Kapitel 3
Ich komme zu Hause an. Meine Eltern sitzen beide im Wohnzimmer. Der Junkie scheint wohl wieder draußen herumzulungern - endlich. So muss ich mir seine Anwesenheit nicht antun. Ich bin sofort entspannter, begrüße beide und gehe dann in mein Zimmer, in dem ich Perwin an meinem Schreibtisch sehe. Sie lernt für ihre Abiturprüfungen und wie ich sehe, geht sie gerade ihre Biologiethemen durch. Mein Lieblingsfach. Wie sehr ich es geliebt habe und auch die Zeit im Unterricht. Manchmal wünsche ich sie mir zurück, auch wenn ich all die Freunde jetzt verachte, die ich damals hatte. Ich war glücklich. Ich hatte Abwechslung im Leben. "Nimm mein Notizbuch für die Nervengifte. Ich habe noch all meine Aufzeichnungen." Ich hocke mich zum weißen Regal neben ihr runter und ziehe mein pink-graues Buch hervor. Ach, ach, die guten alten Zeiten. Ob die Polizei schon am Tatort ist? Als ich mich zu meinen Pflegeprodukten im obersten Regal meines Schreibtisches stelle, bemerke ich, wie viele Produkte doch blau sind. Selbst mein Gebetsteppich und die Blumen auf dem Gebetsgewand sind blau. Das erste Buch auf meinem Stapel ungelesener Bücher auf meinem Bett ist blau und erst jetzt fällt mir so richtig auf, dass meine Thiemebücher auch einen hellblauen Teil auf ihren Covern besitzen, mal abgesehen von den ganzen hellblauen Kugelschreibern in meinem Becher. Ich konnte mir sein Gesicht nicht merken, habe nur vage Umrisse im Kopf. Ich weiß nur, dass er dunkles Haar hat, stechend blaue Augen und einen Ohrring trägt.
Selbst als ich meine unterste Schrankschublade öffne, springen mir die drei blauen BHs zu aller erst ins Auge! Wieso habe ich zwei hellblaue? Ich verdrehe meine Augen, nehme aus Prinzip das dunkelrote Set und meine Schlafsachen, bevor ich allen in der Wohnung Bescheid gebe, dass ich duschen will. "Ich will Zähne putzen!", ruft Pelin aus dem Nachbarzimmer, aber die ignoriere ich gekonnt. Zähneputzen dauert keine fünf Minuten und außerdem bleibt sie sowieso bis Mitternacht wach. Ich schließe das Fenster und schäle mich langsam aus meiner Kleidung, kämme mir über der Toilette meine Haare aus, bevor ich die einzelnen Strähnen aus dem Kamm zupfe und in den Müll werfe. Mein Blick gleitet wieder zum Fenster, das ich noch einmal nachträglich verschließe und dann in die Badewanne hüpfe. Ich seufze tief beim Auftreffen des warmen Wassers auf meine Haut. Ich habe keine Lust, morgen wieder zu arbeiten. Ich weiß, dass das Labor nach den ganzen Bakterien im Brutschrank stinken wird. Zudem bin ich in derselben Schicht wie diese unfassbar nervige Italienerin eingeteilt, die mehr Unwissen als Wissen mit sich trägt. Wie kann man so selbstbewusst sein, wenn man nicht einmal weiß, wie man Bruschetta ausspricht? Und als sie deshalb wirklich googeln wollte, wollte ich durchdrehen. Dass man die eigene Muttersprache nicht kann, ist eine Sache. Dass man auf Unwahrheiten beharrt, die andere.
Ich drücke den Duschkopf gegen meine Brust, schließe meine Augen, als ich einen entspannenden Atemzug nehme. Ich will weder raus aus der Dusche noch in wenigen Stunden wieder aufstehen. Außerdem will ich etwas essen, aber ich habe keine Lust auf Reis. Ich bin seit Jahren auf einer halben Reis-Abstinenz, weil ich es mir einfach nicht mehr geben kann. Wenigstens hat meine Mutter Avka nûka gemacht. Ich freue mich auf die gekochten Kichererbsen in der würzigen Hühnerbrühe. Davon kann ich eine Menge schlürfen. Ich schreibe Avdar aus der Dusche, dass sie mir gleich Frühlingsrollen machen soll. Mich überläuft plötzlich ein kalter Schauder. Ich drehe mich hektisch um, schaue wieder zum Fenster und zurück. Da ist nichts. Dieser kranke Mörder beeinflusst mich mehr als er sollte. Was ist, wenn er mich morgen erschießt? Ich atme tief durch. Sollte heute mein letzter Tag sein, werde ich die Gebete so konzentriert und der Sunnah folgend wie möglich verrichten. Hoffentlich liegt morgen kein Gewebe vor, das Splitter einer Kugel in sich aufweist. Wann die Polizei und die Nachrichten vom Mord mitkriegen? Eines der ganzen modernen Häuser wird es doch wohl sicherlich mit einen der Sicherheitskameras aufgefasst haben. Aber ich weiß nicht, wie weit diese Kameras alles auffassen und der Mord fand weiter weg statt. Und ich weiß vor allem nicht, wozu dieser Mann noch alles in der Lage ist. Wer sagt denn nicht, dass er mit seiner Macht alles durch Korruption fallenlassen könnte?
