Sieben: Isabella

Dienstag 10.02.2019    16:11 Uhr

Isabella Goldbaum


Jacky genoss den leichten Wind, der um ihre knallrote Perücke herum wehte. Es waren nun schon wieder fast zwei Tage vergangen, seit sie zuletzt den Körper in der Öffentlichkeit übernehmen durfte.

Jacky freute sich auf den Platz zurückzukehren. Sie freute sich auf den Trainer und auf ihr Team.

Mit etwas Glück würde Sophia heute nicht erscheinen und ihre Laune somit ganz oben bleiben.

Hast du kein schlechtes Gewissen wegen des Blogs?, fragte Isabella sie. Ich bin sicher, es haben ihn schon ein paar Leute entdeckt. Ich glaube, ich habe in der Schule auch schon ein paar Mädchen über ihn sprechen gehört.

Jacky grinste. Super. Dann wird sich das bald rumgesprochen haben. Je mehr Leser ich bekomme, desto besser.

Warum? So kann es schneller passieren, dass dein Experiment scheitert. Wie war nochmal die Vereinbarung?

Jacky seufzte. Bei einem zu großen Hype muss ich abbrechen – ich weiß.

Kurz herrschte Stille zwischen den beiden, bevor Isabella das Wort ergriff. Da du gleich beim Platz angekommen bist, werde ich mich hier mal von dir verabschieden. Wir sehen uns dann nach dem Training.

Ja, bis nachher. Und so verschwand Isabella erst einmal im Unterbewusstsein.

Jacky straffte die Schulter und setzte ein unbeschwertes Lächeln auf.

Heute war ihr Tag, sie fühlte es einfach. Sie würde heute mit ihrem Team ein ernstes Wörtchen reden müssen, aber danach konnte das Team in kleinen Duellen, immer fünf gegen fünf, ihr eigentliches Können unter Beweis stellen.

Normalerweise entschied sich Jacky nach einer Niederlage immer für eine lange Taktikbesprechung, aber nachdem sie nun schon ihren Kapitän ausgetauscht hatte, war es vielleicht auch an der Zeit ein paar alte Gewohnheiten auszutauschen.

Am Eingang des Fußballplatzes wurde sie bereits von ein paar Jungs begrüßt, die sich dann aber sofort in Richtung Umkleide aufmachten.

Am Spielfeldrand sah Jacky ein paar Mädchen und Jungs, die zum Zugucken gekommen waren. Auch sie wurden mit einem Kopfnicken begrüßt.

Eigentlich wollte Jacky aber den Trainer sprechen, weshalb sie sich nun nach ihm umsah. Sie entdeckte ihn mit zwei weiteren Spielern am Vereinshaus. Winkend lief sie auf ihn zu.

Ihre gute Laune verflog schlagartig, als sie den Gesichtsausdruck des Trainers wahrnahm.

„Was ist los?"
„Tim kommt nicht. Er liegt mit Fieber im Bett. Hoffentlich ist es nichts ernstes."

Oh nein! Nein, nein, nein! Das konnte nicht wahr sein!
Jacky hatte sich so sehr auf diesen Tag gefreut und jetzt wurde ihr mitgeteilt, dass ihr neuer Star krank war?
Das Leben war einfach nicht fair!

„Denkst du, er ist bis Sonntag wieder fit?" Am Sonntag fand ihr nächstes Spiel statt. Jacky hatte die Aufstellung schon bis ins kleinste Detail durchgeplant.

„Er konnte mir leider noch nichts versprechen. Aber bist du sicher, dass wir ihn nochmal als Kapitän einsetzen sollten?" Der Trainer sah sie fragend an.

Jacky schluckte. „Natürlich bin ich sicher. Er hat doch super gespielt!"
„Aber wir haben verloren!"

„Das lag aber sicher nicht an Tim!" Sie war etwas lauter geworden, während sie sprach. Jackys gute Laune war dahin.

Der Trainer hob beschwichtigend die Hände. „Wir sollten nochmal in Ruhe darüber reden Jacky. Aber nicht jetzt. Du hast mir geschrieben, du willst auch im Training etwas Neues ausprobieren? Also bitte, der Tag gehört dir!"

„Vielen Dank." Jacky versuchte sich wieder zu sammeln, als sie mit schnellen Schritten am Trainer vorbei in die Mädchenumkleide ging.

