TWENTY-ONE - San Antonio
Sun is alone too,
and still shines.
Kiara POV
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Ein etwas unnatürliches Rütteln dringt leicht in meinen Traum hinein, und immer wie mehr verschwimmt die verwirrende von Aliens geprägte Kulisse um mich herum, und weicht einem schwarzen Nichts. Jedoch wird das Rütteln etwas stärker, und das leise Brummen eines Motors mischt sich darunter. Quer über meinen Oberkörper verspüre ich einen leichten Druck, und mein Kopfkissen ist ziemlich hart. Verwirrt öffne ich die Augen, und bin überrascht, als ich nicht in meinem Zimmer bin, und nicht in dem Apartment von Mateo und Gian. Ich befinde mich in einem Auto, das gerade über einen Feldweg rast, was auch erklärt, woher das nervige Rütteln kommt.
Ich bin auf einen Schlag hellwach, und richte mich kerzengerade auf. Das Auto identifiziere ich recht schnell als Mateos Wagen, und ein Blick nach vorne zeigt mir, dass Mateo auch am Steuer sitzt. Und neben ihm Gian, der gerade mit jemandem wild diskutierend telefoniert. Ich lag bis eben noch der Länge nach auf der Rückbank, und habe geschlafen. Jetzt sitze ich – die Beine auf einem der Sitzplätze, meinen Hintern auf dem anderen – auf der Rückbank, und versuche mich zu orientieren. Jedoch erkenne ich meine Umgebung nicht, und auch die weit entfernten Wolkenkratzer kommen mir nicht bekannt vor.
New York ist das jedenfalls nicht, Manhattan erst recht nicht.
Panisch sehe ich mich um, und mache so auch die Brüder auf mich aufmerksam. Gian nickt mir bloss zu, und Mateo beobachtet mich kurz im Rückspiegel. „Guten Morgen", brummt er dann nur, und deutet mir an, still zu sein. Er zeigt auf seinen telefonierenden Bruder, und ich halte den Mund, obwohl ich gerade wirklich gerne wissen würde, was hier abgeht. „Non mi interessa se sei pronto Il fatto è che ora siamo sulla strada giusta e ci arriveremo presto, e comunque tu ci riesca, abbiamo bisogno di stanze." Mateo hebt eine Augenbraue, und ich lehne mich schmollend zurück. Erstens verstehe ich kein Wort, und zweitens will ich wissen, wo ich überhaupt bin.
„Und wir kommen trotzdem." Mit diesen Worten legt Gian schnaubend auf, und wirft dann ebenfalls einen Blick in den Rückspiegel. „Guten Nachmittag", sagt er dann bloss, und ich runzle die Stirn. „Nachmittag?", frage ich verwirrt nach, und Gian schmunzelt. „Ja, Nachmittag. Du hast einen ziemlich tiefen Schlaf, weißt du das?" Ich schüttle nur langsam den Kopf, und schaue Gian unsicher an. „Wo sind wir? Oder besser gesagt – wo gehen wir hin?" Kurz wechselt Gian einen Blick mit seinem Bruder, welcher nur mit den Schultern zuckt, ehe er sich wieder zu mir wendet.
„Wir verschwinden", erklärt er mir ruhig, doch ich verstehe gar nichts. Wieso sollten wir verschwinden wollen? Und wie meint er das überhaupt? Gian scheint meine Fragezeichen auf der Stirn zu sehen, und dreht sich leicht zu mir. „Damit meine ich, dass wir für eine Weile untertauchen werden. Zu unserer Sicherheit." Meine Augen weiten sich, und ich schaue Mateo an, in der Hoffnung ein Anzeichen auf seinem Gesicht zu finden, welches mir sagt, dass Gian nur Witze macht, doch Mateo blickt nur ernst wie immer auf den Highway.
„Wie, verschwinden? Wieso denn? Und wieso muss ich dabei sein? Was ist mit meiner Familie, meinen Freunden? Und die Schule? Oh Gott, das geht nicht. Ich muss auf der Stelle zurück! Ich kann doch nicht einfach so von der Bildfläche verschwinden!" Gian schließt die Augen, nur um mich dann gequält anzusehen.
„Jetzt mach mal halblang, Kiara. Wir werden nicht für immer weg sein. Aber es ist nötig, vor allem zu deiner Sicherheit. Deshalb nehmen wir dich auch mit. Du bist in Gefahr, das weißt du selbst. Es ist nicht normal, auf einer Party von jemandem angegriffen zu werden, der vorher das ganze Haus nach einem abgesucht hat. Das war kein Zufall. Du warst kein Zufall. Dazu das, was gestern Abend passiert ist. Du wurdest beobachtet, und dann verfolgt. Auch das entspricht meiner Meinung nach nicht ganz der Normalität, findest du nicht?" Trotzig verschränke ich meine Arme vor meinem Oberkörper, und funkle Gian wütend an.
„Ach, und mal so eben verschwinden schon, oder wie?"