Ich stehe um 05:10 Uhr zum Fajr-Gebet auf. Heute kam der Junkie nicht nach Hause und ich bin sofort zufriedener. Ich binde mir nach dem Gebet und dem Einziehen meiner Sonnencreme meine Haare zu einem mittelhohen Zopf, zupfe links und rechts meine zwei halblockigen Strähnen hervor und trage auch Mascara auf. Mir ist heute danach. Mein Outfit habe ich auch schon im Kopf, obwohl ich erst seit fünfzehn Minuten wach bin. Es werden schöne 16 Grad. Bis jetzt läuft alles gut. Ich ziehe mir meine braune Momjeans sowie meinen cremeweißen Cut-Out Pullover an, wechsele meine Goldkette mit dem pinken Stein in der Mitte gegen die kleine goldene Herzkette, die mein Vater mir geschenkt hat und ziehe mir meine braune Oversize-Bikerjacke über, nachdem ich Deo und Parfüm auftrage. Ich bin jetzt schon fertig zum Losgehen, obwohl ich noch mehr als eine Stunde Zeit habe. Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen. Wieso habe ich es so eilig? Ich lege die Jacke sofort wieder ab. Ich habe nicht einmal Socken an. Mein Blick gleitet fragend zu meinem Ganzkörperspiegel. Die glasigen Perlen meines selbstgebastelten Tesbihs schimmern im Licht meiner Deckenleuchte an einigen Stellen blau. Ich verdrehe meine Augen. Wahrscheinlich ist er schon über alle Berge. Das hoffe ich für ihn. Ich habe keine Lust auf Mörder in meiner Stadt. Es reicht mir schon, dass ich gleich sicherlich wieder alle Alkoholflaschen und -dosen wegtreten muss auf dem Weg zur Bushaltestelle.
Ich stehe immer noch an derselben Stelle meines Kleiderschrankes. Mich ergreift ein Impuls, einfach jetzt loszugehen und zur Arbeit zu laufen. Ich fühle eine Unruhe in mir, die sich erst durch das Rausgehen beruhigen wird. Was solls? Ich mag es sowieso, Bilder vom Sonnenaufgang und -untergang zu machen. Da kommt mir dieser Drang ganz gelegen. Ich ziehe meine weißen Plateau Chucks aus dem Schrank, die ich so selten anziehe, weil ich sie nicht dreckig machen will, suche mir hohe Socken raus und trage ernsthaft wieder Parfüm auf. Hätte ich keine 125ml dieses Marc Jacobs Parfüms, würde ich wahrscheinlich nicht so großzügig damit umgehen. Ich esse noch eine Banane und ein Kinder Pingui, nehme mir eine kleine Wasserflasche mit für den Weg und stöpsele meine Kopfhörer ein. Der Spaziergang wird mir guttun. Es ist zwar frisch, aber ich weiß, dass mir gleich wieder warm wird, sobald ich nur lang genug bei meinem schnellen Gang mit geschlossener Jacke laufe. Wenn man die Physiologie dahinter versteht, ist es auch nur mehr als logisch. Mich überkommen immer mehr Dränge. Ich will plötzlich mein ganzes Zimmer neu anordnen, meine Kleidung ausmisten und wieder Nagellack tragen. Außerdem will ich mir auf einmal all die Bücher kaufen, die schon so lange auf meiner Liste stehen und mehr Parfüm und Pflegeprodukte. Ich glaube, ich gehe heute zur Parfümerie. Ein kleiner Einkauf wird mir guttun.
