Kapitel 7

Ich erwidere darauf nichts. Nichts, weil mir kein einziges Wort einfällt. Nichts, weil er mich verlegen macht und ich deshalb den Blick zu meiner Suppe schweifen lasse, die meinen Hunger stillt. "Du kennst mich doch nicht", murmele ich dann doch. Woher will er wissen, dass er genau so eine Frau wie mich haben möchte? Ich kann mit meiner rechthaberischen Art extrem nervig sein und verliere manchmal die Geduld, egal wie gefasst ich bin. "Ich lerne dich gerne kennen. Du interessierst mich. Du bist kampflustig, intelligent und bildschön. Das sind doch drei gute Punkte, um eine Frau kennenzulernen. Immerhin bin ich im heiratsfähigen Alter." Hm. Ich weiß ja nicht. "Wie alt bist du denn?" Dass ich das nicht schon vorher gefragt habe. "27, Schneeflocke." 27. Er sieht viel jünger aus als ein Mann, der langsam auf die 30 zugeht. Immerhin hat er gute Gene. Vier Jahre Altersunterschied. "Wirst du dieses Jahr noch 28?" "Nein, ich bin am 1.1. erst 27 geworden." "Ist das wirklich dein Geburtsdatum oder nur auf dem Pass?" Meine Frage scheint ihn zu belustigen, so wie seine Augen mich ansehen und seine Augenbraue hochgeht. Nur schmunzeln tut er minimal. Ich habe immerhin genug Familienmitglieder, die dieses Geburtsdatum auf ihren Pässen tragen. "Ich bin hier geboren. Alles echt." Es wird still. Ich fühle mich ein wenig komisch, alleine die Suppe zu vertilgen. "Wieso hast du keine Suppe?" "Ich weiß nicht. Teilst du deine mit mir?" Ich schiebe die weiße Schüssel sofort vor. Es ist sein Haus und sein Essen. Von mir aus kann er alles haben, aber er hebt nur ablehnend die Hand. "Iss, alles gut." "Wirklich nicht?", hake ich nach. Ich weiß nicht, wie sein Energiebedarf ist, aber wenn er groß ist, wird er sicherlich mehr Energie verbrauchen und demnach mehr essen. "Wirklich nicht, Schneeflocke. Iss die Suppe, dann können wir weiterreden."

Ich würde mich ja gerne nur darauf konzentrieren, aber die Stille macht mich verrückt, genau wie sein Starren. Er soll mich nicht beim Essen beobachten. Ich hasse es, wenn ich esse, aber mein Gegenüber nicht. "Kannst du nicht wenigstens ein paar der Snacks zu dir nehmen?" "Stört es dich, wenn ich nichts esse, Schneeflocke?" "Ich hasse es, wenn nur ich esse, mein Partner aber nicht." Seine Augenbraue hebt sich und schon wieder zuckt sein Mundwinkel so amüsiert. Was denn? Ich schüttele fragend meinen Kopf. "Dein Partner also. Das gefällt mir. Du hast mir soeben den Tag versüßt, Schneeflocke." Er ist so ein Schleimer! Ich murre leise, lasse mir aber weder die Hitze noch die Verlegenheit anmerken. Stattdessen esse ich weiter meine Suppe. Ich will aber nicht zu viel davon essen, damit ich den Dönerteller komplett aufessen kann, aber die Linsensuppe ist echt verdammt gut. Ich bin so verdammt hungrig, dass ich die ganze Zitronenscheibe ausquetsche, sie unter die Suppe rühre und die Schüssel auf meinen Mund ansetze. Ich habe heute überhaupt nichts Richtiges gegessen und habe solchen Heißhunger. In binnen von Sekunden ist die ganze Schüssel leer und ich zum Teil befüllt. Das tat gut. Ich seufze, als ich mich zurücklehne. Seine Augen liegen zufrieden auf mir. Das kleine Zucken seiner Lider verrät mir sein Amüsement. "Du scheinst ziemlich hungrig zu sein, Schneeflocke. Ich lasse dir das Essen so schnell wie möglich bringen." Und damit erhebt er sich. Ich würde eigentlich etwas dagegen sagen wollen, aber ich bin von seiner Mühe echt ein wenig ... angetan. Ich senke so lange meinen Blick. Mein Messer liegt auf meinem Schoß. Ich könnte es wegpacken, aber ich will es ihm nicht zu einfach machen.

