.
Das Dach mit seinen vierhundert Quadratmetern ist riesig und nicht zum ersten Mal frage ich mich, wie Sam den Rasen mähen würde, wenn es diese kleinen automatischen Mäher nicht gäbe. Vermutlich hätte er einen Aufsitzmäher mit siebenhundert PS, den er jeden Samstag mit einem Kran hier heraufschaffen würde. Bei dem Gedanken daran muss ich grinsen.
Die zweite Frage, die ich mir stelle, die aber Emmi laut ausspricht ist: „Wenn diese Fabrik zu klein war, welche Ausmaße hat dann die neue Fabrik? Und was meinst du, haben er und seine Familie für ein Jahreseinkommen, wenn er sich einen so krassen Fuhrpark leisten kann?"
Liebe Güte, ich will es eigentlich nicht wissen, gegen sein Einkommen ist mein beachtlicher Treuhandfonds wahrscheinlich nur Portokasse.
Noch einmal schlafen, dann kommt Niall. Ich bin aufgeregt und zappelig, kann gar nicht stillsitzen. Meine Baustelle ist pikobello geputzt und ich habe eingekauft und eine Gästematratze erworben.
In meinem Wohnheim wäre es trotz des leeren Bettes in meinem Zimmer undenkbar gewesen, dass Niall bei mir übernachtet. Kein Herrenbesuch, nicht mal vom eigenen Bruder.
Ein Hoch auf meine Baustelle!
Die Gästematratze kann natürlich nicht Niall nutzen. Die nehme ich und er kriegt mein weiches kuscheliges Bett, sofern er die Treppe problemlos bewältigt.
Hoffentlich steckt er den Flug gut weg. Er hat spontan einfach meinen Rückflug als Hinflug übernommen. Und dann muss er zurück Standby fliegen, wenn etwas frei ist. Das ist mir fast zu verrückt und zu spontan. Keine Ahnung was er sich bei dem Blödsinn gedacht hat.
Aber ich bin froh, dass er kommt. Seit Weihnachten ist eine lange Zeit vergangen, und ich vermisse meinen Bruder sehr.
Das mit der Abholung ist echt schwierig. Ich wollte einen Leihwagen, aber das geht in meinem Alter noch nicht. Sam ständig anzuschnorren, das geht nicht. Somit läuft es auf ein Taxi mit einem hoffentlich freundlichen Fahrer raus. Leider ist das nicht immer selbstverständlich, wie man es glauben würde. Niall gegenüber waren schon viele ablehnend.
Ich bin schon fast verrückt vor Anspannung, wie meine Mum. Das scheint etwas Genetisches zu sein. Dabei ist Niall nun wirklich kein Baby mehr und wenn er sich das zutraut, dann sollten wir das auch.
Andererseits hat er große Schwierigkeiten sich neue Informationen einzuprägen und das Lesen fällt ihm noch immer schwer. Was, wenn er etwas Wesentliches vergisst? Was wenn er sich bei mir nicht zurechtfindet?
Als ich endlich am Flughafen stehe, bin ich mit den Nerven am Ende und frage mich, wie meine Eltern das jeden Tag aushalten. Wie Niall selbst das jeden Tag aushält.
Endlich. Da ist er. Eine blonde Stewardess läuft neben ihm und zieht seinen Koffer hinter sich her. Er stützt sich auf seinen Gehstock und schiebt den Rollstuhl unbeholfen vor sich her. Aber er ist hier, wirklich und im echten Leben, nicht nur via Skype und ich bin unfassbar stolz auf ihn! Und glücklich!
Ein Wachmann öffnet ein kleines Seitentürchen an der Absperrung und lässt Niall dort hinaus, weil er nicht durch das Drehkreuz kann.
Suchend schaut mein Bruder sich um und als er mich entdeckt winkt er, so gut er kann mit der Hand.
Zu ihm zu rennen und ihn zu umarmen ist einfach unglaublich und er fühlt sich toll an. Wie ein Stück Heimat in der Fremde und trotz des langen Fluges duftet er nach Niall. Nach zu Hause
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