Vier: Mila
Montag 09.02.2019 11:05 Uhr
Mila Fossile
Wieder einmal wurde an diesem Montagmorgen die Pause im Fuchsbach-Gymnasium durch das Klingeln eingeleitet. Mila packte so schnell wie möglich ihre Stifte zusammen, nahm ihren Ranzen und verließ die Klasse. Sie war wie immer eine der Ersten.
Milas Blick war noch immer etwas müde. Ihre Augen fielen ihr immer wieder zu und sie gähnte laut, während sie durch die Gänge der Schule lief. Nachdem ihre Mutter sie gestern beim Hausaufgaben machen besucht hatte, musste sie noch einiges erledigen, doch auch danach konnte Mila schlecht einschlafen. Die Gedanken an den bevorstehenden Hack waren so schwer und vielfältig in ihrem Kopf herumgeschwirrt, dass sie kein Auge zutun konnte. Es war eine Mischung aus Vorfreude, falls alles glatt gehen sollte, Trauer und Angst, wenn etwas schief gehen sollte und verschiedenen Algorithmen und Zahlenreihen, die sie plante, beim Hack einzubauen, gewesen.
Auch jetzt, als Mila auf dem Weg zu ihrem Schließfach war, schossen ihr eine Vielzahl von Zahlenkombinationen und vereinzelten Wörtern durch den Kopf.
Sie merkte gar nicht, dass Isabella vor ihrem Schließfach auf sie wartete. Statt vorher anzuhalten, lief sie direkt gegen ihre beste Freundin.
„Hey, was soll das denn", beschwerte sich Isa.
„Tut mir leid. Ich habe dich gar nicht gesehen."
Isabella lachte. „Das habe ich gemerkt. Woran hast du denn gedacht, dass du dafür die ganze Welt ausgeblendet hast?"
„Nichts Wichtiges." Eigentlich steht mein Leben auf dem Spiel.
„Der Ball?" Schlussfolgerte Isabella von selbst. Fast war es traurig, dass Milas beste Freundin dachte, sie würde sich nur für diese oberflächliche Veranstaltung interessieren.
„Nein, ... es geht um ... etwas anderes."
Isabella grinste. „Verstehe. Du denkst an einen Jungen."
Mila war kurz davor ein Schnauben auszustoßen, doch dann hielt sie inne. Isabellas Vermutung war nicht falsch, es gab einen Jungen. Dieser war zwar gerade nicht Teil ihrer Gedanken, doch es war nicht abwegig, dass sie auch an ihn dachte.
Isabella von Alex zu erzählen war definitiv ungefährlicher, als ihr von dem Bank-Hack zu berichten.
Aber eigentlich wollte sie auch dies nicht mit ihrer besten Freundin teilen. Es war dumm, sich in einen der beliebtesten Jungen an der Schule zu verlieben. Alex hatte nicht einmal mit ihr geredet, geschweige denn, sie angesehen. Doch wenn sie an ihn dachte, kribbelte es in ihrem Magen und sie musste lächeln. Er war wunderschön, intelligent und kein typischer Bad-Boy, obwohl er so beliebt war. Die Beziehung zu Zoe war er aus Liebe eingegangen, soweit Mila es beurteilen konnte. Zoe hatte oft so gewirkt, als meinte sie es nicht ernst, hatte ihn morgens nicht richtig begrüßt, oder war kleinen Küssen ausgewichen. Aber Alex hatte immer gewirkt, als wäre er sich sicher.
Sie konnte Isabella nicht von ihm erzählen. Er war zu perfekt, um ihn zu teilen. Außerdem konnte Bella ihr nicht helfen. Sie war keine dieser Freundinnen, die für sie heimliche Treffen arrangierte, oder zu Alex ging und auf sich aufmerksam machte. Isabella würde es einfach so hinnehmen und mit ihr zusammen Trübsal blasen.
Also antwortete sie: „Nein, es geht nicht um einen Jungen. Um ehrlich zu sein, habe ich nur über heute Nachmittag nachgedacht. Ich habe die meisten meiner Hausaufgaben schon fertig und deshalb könnten wir, wenn die neunte Stunde vorbei ist, nochmal was zusammen machen. Wollen wir uns erneut die Frisuren vornehmen?"