Ich schaue nach links zum offenen Wohnzimmer. Der große Plasmafernseher ist an der Wand montiert. Ich mag die Steinwand dahinter und die hervorstehende Säule neben der schwarzen, mittigen Couch, die an die Wand gerichtet ist. Darüber ist ein schöner goldener Spiegel und links und rechts sind jeweils ein weiteres Sofa. Wieso so viel? Es sind auch viele Stühle hier. Hat er eine große Familie? Wie viele Brüder und wie viele Schwestern? Wie sind seine Eltern? Gott, ich will sie alle gar nicht kennenlernen. Ich hasse es, neue Menschen kennenzulernen. Hoffentlich hat er keine allzu jungen Geschwister. Er weiß ja immerhin, dass ich Kinder hasse. Als er wiederkommt, hat er zwar kein Essen dabei, aber ein neues Glas mit Eiswürfel. Er hat schöne Hände. So gepflegt. Und das Glas ist auch schön. Es hat schöne kristalline Verzierungen am Boden. "Es dauert nicht mehr lange. Verzeih mir." "Passt schon." Ich will kein Theater deshalb machen. Immerhin kriege ich das, was ich will. Nur verstehe ich nicht, wieso er immer noch neben mir stehenbleibt. Ich schaue fragend zu ihm hinauf. Was will er? "Willst du dich nicht setzen?" Ich zeige nachträglich mit dem Messer auf seinen Stuhl. "Darf ich dir auch Fragen stellen?" "Nachdem ich fertig bin, vielleicht." "Vielleicht?" Seine Augenbraue hebt sich amüsiert, aber seine Mundwinkel verlassen nie den kleinen Spielraum. Keine Ahnung, vielleicht will er Lachfalten vorbeugen. "Ja. Primär sind wir hier, um meine Fragen zu beantworten. Der Rest kann verhandelt werden." "Ich mag deine Kompetenz, Schneeflocke. Du wärst eine gute Geschäftsführerin." Und damit macht er sich wieder auf seinen Platz. Wie elegant er doch läuft und trotzdem so lässig.

"Hat sich dein Punkt eigentlich erledigt? Die Haltung der Frau und meine Vorstellungen?" Wenn du mich als Idealbild hast, kann ich nicht weiter nachhaken. "Wir gehen weiter zu Punkt Vier. Religion." "Ich bin Moslem, du ebenso. Die Vermählung wird also keine Probleme darstellen. Ich zahle deine Brautgabe, übernehme die Hochzeitskosten und alles, was du dir wünschst." Es gefällt mir nicht, dass er so kulant ist, obwohl ich genau einen Mann haben will, der alles schafft und tut, um mich glücklich zu machen. Das liegt an meinem Misstrauen. Ich will ihm nicht trauen. Er ist zu perfekt. Da steckt etwas dahinter. "Passt schon. Meine Eltern beharren nicht darauf, dass du alles zahlst." "Ich beharre aber darauf. Es ist mein Teil der Abmachung, Schneeflocke und ich halte mich an mein Wort." Es kann doch nicht sein, dass er als Gegenleistung nur die Heirat will ... aber mit der Heirat folgen auch andere Sachen ... Scheiße. Ich schiebe spontan einen neuen Punkt vor den eigentlichen fünften Punkt der Zukunftsvorstellungen. "Deine sexuelle Vergangenheit." Seine Mundwinkel zucken einen winzigen Augenblick, bevor er kühl den Kopf zur Seite neigt. "Ich bin keine Jungfrau." "Forderst du, dass ich eine bin?", frage ich harsch. Meine Nägel klimpern schon unruhig auf dem Holztisch. "Darf ich nicht, aber ich hätte niemals etwas dagegen." Ich verdrehe meine Augen, auch wenn überhaupt nichts gegen seine Aussage spricht. Einfach nur aus Prinzip. "Wie viele?" Meine Frage sorgt für das Anheben beider Augenbrauen. Seine Mimik wirkt manchmal wie einstudiert. Kein richtiges Lachen, kein richtiger Zorn. Nur seine Augenbrauen, die sich heben und senken.

"Ich war in diversen Partnerschaften. Nicht von langer Zeit. Öfter zur Lustbefriedigung." "Also warst du schon mal verliebt?" "Ich hatte mich bemüht, als meine Eltern mir eine potenzielle Braut vorgeschlagen haben, aber ich konnte trotz bemühter Freundlichkeit nicht warm mit ihr werden. Du hingegen willst nicht warm mit mir werden und trotzdem mag ich deine fehlende Wärme, Schneeflocke." "Ein einfaches Nein hätte auch gereicht", erwidere ich matt und streiche mir mit angezogenen Augenbrauen mein Kleid an meinen Schenkeln glatt. Er schmeichelt mir zu viel. "Ach, ach, Schneeflocke. Wann schmilzt du endlich?" Wenn ich möchte, könnte ich nachlassen, aber noch sehe ich zu wenig Engagement. Wir haben hier unser erstes, richtiges Gespräch. Man muss sich mehrmals treffen und reden. Ich muss mich an ihn gewöhnen. Das bedarf an Zeit. Aber jetzt komme ich erst zu meinem eigentlichen fünften Punkt. "Zukunftsvorstellungen." Mein Blick gleitet von meinem Display zu seinen Augen. "Irgendwelche weiteren Ziele, die du erreichen willst?" "Aktuell arbeiten wir an einer Skizze für Nanopumpen, die Herzkreislaufgeschwächte entlasten sollen. Schon seit zwei Jahren." Interessant. Ich bewundere die Mathematik und Physik dahinter, die man beherrschen muss. "Und Kinder?", hake ich zögernder nach. Er fährt sich einmal mit der flachen Hand über die Bartstoppel an seinem Mund. Hoffentlich akzeptiert er es, dass ich abgeneigt von Kindern bin. "Ich kann die Trägerin des Schmerzes und des Leids nicht dazu zwingen. Immerhin möchtest du auch Karriere machen. Ich würde gerne Kinder haben, aber ich will auch eine glückliche Frau." Gute Antwort. Die einzig Vernünftige. Ich nicke anerkennend, verkneife mir mit aller Mühe mein kleines Lächeln, aber anhand meiner Grübchen weiß er, was los mit mir ist. Ich muss mich zusammenreißen!

