Wer die Wahl hat - Teil 2

Leon
Ich sah mich fassungslos um.  Ich sah zu den bewaffneten Männern und ihren eisigen Mienen.  ,,Ich weiß es nicht.", antwortet ich nervös," Für die nächste Phase ist es doch noch zu früh, oder?", es war mehr eine rhetorische Frage. Ich schaute zu Aiko, die wie versteinert wirkte und fühlte mich verloren.

Aiko
Gebannt sah ich zu, wie Shinji sich hinter das Rednerpult stellte und sich ein paar mal räusperte. Um uns herum kehrte augenblicklich Stille ein.

,,Liebe Gemeinde, als allererstes möchte ich kundgeben, dass ich alles erdenkliche getan habe, um das Dorf zu schützen. Aber hier und heute bin ich an meine Grenzen gestoßen.", er tupfte sich mit seinem Hemd den Schweiß von der Stirn, "Für unsere Zugänge aus Yokoze. Die Wahrheit ist, dass das Dorf bereits seit längerer Zeit unter der Kontrolle eines Wahnsinnigen...", er räusperte sich erneut und krorrigierte sich," unter der Kontrolle eines Forschers steht." 

Ein Raunen ging durch die Menge. Ich sah kurz zu unserem Tisch hinüber. Megumi hatte sich ängstlich an Takashi geklammert. Akari hatte Mai einen Arm um die Schulter gelegt und auch die Gesichter von Daiki, Isamu, Masato und Sayuki waren blass geworden. Shinji sprach weiter: ,,Dieser fordert nun, dass wir ihm Hiro Yamada ausliefern. Da wir dies allerdings bisher nicht tun konnten, da uns der Aufenthaltsort von Herrn Yamada unbekannt ist, zwingt er uns nun, unsere eigenen... ", Shinji schluckte heftig und räusperte sich abermals. ,, Bis Herr Yamada sich stellt oder gefasst wird, zwingt er uns an einem Experiment teilzunehmen. Das Experiment besteht daraus, jemanden aus unseren Reihen zu nominieren, der den Infizierten geopfert wird. Andernfalls..", Schweiß tropfte von seiner Stirn aufs Pult hinab, "Andernfalls wird er selbst 5 zufällige Personen auswählen, die dieses Schicksal ereilt. Ich bitte euch inständig, wenn ihr Information über Herrn Yamadas Aufenthalt habt, dann zögert nicht und kommt zu mir. Nur er kann unser Leben retten.", beim letzten Satz blickte er eindringlich in die Menge. Ich wusste was er damit sagen wollte: Liefert ihn nicht aus, auch wenn es euch schwerfällt, er ist der einzige, der das Dorf retten kann.

Shinji holte tief Luft und endete seine Rede:,,Wir haben bis 18 Uhr Zeit unsere Wahl zu treffen. Bitte schreibt eure Nominierung auf die bereitliegenden Zettel neben der Urne und werft sie dort hinein.", er deutete zu einem Tisch neben dem Eingang, auf dem Nakamuras Männer die Wahlurne platziert hatten.

Leon
Durch Shinjis Ansprache wurde mein Frage beantwortet. Die Diskussionen der Menge wurde immer lauter. Ein Mann, der an den hinteren Tischen im Saal saß stand auf und protestierte:,,Wie kann es sein, dass die Regierung uns mit sowas alleine lässt?" Aiko verdeckte ihr Gesicht mit ihren Händen. Ich zog sie zu mir und streichelte ihr tröstend über den Rücken. Shinji ließ resignierend den Kopf hängen. Ein weiterer Mann stand auf und schrie Shinji an:,, Wir sind doch keine Versuchskaninchen!" Er schlug heftig auf die Tischplatte.

Das Knallen seiner Faust ließ die Diskussionen, die mittlerweile eher Streitgesprächen ähnelte noch lauter werden. Eine Frau mittleren Alters mischte sich ein:,, Wir können doch nicht einfach auswählen wer sterben soll. Das ist unmenschlich." Sie hatte wohl nichts von den Schlachtungen mitbekommen, dachte ich zynisch.

