Der Ausbruch - Teil 4

Leon
Sie wehrte Miu ab, doch Miu schien plötzlich viel stärker zu sein als zuvor, als wäre sie besessen. Der Junge, der als erster bemerkt hatte, dass Miu atmete, riss nun wie wild an Mius Schultern. Doch schon im nächsten Moment biss Miu in Frau Uzumis linke Wange. 

Frau Uzumi schrie. Die schockierte Stille der Schüler verwandelte sich sofort in hysterisches Geschreie, und alle versuchten sich in Sicherheit zu bringen.

Yuna zerrte an meinem Arm, wimmerte und schrie: "Leo wir müssen hier weg! Irgendwas stimmt hier nicht!" Ihr lautes Gebrüll zog an mir vorbei. Miu riss mit ihren Zähnen etwas von Uzumis Wangenfleisch heraus und fraß es genüsslich. Das Blut spritzte quer über den Steinboden. 

Der Mund unserer Lehrerin füllte sich mit Blut und ihre Schreie verkamen zu einem Husten, dann zu einem Röcheln. Ich packte Yunas Handgelenk und zog sie hinter mir her.

„Pass auf, ich werde dich nach Hause zu deiner Familie fahren. Danach sind wir dann auf uns gestellt." An der Hintertür der Schule blieb ich stehen, um mir einen Überblick über die Situation zu verschaffen. 

Frau Uzumi lag noch immer auf dem Boden, mittlerweile schien sie an ihrem eigenen Blut erstickt zu sein. Miu wandte sich einem Mädchen zu, das weinend und fluchend mit dem Langbogen auf Miu zielte. 

Im nächsten Moment rannte hinter Miu ein anderes Mädchen entlang, welches sich vorher hinter einer Mülltonne versteckt hatte. Miu bemerkte sie nicht. 

„Leo, lass uns bitte weiter!", flehte Yuna und zog kräftig an meinem Arm.

 „Warte. Ich will etwas ausprobieren.", flüsterte ich und drückte Yuna ins Schulgebäude. Ich stellte mich auf die unterste Stufe und brüllte: „HEY, ICH BIN HIER."

Miu hielt in ihrer Bewegung inne, drehte sich dann und wankte in meine Richtung.

Das Mädchen mit dem Bogen verstummte, sah ihre Chance und floh. „YUNA!", rief ich Yuna zu, die im Eingang neben der Glastür stand.
,,DU HOLST SOFORT ETWAS MIT DEM WIR DIE TÜR BLOCKIEREN KÖNNEN!" 

Ich sprintete hoch, wendete mich zur Tür und zog sie zu. Kurz darauf erschien Yuna mit drei Stühlen, die uns etwas Vorsprung verschaffen sollten.
Schnell blockierten wir die Tür von innen.

Miu war noch nicht mal bei den Treppen angekommen, als Frau Uzumi sich vom Boden aufrichtete. Sie bewegte sich genau so schlaksig wie Miu. Ich packte Yunas Arm und riss sie mit mir. Wir holten meine Schlüssel aus meinem Fach und flohen durch den Haupteingang.

Aiko
Nachdem ich den Trupp hinter mir gelassen hatte, zog ich mich in einer Seitengasse um und rannte zum Bahnhof in Kawasaki. Ich war nun völlig auf mich allein gestellt.

Sehnsüchtig wartete ich am Bahnhof auf den nächste Zug nach Tokio.

Ich musterte die am Bahnsteig vorbeieilenden Zivilisten, die allesamt sehr gehetzt wirkten. Wahrscheinlich waren die meisten von ihnen gerade auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause, wo ihre Familien mit dem Mittagessen auf sie warteten. 

Hier und da lungerten aber auch ein paar Jugendliche herum, die im Gegensatz zu den rastlosen Bahnreisenden einen sehr entspannten Kontrast bildeten.
Sie zogen an dünnen Zigaretten, bliesen ihre Rauchwolken in die Luft und handelten sich dafür Schimpfe vom Bahnpersonal ein. 

Ich hatte noch nie in meinem Leben geraucht. Mein Vater hatte mich immer ermahnt, wie ungesund das Rauchen sei und wie viele Menschen dadurch jährlich ums Leben kamen. Diese Fakten hielten ihn allerdings nicht davon ab seine Zigarren zu rauchen. 

Bei der Erinnerung daran, hatte ich sofort den Geruch seiner Zigarren in der Nase. Ob er den Brief bereits gefunden hatte? Oder ob mein Verschwinden bisher nicht aufgefallen war? 

Ich wusste, dass ich meinem Vater das Herz brach, aber ich hoffte er würde mich verstehen und es war ja schließlich nicht für lange. 

Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf die Abfahrts-/Ankunftsanzeigen. Obwohl ich die Menschen noch stundenlang hätte weiter beobachten können.
Es war jetzt mittlerweile halb 2 und auf der Anzeige wurde die Ankunftszeit für meinen Zug als ,,sofort" angezeigt.

Tatsächlich, der Zug kam pünktlich auf die Minute. 

Ich drängelte mich zusammen mit ein paar Geschäftsleuten in das hintere Abteil der Bahn und schaffte es gerade noch, einen Sitzplatz zu ergattern. 

Ich sah aus dem Fenster, an dem die Landschaft, wie ein nie enden wollender Strom, vorbei rauschte. Ich malte mir aus, was mich wohl in Tokio erwarten würde.

Ich hatte mir bei einer Privatperson ein Zimmer gemietet. Hotels waren zu gewagt, dort würden mich die Yakuza als Erstes vermuten. 

Mein Plan war es, mich unter der Woche mit ein paar Schülern zusammenzusetzen und ihnen Nachhilfe in Mathe zu geben. So würde ich auch gleich Kontakte knüpfen können. 

Ins Nachtleben würde ich mich, allerdings erst zum Ende des Monats stürzen, da die meisten Clubs von Yakuza betrieben wurden und ich ihnen nicht direkt am Anfang meines Aufenthalts in die Hände fallen wollte.

 ,,Tokio Hauptbahnhof. Ausstieg links.", ertönte eine Frauenstimme, durch die eingebauten Lautsprecher im Zug.

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