Wunden - Teil 1

Leon
Ich hatte Nakamuras Geheimversteck fast erreicht, es war unübersehbar, denn eine dunkle schwarze Rauchwolke stieg von dem Gebäude aus in den Himmel. Mein Blick war noch auf den Rauch gerichtet, als ein dumpfes Dröhnen ertönte. Es fuhr mir durch Mark und Bein. War das eine Explosion? Adrenalin durchflutete meinen Körper und ich versuchte noch schneller zu laufen. Mein Herz raste. Das Haus lag direkt vor mir, doch ich konnte mir keinen richtigen Überblick verschaffen. Ich stoppte sofort, als Yamada mit Aiko auf seinen Armen, das Haus verließ. Besorgt eilte ich zu ihm. Erst auf den zweiten Blick realisierte ich, dass Aiko voller Blut war. Mein Herz setzte einen Schlag aus:,, Was zum Teufel ist mit ihr passiert?"

Yamada übergab mir Aiko in meine Arme. Ihr Körper war warm und sie atmete. ,, Ein Schuss hat ihre rechte Schulter erwischt. Ich bin mir nicht sicher, wie schlimm es ist.", Yamada klang fast etwas beschämt, er schien sich Vorwürfe zu machen. Ich warf einen Blick auf Aikos Gesicht. Sie wirkte noch bleicher, als sonst. ,, Ich werde sie zu Akari bringen. Sie hat eine medizinische Ausbildung." , beschloss ich, "Was ist mit Nakamura?", fügte ich noch hinzu. Mit der blutenden Aiko im Arm, hatte ich diesen Psychopathen tatsächlich für einen Moment vergessen. 

Yamada nickte und antwortete fast feierlich:,, Es ist vorbei. Er ist tot." Die endgültige Gewissheit breitete sich in mir aus und das Adrenalin verließ mich als hätte man einen Stöpsel gezogen. Yamada und ich gingen schnellen Schrittes den Weg zu den Unterkünften entlang. ,, Was genau ist passiert?", fragte ich, während ich aus den Augenwinkeln seine frischen Wunden begutachtete. Ich blieb an seiner Hand hängen, die er notdürftig mit etwas Stoff umwickelt hatte. Als hätte er meinen Blick bemerkt, drückte er auf den Verband und verzog darauf hin das Gesicht. Yamada setzte zu einer Antwort an, aber im gleichen Moment traten zwei Männer an uns heran. Sie waren ebenfalls mit einigen Blessuren versehen, aber bei Weitem nicht so extrem wie Yamada.

,,Yamada die Lage hat sich aufgeklärt. Es gibt keine weiteren Überlebenden im Inneren des Verstecks.", informierte einer von ihnen Yamada und wischte seine blutige Nase an seinem Ärmel ab. Yamada nickte ihm zu und kurz angebunden bekam ich von ihm eine Antwort :,, Ich erzähle dir alles später. Jetzt muss Aiko erstmal versorgt werden." Ich schaute sie an. Ihre Haut war weiß wie Schnee und sie wirkte kränklich. Ihre Kleidung hatte sich dunkelrot gefärbt und auch ihre Hände waren voll mit der dunklen Flüssigkeit. ,, Ich werde den Rest laufen.", sagte ich schnell," Du solltest auch zu Akari gehen.", fügte ich noch mit Blick auf seine Hand hinzu. Yamada nickte.

Ich lief langsam und gleichmäßig, um Aikos Zustand nicht zu verschlechtern. ,,Halte durch, ja ?", sagte ich mehr zu mir selbst, da Aiko immer noch Ohnmächtig war. Ich hoffte, dass sie meine Sorge und Unsicherheit nicht spürte.

