Das Auenland verblasst
,,Wartet, wartet!", rief Bilbo. Der Hobbbit und das Zwergenmädchen hatten die Company wider Erwarten von Líli doch eingeholt. Die zwölf Zwerge hielten ihre Ponys an. ,,Hoho!" ,,Wartet auf uns", japste Líli, als sie die Company eingeholt hatten. Sie war außer Atem und ihr war ein wenig schlecht, weil sie nur einen Apfel gefrüstückt hatte. Bofur versuchte sein Pony zu beruhigen: ,,Ruhig, mein Junge, ruhig." Ein anderer Zwerg meinte erfreut: ,,Er ist gekommen!" Líli schätzte, dass es der junge Zwerg Ori war.
,,Ich hab' unterzeichnet!", sagte Bilbo und reichte Balin den Vertrag. Dieser überprüfte die Unterschriften mit einer Lupe. Líli bemerkte, wie Bilbo und Gandalf einen Blick wechselten. Gandalf lächelte. ,,Es scheint alles in Ordnung zu sein", meinte Balin schließlich zufrieden. , ,,Willkommen, Meister Beutlin und Prinzessin Líli, in der Gemeinschaft von Thorin Eichenschild."
Eben dieser beäugte Líli gerade. Sie konnte seine Emotionen nicht wirklich deuten. Thorin schien nicht besonders sauer, eher genervt. Aber tief in ihrem Inneren war sich Líli sicher, dass er stolz auf seine Nichte war. Schließlich zeigte sie endlich ein typisches Zwergenmerkmal: Sturheit.
Ein paar einzelne Zwerge lachten erfreut. ,,Gebt ihnen Ponys", befahl Thorin und wandte sich ab. Líli schwang sich sofort auf eines der Ponys, die ohne Reiter geblieben waren. Es war ein schlanker, gutmütig aussehender Wallach mit dunklem Fell und hellbrauner, krauser Mähne. Sie schloss ihn sofort in ihr Herz und nannte ihn ,,Stern", weil sich auf seiner Stirn ein weißer Fleck befand, der einem Stern sehr ähnelte.
Doch Bilbo weigerte sich auf ein Pony zu steigen. ,,Nein,nein, nein", sagte er entschlossen, ,,das wird nicht nötig sein. Ich kann sicher auch gut zu Fuß mithalten. Ich hab nämlich schon ganz oft Wanderungen gemacht, wisst ihr? Einmal sogar bis nach Froschmoorstetten."
,,Ich habe zwar keine Ahnung, wo dieses Froschmoorstetten liegt, Bilbo. Aber ich bin mir sicher, dass der Erebor viel weiter weg liegt. Du kannst nicht mithalten, wenn du läufst", erwiderte Líli. Der gleichen Meinung waren anscheinend auch ihre Brüder. Denn Fíli und Kíli packten Bilbo von unten und hoben ihn auf ein Pony. Und da saß der kleine Hobbit nun. Er wirkte unbeholfen und verängsticht. Bilbo hob die beiden Hände, mit denen er krampfhaft die Zügel umklammerte, bis hoch an die Brust.
,,Komm' schon, Nori, zahlen!", rief Óin auffordernd, während er einen Geldbeutel fing. ,,Bitte sehr", entgegnete Nori leicht säuerlich und warf dem Zwerg einen anderen Geldbeutel hin. ,,Worum geht's?", fragte Bilbo, der das Treiben beobachtet hatte. Gandalf antwortete dem Hobbit: ,,Oh, sie haben Wetten abgeschlossen, ob du auftauchst oder nicht. Die meisten haben gewettet, du würdest es nicht."
,,Was hast du geglaubt?", wollte Bilbo neugierig von dem Zauberer wissen. ,,Ooooh", machte Gandalf lächelnd, ,,mein lieber Freund, ich habe keine Sekunde an dir gezweifelt". Mit diesen Worten fing er ein Geldsäcken, steckte es ein und lachte fröhlich. ,,Ich hätte auch nicht an dir gezweifelt", sagte Líli mit einem aufmunternden Lächeln und sah zu dem kleinen Hobbit.
,,Oh. Danke Líli", entgegnete Bilbo und erwiderte das Lächeln. Plötzlich nieste Bilbo und erschreckte somit den sensiblen Wallach Stern, auf dem Líli gemütlich ritt. ,,Gesundheit", kommentierte Líli. Bilbo entgegnete schniefend: ,,Oh,oh. Pferdehaare vertrag' ich nicht so gut". Währenddessen suchte er panisch nach etwas in seinen Jackentaschen. Anscheinend hatte er damit keinen Erfolg, denn nur wenige Augenblicke später rief Bilbo: ,,Nein, halt! Stopp! Wir müssen umkehren!" Alle Zwerge hielten an, sie wirkten genervt. ,,Was ist denn jetzt wieder los?", fragte Gandalf. ,,Ich hab' mein Taschentuch vergessen". Líli atmete erleichtert aus. ,,Wenn's nur das ist, Bilbo. Ich hatte schon Angst, dass wir etwas Wichtiges vergessen haben". ,,Wie bitte?", echauffierte Bilbo sich, ,,mein Taschentuch ist sehr wohl etwas Wichtiges!"