Isabella überlegte, dann nickte sie jedoch. „Okay. Willst du wieder zu mir kommen? Meine Mutter hat letztens ein Glätteisen bestellt, das müsste angekommen sein. Du wolltest dir doch die Haare glätten."
Während Mila ihre Freundin dazu zwang einen Dutt zu tragen, wollte Mila selbst ihre Haare lang und glatt aussehen lassen. Normalerweise waren sie schulterlang und seit einiger Zeit Silber gefärbt. Ihre Naturlocken mochte sie eigentlich, doch am Tag das Balls wollte sie etwas Neues ausprobieren.
„Das ist super. Dann komme ich zu dir." Isabella lächelte leicht. „Was haben wir in der letzten Stunde? Haben wir zusammen Unterricht, oder müssen wir uns irgendwo treffen?"
Mila überlegte. „Englisch. Also bist du bei mir."
„Oh nein, stimmt." Isabella war kein Fan von Sprachen. Sie hatte Französisch abgegeben, sobald es möglich war, aber nun musste sie sich mit Englisch durch das Abi quälen.
Es war nicht so, dass sie die Sprache hasste. Englisch klang eigentlich sehr schön. Das Problem war nur, dass Isabella es nicht betonen konnte. Jedes Wort, was aus ihrem Mund kam, klang falsch. Selbst ein okay, oder ein hey klangen sehr deutsch und waren für die Mitschüler schlecht verständlich. Deshalb vermied es Isabella im Englischunterricht ihren Mund aufzumachen.
Dies tat sie zwar in den anderen Fächern auch nicht wirklich oft, aber nur in Englisch standen für ihre mündliche Leistung null Punkte im Kursbuch. Zum Glück war sie schriftlich etwas besser, sodass sie nicht sitzen blieb.
Mila lächelte, bei Isabellas Aussage. Sie fand Englisch einfach spitze. Nicht nur beim Hacken, sondern auch wenn sie sich Filme oder Serien ansah, verwendete sie nur Englisch. Französisch hingegen war auch nicht ihr Fall und dass, obwohl sie Halbfranzösin war. Sie hatte es aber behalten, um im Gegenzug zwei Naturwissenschaften abwählen zu können.
„Du wirst die Englisch-Stunde schon überleben", munterte Mila Isabella auf. „Immerhin kannst du danach Zeit mit mir verbringen."
„Ehrlich gesagt zieht das die Stunde nur noch mehr in die Länge. Wenn ich nur daran denke, dass ich danach den Rest des Tages von der Schule befreit bin, fangen die Sekunden an, sich wie Stunden anzufühlen."
Mila lachte. „Kleine Dramaqueen."
„Ey, so schlimm bin ich jetzt auch nicht."
„Naja, wenn du weiterhin solche Dinge von dir gibst wird das wohl dein neuer Spitzname."
„Bitte nicht!" Isabella tat schockiert, doch fing dann an zu kichern. „Unter all diesen Menschen an dieser Schule bin ich wohl diejenige, die am wenigsten eine Dramaqueen ist. Du solltest mal Sophia fragen, ob sie mir wirklich freiwillig diesen Titel abgeben möchte."
„Das kannst du vergessen. Bevor ich mit diesem Menschen nur ein Wort wechsle, werde ich mich lieber von einer Brücke stürzen."
„Sag doch sowas nicht. Ich bin sicher, irgendwo in ihr, steckt ein Herz."
„Natürlich hat sie ein Herz, jeder Mensch hat eins. Aber ich wette in ihrem sind sich nur Klamotten, Schuhe, Schminke und ihr Ruf als Schulkönigin. Keine Gefühle oder Emotionen für ihre Freunde, Familie oder Moritz." Isabella hatte jetzt keine Lust, Mila zu erklären, dass Moritz und Sophia nicht mehr zusammen waren. Eigentlich sollte es Mila schon gehört haben, immerhin wusste schon die gesamte Schule davon.
Deswegen antwortete sie stattdessen: „Du hast wahrscheinlich recht. In ihrem Herz befinden sich nur Schuhe."
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