Willkommen in Yokoze - Teil 5

Leon
Nach Aikos missglücktem Versuch den Anruf entgegen zunehmen, drang Hirokos Stimme nach oben. Wir hetzten die Treppen herunter.

Hiroko stand schon vor der Haustür und erwartet uns. Ich blieb auf der letzten Treppenstufe stehen und Aiko direkt hinter mir. Sie legte, aus einem Reflex heraus, ihre Hand auf meine Schulter und spähte über sie hinüber zu Hiroko.

Der Eingangsbereich war nicht sonderlich groß, jetzt grad hatte Hiroko mit seiner stämmigen Figur fast den kompletten Platz eingenommen. Er hatte schon wieder seine Polizisten Uniform an und verabschiedete Akari und Mai mit einem Kuss.

In einem strengen Ton und mit einem ernsten Blick mahnte er mich:,,Leon. Ich überlasse dir die Verantwortung. Ich muss nach Tokio." Erschrocken schaute ich zu Akari, die mit Mai in der Flurtür stand. ,,Die Lage in Tokio ist kritisch und ich werde zur Unterstützung gebraucht. Macht nach meiner Abreise das Radio an, um auf dem Laufenden zu bleiben.", befahl Hiroko, öffnete die Tür und schritt nach draußen. Ich folgte ihm. Aiko blieb bei Mai und versuchte sie zu beruhigen.

Hiroko stieg in das Polizeiauto und ließ das Fenster runter. ,,Ich sage dir eins Leon, wenn irgendwas passiert, kannst du dich warm anziehen." Ich merkte, dass die Situation wirklich ernst war. Er fuhr fort mit gesenkter Stimme, damit nur ich es hörte:

,,Wenn es wirklich hart auf hart kommt und ihr selbst hier Schwierigkeiten bekommen solltet..",er seufzte kurz,"...unter einer Fliese, auf der rechten Seite der Toilette im oberen Badezimmer, liegt eine Waffe. Du musst die Fliese zerbrechen, um an die Waffe zu kommen."

Nachdem ich seine Worte realisiert hatte, fuhr es mir eiskalt den Nacken runter. Er sah mich zuversichtlich an. "Ich weiß, dass du das kannst. Es wird bestimmt wieder spät werden.", er verabschiedete sich schloss das Fenster und fuhr los. Ich blieb stehen und schaute dem Auto nach. Langsam ging ich ins Haus und versuchte mir nichts anmerken zu lassen.

Aiko, Mai und Akari saßen bereits vor dem Radio in der Küche. Ich setzte mich benommen auf einen Stuhl. Akari sah mich an und erkundigte sich:,, Leon, alles in Ordnung?"

"Ja, ich mach mir nur Sorgen.", bestätigte ich. Ich machte mir nicht nur Sorgen um Hiroko, sondern auch darum, dass er mir die komplette Verantwortung übertragen hatte. Er vertraute mir eine seiner Waffen an, mit dem Gedanken, dass ich jemanden, oder etwas umbringen müsste. Ich schluckte schwer.

Aiko versuchte gerade den richtigen Sender einzustellen und drehte hastig am Rad. Zwischen dem Rauschen war eine Stimme zu hören. Aiko drehte behutsamer und fand den passenden Sender. "Guten Tag. Ich bin Kenta Takashi von Radio Tokio und wir begrüßen heute Ayumi Sakaguchi, unsere Reporterin."

Ayumi Sakaguchi ergriff das Wort:,,Die Lage hat sich um weiten verschlechtert. Gestern hat das Militär in Windeseile einige Quarantänelager rund um Tokio errichtete und versucht nun den Virus in Tokio in Schach zu halten. Die Stadt ähnelt einem Trümmerfeld. Geschäfte wurden ausgeraubt und die Straßen sind von Autos blockiert. Hinzu kommt es noch zu einem landesweiten Blackout der gesamten mobilen Netzwerke, also bleibt Ihnen der Internetzugriff und die Kontaktaufnahme bis auf weiteres verwehrt."

Es fühlte sich beklemmend an, dass Hiroko gerade genau dorthin fuhr. Ich konnte nicht mehr hier sitzen bleiben, stand auf und ging nach oben.

"Leo. Papa hat gesagt wir sollen beim Radio bleiben.", rief mir Mai hinterher. "Ich muss kurz auf die Toilette.", rief ich. Ich verschwand im Badezimmer und stand nun vor der Toilette. Mein Herz pochte und mein kompletter Körper schien sich dem anzuschließen. Ich hockte mich hin und klopfte auf die rechte Fliese. Der Hohlraum darunter war deutlich zu hören. Ein kalter Schauer lief mir blitzschnell den Rücken runter und ich ließ von der Fliese ab. Ich verließ das Badezimmer und setzte mich auf die vorletzte Treppenstufe.

Aiko
Als Hiroko uns verließ beschlich mich ein ungutes Gefühl. Und das Gefühl verstärkte sich nur noch, als wir in der Küche Platz nahmen und anfingen dem Radio zu lauschen. Den Radiomoderatoren gelang es kaum ihre Angst hinter den Fakten zu verbergen.

