Sieben: Mila
Dienstag 10.02.2019 18:41 Uhr
Mila Fossile
Auch Mila erfuhr noch an diesem Tag von Jackys Blog.
Natürlich dachte sie, dass es sich dabei um Isabellas Werk handeln würde.
Sie war ein bisschen enttäuscht, dass ihre beste Freundin sie nicht selbst darauf hingewiesen hatte, sondern sie jetzt durch Zufall davon erfuhr.
Neben Isabella hatte Mila nämlich noch ein paar andere Freunde, die ihr auf WhatsApp geschrieben, und sie auf den neuen Blog hingewiesen hatten.
Nun saß sie in ihrem Zimmer, einen der unzähligen Laptops auf dem Schoß und tippte den Namen des Blogs auf Google ein.
Mila klickte die erste Seite an, die ihr vorgeschlagen wurde.
Sie wusste nicht, ob sie Isabella loben, oder sie tadeln sollte.
An sich war die Seite gut aufgebaut. Oben prangte der Banner, in der Ecke befand sich ein Logo. Neben den einzelnen Einträgen konnte man beobachten, wie viele Aufrufe und Likes die Seite schon hatte und wie viele Menschen gerade online waren. Neben Mila waren es zwanzig andere, was schon relativ viel war für einen Blog, denn es erst einen Tag gab.
Der erste Eindruck war also super, doch Mila erkannte schnell, dass sich die Seite super einfach hacken ließ.
Isabella hatte eine E-Mail-Adresse hinterlegt, die sie anscheinend extra für den Blog angelegt hatte und die deshalb auch den gleichen Namen trug.
Doch Mila merkte, dass sie in ein paar Schritten eine zweite E-Mail-Adresse herausfinden konnte, mit der der Computer angemeldet war, auf dem der Blog erstellt wurde.
G-Mail konnte sich gleichzeitig beide Passwörter merken und man konnte schnell zwischen den beiden Adressen hin und her wechseln. Das war zwar für Isabella sehr praktisch, aber leider für andere schnell hackbar.
Mila hoffte, dass es keinen weiteren Hacker an der Schule gab, denn sie konnte Isabella auch nicht darauf hinweisen, ohne von ihr als Mitwissende entdeckt zu werden. Denn woher sollte Mila dieses Wissen haben, wenn sie nicht selbst hackte?
Sie schüttelte den Gedanken beiseite und wollte sich eigentlich auf die Einträge des Blogs konzentrieren, als sie mit Schrecken feststellen musste, dass es auch bereits einen Eintrag über den Hack gab.
Geld verschwindet doch nicht einfach, oder?
Gestern Nacht passierte etwas Großes in unserer kleinen Stadt. Das Banknetzwerk wurde gehackt und eine große Summe verschwand von einem Konto. Die Polizei ist sich sicher, dass das Geld nicht einfach weg ist, sondern es auf ein anderes Konto übertragen wurde. Doch welches es ist, konnten sie noch nicht herausfinden.
Das entleerte Konto gehört einer Firma, welche sich in unserem Ort um die Verkabelung und die Anschließung elektronischer Geräte für ältere Leute kümmert. Dass sie nun quasi vor dem Bankrott stehen gefällt keinem.
Nun stellt sich die Frage, was das alles mit unserer Schule zu tun hat.
Ich kann es euch sagen:
Im Moment wird angenommen, dass jemand aus unserer Schule diesen Hack begangen hat. Einer unserer MitschülerInnen ist wohl über Nacht um ein paar Euro reicher geworden.
Irgendwelche Hinweise? Dann sendet sie an die angegebene E-Mail-Adresse.
Bis bald!
-unknown user-
Mila schluckte. Das war nicht gut. Ganz und gar nicht gut.
Gefühle kamen hoch, die Mila bis jetzt hatte verbergen können. Gefühle, welche ihr die Tränen in die Augen steigen ließen. Gefühle, welche sie den Laptop wegstoßen ließen und Gefühle, durch die sie sich ganz klein in ihrem Bett zusammenrollte.
Es würde sicher nicht mehr lange dauern, dann hätte man sie entdeckt. Sie würde im Gefängnis landen.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
„Mila, alles ok bei dir?" Mist, anscheinend hatte ihre Mutter sie weinen gehört.
Und Mila hatte vergessen die Tür abzuschließen. Ihre Mutter würde doch jetzt nicht ...
