Willkommen in Yokoze - Teil 4

Leon
Langsam drehte ich mich auf dem Drehstuhl. Als mir meine Gitarre ins Auge fiel, die vor meinem Schrank lehnte. Ich griff sie mir und meine Stimmung wurde allmählich besser. Ich spielte ein Lied, das mir mein Bruder beigebracht hatte und verlor mich in längst vergangenen Zeiten. Es war ein ruhiges langsames Lied. Ich spielte eine Weile und merkte nicht, dass Mai in der Tür stand und mir zuhörte.

"Das ist ein schönes Lied, Leo.", ich zuckte zusammen, als Mai mich aus meinen Gedanken riss.

 ,,Danke.", erwiderte ich, stoppte und stellte die Gitarre neben den Schreibtisch. 

"Seid ihr schon fertig?" 

Mai nickte. 

Akari rief nach oben: ,,Mai komm bitte und hilf mir beim Abwasch." 

Mai rannte nach unten, wobei sie fast die Treppen runter gefallen wäre. 

"Pass doch bitte auf, wenn du die Treppen so runter rennst." 

"Jaha, Mama." 

Ich schmunzelte.

Aiko
Nachdem Leon den Esstisch verlassen hatte, herrschte betretenes Schweigen. Aber anscheinend schien es für alle in Ordnung gewesen zu sein. 

,,Ich bin so satt. Vielen Dank Akari. Es war unheimlich lecker." Mai stimmte mir nickend zu. 

,,Ich habe dir ein frisches Handtuch rausgelegt. Es hängt über der Badewanne.", sagte Akari und begann den Tisch abzuräumen. Ich fragte, ob ich ihr helfen könne, aber sie schüttelte nur den Kopf. 

Mai und ich verließen die Küche und ich ging direkt ins Bad und stellte mich unter die warme Brause. Das tat gut. Allerdings beeilte ich mich lieber, da ich nicht das warme Wasser aufbrauchen wollte. Wahrscheinlich würde Akari es gleich für den Abwasch brauchen. 

Ich lugte kurz aus dem Bad und als ich niemanden sah, rannte ich schnell, nur im Handtuch, über den Flur, in mein Zimmer. Gerade als ich mir eine frische dunkle Stoffhose aus meiner Tasche gekramt und angezogen hatte, klopfte es an der Tür.

,,Ja.", rief ich.

Leon
Aiko schien im Zimmer zu sein. Also ergriff ich meine Chance und klopfte an ihre Tür. Nach einem klaren "Ja" öffnete ich die Tür. 

"Aiko ich möchte mich für mein Benehmen entschuldigen.", äußerte ich etwas schüchtern.

Aiko
,,Gut. Dann scheinst du ja zumindest ein bisschen Anstand zu besitzen.", antwortete ich und musste gähnen. Er stand in den Türrahmen gelehnt und ich musterte ihn. Er hatte kurze braune Haare, die etwas zerzaust aussahen, aber ich konnte nicht sagen, ob es so gestylt, oder sein natürlicher Look war. Mit seinen grünen Augen und den markanten Gesichtszügen hätte ich ihn unter anderen Umständen recht attraktiv gefunden, aber sein bisheriges Benehmen machte das alles für mich nichtig.

Leon
Ich atmete hörbar genervt aus. Wieder war sie so. So arrogant. So stur. Ich kaute wütend auf meiner Unterlippe. Aiko hatte eine kleine, schmale und sehr feminine Figur. Ihre langen schwarzen Haare waren noch nass vom Duschen und das Wasser tropfte auf den Boden. Ihre kleine Stupsnase ließ ihre weiblichen Gesichtszüge noch mehr zu Geltung kommen. Mir fiel eine Narbe auf, die sich wie eine Kette um ihren Hals legte. Bei dem Anblick der Narbe runzelte ich kurz die Stirn, wollte aber nicht weiter darauf eingehen. 

