Eine Hochzeit in Weiß
2946 D.Z
Sie hatte die Augen geschlossen und ließ sich die warme Sommersonne auf die Haut scheinen. ,,Und du willst wirklich nicht mitkommen?", fragte Bain sie leicht enttäuscht. ,,Nein", entgegnete Líli. ,,Aber du solltest wirklich schwimmen lernen", erwiderte Balin. Er wollte einfach nicht locker lassen. ,,Weißt du noch, als du damals in Seestadt fast ertrunken bist?" Líli seufzte und schlug die Augen auf. ,,Natürlich", meinte sie, ,,das könnte ich nie vergessen. Aber bei Mahal, Bain! Das ist fünf Jahre her". Sie warf Bain einen Blick zu. Mittlerweile war er zwanzig Jahre alt und war zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen. Seine braunen Locken waren nun etwas kürzer aber sein Blick war noch immer der selbe, wie vor fünf Jahren. Líli setzte sich auf und fuhr sich mit der Hand eine dunkelbraune Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie sah Richtung Süden, wo Esgaroth auf dem Langen See stand. Die Stadt war wieder aufgebaut worden, viel größer und schöner als zuvor. Der Bürgermeister war nie wieder aufgetaucht und Alfrid war in der Schlacht der fünf Heere gestorben. So musste ein neuer Bürgermeister her und die Wahl fiel überraschenderweise auf Sigrid. Bard war seit knapp fünf Jahren König von Thal und war mit seiner Familie im Palast eingezogen.
Dies machte Bain zu einem Prinzen aber er machte sich nicht viel aus Titeln. Der Junge hatte sich schon sein Hemd ausgezogen und stand nun nur noch in seiner Hose vor ihr. Líli betrachtete seinen von der Sonne gebräunten Oberkörper. Sie lächelte. ,,Ich bin eine Zwergin. Ich fühle mich in Höhlen und Minen tief unter der Erde wohl aber nicht im Wasser". ,,Aber du lebst an einem großen See. Du solltest schwimmen lernen", meinte Bain. Ein weiteres Mal seufzte Líli und stand auf. ,,Mensch, Bain!", sagte sie, ,,du bist stur wie ein Zwerg!" Bain grinste nur und zog seine Hose aus. Líli öffnete ihr kurzes Kleid und ließ es zu Boden fallen. Bain und sie lächelten sich an. Sie schämten sich nicht. ,,Darf ich bitten, meine Dame?", fragte Bain grinsend und hielt ihr seine Hand hin. Líli nahm seine Hand und entgegnete ebenfalls grinsend: ,,Kibilal (*1)"
Bain und sie liefen Hand in Hand zum Ufer des Langen Sees. Das Wasser war dunkel und kühl, aber nicht zu kalt sondern eher erfrischend. An Bains Seite würde sie sich überall wo fühlen, auch im Wasser. Bain tauchte in das dunkle Wasser und tauchte ein paar Meter weiter wieder auf. Líli lief zu ihm. Zum Glück war das Wasser hier noch relativ flach und sie konnte stehen. In der nächsten Stunde versuchte Bain ihr Schwimmen beizubringen. Am Anfang war Líli noch ziemlich panisch und paddelte unbeholfen wie ein Hund im Wasser herum. Aber Bain war ein guter Lehrer und so schwamm sie tatsächlich einige Züge im tieferen Wasser. Die beiden lieferten sich auch noch eine Wasserschlacht, die damit endete, dass sie sich lachend in den Armen lagen.
