Scherben bringen Glück - Teil 4
Leon
Sayuki vergrub ihre Finger in meinem Ärmel und versuchte mich zu sich zu drehen. Als sie merkte, dass es keinen Sinn hatte und ich in meinem Stand verharrte, klammerte sie sich einfach weiter an meinen Arm. Ich war mir ziemlich sicher, dass Aiko so etwas nicht tun würde, nicht ohne einen Grund. Immerhin war mir bewusst, dass Sayuki kein Unschuldslamm war, obwohl sie gerne so tat. In mir stieg ein Gefühl hoch, das ich vorher noch nicht verspürt hatte. Ich merkte, dass sich eine widerlich schmeckende Ungewissheit auf meiner Zunge ausbreitete. Ich kannte Aiko gerade mal ein paar Tage und das hier war für uns alle eine Ausnahmesituation, vielleicht litt sie tatsächlich stärker an Kontrollverlust, als ich dachte.
Megumi kam zu uns und begann damit Sayukis Verletzungen zu versorgen. Hatte Aiko sie wirklich so zugerichtet? Wenn nicht, warum stritt Aiko es dann nicht ab? Ich schüttelte die Gedanken von mir ab.
,,Sag doch was.", flüsterte Megumi mit einem Blick zu Takashi, der nun Aiko abwertend betrachtete.
Akari und Mai, die während dieses Chaos auch wieder zu uns gefunden hatten, blieben stumm. Und während Mai zwischen uns hin und her blickte, schaute Akari mich ungläubig und fragend an.
Bevor Takashi irgendetwas sagen konnte, fiel Daiki ihm ins Wort: ,, Selbst wenn Aiko das getan hat, hat es bestimmt einen Grund gegeben." Masatos dunkle Stimme mischte sich in das Gespräch noch bevor eine weitere Diskussion zwischen Daiki und Takashi ausbrechen konnte: ,,Ich denke man sollte dieses Thema nicht jetzt und vor allem nicht hier besprechen. Megumi, bring doch Sayuki ins Haus und kümmere dich ein wenig um sie. Ich werde Aiko im Blick behalten."
Megumi nickte und begleitete Sayuki, die sich natürlich etwas anstellte nach drinnen. Masato wendete sich wieder an die anderen Anwesenden: ,,Also lasst uns, uns um die wirklich wichtigen Dinge kümmern." Mit diesen Worten hatte er dem Konflikt ein Ende bereitet und stellte sich schützend zu Aiko. Sie sah wirklich mitgenommen aus. Er blickte zu Aiko hinunter, die ein gutes Stück kleiner war als er und lächelte sie mit einem Blick an, der soviel sagte wie das-wird-schon-wieder und klopfte ihr dann auf die Schultern.
,, Ist euch denn irgendwas aufgefallen, was uns weiterhilft?", seine Stimme klang väterlich. Aikos Blick flog von ihm zu mir, während sie trübsinnig mit dem Kopf schüttelte. Ich war mir nicht sicher, ob das Kopf schütteln nicht tatsächlich auch an mich gerichtet war, oder sie nur auf Masatos Frage antwortete. ,, Was machen wir jetzt?", richtete ich mich an die Gruppe. Ich sah in betretene Gesichter.
,, Ich denke jetzt bleibt uns nur abzuwarten, oder der direkte Fluchtversuch.", antwortete Isamu und schaute ernst in die Runde. ,, Nein, kein direkter Versuch!", unterbrach Aiko unsere weiteren Überlegungen. ,, Ums Dorf herum sind Tellerminen verteilt. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob sie scharf sind oder nur zur Abschreckung dienen, aber ich denke wir sollten es nicht darauf anlegen." Ich schaute skeptisch zu Aiko und hob eine Augenbraue. Es erstaunte mich, dass sie wusste wie Tellerminen aussahen. Masato verschränkte seine Arme und schaute nachdenklich zu Boden.
,, Dann bleibt uns wirklich nur abzuwarten.", brachte sich Akari mit ins Gespräch ein, ihre Stimme klang leise und etwas erschöpft. Daiki nickte zustimmend und sagte:,, Ich denke auch, dass es besser ist die Füße still zu halten." Takashi ergriff daraufhin das Wort:,, Ein Hinterhalt wäre auch völliger Schwachsinn. Wir haben weder die Ausrüstung noch die Leute dafür. Wo steckt nur dieser Herr Yamada? Er ist doch vom Militär, sollte er hier nicht übernehmen, statt sich Feige zu verstecken?", man spürte deutlich die Wut und Verzweiflung in Takashis Worten. Masato entfernte sich von Aiko und trat an Takashi heran. Masato legte ihm eine Hand auf die linke Schulter:,, Wir müssen einsehen, dass uns vorerst nichts anderes übrig bleibt, als abzuwarten.", seufzte er und drückte dabei Takashis Schulter.
,, Wie wäre es mit einem Wachposten, der die anderen informiert, wenn etwas passiert?", schlug Akari vor. Noch bevor ich mich dazu bereit erklären konnte, wurden wir von einer fremden Stimme in die Realität gerufen:,, Ihr habt die Regeln missachtet. Ich denke nicht, dass der Forscher darüber begeistert sein wird." Zwei Männer von Nakamuras Gruppe waren zu uns getreten. Ihre Waffen fest in beiden Händen und an die Brust gelehnt.
Einer von ihnen war einer der Türsteher, die im Gemeindehaus gestanden hatten. Er hielt sich ein Funkgerät ans Ohr und nickte dann. ,,Zwei für eine zweite Runde.", flüsterte er dem anderen Mann zu und richtete seine Waffe auf uns. Ich war völlig irritiert, doch im nächsten Moment verstand ich, dass eine zweite Nominierung stattfinden sollte. ,, Ab ins Gemeindehaus mit euch.", schnauzte er und trieb uns wie eine Herde in die Richtung des Gebäudes.
Andere bewaffnete Männer kamen uns entgegen und stürmten die Unterkünfte. Ich sah wie sie die verängstigen Bewohner anschrien und auf die Straße schubsten. Ich hörte wie ein Fenster zerbrach und die Scherben auf den Boden rieselten. ,,Guck nach vorne.", brüllte mich, der eindeutig schlecht gelauntere von beiden an und stieß mir mit der Waffe gegen den Kopf. Wütend, aber auch eingeschüchtert gehorchte ich.
|Ende - Episode 32|
|Nächste Episode : Konfrontation|
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