"Erwartungen." Weiter rede ich nicht. Meine Hände falten sich ineinander mit dem Messer dazwischen. Ich bin noch ein wenig zu zögernd, um nachzuhaken. Stattdessen warte ich darauf, was ihm dazu einfällt und auch er scheint darüber nachzudenken, was er sagen könnte, so wie seine Augen durch den Raum schweifen. "Gerechtigkeit und Respekt. Ich mag es, meiner Frau Aufmerksamkeit zu geben, aber auch zu bekommen." Das wird schwer. Zumindest für den Anfang, aber das sollte er wissen. "Was noch?", hake ich nach. "Beziehst du dich auf ein gewisses Gebiet?", raunt er plötzlich. Ich atme plötzlich tief ein, als hätte ich es gerade eben für eine halbe Minute nicht getan. Ich habe nicht mit dieser Gegenfrage gerechnet. So wenig, dass es schon sinnlos ist, weiter die Unwissende zu mimen. Schön, er hat mich erwischt! Das neugierige Glitzern in seinen Augen zwingt mich ja schon fast, es auszusprechen. "Hast du Fetische? Erwartest du etwas von mir?" "Nur, dass du dich mir öffnest, Schneeflocke. Das ist die Basis und der Rest folgt danach." Der Rest folgt danach. Was der Rest ist, weiß ich nicht. Ich will auch nicht nachfragen, solange ich mich nicht geöffnet habe. Das reicht mir fürs Erste zu dem Punkt und als hätte Gott gewollt, dass ich meinem rauchenden Kopf eine Pause gönne, wird uns schon das Essen gebracht. Wie lange ich keinen großen Dönerteller mehr hatte und wie gut das aussieht! Ich trinke provisorisch das geschmolzene Wasser der Eiswürfel aus dem Glas und schütte mir Cola ein, damit sie gut kühlt so lange. Das Essen verläuft still. Er fragt mich nur, ob es mir schmeckt, was ich bestätige. Dafür, dass ich sonst immer das Essen aller, außer das meiner Mutter, als okay betitele, ist das wirklich der beste Dönerteller, den ich hatte. Ich stopfe mir jeden Krümel rein, obwohl ich voll bin. Die Übelkeit danach lohnt sich.

"Alhamdullilah", murmele ich ächzend. Gott, ich muss mir diese Schuhe ausziehen. Dafür muss ich die Luft einhalten, weil ich mich durch das Essen in einer Schwangerschaftssimulation befinde. Fünfter Monat, so fühlt es sich an, als ich mich zu den Schnallen runterbeuge. "Sag mir das doch. Ich tue es für dich." Ich höre schon, wie die Stuhlbeine zurück knarzen, also hebe ich ablehnend meine Hand. Ich bin ja endlich raus aus den Schuhen. Hätte ich mir doch Wechselkleidung mitgenommen. Ich will liegen und schlafen. "Danke fürs Essen", seufze ich. Das tat verdammt gut. Als gern geschehen kriege ich ein zufriedenes Nicken seinerseits. "Ich lasse uns Früchte bringen. Willst du nicht lieber auf dem Sofa sitzen? Es ist sicherlich langsam unbequem auf dem Stuhl." Das ist es tatsächlich. Mein Po fühlt sich platt an. Ich setze mich mit meinem Glas Cola auf das extrem weiche schwarze Leder. Es ist kühl. Ein wenig zu kühl für mich, aber wenn ich meine Beine anziehe, sollte es schon gehen. Er setzt sich genau zu mir auf die Couch. Sein Arm streckt sich auf der ganzen Rücklehne aus und er muss nur seine Finger ausstrecken, um meine Wange zu berühren. Er sitzt in einer simplen, typischen Männerpose neben mir mit gespreizten, angewinkelten Beinen, aber es sieht verboten gut aus. Ein Blick auf die silberne Schnalle seines Gürtels reicht schon, um verrückte Gedanken zu erwecken, die ich sofort verdränge. Am Ende beeinflussen sie mich wie sein so herbes Parfüm. Zum Glück kommen die zwei älteren Bediensteten wieder, die einen großen Teller mit Früchten ablegen sowie zwei kleinere Teller, Messer und Gabel, ehe sie uns verlassen.