Wenige Minuten später drückte ich Akaris Zimmertür auf. ,,Was ist passiert?", Akari war sichtlich geschockt. Mai entfuhr ein ,, Scheiße." , woraufhin sie sich direkt danach die Hand vor den Mund schlug. ,, Leg sie auf das Bett.", Akaris Ton war streng und bestimmend. Ich folgte ihrer Anweisung und legte Aiko vorsichtig auf dem Bett ab. Akari umfasste sanft Aikos Stirn und pustete erleichtert aus. ,, Gut, sie hat weder kalten Schweiß, noch hat sie Fieber. Mai, bring mir den Erste-Hilfe-Kasten aus meinem Koffer." Mai setzte sich sofort in Bewegung," Leon hole mir bitte kaltes Wasser und einen Lappen." Ich lief ins Badezimmer, füllte einen kleinen Eimer mit Wasser und suchte aus einer Kommode einen Lappen heraus.

Als ich zurück ins Zimmer trat, hatte Akari sich bereits Handschuhe und Mundschutz angelegt. ,,Komm, Leon.", forderte Akari mich auf," Ich muss ohne Narkose ihre Wunde reinigen und nähen. Falls sie aufwacht, musst du sie beruhigen oder vielleicht sogar festhalten." Ich nickte und hockte mich an das Kopfende des Bettes.

,, Magst du sie einmal aufrichten?", fragte Akari ," Ich muss ihr Oberteil ausziehen." Akari zog ihr das Shirt aus während ich Aiko stützte. Mein Hände berührten Aikos warme Haut an ihren Schultern. Wäre sie bei Bewusstsein, hätte sie über meine kalten Hände geschimpft. Langsam schob ich meine Hände weiter unter ihren Rücken. Akari sollte keine Zeit verlieren Aiko zu behandeln und ich verhielt mich wie ein Elefant im Porzellanladen. Dann zog Akari Aikos Shirt hoch und ich blickte abrupt in eine andere Richtung und kniff meine Augen zu. ,,Du kannst sie herunter lassen, Leon.", Akaris Stimme klang konzentriert. Ich ließ Aiko auf dem Bett nieder und zog meine immer noch kalten Hände an meinen Körper zurück.

Während Akari Aikos Blut rund um die Wunde abtupfte, behielt ich Aikos Gesicht im Auge. Sie sah erschöpft aus, auch wenn sie ihre Augen noch immer geschlossen hatte. Akari spülte den nassen Lappen in der Schüssel Wasser aus, welches sich rosa färbte, als sie den Lappen auswrang. Mein Blick fiel auf eine Narbe an Aikos Hals. Die Narbe war definitiv schon älter und ich fragte mich, woher Aiko sie wohl hatte. ,,Was bedrückt dich?", fragte Akari, während sie ein weiteres Mal den Waschlappen säuberte, "Du schaust so besorgt." ,,Ich hoffe einfach, dass sie schnell wieder auf die Beine kommt.", nuschelte ich und mein Blick schwang kurz zu Akari.


Aiko
Ich spürte wie kalte Hände an meinem Rücken entlang glitten. ,,Aiko, wir ziehen dich aus, damit ich deine Wunde richtig säubern und vernähen kann.", hörte ich Akaris Stimme an meinem Ohr, wie aus weiter Ferne. ,,Kaito..", stammelte ich. Doch es war nicht Kaito, der über mich gebeugt neben Akari saß. Nein, stimmt. Kaito ist tot. ,,Wir sind es Leon und Akari. Du bist in meinem Zimmer.", sagte Akari vorsichtig und strich mir sanft die Träger meines BHs herunter. Darauf bedacht meine Wunde nicht unnötig zu berühren. ,, Ich glaube es ist angenehmer für Aiko, wenn du jetzt raus gehst , Leon.", erklärte Akari Leon in einem strengen aber zugleich liebevollen Ton. Ich sah aus den Augenwinkeln wie er nickte und er drückte meine Hand zum Abschied. Aber ich umklammerte diese und ließ ihn nicht los: ,, Bleib. Bitte.", meine Stimme bebte. Er war von Anfang an an meiner Seite gewesen, er durfte jetzt nicht gehen.

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