Wenig später kam sie in Sportkleidung wieder heraus und musste feststellen, dass sich außer ihr noch keiner wieder auf dem Platz befand. Der Trainer war verschwunden und außer den Zuschauern war der Fußballplatz wie leergefegt.

Schulterzuckend stellte Jacky ihre Wasserflasche auf den Sammelplatz ab und fing dann an, ein paar Dehnübungen zu machen.

Wie immer stellte sie sich – ganz unauffällig – in die Nähe der zuschauenden Mitschüler, um deren Gespräche zu belauschen.

Ein Mädchen unterhielt sich gerade mit einem Jungen über ihre unfähige Physiklehrerin.

Jacky merkte, dass sie im gleichen Kurs war wie das Mädchen und verspannte sich kurz. Bis jetzt hatte sie noch nie jemand in ihrem Kostüm erkannt, aber sie musste auch nicht provozieren, dass der Fall irgendwann eintraf.

Nach einem kurzen, belanglosen Gespräch über die Physiklehrerin fing der Junge an, plötzlich das Thema zu wechseln.

„Hast du schon von diesem neuen Blog gehört?", fragte er das Mädchen. Jacky spitzte die Ohren. Meinte er etwa ihren Blog?

„Nein, was meinst du?"

„Ich schicke dir mal den Link. Die Seite ist absolut genial. Es gibt so viele Einträge über Geheimnisse unserer Mitschüler. Der Neuste geht über Zoe Valard. Du weißt schon, diese neue Schülerin aus Sophia Blackwolfs Clique."
„Und was steht da über sie?"

„Sie soll angeblich erst ihren Freund betrogen und dann noch einen One-Night-Stand mit einem anderen Jungen gehabt haben. Richtig krass!"

„Das klingt wirklich spannend. Ich sehe mir die Seite auf jeden Fall mal an! Hoffentlich wird da nie was über mich auftauchen!"

„Also bis jetzt steht da noch nichts. Über mich zum Glück auch nicht."

Das Mädchen lachte. „Aber lange kann es nicht mehr dauern, bis der Blog über dich berichtet. So viele dumme Ideen, wie du immer hast ... Ich gebe dir eine Woche."

„Also gut, die Wette gilt."

Jacky lauschte noch eine Weile dem Gespräch und konnte ihr Lächeln nicht aus ihrem Gesicht waschen. Es lief einfach zu gut für sie! Die beiden begannen, den Link ihres Blogs an andere Personen zu senden, mit der Bitte, sich das sofort anzuschauen.

Doch irgendwann hielt sie inne.

Alexander Wolf kam auf die beiden zugelaufen, Jacky nahm er zwar nicht wahr, doch sie konnte spüren, dass seine Anwesenheit nichts Gutes bedeuten konnte.

„Hey Alex, was ist los?", begrüßte ihn der Junge.

„Habt ihr schon gehört?", fragte dieser. „Das Netzwerk der Zentralbank soll gehackt worden sein. Eine erhebliche Summe Geld ist verlorengegangen. Sie wurde auf einem Konto entfernt und ist einfach im Nichts verschwunden."

Das Mädchen schnappte nach Luft. „Krass. Aber du denkst doch nicht, dass es jemand aus der Schule war, oder?"

Alex lachte. „Die Welt ist groß, also ist die Chance, dass wir den Täter kennen, schon sehr gering. Aber es würde zu unserer Schule passen. Wenn wir eine Königin haben, wieso nicht auch einen Profihacker oder eine Profihackerin."

Das Mädchen lachte. „Stimmt. Vielleicht werden wir ja bald in unserem neuen Blog darüber lesen."
„Was für ein Blog?" Alexander setzte sich neben das Mädchen auf die Absperrstange.

Das war Jackys Stichwort. Schnell schloss sie die Dehnübungen ab und joggte dann zurück zur Umkleide.

Der Trainer, sowie der Großteil der Spieler kamen ihr entgegen und sahen sie fragend an. Jacky warf dem Trainer ein „Ich muss kurz auf die Toilette, fang schon mal ohne mich an" zurück.

In Wahrheit musste sich nicht auf die Toilette.

Sie musste schnell einen Post über den Hack veröffentlichen.

Wenn die utopische Vorstellung wirklich wahr sein sollte und der Hacker auf ihrer Schule war, würde sie ihn mithilfe des Blogs entlarven.

Sicher?, fragte Isabella wenig überzeugt.

Absolut sicher!


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Herzlich Willkommen in Kapitel sieben :)

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