"Du kannst beide Messer an dich nehmen, wenn du dich dadurch sicherer fühlst." Er hat Humor ... zu guten Humor. Ich will nicht lachen! Mein Gesicht vergräbt sich in meinen Kniescheiben und ich büße für das kleine Schmunzeln mit der mangelnden Luftzufuhr, die durch meinen eingedrückten Bauch in dieser Position entsteht. Ich würde sie ja gern ausstrecken, aber dann würde ich ihn berühren und das will ich nicht. Ein kleines bisschen mehr Platz kann ich mir dennoch verschaffen. Seine rechte Hand zeigt einladend auf die ganzen Früchte auf dem Tisch. "Möchtest du erst essen oder mit deinen Fragen weitermachen?" "Fragen. Was für Interessen besitzt du? Hobbys?" Ich bin hier, um zu handeln. Das Essen steht heute mal an zweiter Stelle. "Ich baue und repariere seit Kind an. Seien es Regale, Autos oder Elektronik. Ich kriege mit ein bisschen Mühe alles hin. Natürlich nicht so gut wie geschultes Fachpersonal, aber ich besitze ein gutes Wissen. Ich habe meinem Onkel früher oft in seiner Firma geholfen und wollte erst Tischler und Schreiner werden. Ich mag es, die Dinge zu kreieren, die ich haben will. So habe ich die Kontrolle und kann völlige Zufriedenheit erlangen. Ich gestalte es mir so, wie ich es will." Ich bin angenehm überrascht. Es ist schön, dass er so ein Hobby besitzt. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mir auch immer gewünscht, dass mein Zukünftiger ein Talent oder eine Leidenschaft besitzt. Es gefällt mir. Sehr. Zu sehr. So sehr, dass ich sogar sanft lächele.

"Dann lebst du ja wirklich deinen Traum mit deinem Beruf." Etwas, was ich mir so sehr wünsche und dieser Wunsch zerrt nur noch weiter an mir, als ich die Zufriedenheit in seinen Augen sehe. Wie sehr ich das auch haben möchte. "Das tue ich mit jeder Faser meines Körpers." Ich gönne es dir. Mein stummes, verstehendes Nicken drückt genau das aus. Ich lehne meine Schläfe gegen das kühle Leder. Mir ist gar nicht mehr kalt, vor allem bei seinen einnehmenden Augen. Er wirkt so liebenswert. Ich genieße es gerade, hier zu sitzen und ihn anzusehen. Mir tut die Ruhe gut. Genau das brauche ich. Ich habe zu oft den Drang, einfach nur alleine zu sein, ohne eine Menschenseele. Durch meine vier Schwestern, die immer etwas aus meinem Zimmer oder von mir persönlich brauchen und meine Eltern, denen ich oft auch helfen muss, finde ich sie nie und umso schöner ist es, wenn ich einen Tag mal alleine zu Hause bin. Hier in diesem großen Wohnzimmer könnte ich stundenlang sitzen und ein Buch lesen oder einfach nur liegen. Azad bewegt sich plötzlich. Er beugt sich zum Tisch vor, um einen Teller mit prallen, grünen Trauben zu belegen, sowie Litschis. "Du hast viele Allergien gegen Früchte." "Das passt schon. Oft ist es nur noch ein sanftes Jucken an meiner Lippe." Aber früher wollte ich mir immer die Hand in den Hals stopfen, um den inneren Juckreiz zu lindern. "Sicher? Ich möchte nicht, dass du deine Neurodermitis provozierst." Er schaut mich abwartend an, bis ich das endgültige Ja gebe, damit er mir noch Erdbeeren auf den Teller gibt und es mir hinhält. Wie aufmerksam. "Hast du noch Fragen?" Stimmt! Ich bin ja aus einem bestimmten Grund hier. Ich setze mich sofort aufrechter hin, genehmige mir aber die knackigen Trauben.

"Was magst du überhaupt nicht?" Und sofort verdunkelt sich seine entspannte Miene. Oh, was erwartet mich? "Keine Beleidigungen. Keine Respektlosigkeit. Kein Betrug in jeglicher Art. Ich lasse dir zwar deine Freiheiten, aber ich kann und bin sehr besitzergreifend. Ich sage dir schon rechtzeitig, wo die Grenzen sind." Wie fest seine Stimme doch plötzlich ist - so viel fester! So viel strenger. Es gefällt mir nicht. Die Entspannung weicht aus mir, so gelassen ich mich auch gebe. Dann eben zum nächsten Punkt. Punkt 11 fällt dann damit weg. Es sind ja nicht mehr viele. Wow. "Wenn du Alkohol trinkst, rauchst, kiffst, Casinos besuchst oder sonstige Rauschmittel oder Süchtigmachendes in deinem Leben hast, verschwinde ich sofort. Ich will keinen Junkie, keinen Trinker, keinen Versager. Nichts davon. Ich hasse es bis zum Tod. Verstanden?" Jetzt bin ich diejenige, die aus ihrer lockeren Fassade tritt. Meine Stimme ist apodiktisch, fest. Ich verlasse das Haus sofort, wenn er eins dieser Sachen tun sollte. Ich habe mir geschworen, niemals so einen Mann nehmen zu wollen und daran halte ich mich auch. Niemals. Nein. Es erleichtert mich, dass er nickt. Wenn ich ehrlich bin, wäre es sehr schade, wenn es hier enden würde. "Ich habe nur auf einigen Veranstaltungen mit Geschäftsmännern Zigarren geraucht, falls diese angeboten wurden, aber das wird nie wieder vorkommen, zumal du Asthma hast und ich dir niemals schaden möchte. Mach dir keine Sorgen darum. Ich lebe ein gesundes Leben." "Das wäre auch mein letzter Punkt", spreche ich weiter. Echt verrückt, wie vieles er mir ungewollt vorwegnimmt, aber das erspart mir viel Energie. Einige Unterpunkte zur Frage der Geschichte kann ich schon mal abhaken, weil er mir davon erzählt hat.