,,Hier! Nimm' das!", rief Bofur, riss sich ein Stück seines Hemdes ab und warf es dem Hobbit zu. Bilbo fing es ungeschickt und begutachtete den schmutzigen Lappen skeptisch und leicht angeekelt. Die Zwerge lachten. ,,Und weiter", damit sprach Thorin ein Machtwort und die Company auf ihren Ponys setzte sich wieder in Bewegung.
Sie ritten über Wiesen und Felder. An Flüssen vorbei und durchquerten Wälder. Während des Ritts führten Líli und Bilbo angeregte Gespräche. ,,Eigentlich mögen wir Zwerge das Reiten auf Pferden und Ponys ja nicht so gerne, wir ziehen Widder vor. Die können im Gebirge besser Fuß fassen. Aber ich muss schon sagen, dass Stern es mir wirklich angetan hat", erzählte Líli und streichelte dem Wallach den Hals.
,,Mein Ururururonkel Bullenrassler Tuk war so groß, dass er auf einem richtigen Pferd reiten konnte. In der Schlacht bei Grünfeld schlug er dem Orkkönig den Kopf ab. Er flog hundert Schritt durch die Luft und fiel dann in ein Kaninchenloch. So wurde die Schlacht gewonnen und gleichzeitig das Golfspiel erfunden", meinte Bilbo und schmunzelte. Líli lachte über diese Geschichte. ,,Es gab im Auenland Schlachten?", fragte sie und versuchte sich das malerische Auenland als Schlachtfeld vorzustellen. Aber sie konnte es nicht. Bilbo nickte. ,,Ja,leider. Aber zum Glück habe ich nie solch eine Schlacht erlebt. Außerdem gab es seit vielen vielen Jahren keine Schlacht mehr bei uns". Hoffentlich bleibt das auch so für die nächsten Jahre, dachte Líli düster.
Es war dunkel. Die Company rastete auf einem Felsvorsprung. Einige Zwerge schliefen schon. Andere, wie Balin, Thorin, Líli und ihre Brüder saßen um ein Lagerfeuer herum und ruhten sich dort aus. Auch Gandalf saß bei ihnen. Líli lag, an die Felswand gelehnt, neben ihrem großen Bruder. Fíli betrachtete gedankenverloren ein Amulett, in dem sich ein Bild von Glória befand. Die junge Zwergin beobachtete gerade, wie Bilbo seinem Pony Myrte heimlich einen Apfel gab. Sie schmunzelte. Auf einmal ertönte ein Heulen in der Ferne. ,,Was war das?",flüsterte Bilbo. ,,Orks", antwortete Kíli verschwörerisch. Líli verstand. Früher hatten die drei immer ein Spiel gespielt, bei dem sie andere veräppelten. Aber Líli hatte keine Lust. Bilbo war ihr Freund und außerdem machte man über Orkangriffe keine Scherze. ,,Orks?", fragte Bilbo leicht panisch und eilte schnell wieder zu den anderen. Bei diesem Wort wachte Thorin auf, der eingenickt war.
Fíli hatte anscheinend entschieden, dass er mitspielte, denn er erwiderte : ,,Halsschlitzer. Dutzende sind da draußen. In den leeren Landen wimmelt es von ihnen." ,,Sie schlagen kurz vor Morgengrauen zu, wenn alles schläft. Schnell und leise. Niemand schreit. Nur sehr viel Blut", fügte Kíli hinzu. Bilbo sah sich ängstlich um. Fíli und Kíli lachten leise, während Líli die Augen verdrehte. Natürlich liebte sie ihre Brüder und dieses Spiel aber das ging nun ein wenig zu weit. Ausnahmsweise schien sie und Thorin mal einer Meinung, denn Thorin sagte wütend: ,,Findet ihr das lustig? Haltet ihr einen Orkangriff bei Nacht für einen Scherz?" ,,Wir haben uns nichts dabei gedacht", erwiderte Kíli beschämt. ,,Nein, habt ihr nicht. Ihr wisst nichts von der Welt", entgegnete Thorin hart und ging ein Stück fort. ,,Nimm's ihm nicht übel, mein Junge", sagte Balin sanft zu Bilbo. ,,Thorin hat mehr Grund als die meisten, Orks zu hassen. Nachdem der Drache den Einsamen Berg an sich gerissen hatte, forderte König Thrór das uralte Zwergrnkönigreich Moria zurück". ,,Khazad-Dûm", flüsterte Líli bedächtig. ,,Doch unser Feind war bereits dort", erwiderte Balin. Während der alte Zwerg Thorins Geschichte erzählte, schlief Líli langsam ein.
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