Willkommen in Yokoze - Teil 2

Aiko
Ich schreckte zusammen, als aufeinmal ein Mädchen herein stürmte und sich auf Leon warf. Das Mädchen war etwa 12 Jahre alt und trug eine Schuluniform, mit einer roten Ledertasche auf dem Rücken. Die Ähnlichkeit zu Akari war verblüffend. Sie waren sich wie aus dem Gesicht geschnitten. Das Mädchen hatte beim Lächeln so gar genau die gleichen Grübchen wie Akari. Sie stellte sich mir als Mai vor, und ihre witzige Art ließ sie mich sofort ins Herz schließen.

Als Mai das Wohnzimmer verlassen hatte, sah ich über der Zimmertür auf die Uhr. Es war mittlerweile schon nach 8.

Leon
"Woher kommst du eigentlich? Du scheinst kein Stadtmensch zu sein."

Aiko
,,Ich komme aus Kawasaki, wie kommst du darauf, dass ich kein Stadtmensch sei?", fragte ich schnippisch.

Leon
,,Naja du scheinst einen ganz schönen Stock im Arsch zu haben."

Aiko
Ich schnappte wütend nach Luft. ,,Was versteht ein Ausländer schon von japanischen Sitten.", entgegnete ich trocken und trank einen großen Schluck Tee. Er zuckte nur mit den Schultern.

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Leon
Es dämmerte und eine gemütliche Stille legte sich über das Dorf. Akari hatte mittlerweile die Uniform repariert. Ich hatte meinen Tee leer getrunken und bat nach einem weiteren. Nachdem Akari mir neuen Tee eingeschenkt hatte, setzte ich mich daran die Uniform zu säubern.

Akari sah die ganze Zeit schon sehr besorgt aus und ich wollte ihr etwas Arbeit abnehmen. Akari klopfte mir dankend auf die Schulter und verschwand mit Aiko im Flur. Ich versank in meinen Gedanken.

Aiko
Das Rattern der Nähmaschine war mittlerweile verstummt und mir fielen fast die Augen zu. Das Adrenalin schien langsam meinen Körper zu verlassen und ich spürte eine Müdigkeit, wie ich sie lange nicht gespürt hatte. Es fiel mir schwer aufrecht sitzen zu bleiben und Akari schien dies zu bemerken. 

,,Komm, ich zeige dir das Zimmer in dem du schlafen kannst. Du bist ja todmüde." 

Ich nickte dankbar und raffte mich auf. ,,Ich wasch dann auch gleich die Uniform aus. So kannst du ja nicht rumlaufen.", sagte sie an Leon gewandt. Sie schien den Fakt völlig zu verdrängen, dass unsere Normalität vielleicht bald ein jähes Ende finden würde, sollte das Militär die Situation nicht in den Griff bekommen. Die Schule würde bestimmt erstmal geschlossen bleiben.

Sie nahm die Uniform vom Tisch und Leon stand ebenfalls auf. ,,Ich kann sie auswaschen, du brauchst das nicht machen.", beteuerte er. 

Akari nickte und ich folgte ihr die Treppen nach oben ins Zimmer. Sie erklärte mir kurz, dass das Zimmer, das ihres Sohnes Satoshi sei, der zurzeit allerdings in Deutschland wohnte. Ich wollte sie fragen, ob sie, seit dem Ganzen, Kontakt zu ihm aufgenommen hatte, aber ich traute mich nicht. 

Nachdem sie mir eine Gute Nacht gewünscht, und das Zimmer verlassen hatte, ließ ich mich erschöpft in die warmen Kissen fallen. Meine Glieder fühlten sich schwer und bleiern an. Unten hörte ich das Wasser im Bad rauschen. 

Ich schlief direkt unter dem Dach und durch eine Luke konnte ich in den Sternenhimmel gucken. Alles in mir schrie nach Schlaf. Aber meine Gedanken hielten mich wach.

Leon
Nach gut einer Stunde hatte ich die Flecken komplett raus gewaschen. "Was versteht ein Ausländer schon von japanischen Sitten." Aikos Aussage ließ mich innerlich kochen.