"Hattest du eine gute Kindheit? Ist etwas passiert, das dich geprägt und oder traumatisiert hat und hast du bis heute gewisse Abwehrmechanismen?" "Ich bin wohlhabend aufgewachsen. Wohlhabend, diszipliniert, aber dennoch mit Liebe. Ich lebe ein riskanteres Leben als andere, deshalb die konstante Sicherheit. An einigen Stellen bin ich schon abgestumpft, aber nichts, was dich negativ beeinflusst. Ich schütze dich mit meinem Leben." Ich müsste nachhaken, was genau er damit meint, aber ich will nicht. Ich will nicht, weil ich mich gerade wirklich hier ein wenig wohlfühle und die Gesellschaft eines Mannes genieße, der all das verkörpert, was ich mir gewünscht habe. Ich hoffe so sehr, dass ich mich nicht irre. Ein Teil von mir wird vermutlich mit dieser Angst und Sorge niemals Ruhe geben, aber ein großer Teil sehnt sich endlich nach Entlastung. Nach Verlässlichkeit. Nach Ruhe und Zufriedenheit. So sehr. Er vermittelt mir all das durch seine Sätze. Er gibt mir Respekt. Er kommt mir zuvor. Ich ... ich habe keine Ahnung. Ich will mir nicht vor ihm den Kopf zerbrechen. Das will ich tun, wenn ich alleine bin. Hier muss ich erst das Gespräch zu Ende führen. "Und wie schaut es mit deiner Krankheitsgeschichte aus?" "Ich besitze keine Krankheiten und lasse mich in regelmäßigen Abständen untersuchen." Das findet man heute recht selten, habe ich das Gefühl. Mein Vater macht es, aber bei ihm hat es auch einen Grund. "Keine Auffälligkeiten in der Familie? Diabetes? Depressionen? Schlaganfälle? Herz-Kreislauf?" "Meine Großmutter ist an einem Schlaganfall gestorben, aber das ist den Zigaretten verschuldet, die sie massiv geraucht hat. Und sollte etwas auffallen, lasse ich es dich sofort wissen." Ich finde es schön, dass er mich einweihen will. Das rechne ich ihm hoch an.

Es wird still zwischen uns. Ich nage an meinen Früchten, während er mich seelenruhig mustert. Ich spüre langsam auch meine Müdigkeit auftauchen. Wie spät ist es eigentlich? "Wie viel Uhr haben wir?" "Gleich 21:00 Uhr." Was?! Niemals! "Was redest du?", murre ich. Niemals haben wir schon so spät. Wir hatten doch gerade erst 17:00 Uhr! Wie lange habe ich gebraucht? "So schnell kann es gehen, wenn man harmoniert, Schneeflocke." "Das war ein Bewerbungsgespräch", erwidere ich schroffer als gewollt. Seine großen Hände heben sich schulterzuckend, als wüsste er nicht, was er darauf antworten soll und sein bescheidenes Blinzeln macht ihn nur noch charmanter! Er soll aufhören damit! "Ich hoffe, ich werde angenommen, Schneeflocke. Ich biete mein ganzes Hab und Gut für eine gute Ehefrau." Seine Stimme ... argh! Sie ist perfekt. Angenehm rau in diesem stillen Raum und so samtig weich, wenn er will. Er weiß, wie er seinen Mund einzusetzen hat und genau deshalb will ich die Forderungen nicht beenden. "Hast du was gegen Katzen?", frage ich. Auf die Schnelle ist mir sonst nichts eingefallen, aber es reicht, damit sich sein Kopf schief legt. "Hast du keine Katzenallergie?", fragt er verwirrt. "Einmal Antihistaminikum und ich bin so gut wie immun." "Aber nur begrenzt." "Ich passe oft auf die Katzen meines Bruders auf, wenn er mit seiner Frau im Urlaub ist. Es kommt auf die Rasse an und wenn ich nur eine Tablette nehme, geht es mir über Tage gut." "Du willst also eine Katze?", hakt er mit angezogener Braue nach. Er hat echt schöne Augenbrauen. Nicht zu dünn, aber trotzdem schön schmal. Ich nicke. "Zwei. Sie sollen nicht alleine sein." Bei diesem gigantischen Haus könnte ich mir sogar noch mehr vorstellen.

