Flucht

Mit angehaltenem Atmen presste ich mich mit Hannah in den winzigen Vorratsschrank, während schwere Schritte an uns vorbei stapften. Mitten in der Küche kamen sie zum Stillstand.

Geh weiter, bitte geh weiter.
Betete ich.

Mit einer Hand hielt ich krampfhaft das Brecheisen umklammert mit der Anderen hielt ich Hannah den Mund zu. Würde ich sie hier zurücklassen, wäre es ein leichtes für mich zu entkommen aber das Stand hier nicht zur Debatte. Ich könnte es mir selbst nie verzeihen.

Endlich ging Er weiter und ich wagte einen Blick durch den schmalen Spalt in der Schranktür. Die Luft schien rein. Ohne Zeit zu verlieren öffnete ich die Tür und zog Hannah so leise wie möglich mit mir. Zu meinem Glück war sie so paralysiert das sie ohne widerstand alles mit sich machen ließ.

Ausgang, wir brauchten einen Ausgang. Systematisch drückte ich gegen sämtlich Fenster. Prüfte alle Möglichkeiten.

Nichts!

Geräusche aus dem Keller ließen mich panisch aufhorchen. Scheiße er kam zurück. In unser Versteck kam ich nun nicht zurück. Die Bretter aufbrechen würde ihn sofort verraten, wo wir waren. Jetzt war er in der Küche. Ich hörte wie schränke aufgerissen worden und Sachen zerschmettert wurden. Hektisch sah ich mich um und lief ins Wohnzimmer. Suchte ein Versteck. In einer Ecke bemerkte ich plötzlich, dass es ungewöhnlich kalt war und es zog wie Hechtsuppe.

Eilig stürzte ich auf den alten Schrank zu und zog an ihm. Langsam bewegte er sich stück für Stück zur Seite. Und Tatsache, da war ein loch in der Wand! Gerade groß genug das sich eine einzelne Person durchzwängen konnte. Plötzlich wurde es toten still im Haus.

Fuck!

Eilig zwang ich Hannah in die Knie und schob Sie durch die Öffnung. Das ging viel zu langsam. Sorry Hannah dachte ich mir und gab ihr von Hinten eine kräftigen schubs so dass sie unsanft im Freien landete. Schnell kletterte ich ihr hinterher, doch weit kam ich nicht.

Eine Hand umfasste meinen Knöchel und riss mich zurück. Ohne nachzudenken trat ich mit meinem freien Fuß zu, traf meinen Angreifer mitten ins Gesicht. Er ließ mich knurrend los und ich sprang auf die Füße, setze nach und schlug mit dem Eisen zu. Benommen taumelte er Rückwärts und ich trat noch einmal zu. Als er zu Boden ging ergriff ich die Flucht und zwängte mich in die Freiheit.

Doch er ließ uns keine Zeit zum Verschnaufen. Noch während ich Hannah auflas erklang ein markerschütterndes Brüllen hinter mir.

„Lauf!“ Brüllte ich Sie an und rannte mit ihr an der Hand los.

Wir kamen nicht weit. Hannah stürzte und bleib einfach liegen. All meine Versuche sie wieder hochzuziehen schlugen fehl.

„Scheiße jetzt lass mich nicht im Stich!“ brüllte ich sie an, doch es brachte nichts.

Dann bleib mir nur der Kampf. Mit klopfendem Herzen stellte ich mich schützend vor Hannah. Meine Hände waren fest um das Eisen geschlossen.

Laut rief ich „Warum? Warum tust du das? Hat sie nicht genug gelitten? Sieh sie dir an! Sie dir mich an! Willst du noch mehr Opfer auf dem Gewissen haben Richy?“

Ein höhnisches Lachen dran zwischen den Bäumen durch. „Ich gratuliere dir Alice. Wie lange weißt du es schon? Ach, es ist auch egal. Es war meine eigene Schuld ich habe dich und deinen Freak unterschätzt. Doch ihr beide, seit skrupelloser als ich es gedacht hatte. Jede meiner Drohungen habt ihr ignoriert. Und ihr wärt auch damit durchgekommen, wenn du nicht hier her gefahren wärst. Das war der Jackpot. Wenn ich dich loswerde kann auch der Freak nichts mehr ausrichten.“ Mit einem ruck riss er sich die Maske von Kopf und grinste mich Böse an. Mit langsamen Schritten kam er näher.

