Prolog
Unbarmherzig fiel der Regen auf den kleinen Friedhof am Waldrand nieder und durchtränkte meine Kleidung. Der Klang der Regentropfen auf ihrem steinernen Grab hallten so unglaublich laut in meinem Kopf, das ich meine eigenen Gedanken kaum hörte. Es schien, als würde selbst der Himmel trauern.
Bereits vor Stunden war die Zeremonie beendet worden, doch noch immer konnte ich mich nicht von dem Grab meiner Schwester trennen. Konnte einfach nicht greifen, dass ich sie nie wieder sehen würde. Ich fühlte mich taub und eisige Kälte zerfraß mein Herz. Wie hatten wir nur glauben können uns in diesen Fall einmischen. Ich sah zum zweiten Grab, das auf meinen Wunsch direkt neben ihrem gebettet lag. Richy... in ihrer beiden letzten Lebensstunden hatten sie es geschafft, beisammen zu sein. Ja, er hatte das Feuer in der Mine selbst gelegt. Doch wie hatte er wissen sollen, dass sie auf dem Weg zu ihm war? Das sie alles versuchen würde, ihm ihre große Liebe aus dieser Hölle zu retten. Die beiden hatten es nicht geschafft, das Feuer hatte sich einfach zu schnell ausgebreitet und die uralten Stützbalken zerfressen, die das lose Geröll zusammenhielten.
Auch wenn er die Ursache für alles zu sein schien, gab ich ihm keine Schuld, auch er hatte letztlich nur versucht, einer Freundin zu helfen. Auf seiner eigen verdrehten weise. Nichts von alle dem währe geschehen, wenn wir uns rausgehalten hätten. Wenn ER sich rausgehalten hätte! Ich war so dumm, so blind vor Liebe zu ihm gewesen. Hätte Jake sich nicht eingemischt, hätte es alles ein besseres Ende gefunden. Hätte er mich nicht immer weiter mit seinen Worten angetrieben ... wäre er nicht in jener Nacht ebenfalls da unten gewesen, wäre das FBI nicht aufgetaucht und hätten die Rettungsmaßnahmen behindert. Sie wäre vielleicht nie da unten gewesen oder die Feuerwehr hätte sie rechtzeitig erreicht.
Wäre Hannah nicht ein genauso feiges Stück gewesen wie ihr Bruder und hätte zugegeben, Jennifer überfahren zu haben. Es war alles Ihre schuld!
Und die anderen? Sie waren nicht besser. Lilly hatte eine echte Waffe mit ins Spiel gebracht, Dan hatte geschossen und Thomas hätte mit Vergnügen unser Leben gegen das von Hannah getauscht. Cleo war eigentlich zu nichts zu gebrauchen gewesen und Jessy, sind wir mal ehrlich, sie ist ein dummes Naivchen mit einem Bruderkomplex!
Jake... warum hast du mir mein Herz gestohlen, aber meine Schwester sterben lassen, um dich selbst in Sicherheit zu bringen! Das Einzige, was dich wirklich interessiert, ist dein eigener Arsch! Wütend ballte ich meine Fäuste. Ertrank meine Gefühle in dem Hass, der sich auf meine Brust legte.
Sie alle waren hier gewesen mit ihrer heuchlerischen Trauer. Waren geschockt, als sie erfahren hatten, dass es sich Mitstreiterin eigentlich um zwei Personen gehandelt hatte. Nicht einmal Jake, dem ach so großartigen Hacker, war das aufgefallen. Was hatten sie gedacht, dass ich rund um die Uhr erreichbar gewesen bin ohne schlaf? Ich hatte mir mit meiner Zwillingsschwester Sarah die Aufgaben geteilt, irgendwann hatten wir sogar abwechselnd geschlafen, um alles abdecken zu können. Und dann war Richy verschwunden und Sarah hatte ihre Koffer gepackt und war nach Duskwood geeilt, weil sie dem Mann, in den sie sich verliebt hatte, helfen wollte. Also hatten wir mir ein zweites Handy mit besorgt, das in Echtzeit sich mit ihrem Synchronisierte. Alles, was in dem Chatprogramm passierte, wurde uns beiden angezeigt. Zu ihrem Schutz habe ich das Handy mitgegeben, auf dem sich Nymos befand. Ich hatte gedacht, es würde wie ein Schutzengel über sie wachen. Aber Jake hatte sie im Stich gelassen und somit auch mich.