Nach fast 50 Minuten bin ich da. Ich sehe Chiaras nervigen blauen Augen schon vom Weiten, ignoriere sie aber wie jeden Morgen, in der sie in der Kälte steht und ihre Zigarette raucht. Ich habe keinen Nerv und keinen Bedarf, Leute morgens zu begrüßen. Das Laufen hat mir wirklich gutgetan. Mir ist mollig warm, sodass ich meine Lederjacke im letzten Drittel abgenommen habe. Ich tippe den Code an der Tür ein und höre beim Öffnen dieser das laute Lachen der anderen Mitarbeiter schon im Flur durch meine gottverdammte Musik! Ich seufze genervt, hänge Jacke und Tasche in der Garderobe auf. Nur mein Handy und meine Kopfhörer bleiben bei mir, sonst stehe ich den Tag mit den ganzen unlustigen Leuten um mich herum kaum durch. Im mikrobiologischen Labor umfasst mich die Wärme der Brutschränke und erst danach rieche ich den Geruch von Badezimmermüll, der seit Tagen entsorgt werden muss - die Bakterien sind gewachsen. Ich nehme mir alle wichtigen Dokumente zur Hand, beschrifte die ersten Zeilen des Protokolls, ehe ich mich auf den gemütlichen Stuhl niederlasse. Ich habe noch ein wenig Zeit, bevor die Arbeit beginnt und da ich gerade die Einzige hier bin, kann ich meine Ruhe haben und für einen Moment die Augen schließen, ehe ich die biochemischen Tests durchführe, meine Präparate färbe und mikroskopiere und nach und nach die Protokolle freigebe.
Die Arbeit heute verlief angenehm und vor allem verging die Zeit bis zum Feierabend schnell. Meine Chefin war ganz überrascht, als ich heute doch nicht länger bleiben wollte, aber dagegen hat sie nicht gesprochen. Würde sie auch niemals machen, denn neben ihrer offenen und gelassenen Art ist sie sowie jeder andere hier auch dankbar dafür, dass ich Schichten übernehme. Das ist mein einziger Zufluchtsort. Es ist meine Therapie, auch wenn mich die Menschen hier nerven. Ich will einkaufen gehen und das werde ich jetzt auch. Ich desinfiziere mir meine Hände mit meinem eigenen Desinfektionsmittel, als ich mir den Kittel ablege. Das handelsübliche Desinfektionsmittel vertrage ich nicht. Auf meiner Haut entstehen im Verlauf flächenhafte rote Flecken, die anfangen zu jucken. Meine Augenlider schwellen dann meistens am nächsten Morgen an und wenn die Röte nachlässt, wird sie extrem trocken und schuppig. Chiara hat auch da mal wieder ihren fast neurotischen Drang, sich einzumischen, kenntlich gemacht und wollte mich einmal darauf aufmerksam machen, dass ich mir die Hände an einem der Spender nicht desinfiziert habe. Gott, wie sehr ich es genossen habe, sie in diesem Moment komplett vor allen harsch und erbarmungslos fertigzumachen, damit sie endlich ihre gottverdammte Schnauze hält. Wie kannst du so blind sein und die Flasche Desinfektionsmittel an meinem Platz nicht sehen, aber wenn ich mir die Hände an einem der anderen Spender nicht desinfiziere, du penetrante Labertasche? Steck dir deine Pleonexie sonst wo hin und laber mich nicht voll! Meine Chefin musste sich ihr Lachen verkneifen, aber als sie dann alleine mit mir gesprochen hat, konnte sie sich kaum noch beherrschen.
Die Erinnerung daran lässt mich schmunzeln, doch kaum trete ich aus dem Gebäude, fällt es wieder. Ich keuche leise, presse mich ungewollt an die schwere Glastür, die schon verschlossen ist. Scheiße, was will der hier?! "Scheinst gute Laune zu haben, Schneeflocke. Was ist so lustig?" Scheiße! "Du gottverdammter Stalker!", rufe ich fassungslos. Hier ist keiner. Alle sind in ihrer Schicht. Scheiße! Seine schwarze Augenbraue hebt sich genau wie gestern. Immer die rechte! "Warum überrascht es dich so? Ich halte immer mein Wort." Ach du heilige Scheiße! Er hat wirklich herausgefunden, wo ich arbeite! "Ich habe auch die Akte. Du kannst sie gerne lesen und mir bitte mitteilen, falls da ein Fehler drin ist." "Damit du deinen Mitarbeiter erschießt?", spotte ich. Seine rechte Augenbraue zuckt, aber sonst lese ich keine Reaktion von seinem Gesicht ab. "Wenn du darauf bestehst." "Ich bestehe darauf, dass du dich umdrehst und gehst!" "Das Angebot habe ich nur gestern angenommen. Begleite mich." "Ich werde gar nichts machen!" Der spinnt doch! Dieser Riese in Schwarz taucht einfach vor meiner Arbeit auf und denkt ernsthaft, ich würde ihn freiwillig begleiten?! Mein Herz schlägt ganz schnell. Ich weiß nicht, was ich tun soll, weshalb ich einfach wieder den Code eingebe und in den Flur flüchten will. Seine Hand greift sofort nach der Tür und ich hasse mich dafür, dass ich nicht stark genug bin, sie ins Schloss rasten zu lassen! Mein Herz schlägt noch schneller. Mir ist verdammt heiß, aber hier kann er mir nichts tun. Hier kann jederzeit ein Mitarbeiter vorbeikommen.