„Aber warum das alles Richy? Was hat Hannah und Amy dir getan?“

„HAHA! Was diese beiden Miststücke mir angetan haben? Einfach alles! Weißt du die anderen stellen Hannah immer als Heilige da, doch sie ist eine durchtriebene Bitch! Schon als Kind hat sie mich Drangsaliert. Und Amy? Die ist ihr hinterhergedackelt wie ein Schatten. Vor Cleo waren die Beiden beste Freunde.

Immer trieben sie Ihre Spielchen mit anderen. Ich habe dir von meiner Mutprobe erzählt erinnerst du dich? Die beiden waren dabei federführend.

Sie liebten es mich und andere zu schikanieren und ihnen Angst einzujagen.

Und eines Tages trieben sie es zu Weit. Sie lockten Jennifer in den Wald, zum alten Sägewerk. Dort liefen sie dann weg und versteckten sich. Jennifer die sich nicht auskannte suchte verzweifelt nach Ihnen. Dann geschah das Unglück und einige schlecht gesicherte Baumstämme lösten sich aus einem Stapel und erfassten Jennifer. Mit einer unvorstellbaren Wucht wurde sie überrollt. Doch sie war noch am Leben!

Aber was taten die Beiden, anstatt zu helfen? Sie zerrten sie tiefer in den Wald und ließen sie zurück! Jennifer musste an diesem Tag allein im Wald sterben! Ich habe alles mit angesehen! Habe versucht ihnen zu folgen doch zwecklos ich verlor sie im Wald. Und deswegen haben die Beiden das gleiche Schicksal verdient! Aber du musstest dich ja einmischen und die Anderen anstacheln!“

Traurigkeit erfasste mich als ich seinen Worten lauschte. Es muss schlimm gewesen sein so etwas mit ansehen zu müssen. Doch Rache war keine Lösung. Das war es nie. „Richy, das muss schlimm für dich gewesen sein, aber warum bist du damals nicht zur Polizei, zu deinen Eltern? Irgendjemanden der dir helfen konnte?“

Wieder lachte er irre. „Man merkt sofort das du nicht aus Duskwood bist. Natürlich bin ich sofort zu meinen Eltern! Und die sind zu Hannahs Eltern. Aber sie haben mir nicht geglaubt! Ihre Hannah tat so etwas nicht. Und als schließlich die Leiche gefunden wurde hat man mir befohlen zu schweigen! Hannah und Amy durften zwar nie wieder miteinander sprechen, aber das war es. Es wurde einfach unter den Teppich gekehrt und nie wieder darüber gesprochen.

Meine Eltern haben noch versucht dagegen zu wirken. Und was hatten sie davon? Die Leute mieden fortan die Werkstatt und meine Mutter wurde ignoriert von allen. Sie haben sie in den Wahnsinn getrieben nur damit sie schwieg!“

Welch grausame Art mit so einer Tragödie umzugehen. Man könnte jetzt meinen das dies sehr weit hergeholt sei, doch es passte einfach zusammen. Laut Bericht wies Jennifers Leiche spuren eines Zusammenstoßes mit einem Auto auf. Doch die Wucht von rollenden oder fallenden Baumstämmen würde ausreichen, um ähnliche Verletzungen hervorzurufen. Vor allem dann, wenn man gar nicht bestrebt gewesen war den tatsächlichen Hergang zu ermitteln.

„Ich kann deine Wut und Trauer nachvollziehen Richy, doch bitte lass es hier so nicht enden. Was Hannah gemacht hat ist furchtbar, doch sie war doch selbst noch ein Kind. Sie wusste es einfach nicht besser. Weißt du Hannah hat unter dem Vorfall ebenfalls gelitten. Sie hatte unermessliche Schuldgefühle und Depressionen. Sie hat seit dem Tag gelitten, Richy!“

Für einen Moment hielt er inne und wiegte seinen Kopf hin und her. Doch die kleine Hoffnung, die ich hegte, wischte er schnell wieder fort als er mich Böse anfunkelte.

„Hör sofort auf mit dem scheiß! Ich weiß ganz genau was du hier gerade versuchst Du willst mich wie alle Anderen einlullen mit deinem „Ich versteh dich“ Scheiß!