Der Italiener seufzt, und Mateo schmunzelt nur ganz leicht. Anscheinend hat er schon mit meiner Reaktion gerechnet. „Hast du eine bessere Idee?", fragt er mich dann aber doch, und sieht mich abwartend durch den Rückspiegel an. Ich nicke wild, und werde immer wie wütender. „Aber natürlich ihr Hohlbirnen! Wie wäre es mit der Polizei? FBI und so? Mein Vater ist ein verdammter FBI Agent, er hätte mich schützen können. Stattdessen werden wir wohl jetzt von allen, einschließlich ihm, gesucht. Und wieso sorgt ihr nur für meine angebliche Sicherheit? Was ist mit Mads und meiner Mutter? Denkt ihr eigentlich überhaupt mal weiter als direkt vor eure Nase?!"
Meine Stimme ist laut geworden, und ich spüre, wie ich mich selbst in Rage rede, wodurch sich automatisch ein Kloss in meinem Hals bildet, und meine Augen etwas wässrig werden. Jedoch unterdrücke ich den Drang, zu weinen, und lasse meine Wut die Überhand gewinnen. Ich will jetzt nicht weinen. Ich will verdammt nochmal meinen Standpunkt klarmachen, und nach Hause gebracht werden. Auf der Stelle. Gian sieht mich aus gemischten Gefühlen an, während Mateo mich augenrollend mustert.
„Krieg dich wieder ein, Prinzessin. Du wirst deine Eltern bestimmt bald wiedersehen."
„Sprich nicht mit mir als wäre ich ein kleines Kind!"
„So benimmst du dich aber gerade!"
„Ach ja?! Ich benehme mich wie ein kleines Kind? Tut mir leid dass ich nicht viel davon halte, gegen meinen Willen unterzutauchen, wenn es ganz andere Möglichkeiten gäbe! Ich hätte dich nie anrufen sollen. Niemals! Ich mache euch bei der ersten Gelegenheit dieses Untertauchen zur Hölle, das schwör ich euch. Meine Meinung dazu zählt genau so viel wie eure."
„Halt endlich deinen verdammten Mund! Sei dankbar, dass wir dir überhaupt erneut aus der Patsche helfen, undankbares Miststück."
„Mateo!"
Gian sieht seinen Bruder giftig an, während sich in meinen Augen nun doch Tränen gebildet haben, welche ich jedoch sofort energisch wegwische. Ich werde ganz sicher nicht vor Mateo weinen, und somit zugeben, dass seine Worte mich härter treffen als gewollt. „Ich bin nicht undankbar, ich stehe nur nicht darauf, entführt zu werden", zische ich zum Schluss, und drehe mich demonstrativ zum Fenster. Aus dem Augenwinkel heraus kann ich sehen, wie Mateo etwas sagen will, jedoch von einem scharfen Blick seines Bruders zum Schweigen gebracht wird. Besser so.
Eine Weile starre ich mürrisch aus dem Fenster, und ziehe meine Nase einige Male hoch, bis Gian mir eine Packung Taschentücher entgegenstreckt. Immer noch wütend nehme ich sie entgegen, starre dann direkt wieder aus dem Fenster. Das wutgeladene Schweigen hält auch zwei Stunden später noch immer an, als Mateo sich mit drei Tüten voller Essen auf den Beifahrersitz setzt, und Gian das Steuer überlässt. Kommentarlos streckt er mir eine dieser Tüten entgegen, und kommentarlos nehme ich sie an.
Wir fahren wieder auf den Highway, und stillschweigend essen wir unsere Burger, die Mateo uns gerade geholt hat. „Wie lange fahren wir schon?", breche ich schlussendlich das Schweigen zögerlich, und schaue dabei nur Gian an. Sein Bruder soll sich auf keinen Fall angesprochen fühlen. „Um die zwanzig Stunden", erwidert Gian dann auch, und ich verschlucke mich fast an meinem Bissen. „Tschwantschig Schtunden?", frage ich ungläubig, wobei ich leise huste, um den Krümel aus meinem Hals zu bekommen.
Amüsiert nickt Gian, und schluckt den Bissen runter, den er gerade genommen hat. „Jap, bald einundzwanzig." Mit grossen Augen starre ich die Tafeln an, welche zeigen, in welche Richtung wir fahren, und staune nicht schlecht, als da tatsächlich Texas steht. „Und wir werden nach San Antonio fahren", eröffnet mir Gian auch in diesem Moment, als er meinen Blick auf die Verkehrsschilder bemerkt. Meine Kinnlade klappt fast runter, und ich weite die Augen erneut. „San Antonio?", frage ich zur Sicherheit nochmal nach, und Gian nickt.
„Jap. San Antonio. Noch ungefähr fünf bis sechs Stunden fahren, also, wenn du schlafen willst, nur zu. Mateo wird sich wohl auch gleich- oh, er schläft schon. Siehst du, es läuft alles gut. Du brauchst dir keine Angst machen oder so wegen dem Untertauchen. Wir haben das im Griff und kommen bald an." Ich schüttle bloss den Kopf, und nehme den letzten, grossen Bissen meines Burgers. „Wie überaus beruhigend", murre ich nur, und starre wieder aus dem Fenster. Das war zwar schon für die letzten zwei Stunden meine Beschäftigung, doch außer mit Mateo zu streiten, gibt es hier ja sonst nichts zu tun.