"Hier." Er zieht die braune Akte aus seinem Mantel. Hat er sie farblich meinem Outfit angepasst? Das kann ich ihm zutrauen. Diesem kranken Psychopathen! Ich reiße sie ihm grob aus der Hand, kann es aber nicht fassen, dass ich wirklich reinschaue. Meine Hände zittern bei dem großen Avin Benas. Mein Geburtsdatum, mein Geburtsort, sogar meine kurdische Heimatstadt! Grundschule bis zur Gesamtschule, auf der ich mein Abitur gemacht habe, mit Datum jeweils und dem Schwerpunkt. Selbst mein Asthma und meine Neurodermitis und meine Allergien stehen hier! All meine besuchten Ärzte, all die 19 Facharztrichtungen, die ich jemals besucht habe, sogar die Anzahl der Praxen! Mir gefriert das Blut in den Adern. Es läuft mir eiskalt den Rücken runter. Das ist ein Stalker. Ich werde gestalkt. Was soll ich tun? Ich weiß doch, dass die Polizei kaum was tun kann, solange er mir nichts tut. Ich will es mir nicht weiter durchlesen. Das sind mehrere Seiten. Ich habe Angst, dass er Bilder von meinen Eltern hat, von meinen Schwestern. Was ist, wenn er Bilder von meinem verheirateten Bruder und meiner Schwägerin hat? Ich werde sauer, meine Atmung geht schneller. Ich spüre das Kratzen und heraufkriechende Husten durch mein Asthma, aber ich unterdrücke es mir mit aller Mühe. Ich bin wütend. Ich bin verdammt wütend, vor allem, da ich keine Kontrolle über diesen gottverdammten psychopathischen Stalker habe. "Und? Alles richtig?" "Fick dich!", flüstere ich. "Ich passe." Sein Stoizismus provoziert mich. Ich könnte ausrasten!
"Entspann dich, das tut dir nicht gut. Hast du dein Asthmaspray bei dir?" Ich will ihm den silbernen Ring vom Ohrläppchen reißen, aber heute trägt er keins! "Geht. Dich. Einen. Scheiß an!", stoße ich angestrengt hervor. Mir ist schwindelig vor Wut. Was soll der Scheiß? Was will er von mir? Ich muss mich hinsetzen. Ich spüre, wie sich mein Kopf zu leicht anfühlt. Ich muss was trinken und das tue ich auch, als ich mich auf der Treppenstufe niederlasse. Dieser blauäugige Mörder stellt sich direkt vor mich, beobachtet jede meiner Bewegungen, lauscht jedem lauten Atmen während ich mein Wasser komplett austrinke. Ich brauche mehr. Diese 0,5 Liter reichen mir nicht. "Immer noch durstig?" Halts Maul!, schreie ich innerlich. Ich will keine Energie an diesen Typen verschwenden. Ich wollte einkaufen und er hat es mir verdorben. "Du siehst hübsch aus. Der Ausschnitt deines Oberteils stört mich nur ein bisschen." "Dann schieß dir in die Augen!" Als ob ich mich für ihn zurechtgemacht habe! Ihm entkommt ein kleines Ausatmen aus der Nase. Es wirkt wie ein Lachen, ohne zu lachen. Bei seinem steingemeißelten Gesicht kann ich mir auch kein Lachen vorstellen. Ich will ihn nicht ansehen. Ich will ihm kein Stück meiner Aufmerksamkeit geben, auch wenn es unmöglich gerade ist. Seine stechend blauen Augen tauchen immer wieder vor meinen Augen auf, wenn ich blinzele, als hätte ich zu lange in die Sonne gestarrt. Er soll endlich gehen! Diese Akte kriegt er nicht. Ich verbrenne sie, sobald er endlich weg ist.
Plötzlich höre ich von oben das Gekicher meiner Chefin! Oh Gott! Mein Herz schlägt wieder schneller. Ich bin erleichtert und aufgeregt zugleich und drehe mich sehnsüchtig zu ihr. Ihre Augenbrauen heben sich überrascht, als sie mich noch hier sieht und dann gleiten ihre ... blauen Augen zu ihm. "Ach, hi! Sind Sie zur Besprechung gekommen?" Was?! Was für eine Besprechung? Was für eine verfickte Besprechung?! "Nein, der Termin ist erst nächste Woche Montag. Sie sind die Leiterin der Mikrobiologie?" Was redet dieser Gletscher so charmant mit meiner Chefin?! Was reicht er ihr jetzt die Hand? Mach das nicht! Er hat sicherlich eine kleine Giftspritze in seinem Ärmel! "Ach, Sie beiden kennen sich?" Großer Gott, nein! Ich drehe mich verlegen zu seinen langen Beinen in dieser schwarzen Anzughose. Von hier aus könnte ich ihm den perfekten Stich in seine Weichteile geben und wenn ich Glück habe, sogar nachträglich die Aorta an seinem Oberschenkel treffen. "Ja, ich hole die störrische Dame ab. Sie hatte gerade nur einen kleinen Schwächeanfall. Die Treppen tun ihr nicht sonderlich gut. Sollte ihr kein Schlüssel für den Aufzug gewährleistet werden? Immerhin leidet sie an Asthma." "Das lässt sich natürlich einrichten. Bis jetzt habe ich nur noch nie etwas von ihren Beschwerden diesbezüglich mitbekommen. Avin, sag mir das doch." Ich drehe mich verkniffen zu meiner blonden Chefin, die überhaupt nichts rafft. Nur kriege ich außer ein Schulterzucken kein Wort raus. "Wie dem auch sei. Ich möchte Sie nicht bei Ihrer Arbeit aufhalten. Komm." Seine große Hand breitet sich vor mir aus. Ich will sie nicht nehmen, aber ich will keine Aufmerksamkeit erregen, aber ich will nicht mitgehen.