Nicht mit mir!

Ihr zwei werdet jetzt hier Sterben und ich kann endlich anfangen zu leben! Frieden wird wieder einkehren und alle sind glücklich! Ich werde einfach so tun als wäre ich als einziger entkommen, weil du durchgedreht bist.
Du bist nicht aus Duskwood also wird man mir das Glauben!“

„Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Jake wird die Wahrheit herausfinden und dich aufhalten!“ rief ich

„Das ich nicht lache! Wie soll er es herausfinden, wenn er im Knast sitzt. Glaubst du ich weiß nicht was ihr in im Motel getrieben habt? Ein Anruf genügt und dein Freak sitzt den Rest seine Lebens hinter Gittern!“

Noch ehe ich ein weiteres Wort sagen konnte zog er eine Pistole hervor. Das war es dann wohl. Hier würde alles enden und niemand würde je erfahren was Passiert war.

„So und jetzt lass das die Brechstange fallen! Na los, wird’s bald?“ Ruhig tat ich was er sagte. Jede falsche Bewegung konnte meine Letzte sein.
„Braves Mädchen und jetzt Knie dich hin und leg deine Hände auf den Kopf!“ Auch das tat ich.

Mit festem Blick beobachtete ich wie er auf mich zuging und direkt vor mir stehen bleib. Den Lauf presste er auf meine Stirn.

Ich schloss die Augen und dachte an Jake. Rief mir sein Gesicht ins Gedächtnis um frieden zu finden. Ein Ratschen verriet mir das Richy nun die Waffe entsichert hatte. 0

Jake, ich hoffe du findest dein Glück auch ohne mich.

Bitte verzeih mir.

„Richy nein tu es nicht!“ der schrille Ruf riss mich zurück in die Wirklichkeit.

Das war eindeutig Jessys Stimme, aber wie kam sie hierher. Ich öffnete die Auge, traute mich aber nicht mich umzusehen. Aber ich hörte das mehrere Personen auf uns zuliefen.

„Nein, nein, nein! Was tut ihr hier! Ihr ruiniert alles!“ schrie Richy aufgebracht.

„Richy du verdammter Arsch nimm die Waffe runter oder ich reiß dich auseinander!“ Brüllte Dan.

„Bitte, Richy! Ich kann nicht entschuldigen was meine Schwester getan hat, aber das ist keine Lösung! Tu das Alice nicht an sie wollte immer nur helfen!“

„Verschwindet von hier, das geht euch absolut nichts an!“ Richys Aufmerksamkeit lag nun komplett bei den Anderen und das nutzte ich aus.

Mit einer fließenden Bewegung stand ich auf, griff mit einer Hand nach an den Lauf der Waffe. Mit der andern Packte ich sein Handgelenk, Drehte mich zur Seite und machte einen Schulterwurf und entriss ihm die Waffe. Dabei löste sich jedoch ein Schuss, der mich nur knapp verfehlte. Ohne zu zögern lud ich die Waffe nach und richtete sie auf Richy. Der lag japsend am Boden.

Das Ganze hatte mich jedoch sehr viel Kraft gekostet und ich schwankte bedrohlich. Ich war an meiner Grenze angekommen und würde nicht mehr lange durchhalten. Für einen kurzen Moment kniff ich aus Reflex die Augen zusammen.

Das sah leider auch mein Gegner und machte Anstalten aufzustehen und mich erneut anzugreifen. Doch die Rechnung hatte er ohne Dan gemacht.

Dieser riss ihn wieder zu Boden und Pinte ihn dort fest.

„Alles gut Kleines ich hab ihn!“ versicherte er mir.

„Danke, bitte durchsuch seine Taschen nicht das er noch eine Überraschung versteckt…ich…ich muss mich ganz kurz…hinsetzen...“ Ich sicherte die Waffe und warf sie einfach neben mich auf den Boden und ließ mich direkt danebenfallen. Jessy beugte sich mit Tränen nassen Gesicht über mich während Lilly zu ihrer Schwester eilte.

„Oh Gott Alice ich bin so froh, dass du lebst!“ ich lächelte sie an. „Ja das bin ich auch Jessy…das bin ich auch…“ Dann schlief ich ein.

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