"Ich will dich nicht los werden, nicht das du das denkst, aber du meintest gestern, dass du am liebsten nach Hause willst, oder möchtest du doch noch länger hier bleiben? Akari scheint dich ja zu mögen.", erwähnte ich möglichst beiläufig und verschränkte meine Arme.

Aiko
Ich bemerkte wie er auf meine Narbe starrte. Das Make up, das ich gestern noch drauf geschmiert hatte, war nach dem Duschen völlig verschwunden und ich hatte noch kein neues aufgetragen. Ich strich etwas nervös meine Haare vorne über die Schultern, so dass sie meinen Hals etwas verdeckten. 

Der gereizte Unterton in seiner Stimme war unüberhörbar. Er hatte sich doch gerade erst entschuldigt, warum war er jetzt schon wieder so komisch? Er wollte mich loswerden. Ich spürte es in jeder Faser meines Körpers. Aber wieso? Was hatte ich ihm getan? Warum hatte er mich überhaupt mitgenommen, wenn er mich eindeutig nicht leiden konnte. 

,,Ich würde gerne nach Hause, ja. Aber ich hab keine Ahnung wie ich dorthin komme. Ich weiß den Weg aus Tokio. Aber dein Gastvater meinte selbst vorhin, dass dort zurzeit Ausnahmesituation ist." 

Ich tippte mit meiner Fußspitze vor mir auf den Boden. Das war eine Angewohnheit von mir, wenn ich mich unwohl fühlte. 

,,Akari ist wirklich sehr nett.", fügte ich etwas leiser hinzu.

Leon
Ihr Unwohlsein war schon fast greifbar. Ein kleines Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit. Ich versuchte meine Stimme etwas zu legen.

,,Du kannst gerne noch hier bleiben, aber ich denke nicht das Hiroko diese Anspannung zwischen uns lange mitmacht.", sagte ich mit einem etwas freundlicheren Ton.

Aiko
,,Anspannung? ", fragte ich und wurde rot. 

Doch im selben Moment begriff ich. Er meinte unser feindseliges Verhalten einander gegenüber. Im Japanischen konnte das Wort Anspannung auch das genaue Gegenteil bedeuten, nämlich, dass wir auf einander scharf waren. Mir lief ein Schauer über den Rücken. 

,,Ich versuche eine Möglichkeit zu finden, so schnell wie möglich, nach Hause zu kommen. Also kümmer dich einfach um deine Angelegenheiten.", versuchte ich schnell von meinem Missverständnis abzulenken.

Leon
Etwas irritiert runzelte ich die Stirn. Plötzlich verstand ich und fing an zu lachen. Ich Idiot. ,,Tut mir leid, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen." Ich kratze mich nervös hinterm Ohr. 

"Ähm .. Ich würde sagen wir beginnen von vorn.", stammelte ich und begrüßte sie mit Verbeugung.

,,Mein Name ist Leon Feldner. Freut mich dich kennenzulernen." Ich hoffte ich wirkte damit nicht zu albern, immerhin wollte ich die Stimmung auflockern, und etwas von dem vorherigen Missgeschick ablenken.

Aiko
Die Situation wurde immer unangenehmer. Aber ich bemühte mich. Schließlich wollte ich auch nicht, dass wir uns womöglich vor Akari an die Gurgel gingen. 

Ich wollte ihm gerade antworten, als auf einmal ein unbekanntes Geräusch den Raum erfüllte. Als ich Begriff was es war, drehte ich Leon, ohne ein Wort, den Rücken zu und stürmte zu meiner Tasche. Meine Finger fühlten sich an wie Gummi und beinahe wäre mit das Handy aus der Hand geglitten. Ich betätigte den grünen Hörer:,, Papa! ", rief ich in das Handy hinein. Doch als Antwort hörte ich nur helles Rauschen. ,,Papa.", rief ich erneut. Doch keine Antwort. 

Von unten hörte ich Hiroko nach uns rufen.

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