Ich raffe mich langsam auf, rempele ihn absichtlich an, als ich an ihm vorbeilaufe und aus dem Gebäude stürme. Mein Herz leistet sicherlich über 140 Schläge pro Minute. Meine Hände zittern. Ich steuere, mit dem Tunnelblick auf das Tor gerichtet, auf die Straße zu. Ich hasse ihn! Was fällt ihm ein, hier aufzutauchen und meine ganzen privaten Informationen in seiner Hand zu halten? Und was fällt ihm ein, jetzt meinen Unterarm zu greifen?! "Fass mich nicht an!", schreie ich. Ich könnte durchdrehen! Mir steigen vor Wut und Anstrengung schon die Tränen auf. Was will dieser kranke Psychopath von mir?! Er löst und hebt seine Hand, ist wenigstens so schlau, um mir Platz zu lassen. "Beruhige dich-," "Sag mir nicht, was ich zu tun habe!" Ich hasse es, wenn man mir in meiner Rage Befehle erteilen will. "Dein Asthma!", presst er gereizt hervor. Er ist doch schuld am Auslösen! "Geht dich einen Scheiß an!", zische ich zurück. Ich halte mein Asthmaspray zitternd in meiner Hand, könnte schon wieder ausrasten, als mir die hellblaue Farbe der Hülse auffällt. Ich fordere das nächste Mal beim Lungenarzt, dass er mir Flutiform verschreiben soll. Ich brauche Wasser. Ich muss mich setzen. Ich muss ruhig bleiben, aber das geht nur sehr schwer, wenn ein Mörder vor meiner Arbeitsstelle mit einer Akte von mir auftaucht. "Ich werde dir nichts antun, Avin. Du kannst mir vertrauen." "Dann kannst du mich direkt erschießen!" Er soll meinen Namen nie wieder sagen. Ich will nie wieder dieses Prickeln auf meiner Haut deshalb spüren! "Ich tue immer noch keiner Frau etwas an. Soll ich dich nach Hause fahren?" Ich will gerade sagen, dass er das nur tun will, um mehr Informationen über mich zu erhalten, aber dann fällt mir die Akte wieder ein.
Ich atme tief durch. Mein Mund ist ganz trocken vom Atmen. Ich brauche eine große Flasche Wasser und die könnte ich kriegen, wenn ich in die Stadt gehe. Die Voraussetzung ist, dass diese blauen Augen endlich verschwinden! "Die Stadt ist nicht weit von hier. Ich kann dir Wasser kaufen." Hat er auch zufälligerweise herausgefunden, dass ich heute dahingehen wollte? Hat er Wanzen im Labor angebracht, sodass er das Gespräch meiner Chefin und mir mitbekommen hat? "Wenn ich wirklich ein so kranker Typ wäre, wie du mich vor Augen hast, hätte ich dich schon gestern getötet oder gefangen gehalten." Dass er das so locker und so ruhig sagt, dass seine Stimme dabei noch rauer und tiefer wird, lässt mich an diesem sonnigen Märztag erschaudern. Meine Atemwege kratzen immer weiter. Ich kann mir kein Husten mehr verkneifen und es wird so fest, dass es hinter dem Brustbein schon wehtut. Er soll einfach nur gehen. Bitte. Mehr will ich nicht. Ich drehe mich um, entferne zitternd die Kappe meines Asthmasprays. Vor Überforderung rinnt mir sogar eine Träne ab, als ich den ersten Stoß inhaliere. Ich zähle innerlich bis zehn, atme dann tief aus. Auch jetzt benötige ich Wasser, um mir den Mund eigentlich auszuspülen. Mein Körper will eigentlich nicht, aber ich drehe mich zögernd zu ihm. Er ist näher zu mir herangetreten. Er ist mir zu nah. Ich will das nicht. Ich will nicht, dass mein Bauch kribbelt und sich dieses dehnende Gefühl in ihm bereit macht. Ich will sein herbes Parfüm nicht wahrnehmen. Ich will die markanten Gesichtszüge nicht vom Nahen sehen.
