Einsturzgefahr - Teil 3
Leon
Ich stimmte mit einem Nicken zu. Daraufhin stellte ich meinen Teller auf einen Servierwagen zu anderem schmutzigen Geschirr. Neben mir stand der kleine Junge vom Vortag. Er schaute zu mir hoch und zupfte an meiner Hose.
Ich hockte mich zu ihm hinunter. ,,Was ist denn los, kleiner Mann?", fragte ich und lächelte ihm aufmunternd zu. Er schaute schüchtern auf den Boden und legte seine Hände auf den Rücken.
,,Kannst du mir ein Stück Kuchen geben? Ich komm nicht ran.", fragte er und grinste. Ich richtet mich auf und wir gingen zu dem Tisch auf dem die Kuchen platziert waren. Er deutete auf den Schokoladenkuchen.
Ich nahm einen Teller und legte ihm ein kleines Stück Kuchen darauf. Dann beugte ich mich zu ihm runter und übergab ihm den Teller. ,,Danke.", freute er sich.
,,Bitte, wenn du noch was brauchst, frag mich einfach.", sagte ich und wuschelte ihm durch die Haare. Er konnte es kaum abwarten, bis er wieder an seinem Platz saß und biss genüsslich von dem Kuchen ab.
,,Der schmeckt so lecker.", jubelte er. Kurz darauf verwandelte sich sein Grinsen in ein nachdenkliches Grübeln und er fuhr fort:,,Mama sagte, das Fleisch darf ich nicht essen." Bevor ich fragen konnte, was er genau damit meinte, rief seine Mutter ihn zu sich. Er ließ den Teller stehen und lief hastig zu ihr.
Ich stand auf und schaute ihm etwas irritiert hinterher. Seine Mutter schaute mich kurz an und wandte mir den Rücken zu. Verwundert schlenderte ich zurück zu Aiko.
Aiko
Ich beobachtet Leon neugierig, wie er einem kleinen Jungen etwas Kuchen auf einen Teller füllte. Sie wirkten sehr vertraut:,, Kennst du ihn?", fragte ich Leon, als er wieder zu mir herüber kam.
,,Ja, flüchtig. Sein Name ist Akito. Du kennst seine Mutter. Das ist die, die dich bei der Ankunft umarmt hat. Sie heißt Satori.", informierte er mich und gemeinsam machten wir uns auf den Weg aus dem Gebäude.
Leon
Wir schlenderten die Hauptstraße entlang und Aiko erzählte mir von dem Gespräch, das sie gestern zufällig belauscht hatte. Ich wusste nicht direkt was ich dazu sagen sollte. Was hatte es nur damit auf sich?
Das Dorf war nicht sonderlich groß und wir erreichten schnell den Dorfrand. Ein paar Meter vor uns lag die Lagerhalle. Sie sah nicht alt aus und vor allem nicht einsturzgefährdet.
Plötzlich fiel mir etwas an dem Gebäude auf, die grau Steinwand ließ keine Zweifel übrig. ,,Mein Traum.", erschrak ich und blieb stehen. Aiko schaute mich entgeistert an. ,,Was?", erkundigte sie sich.
,,Es sieht hier aus wie in meinem Traum.", antwortete ich und musste schlucken.
Aiko
Leon wirkte wie hypnotisiert und steuerte auf das riesige Gebäude zu. Ich folgte ihm etwas unsicher. Wir drehten eine Runde um die Halle und versuchten hinein zu spähen, aber die Fenster waren milchig verglast.
Aufeinmal standen wir vor einer kleinen Hintertür. Ich wollte gerade etwas sagen, als Leon auch schon die Türklinke nach unten drückte. ,,Willst du wirk-", er hielt sich einen Finger an die Lippen und bedeutete mir still zu sein.
Er betrat das Gebäude, ich folgte ihm noch etwas unentschlossen, ob ich nicht lieber draußen warten sollte.
Leon
Es war ziemlich kühl in der Halle und ein undefinierbarer Geruch zog mir in die Nase. Wir kamen in einen kleinen Vorraum. Aiko war dicht hinter mir. Ich spürte ihre Beklemmung, aber ich konnte nicht davon ablassen, die Halle weiter zu erkunden. Wir schlichen durch den Türbogen weiter ins Hallen-Innere.
Die Halle war riesig. Der Geruch wurde immer stärker. Immer unangenehmer. Ich rümpfte die Nase.
Scheiße. Wie angewurzelt blieben wir stehen. Vor uns offenbarten sich abgetrennte Beine. Oberkörper, die an Fleischerhaken von der hohen Decke hingen und Arme die auf einem Tisch platziert waren.
Ich sah zu Aiko. Sie wurde kreidebleich. Ich war sprachlos. Scheiße. Deswegen sollte Akito nichts von dem Fleisch essen. Ich merkte, dass mein Magen rumorte.
Doch bevor ich mich übergeben, oder irgendwas sagen konnte, vernahm ich Stimmen. Ich erkannte welche von ihnen. Ohne zu überlegen packte ich Aiko am Arm und zog sie mit mir mit. Wir versteckten uns hinter einem bodenlangen Vorhang, hinter dem alte verstaubte Gartengeräte lagerten.
Ernüchtert stellte ich fest, dass ich die letzte Nacht nur um ein Haar überlebt hatte.
Aiko
Ich versuchte zu begreifen, was ich dort gerade gesehen hatte, aber es wollte einfach nicht in meinen Kopf. Wir waren eindeutig in einem Schlachthaus gelandet. Aber was hier geschlachtet wurde, wollte ich um jeden Preis verleugnen.
Aber die abgetrennten Gliedmaßen stammten definitiv von Menschen. Ich spürte wie meine Magensäure sich einen Weg nach oben bahnen wollte. Ich schluckte heftig. Leon und ich hockten hinter einer verstaubten Schlachtbank, die sich hinter einem Vorhang befand. Als er mich hinter sich her gezogen hatte, hatte ich nicht darauf geachtet was sich auf der Schlachtbank befand. Aber jetzt fiel mein Blick auf abgehackt Fingerknöchel, die vor uns auf der Bank ausgebreitet lagen, wie kleine Schinken-Würstchen.
Ich konnte mich nicht daran hindern, vor meinem inneren Auge stieg mir das Bild von den dicken Steakstreifen, in meiner Schüssel von gestern, in den Kopf. Ich musste würgen und übergab mich, unter dem erschrockenen Blick von Leon, auf den Boden.
,,Habt ihr das gehört?", hörte ich eine Stimme hinter dem Vorhang. Ich rieb mir mit dem Ärmel meiner Jacke über den Mund, und sah ängstlich zu Leon herüber. Schritte näherten sich.
Eine Hand griff nach dem Vorhang und schob ihn langsam zur Seite. Ich zitterte am ganzen Körper, am liebsten hätte ich mich erneut übergeben, diesmal aber vor Angst. Ich wollte noch nicht sterben. Nicht bevor ich meinen Vater noch einmal gesehen und mich bei ihm entschuldigt hatte. Ich sah wie Leon eine Hand an seine Waffe legte, die hinten unter seinem Shirt aus der Hose ragte.
|Das nennt man wohl einen Cliffhanger... 😁|
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