Nicht einmal zu ihrer Beerdigung war er aufgetaucht. Scheiß auf seine Sicherheit diese Ehre hätte er ihr erweisen müssen, er war schließlich hier gewesen... ist es wahrscheinlich immer noch. FEIGLING!
„Vicki ..." das war Jessys stimme hinter mir, die mich durch den Regen rief.
„Bitte, du musst aus dem Regen raus. Das Unwetter wird immer schlimmer!"
„Warum denn, ich finde es sehr passend, hier zu stehen ..." Ich machte mir nicht die Mühe, mich umzudrehen. Es hatte sowieso alles keinen Sinn mehr.
„Vicki, bitte, wir sind deine Freunde. Jake ist auch sehr besorgt. Er ist am Telefon und möchte mit dir sprechen!", dass Lilly es überhaupt wagte, sich eine Freundin zu nennen.
Ich lachte freudlos auf und drehte mich langsam zu ihnen um. Jetzt sah ich, dass die gesamte Gruppe sich hinter mir versammelt hatte. Schön geschützt von Regenschirmen. Lilly hielt ihr Telefon, ihn die Höhe und ich konnte wage Umrisse einer vermummten Gestalt auf dem Bildschirm erkennen.
„Verschwindet einfach!" Ich wollte mich wieder umdrehen, doch Hannah kam mit großen Schritten auf mich zu und wollte meinen Arm greife. Es war einfach zu viel. Ich schlug mit Schwung ihre Hand weg und sah sie feindselig an.
„Ich bin nicht eure Freundin. Eure Freundin liegt hier begraben, weil sie euch alle retten wollte. Ich bin nicht meine Schwester, die ihr alle einfach im Stich gelassen habt." Ich wurde immer lauter, so das mich jeder verstehen konnte. „Und Jake kann meinetwegen in dem Loch, in das er zurück gekrochen ist, verrecken! Er hatte die Chance, alle beide da rauszuholen. Er war da! Aber sein Arsch war ihm wie immer wichtiger!"
„Das meinst du doch nicht ernst ... ich dachte ..." wand Jessy ein. Ich wand mich ihr zu. „Was dachtest du? Das meine Liebe zu ihm mich so blind macht, dass ich mir ohne Weiteres meine Schwester nehmen lasse?" Niemand traute sich die Frage zu beantworten. Alle schauten betreten zu Boden. Langsam beruhigte sich mein Gemüt und entschleunigte meinen Puls. Es war nicht so, dass mein Zorn abklang, sondern eher, als befände ich mich mitten im Auge des Sturms, wo eine trügerische Stille herrschte. Ein falscher Schritt in alles würde über einem zusammenbrechen. Es war Zeit ...
Ein letztes Mal sah ich zu Ihrem Grab und setzte ein Lächeln auf, als ich erneut in ihre Gesichter blickte. „Ihr habt recht... Diese Worte waren nicht in Ordnung von mir. Verzeiht. Gebt... gebt mir einfach Zeit. Ich werde mich bei dir melden Jake."
Dann wand ich mich ab und verließ den Friedhof. Verließ meine einstigen Freunde.
Ich hatte einiges an Vorkehrungen zu treffen und in der Zeit bleib mein Handy aus. Exakt eine Woche nach der Beerdigung meiner Schwester saß ich nun hier an der Klippe des Grimrock Wasserfalls und Blicke auf das tosende Wasser zu meinen Füßen. Es war Zeit ... ich schaltete mein Handy an. Sofort kamen unzählige Nachrichten rein. Was verstanden die eigentlich nicht unter einem Zeit geben?
Ich ignorierte alles und rief Jake über Video-Call an. Es klingelte sehr lange und ich hatte schon das Gefühl, er würde nicht abnehmen, als das Bild sich änderte und eine verhüllte Gestalt zeigte. „Vicki ..."
