31. Date im Schlossgarten Teil 2


Ich wollte aufstehen, doch Maxi hielt mich am Handgelenk fest. «Warum denn so eilig? Lass uns in aller Ruhe unser Picknick beenden.» Das Flehen in seinen Augen konnte ich nicht ignorieren. Eigentlich hätte ich ihm lieber eine geklatscht und ihn angeschrien, dass er mich sofort loslassen sollte. Stattdessen setzte ich mich nochmals zu ihm hin. «Okay, lass uns dieses Picknick zu Ende bringen», erwiderte ich mit einem aufgesetzten, leicht verkrampften Lächeln.

Den Rest unseres Dates verbrachten wir in trauter Schweigsamkeit. Abgesehen von ein paar missglückten Sprüchen seitens Maxi und halbherzigem Gekicher darüber als Antwort von mir, wechselten wir kaum ein Wort.

Mit dieser Kehrtwendung des Dates hatte ich nicht gerechnet, aber es kam mir gerade recht. So konnte ich die letzten Tage, wie ein Film vor dem Auge noch einmal durchlaufen lassen. Es schien schon eine ganze Weile her, als ich in der S-Bahn einnickte und in einer Parallelwelt aufwachte. Ich verdrehte innerlich die Augen, als ich an die erste Begegnung mit Franz-Joseph im Pferdestall dachte; ich hatte ihn doch tatsächlich für einen Stallburschen gehalten!
Ich sah, wie Zoë mir Anweisungen gab und verschiedene Tanzschritte beibrachte, wie ich Franz-Joseph bestimmt 100 Mal beim Walzer üben auf die Füsse trat. Dann war da dieser Kuss vom Blinde-Dance, den ich so gar nicht einordnen konnte, aber wovon ich inzwischen wusste, dass er bedeutungslos gewesen sein musste. Für mich auf jeden Fall. Denn die Szenerie in meinem Kopf spulte nun sofort an den Tag, als ich mit Franz-Joseph in der Bibliothek war und es zwischen uns zu einem Fast-Kuss kam. Beim Gedanken daran, wurde mir warm ums Herz. Und doch war da ein bittersüsser Nachgeschmack. Das Rätsel um meine Rückkehr schien ja beinahe gelöst zu sein, Gott sei Dank. Darüber sollte ich mich eigentlich freuen, aber ich fühlte auch eine gewisse Traurigkeit in mir aufkeimen. Freundinnen von mir haben auch schon von einem Sommerflirt erzählt. Das muss sich wohl ähnlich anfühlen.
Bei mir wird's dann wohl ein Paralleluniversumsflirt. Und den werde ich in vollen Zügen geniessen, das schwor ich mir in dem Moment. Ich hatte die Leute, die ich in der kurzen Zeit kennen lernte, doch lieb gewonnen. Besonders Zoë war mir in den letzten Tagen eine richtige Freundin geworden und ans Herz gewachsen und ... Franz-Joseph ... ich konnte es nicht mehr leugnen. Nur schon wenn ich an ihn dachte, begann mein Herz wie wild zu schlagen und einen Purzelbaum um den anderen zu schlagen. Und doch würde er hier zurückbleiben, wenn ich ging.

Aus diesem Grund wollte ich ihm davor noch einen unvergesslichen Moment besorgen. Sagte er nicht, er fühle sich manchmal wie der Vogel im goldenen Käfig. In meinem Kopf nahm da eine Idee langsam Form an.


«Was verschafft mir die Ehre, dich zum Lachen zu bringen?» Maxi liess den Film vor meinem inneren Auge ziemlich abrupt anhalten und holte mich wieder in die Gegenwart. Ich blinzelte ein paar Mal und versuchte mir, meine Verwirrtheit nicht anmerken zu lassen. «Oder hast du mir gar nicht richtig zugehört?»
«Wie, was?» Das wurde ja noch besser. Rot im Gesicht war ich nun bestimmt auch noch.

Maxi studierte nachdenklich meinen im Sekundentakt wechselnden Gesichtsausdruck und versuchte daraus schlau zu werden. «Lorraine, du bist eine aussergewöhnliche junge Dame. Du weisst, was du willst, sprichst das aus, was du denkst und doch habe ich das Gefühl, du verbirgst etwas vor mir. Da sind doch einige Fragezeichen, wenn ich dich anschaue.»

Zum Glück war ich bereits rot angelaufen. Wurde nun meine wahre Identität aufgedeckt? Wie ist er darauf gekommen? Ich habe mir doch solche Mühle gegeben, mich als Prinzessin zu tarnen. Waren all die Etikett- und Tanzstunden umsonst? Der Zeitpunkt war sichtlich ungünstig, meine Tarnung auffliegen zu lassen. Ich musste auf die Schnelle Maxi glaubhaft etwas anderes, das ich vor ihm verberge, auf die Nase binden. Bloss was?!

Betreten und gespielt verlegen schaute ich auf meine Schuhspitzen.

«Die aktuelle politische Situation und die verschärften Sicherheitsmassnahmen beunruhigen mich. Ich fühle mich eingeengt in diesen Mauern. Ausserdem kann ich mich einfach nicht entspannen, wenn ich weiss, dass jeden Moment ein Angriff stattfinden könnte. Ich wollte stark sein für dich. Man sollte der potenziell zukünftigen Kaiserin ja nicht ansehen, dass sie so etwas nicht verkraftete.»

Einen Moment lang herrschte Stille. Als ich schon dachte, dass er mir dieses Geständnis sowieso nicht abkaufte, zog er mich in eine Umarmung und streichelte mir sanft über den Rücken. «Hey Süsse, das ist doch kein Problem. Klar setzt das Amt der Kaiserin gewisse Erwartungen. Aber mit etwas Hilfe würdest du das auf jeden Fall lernen.» Er klang ziemlich zuversichtlich. Ich liess die Nähe zu und war nur froh, dass ich es gerade so geschafft hatte, meine Tarnung aufrecht zu erhalten.

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