Die Tür ging auf und Milas Mutter blickte ihre Tochter mit einem gleichzeitig verwirrten, aber auch ganz weichen Blick an.
„Was ist denn los Schatz?", fragte sie mit einer Stimme voller Sorgen.
Mila hatte zum Glück den Laptop zugeklappt, bevor ihre Mutter reingekommen war. Denn diese setzte sich jetzt zu ihr auf das Bett und strich ihr sanft über den Kopf.
Mila konnte einfach nicht anders. Sie musste sich für kurze Zeit in den Armen ihrer Mutter fallen lassen.
„Alles in Ordnung", sagte sie, und dabei flossen wieder Tränen.
Ihre Mutter lachte kurz auf. Es war auf keinen Fall böse gemeint, dass wusste Mila. Aber natürlich glaubte ihre Mutter ihr nicht. Wer könnte das auch? „Das glaube ich dir sicher nicht."
Mila schluchzte nur weiter.
„Aber Schatz, wenn du es mir nicht erzählen möchtest, ist das in Ordnung. Dann halte ich dich einfach", versprach ihre Mutter.
„Ja?"
„Natürlich."
Daraufhin zog Mila ihre Mutter nur noch enger an sich heran. Sie brauchte gerade ihre Nähe und die Geborgenheit, die sie in den Armen ihrer Mutter verspürte.
Plötzlich war sie wieder klein. Klein und unschuldig.
Lange Zeit verweilten die beiden so, bis Mila sich irgendwann wieder gesammelt hatte, sich die Tränen abwischte, und ihre Mutter ansah.
„Danke", flüsterte sie.
Nochmals streichelte ihre Mutter über ihren Kopf. „Du rufst mich, wenn du mich nochmal brauchst?"
„Ja."
„Ok. Dann werde ich jetzt mal nach unten gehen und uns etwas zu Abend kochen. Dein Vater kommt auch gleich heim."
„Ja", wiederholte Mila einsilbig. Zu mehr war sie noch nicht im Stande.
Ihre Mutter war keine zwei Minuten weg, da zog Mila wieder ihren Laptop hervor. Auch wenn sie und ihre Mutter nicht miteinander geredet hatten, war Mila wieder gestärkt aus der Situation hervorgegangen. Sie hatte sich nämlich selbst Mut zugesprochen. Sie hatte erkannt, dass es nun zu spät war, sich Vorwürfe zu machen. Der Hack war passiert und sollte sie dafür ins Gefängnis gehen, könnte sie vorher wenigstens ihr Leben genießen.
Mila wollte den Blog nochmal öffnen, und sich mit den anderen Posts beschäftigen. Mehr über ihre Mitschüler erfahren und Isabella supporten. Dann war der Situation wenigstens etwas Gutes abzugewinnen.
Sie klickte auf den Link der E-Mail-Adresse, um Isabella eine Willkommens-Mail zu schicken, doch da sah sie, dass sie selbst eine neue E-Mail erhalten hatte.
Der Absender war natürlich ihr Auftragsgeber. Mila schluckte. Was wollte er denn jetzt schon wieder?
Dann fiel ihr ein, dass er ihr Geld überweisen wollte. Also checkte Mila ihre Bankverbindung und tatsächlich waren vor ein paar Minuten 5.000 € überwiesen worden.
Es fühlte sich merkwürdig an, plötzlich über so viel Geld zu verfügen. Es führte viel zu schnell dazu, dass Mila vergaß, was sie eben durchgemacht hatte.
Ihre Sorgen waren wie weggewischt, stattdessen stand ihr ein Grinsen auf dem Gesicht. Von wegen Geld machte nicht glücklich.
Mit neuem Selbstvertrauen konnte sie die E-Mail öffnen.
Vielen Dank für deine Arbeit Mila Fossile.
Dein Geld müsste nun eingetroffen sein.
Liebe Grüße
-das wüsstest du wohl gerne-
Sie schrieb schnell zurück.
Ja, ich habe es erhalten.
Vielen Dank
„Mila, es gibt Essen!", rief ihre Mutter.
Mila legte den Laptop beiseite und machte sich auf den Weg nach unten.
Gleich musste sie ihrer Mutter irgendwie erklären, wie es zu ihrem schnellen Stimmungswandel gekommen war.
Aber das war ein vergleichsweise kleines und schnell gelöstes Problem.
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