„Oh kein stimmen Verzerrer Jacke? Wie komme ich zu der Ehre?"
„Bitte, ich kann verstehen, dass du wütend bist. Aber ich bin froh, dass du mir eine Chance gibts mit dir zu sprechen. Wo bist du?"
„Wütend nennst du das? Nein, Jake ich bin nicht wütend. Das wäre die falsche Bezeichnung. Ich habe jemanden verloren, der mir sehr viel bedeutet hat, und der Schmerz lässt sich nicht in so simple Worte fassen. Jake warum?"
„Ich... Ich habe die Lage da unten völlig falsch eingeschätzt Vicki. Als mir bewusstwurde, dass ihr zu zweit seid und Sie nicht du war... Ich dachte, sie wäre bereits draußen ... Ich war zu weit weg... Bitte verzeih mir!"
„Warum bist du nicht hier Jake?"
„Vicki, ich versuche gerade wirklich alles, um nach Duskwood zurückzukehren. Warte noch ein bisschen. Meine Verfolger denken, ich sei ebenfalls da unten gestorben. Wenn ich noch etwas ausharre, dann kann ich für dich da sein."
Wieder diese versprechen von ihm, die versuchen, mein Herz einzulullen. Doch diesmal funktioniert das nicht.
„Du Jake... das brauchst du nicht mehr." Ich lächelte vergnügt in die Kamera.
„Was... Vicki?" Seine Stimme klang beunruhigt.
„Vicki, wo bist du?" da war sie die Panik, die ich hören wollte.
„An dem Ort, wo alles geendet hat Jake. Weißt du ... ich wollte dir eigentlich nur Danke sagen... Dafür das du bis zum Ende meines Weges an meiner Seite bist. Und du sollst wissen, auch wenn meine Schwerster und ich, beide in diesem Chat geschrieben haben, war meine Liebe zu dir immer echt."
Ich fand, dass er das wissen sollte, es war wichtig für das, was als nächstes folgte... Er sollte leiden, wie ich gelitten habe. Für seine Feigheit, ihr nicht geholfen und uns überhaupt in alle reingezogen zu haben.
„Was... Vicki ich verstehe nicht... Moment was ist das führ ein Rauschen?" Das viel ihm erst jetzt auf? Ach, stimmt, mein Handy hat ja eine Geräuschunterdrückung.
„Du bist witzig, du weiß doch, was das ist. Du hast es schon einmal gehört, aber ich zeig es dir."
Vorsichtig stand ich auf und stellte mich an den Rand des Felsvorsprungs, auf dem ich eben noch gesessen hatte. Die Steine waren echt rutschig und ich musste achtsam sein, um nicht abzurutschen.
Dann stellte ich mich mit den Rücken an den Abgrund und hielt meine Kamera so weit von mir weg, das Jake sah, was sich hinter mir befand.
Ohne es zu bemerken, ließ er jede Vorsicht fallen und ich sah ihm zum ersten Mal vollständig. Der Schock in seinen Augen war kaum zu übersehen.
„NEIN! VICKI! Bitte geh da weg! Wir finden für alles eine Lösung!"
Ich schüttelte den Kopf „Nein Jake, mein Weg ist zu Ende. Ich hätte in der Mine sein müssen... mich hättest du gerettet ..."
„Keiner von euch beiden hätte dort sein dürfen... Vicki bitte ich liebe dich! Tu mir das nicht an!" Seine Stimme klang heißer und tränen liefen über sein Gesicht.
„Du sollst wissen, dass du mich glücklich gemacht hast in der kurzen Zeit, die wir hatten. Aber ich kann damit so nicht weiterleben."
„NEIN! Gib mir ein paar Stunden und ich bin bei dir! " Die Verzweiflung steht dir Jake, dachte ich, doch ich ließ mir nichts anmerken.
„Leb wohl liebe meines Lebens!"
Dann schloss ich die Augen und trat weiter nach hinten, ignorierte all seine Worte und ließ mich fallen.
Es war Zeit, dass das Leid, das sie verursacht hatten, zu ihnen zu bringen ...
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