Sein angewinkelter Zeigefinger hebt sich zu meiner Wange, wischt mir die kleine Träne und ihren Pfad bis zu meiner unteren Augenpartie weg. Ich will nicht darauf reagieren. Ich will keine Gänsehaut. Ich will nicht, dass mich dieser fremde Mann berührt. "Geht es dir besser?" Ich antworte ihm nicht. Stattdessen schlucke ich nur. "Bist du einer der ekelhaften Bastarde, denen mein Junkiebruder Geld schuldet?" Bis jetzt kam mir noch nie einer von ihnen zu nahe. Einige seiner Kollegen waren schon bei uns, aber sie haben sich immer freundlich und höflich verhalten. Ich weiß aber, dass es auch andere gibt. Immerhin musste ich den Messerstich an seinem Bauch versorgen, als er um 01:00 Mitternachts in die Wohnung gestolpert ist. Die Augenbrauen dieses Mannes ziehen sich streng zusammen und damit auch mein Bauch. "Hat dich einer von ihnen angefasst?" Mich beunruhigt es nicht, dass er plötzlich seine Muskeln anspannt. Ich weiß nicht wieso, aber es macht mir gerade auch nichts, dass er meine Oberarme greift. Ein heißer Strahl zieht sich durch meinen ganzen Oberkörper. Meine bedeckte Haut wird durch die Schwere seines Griffes von einer Gänsehaut ummantelt. "Hat dich einer dieser Junkies aus deiner Siedlung angefasst?", wiederholt er schwer beherrscht. Ich schüttele verwirrt den Kopf. Wenn er keiner von ihnen ist, wer ist er dann? Und was will er von mir?
"Sag mir nur, was du von mir willst." Meine Augenbrauen ziehen sich schon fast flehend zusammen. Ich will keinen Stalker. Ich will keinen Mörder in meinem Leben. Seine eisblauen Augen studieren mein Gesicht. Ich lasse die Augenbrauen wieder locker. Ich will nicht zu viel preisgeben, obwohl das unmöglich ist. "Komm. Wir holen dir Wasser." Seine Hand gleitet zu meinem Unterarm, an dem er mich nach links zieht. "Ich steige nicht in dein Auto." "Musst du nicht. Komm einfach." Ich kann nicht fassen, dass ich mich von einem Mörder mitschleifen lasse. "Ich nehme an, auf den ersten zwei Seiten deiner Akte waren keine Fehler?" Ich verdrehe meine Augen. "Wo ist das Bild?", frage ich trocken. "Ich sollte ein Bild machen, auf dem du lächelst. Bis vorhin hast du es aber nicht. Wer hat dafür gesorgt?" Er steuert auf seinen schwarzen Maserati zu, weshalb ich sofort stehenbleibe und somit auch er. "Wir fahren nicht. Ich will nur meinen Mantel ablegen. Es ist warm." "Zuhause ist es sicherlich angenehmer." "Ist es. Du kannst gerne mitkommen." Du kannst mich mal! Ich verdrehe meine Augen, die ihm darauffolgend zu seinem Auto nicht loslassen. Erst, als er sich den Mantel auszieht, schlage ich in die entgegengesetzte Richtung und renne los. Sein leises Fluchen lässt mich grinsen. Ich habe das Gefühl, dass sich meine Atemwege mit einem kratzigen Schleim belegen, als ich renne. Ich muss aber durchhalten, so schmerzhaft es auch gerade ist und so sehr mich mein Husten abbremst. Ich kriege kaum noch Luft!
Meine Beine werden langsamer, das Kratzen zieht sich hoch zum Hals. Es interessiert mich gerade nicht, dass er mich von hinten an meinem Oberarm festhält. Ich brauche einen zweiten Stoß meines Asthmasprays. Ich atme das Aerosol so tief ein, dass ich fast husten muss. Der Moment, in dem ich die Luft anhalte, tut mir so unfassbar gut gerade. Ich brauche Wasser. Sofort. Mein Ausatmen nach zehn Sekunden erfolgt keuchend. Ich brauche Luft. Ich brauche Wasser. Ich brauche Ruhe. "Wieso rennst du weg?", herrscht er mich an. Ich ignoriere ihn, konzentriere mich einzig und allein darauf, die Ruhe beim Atmen zu finden. Es dauert ein wenig, aber ich komme zu mir. Es geht wieder. Nur wird mein Durst langsam unerträglicher. Ich werde müde. Mein träger Blick sagt ihm, dass ich am liebsten liegen möchte. "Geht es? Brauchst du einen Krankenwagen?" "Nur Wasser", murmele ich. Es ist mir gerade sogar egal, dass mir ein Mörder Wasser holt. Ich brauche es gerade und er nickt einwilligend. "Dann komm jetzt. Ohne wegzurennen!" Ich nicke und lasse mich wieder den ganzen Weg ziehen. Als wir an seinem Auto ankommen, muss ich schmunzeln, als er den Griff um meinen Arm verstärkt. "Läufst du immer so langsam?" "Bin müde." Sonst würde ich niemals so lange brauchen bis zum Parkplatz. Außerdem atme ich immer noch vernehmbarer. Er bleibt stehen, schaut einmal zu mir und dann zum Auto und sofort zieht sich mein Bauch zusammen. "Vergiss es. Lieber erleide ich einen Asthmaanfall." Und damit setze ich weiter an bis wir in der Innenstadt ankommen. Dabei ignoriere ich all seine Fragen, auch wenn sie sich um mein besorgniserregendes Schnappen nach Luft drehen.