"Wie du wünschst, Schneeflocke. Hast du eine gewisse Rasse im Sinn?" "Ich komme mit der Britisch Kurzhaar gut klar." "Alles klar. Darf ich die Farben aussuchen?" Ich zucke nickend mit meinen Schultern. "Von mir aus." Hauptsache, ich kriege Katzen. Nach seinem versprechenden Nicken wird es wieder still. Mir fällt aktuell keine weitere Frage ein und ich werde immer bequemer mit dem weichen Sofa. "Hast du wirklich noch nie eine Frau geschlagen?", murmele ich. Es ist mir verdammt wichtig, dass ich niemals in eine gewalttätige Beziehung komme. "Nein. Ich habe und werde keine Frau schlagen. Wieso besorgt dich das so sehr? Ist etwas passiert?" Zu viel. Eine Person und all seine Taten seit meiner Kindheit. Ich will nicht darüber sprechen. Es kommt mir nie über meine Lippen. Selbst Dijan als langjährige Freundin weiß nichts davon, auch wenn ich weiß, dass bei ihr auch nicht alles glattläuft. Ich will einfach nicht darüber sprechen. Ich spreche es auch bei ihm nicht aus, egal wie offensichtlich mein Schweigen sein mag. Ich will nur, dass es endet. Endlich. Es reicht. Er wird sich niemals ändern. Er ist 31. Gottverdammte 31, älter als Azad und trotzdem hat er nichts als die Barmherzigkeit meiner Mutter, die vor Leid und Kummer schon Herzprobleme davontragen muss. Ich esse wortlos meine Früchte weiter, weil ich das Kribbeln am Hinterkopf spüre, das ich oft bekomme, wenn ich emotionaler werde. Es würde mir reichen, wenn er inhaftiert wird, aber nicht einmal das kriegt der Staat hin, obwohl seine Akte vollgefüllt mit Delikten ist. Ich verstehe nicht, wieso er so ein Glück hat, den Dingen so davonzukommen. Weder hat er durch seinen Drogen-, Tabak- und Alkoholkonsum gesundheitliche Schäden, die ihn einschränken, obwohl er es seit Jahren tut - wahrscheinlich mehr als zehn verfickte Jahre! -, noch wird er verhaftet. Wie kann es sein, dass andere unschuldige Zivilisten von Polizisten bis aufs Niveaulose schikaniert und aufgefordert werden, sofort einen Drogentest zu machen und sogar am Ende aufgrund des Machtmissbrauchs der Beamten eine Anzeige und oder Gerichtseinladung kriegen und verletzt werden, aber einer wie er, der einbricht, Männer und Frauen schlägt und sonst was macht, nichts? Gar nichts? Wie? Ich verstehe es nicht. Ich verstehe die Ungerechtigkeit dieser Welt nicht.

Mein Magen erreicht durch die guten Früchte ein neues Völlegefühl. Meine letzten Schlucke Cola sind schon süß geworden, weshalb ich mir sein Glas nehme und mir Wasser einfülle. "Willst du auch?", frage ich, bevor ich trinke. "Nein, danke. Trink." Obwohl er so neutral guckt, wirkt er durch seine Augen manchmal so arrogant. Seine dunklen Brauen wirken streng, sein Blick so eisig durch die hellen Augen. Ich muss noch ein Glas trinken. Mein Hals fühlt sich zu klebrig an. Heute reagieren meine Lippen nicht auf die Erdbeeren, was gut ist. Fast hätte ich mit meinen geschminkten Lippen argumentiert, als mir dann einfällt, dass ich nichts mehr nach dem Essen auf den Lippen habe. Ich habe mir mit dem Taschentuch alles weggewischt. Langsam fühle ich mich auch mit der Schminke unwohl. Ich spüre plötzlich, wie klebrig meine Haut durch meine Hautpflege und Sonnencreme ist, aber wenigstens jucken meine Augenlider nicht dank des Antihistaminikums - ach, deshalb reagiere ich nicht auf die Erdbeeren! Das habe ich ja komplett vergessen. Ich beschließe, sein Gesicht zu mustern. Dafür brauche ich mich nicht zu schämen, so oft und so lange, wie er mich angesehen hat und jetzt immer noch tut. Schmale, markante Nase, hohe Wangenknochen. Seine Bartstoppel wachsen schnell und bis unter sein Kinn, wo sie am Halsansatz enden. Es liegt eine gewisse Grundstrenge in seinen Zügen, die ihn autoritär wirken lässt und es ist wirklich die grelle Farbe seiner Augen, die dafür sorgen, dass er manchmal dadurch arrogant wirkt, egal wie sinnlich seine Lippen wirken. Ihre Farbe erinnert mich ein wenig an meinen Lippenstift in Rosenholzfarbe.