Shinji war in sich gekehrt und ließ die Beschimpfungen, die aus der Menge nach vorne schallten, über sich ergehen. Er hob seinen Kopf an und schaute hilfesuchend über die Meute. Sein Blick blieb bei mir hängen und ich sah wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Wusste er wirklich nicht wo Yamada steckte? Aiko schluchzte kurz auf. Instinktiv legte ich meine Arme um sie und drückte sie an mich.

,,Wo steckt dieses kranke Schwein?", schrie der Mann, der als erstes aufgestanden war, "Warum zeigt er sein Gesicht nicht?" Kurz darauf schlug ihm einer von Nakamuras Männern, welcher direkt hinter ihm stand, seinen Gewehrgriff in die Seite. Der Mann fiel schmerzerfüllt auf seinen Stuhl zurück. Als ein anderer Mann daraufhin auf einen bewaffneten Mann losstürmen wollte, reagierte dieser sofort und hielt ihm den Lauf seiner geladenen Waffe vors Gesicht. Die Menge verstummte urplötzlich und beobachte erschrocken das Geschehen.

Der, nun ängstliche, Bewohner blieb abrupt stehen und schritt rückwärts, die Hände gehoben, langsam auf seinen Platz zurück. Durch die noch anhaltende Stille war Shinjis Gemurmel deutlich zu hören:,, Es tut mir so leid. Ich habe versagt." Er wiederholte sich mehrmals, bis auch er bemerkte, dass die Aufmerksamkeit nun auf ihm lag. Kurz darauf rannte er an mir und Aiko vorbei nach draußen.

Einer von Nakamuras Männern stellte sich an das Pult und ergriff das Wort:,, Keiner von euch braucht zu versuchen, über die Abgrenzung des Dorfes zu klettern. Wenn doch, werden wir mit dieser Person kurzen Prozess machen." Alle saßen still auf ihren Plätzen. Nakamuras Männer verließen das Gemeindehaus und eine Welle von Emotionen überrollte die Menschen im Saal. Trauer, Verzweiflung, Wut und Hass zogen über die Gesichter. Ein Mann stürmte panisch aus dem Saal. Man sah sofort, dass er völlig neben sich stand. Nach einigen Minuten hallte ein Schuss durch das Dorf. Die Menschen zuckten zusammen und einige brachen zusammen. Mir stellten sich alle Haare auf. Diese ganze Sache war scheiße ernst geworden und jeder musste sich jetzt um sich und seine Angehörigen sorgen.

Unbeabsichtigt drückte ich Aiko etwas fester an mich und sah zu ihr hinunter. Schnell fuhr sie sich mit einer Hand über die Wange, aber ich hatte die Träne dennoch gesehen.
Wir gingen zurück zu den anderen, die niedergeschlagen an unserem Tisch saßen. ,, Das erklärt auch, warum wir kein Radiosignal empfangen konnten. Der Forscher muss einen Störsender installiert haben.", sagte Takashi und stand dann wütend auf," Wir müssen uns verdammt noch mal wehren!" Er schaute mich an und kam auf mich zu.

Seit einem Arbeitsunfall humpelte Takashi leicht und musste sein Dojo schließen. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum er meistens so schlecht gelaunt war. Er blieb vor mir stehen und flüsterte in einem bedrohenden Ton:,, Ich weiß, dass du eine Waffe hast und die gehört bestimmt nicht in deine Hände." Zum Glück hatte ich die Waffe im Zimmer liegen gelassen und den Bogen bei Sayuki im Zimmer vergessen.
Ich schüttelte den Kopf und noch bevor ich antworten konnte, mischte sich Daiki ein:,, Lass ihn in Ruhe, Vater."

Takashi drehte sich zu Daiki und antwortete wütend:,, Halt du dich da raus!" Daiki stand auf und schlug mit der Flachen Hand auf den Tisch:,, Nein, tue ich nicht. Ich glaube, dass es das beste ist, wenn wir jetzt einen kühlen Kopf bewahren und uns nicht gegenseitig anfeiden." Takashi verstummte und verschränkte seine Arme. Es schien das erste Mal gewesen zu sein, dass sich Daiki so lautstark gegen seinen Vater aufgelehnt hatte.

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