Ich sah zu Akari, sie hatte einen Arm um Mai gelegt und streichelte ihre Schulter. Die Spannung in der Küche war fast greifbar. Leon war nach uns in der Küche aufgetaucht, aber verschwand gleich wieder. Akari seufzte stand auf und begann Tee aufzubrühen. Ich sah zu Mai die mit einem ihrer Finger kleine Kreise auf die Tischplatte malte.

Sie bemerkte meinen Blick und hob den Kopf. ,, Sag mal Aiko. Wo kommst du eigentlich her? Und warum bist du nicht bei deinen Eltern?" Ich hatte gewusst, dass die Fragen irgendwann losgehen würden. Aber ich war mir nicht sicher was ich darauf antworten sollte, oder wollte. Bei dem Gedanken ihr meine Geschichte zu erzählen wurde ich unendlich müde.

Also beschloss ich mich kurz zu halten und nicht zu viel preiszugeben. ,, Ich wollte Urlaub in Tokio machen. Ich war gerade angekommen, als...", ich schluckte. ,,... als plötzlich die Nachrichten von den ersten Vorfällen berichteten. Ich war völlig überfordert und wenn Leon nicht gewesen wäre... Ich denke ich hätte es ohne ihn nicht aus der Stadt geschafft. Die Panik brach aus wie ein Lauffeuer, niemand wusste mit der Situation umzugehen, alle.. ", Akari räusperte sich. Ich hielt mir eine Hand vor den Mund.

Ich war dabei gewesen mich in rage zu reden und hatte nicht mehr vor Augen gehabt, dass ich gerade mit ihrem Kind redete. ,, Naja auf jeden Fall bin ich dankbar, dass ich erstmal hier unterkommen darf." Mai nickte verständnisvoll. ,, Und deine Eltern?", hakte sie noch einmal nach.

,, Mai. Ich sag es dir immer wieder. Sei nicht so neugierig.", sagte Akari in einem tadelnden Tonfall. Sie ahnte, dass mich die Frage runterziehen könnte. Ich winkte ab:,, Meine Mutter ist vor ein paar Jahren gestorben. Ich habe mit meinem Vater zusammengelebt. Aber seit der Virus ausgebrochen ist, kann ich ihn leider nicht erreichen."

Mai sah etwas beschämt zu Boden. Dann sah sie mich wieder an. ,, Tut mir Leid. Ich hätte nicht fragen sollen." Ich schüttelte den Kopf. ,, Ist schon gut." Akari, die zu merken schien wie ich mit den Gedanken zu meinem Vater abdriftete, schlug mit der Handfläche auf den Tisch.

,, Wenn wir hier schon rumsitzen müssen, können wir doch auch etwas spielen."

Leon
Ich war total hin und her gerissen, ob ich den anderen das mit der Waffe erzählen sollte, oder nicht. Es schien eher so zu sein, dass nicht mal Akari davon wusste, sonst hätte Hiroko lauter gesprochen. Oder er hatte es nur gemacht, um Mai keine Angst zu machen. Meine Hände zitterten. Ich war völlig überfordert mit der jetzigen Situation.

,,Wenn wir hier schon rumsitzen, können wir doch auch etwas spielen", drang aus der Küche nach oben. "Ja", jubelte Mai. Ich riss mich zusammen und ging nach unten, ohne mir irgendwas anmerken zu lassen nahm ich Platz.

Aiko
Leon kam schließlich zurück und Mai kam mit einem großen Holzkoffer aus einem der Zimmer im Erdgeschoss. Sie platzierte den Koffer auf dem Küchentisch und klappte ihn auf. Er verwandelte sich in ein großes Mahjong Spielfeld und Akari begann die Steinchen zu mischen. ,,Kennst du Mahjong? Weißt du wie es funktioniert? ", erkundigte sich Akari, während sie begann aufzubauen.

Ich nickte:,, Ja, ich habe es als Kind oft mit meinem Vater gespielt. Aber ich bin nicht sonderlich gut.", gab ich zu und begutachtete die Steinchen, die sie mir ausgeteilt hatte. ,,Da kannst du dich mit Leon zusammen tun. Er ist immer der erste, wenn es ums verlieren geht.", sie lachte und wir begannen reihum zu legen.

Leon
Eine gute Stunde spielten wir bis es klopfte. Akari stand auf und ging zur Tür. "Leon? Es ist für dich. Daiki und Isamu.", rief Akari in den Flur. Ich stand auf und ging zur Tür. Daiki, der direkt neben uns wohnte und Isamu, der am anderen Ende des Dorfes wohnte, fragten ob ich Lust hätte etwas spazieren zugehen. Mir war bewusst, dass sie wissen wollten, was genau in Tokio passiert war. "Akari, ich würde gerne mitgehen, wenn du nichts dagegen hast?", fragte ich vorsichtig. Sie stimmte zu:,, Nimm doch bitte Aiko mit und zeig ihr ein bisschen das Dorf, aber passt auf euch auf." Ich stimmt zu und wartete auf Aiko.

|Ende - Episode 5|
|Nächste Episode : Shots|

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