"Wieso wirkt dein Blick oft so arrogant?" Vielleicht ist es sein natürlicher Ausdruck, vielleicht hat es auch einen anderen Grund. "Ich vermute, du meinst damit meine Reaktion wegen der Lichtempfindlichkeit." Oh ... peinlich. Ich presse meine Lippen aufeinander. "Schon gut dann", murmele ich. Ich Idiotin. "Macht nichts. Ich bevorzuge gedimmtes und vor allem warmes Licht." Er deutet auf die Decke zu dem Kronleuchter. Erst jetzt fällt mir auf, dass beides darauf zutrifft. "Ich bin nicht gerne und lange in der Sonne, so angenehm die Wärme auch ist. Deshalb nehme ich auch immer Vitamin-D-Präparate zu mir, sonst bin ich konstant im Mangel." Okay. Dann weiß ich Bescheid. Ich lehne meine Schläfe wieder an das gepolsterte Leder. Meine Augen bleiben auf ihm. Wann hat er den zweiten Knopf seines Hemdes geöffnet? Ich klappe den überschüssigen Stoff des Kleides unter meine Füße, ehe ich sie ein wenig weiter ausstrecke. Meine Intention ist es aber nicht, dass er meine Beine über seinem Schoß ausstreckt. Meine Waden kitzeln bei dem sachten Druck. Mir wird warm bei seinen Händen. Er hindert mich wortlos daran, sie zurückzuziehen. "Lass. Mach es dir gemütlich." "Passt schon", erwidere ich angespannt. So weit sind wir noch nicht. Das muss nicht sein. "Avin, bitte." Ich halte inne. Er hat weder streng noch fordernd gesprochen, aber sobald er mich nicht mit meinem Kose- ... Spitznamen anspricht, weiß ich, dass es ernster ist. Ich belasse es dabei. Nur heute.

"Du kannst entspannen, Schneeflocke. Einmal. Du bist zu jung für diese Anspannung." Oh, wenn er nur wüsste, was diese Aussage in mir auslösen kann, wenn ich es nur zulassen würde. Ich schließe meine Augen aus Angst, dass sich doch mehr Tränen ansammeln. Es soll doch nur einmal in meinem Leben so laufen, wie ich es möchte. Nur einmal. Es ist eine konstante Erschöpfung, jedes Mal aufzuwachen und mit der Realität konfrontiert zu werden, dass man nicht das gewünschte und verdiente Leben führt. Tag über Tag. Woche über Woche. Monat über Monat. Jahr über Jahr. Ich kuschele mich weiter in die Ecke des Sofas, drehe mich mit dem Gesicht zur Rückenlehne. Ich brauche diesen kleinen Moment für mich. Ich bin müde. Ich weiß nicht, wie ich fühlen und wie ich handeln soll. Nehme ich es an, werden mir all meine sehnlichsten Wünsche erfüllt, aber ich muss mit Konsequenzen leben. Damit, dass ich permanent unter Schutz stehe. Will ich das? Gerade spüre ich nichts, was dagegenspricht, aber vielleicht nur, weil ich viel zu lange in meiner erdrückenden Monotonie lebe.

Ich habe nicht bemerkt, dass ich eingeschlafen bin. Ich schrecke sofort auf. Mein Herz schlägt sofort viel schneller. Der Rausch meines Schlafes drängt sich durch meinen Adrenalinschub zurück. Ich bin noch im Wohnzimmer, das Licht ist viel dunkler gedimmt. Alles ist noch gleich. Ich habe mein Kleid an. Nur meine und seine Position sind verändert. Ich liege auf dem Sofa, mit seinem Mantel auf mir, während er auf dem Sofa mittig des Wohnzimmers sitzt. Noch ist sein Blick auf sein Handy gerichtet, auf dem er tippt. "Du hast nur zwei Stunden geschlafen." Sein Blick hebt sich, simultan sperrt er sein Handy. "Alles gut? Du wirkst so verschreckt." Ich nicke, auch wenn mein Herz immer noch schnell schlägt. Bin ich völlig gestört? Ich kann doch nicht hier einfach so einschlafen! "Wie viel Uhr haben wir?" Mein Hals ist ganz trocken. Ich muss etwas trinken und als hätte er mein Bedürfnis gehört, steht er auf, um mir Wasser einzuschenken. "Kurz nach Mitternacht." Scheiße, ich muss morgen arbeiten! Ich setze mich sofort auf, verschlucke mich fast am Wasser, weil ich es so schnell runterschlucke. Wieso liegen die Messer bei mir und zu ihm gerichtet? Wieso saß er auf dem anderen Sofa? Wieso war ich plötzlich müde? Hat er mir doch etwas untergemischt? Nein, sonst würde ich nicht so schnell aufstehen ... ich lasse mir morgen Blut abnehmen und es im Labor untersuchen. Ich traue ihm nicht. "Ich muss gehen." Und ich habe überhaupt keine Lust in diesem Kleid und High Heels jetzt durch die Kälte und dann in den Aufzug und argh!