Das Fehlen meines Handys habe ich schon lange bemerkt, und ich muss auch nicht lange darüber nachdenken, wo es wohl sein könnte. Natürlich haben es die Jungs, wer denn auch sonst? „Könnt ihr euch bitte leiser gegenseitig beruhigen? Ich möchte schlafen. Denn nein, Gian, er schläft noch nicht." Mateos Stimme trieft nur so vor Genervtheit, was mir jedoch nicht im Geringsten etwas ausmacht. Im Gegenteil – es freut mich sogar. Gian scheint ähnlich wenig Mitleid für seinen Bruder übrig zu haben, denn er beachtet ihn kein bisschen.
Mateo scheint dies jedoch sowieso egal zu sein, und wenig später vernehme ich regelmäßige Atemzüge von ihm. Gian und ich wechseln kein Wort miteinander, was ich ehrlich gesagt aber auch nicht als notwendig erachte. Er muss sich auf die Straße konzentrieren – denn, wenn ich schon nicht nach Hause kann, würde ich wenigstens gerne lebendig in San Antonio ankommen –, und ich beobachte, wie die Sonne langsam untergeht. Es ist schon wieder Abend, und obwohl ich sehr lange geschlafen habe, bin ich trotzdem müde.
Ich lehne meine Stirn gegen die kühle Fensterscheibe und fange an, nachzudenken. Was zu Hause wohl gerade los sein wird, wenn endgültig feststeht, dass ich entführt wurde? Mein Dad wird bestimmt sein ganzes Team zusammentrommeln, und einen Suchtrupp bilden. Dabei sind wir doch schon längst über alle Berge – leider. Ich schlucke trocken, als mir einfällt, dass wir das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, gestritten haben. Und dann bin ich einfach so davon, und habe seine Sorge als unnötig und übervorsichtig abgestempelt.
Und jetzt wäre ich so froh darum, auf ihn gehört zu haben, und zu Hause zu sitzen, während Gian und Mateo sich alleine aus dem Staub machen würden.
Wobei ich mich frage, ob sie ohne mich überhaupt hätten gehen müssen. So wie Mateo mir das nämlich vor ein paar Stunden an den Kopf geworfen hat, scheint das hier vor allem für meine Sicherheit zu geschehen, was mich schon etwas verwundert. Ich meine, wieso sollten Mateo und Gian sich so große Sorgen um meine Sicherheit machen müssen? Sie können doch selbst nicht viel ausrichten, außer mir beim Verstecken Gesellschaft zu leisten! Wobei ich sehr gut und gerne auf Mateos Gesellschaft verzichten kann.
Meine Gedanken wandern weiter zu Mom, die sich wohl die Schuld für alles gibt. Hätte sie Sam nicht reingelassen, wäre die Situation nicht eskaliert, und ich hätte heute auf Dad gehört, und wäre zu Hause geblieben. Dabei ist das alles doch nicht ihre Schuld. Niemand ist schuld an dieser Situation. Nicht mal ich.
Zu guter Letzt macht Madison sich in meinen Gedanken breit, und mir drohen tatsächlich kurz die Tränen in die Augen zu steigen. Sie wird mit Abstand die Person sein, die am meisten leidet. Maddy und ich waren schon immer ein eingespieltes Team, es gibt uns eigentlich nur im Zweierpack. Genau wie bei Sheila und Mila – ich habe keine Ahnung, wie meine Freunde reagieren werden. Oder reagiert haben, immerhin bin ich schon einen Tag lang verschwunden.
Ich beiße mir grob auf die Unterlippe, um nicht erneut zu heulen, und beschließe, so bald wie möglich jemanden auf mich und mein Wohlergehen aufmerksam zu machen. Vielleicht kann ich ja sogar Gian anonym ausrichten lassen, dass mit mir alles in Ordnung ist. Doch jetzt muss ich vorerst noch den Rest dieser Fahrt überleben, ohne Mateo dabei gänzlich umzubringen. Ich seufze, und erlaube es mir dann, meine Gedanken für einen Moment zu verbannen, und die Augen zu schließen, um mir etwas Ruhe nach meinen Ausbrüchen eben zu gönnen. Das hier wird ja sowieso noch einige Stunden dauern.
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San Antonio also. Denkt ihr, Kiara wird sich mit dem Gedanken anfreunden können, unterzutauchen?
Und wir glaubt ihr, dass ihr Umfeld in Manhattan reagieren wird/reagiert hat?
- Xo, Zebisthoughts
Übersetzung:
Non mi interessa se sei pronte il fatto è che ora siamo sulla strada giusta e ci arriveremo presto, e comunque tu ci riesca, abbiamo bisogno di stanze. = Es ist mir egal, ob du bereit bist. Sache ist, wir sind auf dem Weg, und werfen bald ankommen, und, wie auch immer du das machst - wir brauchen Zimmer.
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