Als ich den Kühlschrank des Drogeriemarktes erreiche, reiße ich die erstbeste Wasserflasche raus und trinke sie schon im Laden. Gott, tut das gut! Ich ignoriere die scharfe Kohlensäure, wechsele immer wieder zwischen Trinken und Atmen durch die Nase, bis ich die Flasche absetze und tief durchatmen muss. Es tat noch nie so gut, meinen Durst zu stillen. Ich lehne mich seufzend gegen den Kühlschrank. Sein Blick hat mich kein einziges Mal verlassen. Ich wische mir das überschüssige Wasser von den Lippen, schließe für einen Moment meine Augen. Ich will im Bett liegen. Der Tag hat mich mehr gefordert als ich wollte. Ich wollte nur zur Parfümerie. "Geht es dir besser?" Ich nicke summend, öffne langsam wieder meine Augen. Ich habe noch nie in meinem Leben so hellblaue Augen gesehen. Sie werden durch seinen gebräunten Teint und seine schwarzen Haare nur noch weiter betont. "Gut. Brauchst du etwas hier?" "Ich wollte zur Parfümerie." Ich verstehe nicht, wieso ich es ihm sage. Warum verhalte ich mich so normal? Er könnte jederzeit seine Waffe gegen meine Seite drücken und mich bedrohen. "Dann lass uns dahin." "Allein." "Nein." Seine Hand schnellt wieder zu meinem Unterarm, zerrt mich zur Kasse, wo er mit seiner Karte den lächerlichen Beitrag von den paar Cent zahlt. "Ich wollte das zahlen." Jetzt ist er derjenige, der mich ignoriert. Mir ist die Lust aufs Shoppen vergangen. Ich verschiebe es auf ein anderes Mal. "Ich will nach Hause."
Mir gefällt es, dass er sofort stehen bleibt und auf mich hört. Wir laufen schweigend zurück. Er hält immer noch meinen Unterarm fest und weil es mir so unangenehm ist, will ich mich aus seinem Griff entziehen ... wenn sich seine Hand nicht noch fester um meinen Arm legen würde. "Solltest du einen erneuten Versuch wagen-," "Sonst was? Erschießt du mich mitten in der Stadt?", frage ich lauter als beabsichtigt, als ich spöttisch zu ihm schaue. Sein Blick bleibt starr nach vorne gerichtet, aber sein Kiefermuskel spannt sich unter seiner rasierten Haut an. Seine Hand lässt mich los. Für einen Bruchteil der Sekunde bin ich zufrieden, aber als er dann seine Hand um meine Taille legt, keuche ich erschreckt. Ist er wahnsinnig?! Ich federe mich mit einer Hand an seinem Bauch und mit der anderen an seinen Lenden ab ... spüre etwas Hartes. Ein Griff. "Es ist dieselbe Waffe von gestern", lässt er mich seelenruhig wissen. Ich erschaudere bei der Erinnerung, stoße mich sofort von ihm. "Lass mich los!", zische ich. "Unterarm oder Taille. Entscheid dich." "Weder noch!" Dieser unverschämte Mörder verstärkt absichtlich den Griff um meine Taille! Ich senke beschämt den Blick, kralle mich an seinen Fingern fest, bis wir die Stadt verlassen und der Siedlung näherkommen, die an meine Arbeitsstelle grenzt. Ich drehe seine Finger um, damit ich mich endlich befreien kann, aber ich weiß ganz genau, dass er einfach nachgegeben hat. Er kann jetzt endlich gehen.