,,Líli", flüsterte Bain liebevoll und beugte sich zu ihr hinunter. Líli lächelte leicht und schloss die Augen. Er küsste sie sanft. Líli genoss das Gefühl seiner Lippen auf ihren. Sie wurde verlangender und Bains Zunge schob sich sanft aber bestimmt durch ihre geöffneten Lippen. Líli erwiderte den Kuss leidenschaftlich und verschränkte ihre Hände in Bains Nacken. Seine Hände wanderten zu ihrer Hüfte. Sie küssten sich so lange, bis ihnen fast die Luft ausging. Leicht keuchend lösten sie sich von einander und Bain fuhr ihr zärtlich mit seinen Fingern über ihren nackten Oberkörper. ,,Heirate mich", flüsterte er, ,,bitte heirate mich". ,,Was?", stotterte sie überrascht. Das kam ziemlich unerwartet. Bain lächelte sie erwartungsvoll an. ,,Ich...Bain..ich würde ja so gerne. Aber wir sind zu jung, oder? Ich bin erst 65...Ich kann jetzt nicht einfach heiraten...ich würde so gerne. Doch das verstößt gegen die Traditionen".
,,Shh", machte er leise und legte ihr einen Finger auf die Lippen, ,,seit wann machst du dir etwas aus Traditionen, Líli Vílistochter?" Ich liebe dich. Ich liebe dich mit jeder Faser meines Körpers, seit dem Tag, an dem du plötzlich aus unserem Klosett aufgetaucht bist. Du magst vielleicht über 200 Jahre alt werden aber mir wurde kein so langes Leben geschenkt. Bitte verzeih, aber ich möchte nicht warten, bis du 100 Jahre alt bist. Dann bin ich 55 und alt. Ich weiß nicht, ob du mich dann noch heiraten würdest. Außerdem möchte ich doch Kinder mit dir haben". Líli legte ihm zaghaft eine Hand auf die Wange. ,,Bain, Ich werde dich immer lieben, auch wenn du alt bist. Verzeih mir meine Zweifel. Ja! Ja, ich will dich heiraten!" Dann küsste sie ihn glücklich auf die Lippen.
Líli strich sich nervös über den prächtigen Stoff ihres Kleides. Es war Snotrás Hochzeitskleid und heute würde es ihres sein. Die junge Zwergin sah sich selbst nervös in die Augen. Sie saß an dem Frisiertisch in ihrem Gemach. Hinter ihr stand Ylva, die junge Zwergin, die seit fünf Jahren Lílis Kammerzofe war. Líli und sie waren zu guten Freundinnen geworden. Ylva flocht gerade ihre Haare. ,,Bist du nervös, Líli?", fragte Dís sie sanft. ,,Ja", gab Líli unsicher zu. ,,Das musst du nicht, Ibinê (*2). Eine Hochzeit ist etwas wunderschönes. Und dieser Junge, Bain, scheint ein guter Junge zu sein. Ich mache mir keine Sorgen und du solltest dir auch keine machen. Heute ist schließlich dein großer Tag!", erwiderte Dís lächelnd. Líli fing ihren Blick im Spiegel auf und lächelte ebenfalls. ,,Erzähl etwas von deiner Hochzeit mit Adad (*3)", bat sie. Dís willigte ein und erzählte ihr von ihrer Hochzeit mit Víli. Schließlich war Ylva fertig. Ihre Mutter legte Líli noch das Diamantencollier aus der Trollhöhle um den Hals und setzte ihr die Krone auf den Kopf. Dann richtete Ylva noch Lílis Schleier.