Ich schnappe mir die Schuhe unter dem Esstisch und dackele durch den Flur. Hier ist es viel kälter als im Wohnzimmer. Ach! Meine Tasche! Ich will gerade zurückrennen, da steht er schon hinter mir. Ich kann mich gerade noch so abbremsen, bevor ich gegen ihn knalle. Er hat meine Tasche schon genommen. Ich muss weg. Das war genug Leichtsinnigkeit für heute. Erst als ich aus der Tür trete, steige ich in die Schuhe, ohne die Schnallen zu schließen. Ich muss mich abschminken, ich muss einen Liter Wasser trinken, weil mein Hals sich immer noch wie eine klebrige Sahara anfühlt. Ich hasse mein jetziges inneres Gefühl. Ich fühle mich so gestresst, obwohl nichts los ist. Ich fühle mich unwohl, obwohl ich jetzt an der kühlen Luft sein kann. "Vorsicht, Avin", warnt er mich zum ersten Mal heute extrem streng. Ich halte mich doch am Geländer fest. Mir passiert schon nichts. Nur habe ich in diesen hohen Schuhen kaum Gefühl für die Abstände und vertue mich um eine Stufe, aber zum Glück ist der Rücken des Sicherheitsmannes da, an dem ich mich unsanft abstütze. Gott, ich will einfach nur nach Hause! Mir ist ganz heiß. So heiß, dass ich mein Gesicht verlegen an der Schulter des armen Sicherheitsmannes vergrabe. "Alles in Ordnung?" "Alles bestens", antworte ich ihm flüsternd. Hinter mir seufzt der blauäugige Mörder schon und im nächsten Moment stützt er mich die letzten Treppenstufen runter bis ich im Auto sitze. Oh Mann, nie wieder!

"Du sollst aufpassen! Du hast weder die Schuhe richtig angehabt, noch warst du vorsichtig beim Absteigen. Wenn Jamal nicht dagewesen wäre, wäre weiß Gott was mit dir passiert!" Schreit er mich gerade wirklich an? Schreit er mich wirklich jetzt ernsthaft an? Ich lasse mich nicht anschreien. Von niemandem. "Ist was passiert? Nein. Schrei mich nicht an!", gebe ich am Ende lauter von mir. Schön und gut, dass er mir sagen will, dass ich aufpassen muss, aber mich anschreien braucht er ganz sicherlich nicht, wenn ich mich schon so gestresst fühle. Wir liefern uns einen finsteren Wettkampf und im Leben werde ich nicht die Erste sein, die den Blick abwendet. Sein Kiefer zuckt angespannt im Licht der Laternen des Hauses und er ist wirklich so nachsichtig und schließt seufzend seine Augen. "Pass beim nächsten Mal auf. Ich will nicht, dass du dich verletzt." Und damit startet er den Wagen und fährt aus dem Hof. Den ganzen Weg schweigen wir und wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich unwohler, als ich es mir anmerken lasse. Diese kleine Auseinandersetzung lässt mich komisch fühlen. Ich kann seine Angespanntheit immer noch spüren. Ich könnte etwas sagen. Etwas, was ihn vielleicht besänftigen könnte, aber ich kann mich nicht überwinden und so verweile ich stumm auf dem Beifahrersitz bis er vor meiner Haustür ankommt. Die peinliche Stille nimmt jetzt nur noch weiter zu. Ich muss wenigstens ein Wort rausbringen. "Danke fürs Essen." Erst danach wende ich meinen Blick zu ihm. Er nickt. "War mir ein Vergnügen, Schneeflocke." Schneeflocke. Er ist doch nicht mehr sauer. Verrückt, wie ein Wort reicht, um mich wieder sicherer fühlen zu lassen.

Da seinerseits nichts mehr kommt und ich viel zu verstummt bin, um etwas zu sagen, lächele ich nur halbherzig und schnalle mich ab. "Ich hoffe, ich habe dir all deine Fragen beantworten können." Ich bin so froh, dass er mir zuvorkommt, aber ich lasse mir dennoch Zeit beim Abschnallen, bis ich die Schnalle sorgfältig nach oben gleiten lasse, bevor ich antworte. "Es gibt nie genug Antworten", erwidere ich wahrheitsgemäß. Ja, er hat mir meine Fragen beantworten können, aber ich weiß, dass noch vieles außen vor steht. Ich weiß nicht, wieso er beschützt wird. Ich weiß nicht, wieso er diesen Mann erschossen hat und was danach mit seinem Körper in diesem dubiosen Haus am Ende der Siedlung passiert ist und ich weiß nicht, was mich erwartet, wenn ich wirklich seine Frau werden will. "Hast du immer noch kein Gefühl, mir vertrauen zu können?" Ich schüttele den Kopf. Das geht nicht so schnell. "Das kannst du auch nach einem ersten Treffen nicht erwarten. Vergiss nicht, was das Erste war, was ich von dir sehen durfte." "Es hätte bessere Zufälle geben können, da hast du recht." Er nickt nachträglich, aber ich bin da ganz anderer Meinung. "Das war der beste Zufall. Ich glaube nicht, dass du mir freiwillig gesagt hättest, dass du Menschen tötest." Er hält inne. Er hält tatsächlich inne! Seine Lippen spalten sich, ohne ein Wort von sich zu geben. Das beweist mir, dass ich noch sehr viel erfahren muss. "Und genau deshalb kann ich dir nicht vertrauen", führe ich fort. Seinerseits folgt wieder nur ein stummes Nicken.

"Es reicht mir vollkommen, dass du gegessen hast, ohne mir zu misstrauen, Schneeflocke."

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