Nicht umsonst hatte ich, lange vor meiner Reise nach Japan, recherchiert welche Sitten hier zu Lande üblich waren. Mai und Akari waren mittlerweile auch in ins Bett gegangen. Ich machte mir Sorgen um Hiroko, er war ein strenger, aber liebenswürdiger Vater, wie ich ihn mir gewünscht hätte. Er wäre normalerweise schon vor 9 hier gewesen. 

Ich setzte mich mit dem mittlerweile kalten Tee ans Fenster der Küche und schaute nach draußen. Das Fenster stand auf Kipp und man hörte die Grillen zirpen. Es war eine schöne Nacht und man konnte die Sterne klar und deutlich erkennen. 

Ich trank den Tee Schluck für Schluck langsam aus und dachte dabei an meine Eltern, Freunde und Zuhause. Sie mussten sich Sorgen machen, wenn die Nachrichten davon berichteten. Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und versuchte meine Mutter anzurufen. Kein Signal. Dann öffnete ich die SMS, die aufgeploppt waren, bevor ich versucht hatte zu telefonieren.

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[15:17, 14.09.2019] 
Creepypastastorry +49177777776:
Hallo Leon.
Du ruachst doch regelmässig Zigarren oder?
Ist dies nicht etwas umständlich ind einer Stadt,
in der dies fast überall verboten ist?
Erzäll mal etwas darüber.
Mit freundlichen Grüssen Simeon.

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[21:46, 14.09.2019]
Leon +811788888887:
Hei Simeon.
Ich rauche keine Zigarren,
aber Zigaretten und ich hab's geschafft weniger zu rauchen.
Der Trick ist dabei, sich nicht erwischen zu lassen.
Liebe Grüße nach Deutschland.

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Ich drückte voller Hoffnung auf Senden. Doch schon nach wenigen Sekunden bekam ich die Mitteilung, dass das Senden fehlgeschlagen war. Ich drückte erneut und es wiederholte sich. Vielleicht lag es an seinem Handy, redete ich mir ein und öffnete die andere SMS.

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[14:06, 14.08.2019]
Lebensvermieser +49177777776:
Woher hast du meine Nummer!?

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[21:47, 14.09.2019]
Leon +811788888887:
Hast du nicht diese Whatsapp Gruppe?
Aber ist eh scheiß egal.
Ich komm eh nicht mehr aus Japan raus, wenn ich Pech hab.
LG Leon

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Als würde ich noch aus Japan raus kommen, was hatte ich mir vorhin eigentlich gedacht? Meine Aussichten nach Hause zu kommen lagen so gut wie bei null. 

Und nochmal. Senden. Ich drückte unbewusst kräftiger, in der Hoffung, dass die Nachricht diesmal versandt wurde. Doch ich wurde erneut enttäuscht. Ich drückte die weiteren Mitteilungen auf meinem Bildschirm weg und versuchte meinen Kumpel Jonas zu erreichen.

Wieder das Gleiche. Dann öffnete ich Whatsapp und versuchte auf Nachrichten zu antworten, doch meine Nachrichten blieben ausstehend. Komisch, mein Handy zeigte mir an, dass ich WLAN- Empfang hatte.

Resigniert stand ich auf und ging nach draußen, um eine zu rauchen. Akari würde es hassen, wenn im Haus geraucht wurde, das hatte mir ihr Sohn Satoshi tausende Male über Skype gepredigt. Ich setzte mich auf die kleine Treppe vor der Haustür, welche ich zuvor angelehnt hatte.

Die Nacht war wirklich friedlich und ließ mich neue Hoffnung schöpfen. Nach der Zigarette schlich ich wieder in die Küche. Schon kurz nach zehn. Ich pustete. Satoshis Zimmer, in dem nun Aiko lag, befand sich genau neben meinem Zimmer. Ich schritt leise die Treppen hinauf und ließ mich in mein Bett fallen.

Eine gefühlte Stunde später vernahm ich das Auto von Hiroko, aber ich war zu müde, um nach unten zugehen. Zu müde, um zu fragen was nun passieren sollte. Meine Augen fielen zu und ich schlief ein.

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