Die Zeremonie sollte in einem großen Festsaal des Berges stattfinden. Thorin stand bereits an der Tür. Tilda, die unbedingt Blumen streuen wollte, stand neben ihm. Ihre Wangen waren vor Aufregung rosa. Lílis Onkel lächelte ihr aufmunternd zu. Er freute sich sehr für seine Nichte. Außerdem würde die Hochzeit zwischen Líli und Bain das Bündnis zwischen dem Erebor und der Stadt Thal, welches sie nach der Schlacht der fünf Heere beschlossen hatten, noch einmal stärken. Líli erwiderte das Lächeln aufgeregt und hakte sich bei Thorin unter. Die Flügeltur wurde für sie geöffnet und an Thorins Seite stolzierte Líli lächelnd zum anderen Ende der Halle. Dort stand Bain neben Balin, der die Trauung abhalten sollte. Ihre Augen lagen nur auf ihm und er erwiderte den Blick glücklich. Bain trug eine dunkelblaue, mit goldenen Runen verzierte Tunika. Darüber trug er einen dünnen Mantel aus blauem Stoff und eine helle Hose. Auf seinem Haupt thronte eine schlichte goldene Krone, die er sonst nie trug. Tilda lief vor Líli und Thorin her und streute begeistert Blumen auf den Boden der Halle. Schließlich setzten sich Dís und Tilda in die vorderste Reihe zu Fíli mit Glória und dem kleinen Thrór, Kíli mit Tauriel, Sigrid mit Per und Bard. Thorin begleitete Líli noch bis zu Bain und setzte sich dann zu seiner Schwester.
Bain griff lächelnd nach Lílis Händen. Líli erwiderte das Lächeln. Mittlerweile hatte sie Freudentränen in den Augen. ,,Ich bin so aufgeregt", gestand sie Bain leise. ,,Und ich erst. Du siehst wunderschön aus.", entgegnete er und lachte nervös. ,,Shh!", machte Balin vorwurfsvoll und brachte die beiden damit zum Schweigen. Balin hielt eine furchtbar lange und komplizierte Zeremonie ab. Schließlich wandte sich der alte Zwerg an Bain und fragte feierlich: ,,Bain, Sohn von Bard, Prinz von Thal. Willst du die hier anwesende Líli, Tochter von Víli, Prinzessin unter dem Berge als deine dir angetraute Gemahlin zu nehmen? Willst du versprechen, sie bis zum Ende zu ehren und ihr beizustehen, in guten wie in schlechten Zeiten? Dann antworte nun mit Ja, ich will".
,,Ja, ich will", sagte Bain und lächelte Líli zärtlich an. Líli liefen Tränen übers Gesicht und er wischte sie von ihren Wangen. Bain wollte sich zu ihr runterbeugen, um sie zu küssen aber Balin kam ihm dazwischen. ,,Halt!", sagte der Zwerg, ,,Líli, Tochter von Víli, Prinzessin unter dem Berge. Willst du den hier anwesenden Bain, Sohn von Bard, Prinz von Thal als deinen dir angetrauten Gemahl nehmen? Willst du versprechen, ihn bis zum Ende zu ehren und ihm beizustehen, in guten wie in schlechten Zeiten? Dann antworte nun mit Ja, ich will".
,,..Ja, ja. Ja, ich will", schluchzte Líli und wollte Bain küssen aber mal wieder unterbrach sie Balin. ,,Nur noch einen Moment Geduld!", rief der Zwerg. Die Gäste lachten leise und aus einer der vorderen Reihen erhob sich Bilbo mit rosa Wangen und schritt langsam auf Líli und Bain zu. In den Händen trug er ein rotes Samtkissen, auf dem zwei goldene Ringe lagen. Bain nahm sich den kleineren Ring und steckte ihn Líli an den Ringfinger. Líli nahm sich den größeren Ring und steckte ihn Bain an. Sanft hob Bain ihr den Schleier vom Gesicht und Líli legte ihm die Hände an die Brust. Dann beugte sie sich zu ihm hoch und ihre Lippen trafen aufeinander.
2956 D.Z
Mittlerweile waren zehn Jahre seit der Hochzeit vergangen und fünfzehn Jahre seit der Schlacht der fünf Heere. Es waren schöne Jahre gewesen. Líli und Bain waren sehr glücklich. Nach der Hochzeit waren sie im Palast von Thal eingezogen. Gimli hatte sein Versprechen gehalten. Er und Líli waren oft gereist, in die Ered Luin, nach Rohan und in die Eisenberge zu Dáin und seiner Sippe. Líli war mit Bain und Bard sogar schon in Minas Tirith gewesen um einige Angelegenheiten mit dem Truchsess zu besprechen. Aber seit einigen Monaten schon ging Líli nicht mehr auf Reisen, denn sie war schwanger. Vor knapp zwei Tagen hatten die ersten Wehen eingesetzt und Líli lag seit dem in ihrem Gemach im Palast.
Sie hasste es nichts machen zu können und ihr war furchtbar langweilig. Aber Bain leistete ihr natürlich Gesellschaft. Líli hatte etwas Angst vor der Geburt, aber ihre Mutter und die freundliche Hebamme beruhigten sich. Und fast fünf Tage, nach dem die ersten Wehen kamen, ging es schließlich los. Es war ein schöner Tag Ende Mai und Líli wäre eigentlich gerne spazieren gegangen aber stattdessen lag sie nun zwischen den vielen Kissen in ihrem Himmelbett und versuchte die ziehenden Schmerzen irgendwie auszuhalten. Bain wurde von der Hebamme rausgeschickt. ,,Ein Mann hat bei einer Geburt nichts zu suchen", meinte sie streng und schob ihn raus.
Er wollte protestieren. Er wollte bei Líli sein. Aber sie hatte ihm schon die Tür vor der Nase zugeknallt. Leicht kopfschüttelnd lief Bain in den Salon. Dort warteten bereits sein Vater, Thorin, Bilbo, Fíli und Glória mit ihren mittlerweile drei Kindern, Kíli, Tauriel, Sigrid und Per. Tilda hatte einen Mann aus Rohan geheiratet und lebte seit knapp drei Jahren in Edoras.
,,Líl findet diese Hebamme ja sehr freundlich. Aber ich halte sie für eine Schreckschraube. Sie hat mich rausgeschmissen", sagte der Kronprinz und ließ sich neben seinen Vater aufs Sofa fallen. Bard schmunzelte und stopfte gelassen seine Pfeife. ,,Mach dir nichts draus. Sie wird dich nach der Geburt sicher wieder reinlassen", meinte der ehemalige Kahnführer.
In den nächsten Stunden beschäftigte sich Bain mit Fílis Kindern, Thrór, Víli und Snotrá. Immer wieder hörten sie Schreie aus Lílis Gemach. Bain wollte jedes Mal aufspringen und seiner Frau irgendwie helfen. Aber Glória beruhigte ihn und sagte, dass das ganz normal sei.
Am späten Abend zerriss dann der Schrei eines Neugeborenen die Stille im Thaler Palast. Bain schreckte auf. Er war auf dem Sofa eingeschlafen. Die Hebamme stand im Türrahmen und lächelte nur. Die anderen hatten das Schreien natürlich auch gehört und eilten der Hebamme hinterher.
Líli lag in ihrem Bett. Sie sah erschöpft und glücklich aus. Ein Baby, in ein weißes Tuch gehüllt, lag an ihrer Brust und hatte friedlich die Augen geschlossen. Dís stand lächelnd neben dem Bett und ihre Augen glitzernden verdächtig. Líli sah auf und lächelte ihrer Familie zu. Alle versammelten sich um das Bett und bestaunten das Baby. ,,Es ist ein Junge", sagte die Hebamme, ,,ein komplett gesunder und munterer Junge".
Líli legte Bain das Kind sanft in die Arme. ,,Wie willst du ihn nennen, Amrâlimê (*4) ?", fragte sie neugierig. ,,Ich?", fragte Bain erstaunt. Sie nickte nur und ließ sich erschöpft in ihre Kissen fallen. ,,Brand", sagte Bain schließlich nach kurzem Überlegen, ,,nach meinem Großvater".
(*1) Khuzdul: Charme/ Charmeur
(*2) Khuzdul: Mein Juwel
(*3) Khuzdul: Vater
(*4) Khuzdul: Meine Liebe
❤️
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