Ich schiele für einen Moment auf seine Hände und dann wieder zu seinen Augen. Er tut nichts Weiteres, als mich anzustarren. "Kann ich dir behilflich sein?", frage ich schroff und er nickt tatsächlich, als würde er die Ironie dahinter nicht bemerken. "Du hast ein Jahr im Krankenhaus gearbeitet und jetzt diese Ausbildung beendet. Dein Abiturschnitt lag bei 1,7, naturwissenschaftlicher Schwerpunkt." Mir wird wieder ganz übel bei den Informationen, die er von mir hat. "Bestrebst du das Medizinstudium?" Ich schlucke, nicke aber zögernd. "Ich mache dir einen Vorschlag." "Nein." "Hör ihn dir erst an, Schneeflocke", setzt er warnend an. Ich will es gar nicht hören. "Ich sorge dafür, dass du in das Medizinstudium kommst und endlich weg aus dem Kaff, in dem deine Familie lebt, sorge dafür, dass es deinen Eltern gut geht und du heiratest mich." Ich bin sprachlos. Ist das irgendein Verwandter, der mich mal irgendwo gesehen hat, als wir Besuch hatten oder zu Besuch waren? Wie zur Hölle kommt er auf mich? "Und ich soll dir glauben?", frage ich spöttisch. Es wäre zu schön, um wahr zu sein, dass jemand wirklich das ermöglichen kann, aber ich vertraue diesem Mörder nicht. Am Ende schlägt er mich, weil ich nicht das tue, was er will. Nein, das kann ich nicht. "Ich halte immer mein Wort, Schneeflocke." "Und wenn dir etwas nicht gefällt, schlägst oder erschießt du mich?" "Ich tue immer noch keiner Frau etwas zuleide." So beherrscht wie er die ganze Zeit ist, könnte ich ihm das auch wirklich glauben, aber einem Mörder ist niemals zu glauben.
"Ich glaube dir kein Wort." So gerne ich es auch würde. Ich würde jede Chance annehmen, um mir meinen Wunsch mit dem Studium erfüllen zu lassen. Ich würde so gerne jetzt in einer Vorlesung für Anatomie sein und mich an einigen Stellen entspannt zurücklehnen können, weil ich es schon kenne. So sehr. Ich will so gerne meinen Eltern ihren Wunsch erfüllen, in ein Haus zu ziehen, weil sie es sich seit Jahren wünschen. Vor allem meine Mutter. Jedes Mal ist es an irgendeinem Mangel gescheitert. "Ich gebe dir Zeit, Schneeflocke." "Nicht einmal in tausend Jahren würde ich dir vertrauen!" Ich weiß nicht, was für ein Selbstvertrauen dieser Typ hat, aber er scheint wohl ganz vergessen zu haben, was er gestern vor meinen Augen gemacht hat! "Wer hat dein Vertrauen gebrochen?" Oh, diese Frage ... diese Frage reizt mich. Sie entfacht all die Wut und Enttäuschung in mir. "Geht dich nichts an!" Am Ende verwendet er es noch gegen mich, wenn ich ihm widerspreche. "Nicht so bissig, Schneeflocke", ermahnt er mich. "Bin ich sonst die nächste, die tot auf dem Boden liegt?" "Ich tue Frauen immer noch nichts an." So langsam verliert er die Geduld mit mir. Sein Blick ist strenger. Sein Ton ist nicht mehr neutral. "Und was ist, wenn ich dich erschießen will?" Wie kann er so einfach sagen, dass wir heiraten sollen? Wir kennen uns nicht! Wer sagt, dass wir miteinander harmonieren? "Tust du nicht." "Und wenn doch?" "Das erfährst du, wenn es soweit ist. Du weißt ja, wo ich meine Waffe trage, Schneeflocke." Ich bin verdutzt von seiner Antwort und das so sehr, dass mir kein Konter einfällt.
"Wieso nennst du mich so? Wir kennen uns nicht." "Du bist eine kalte Schönheit." Oh ... damit habe ich noch weniger gerechnet. Mir wird ganz warm bei diesem Kompliment. Wenn er nicht hier wäre, würde ich vielleicht sogar lächeln deshalb. Damit hat er mich wirklich überrumpelt. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin seit seinem Auftreten vorhin mehr als nur überfordert. Ich will einfach nur liegen und schlafen. Ich will so gerne das Angebot annehmen, nur um mir und meiner Familie zu helfen, aber was für einen Preis werde ich zahlen? Ich könnte jederzeit ermordet werden. Er könnte lügen. Er weiß, wie man manipuliert. "Du zögerst." Und er kennt die Körpersprache. "Du bietest mir meinen Traum an. Was erwartest du?" "Dein Ja-Wort." Wenn er kein stalkender Mörder wäre, würde ich vielleicht Belustigung zeigen, aber das gönne ich ihm nicht. "Ich lasse dir Zeit zum Nachdenken. Deine Daten habe ich. Ich werde nächste Woche wieder hier sein für ein Gespräch mit der Oberleitung und den Chefs der Abteilungen." "Was suchst du hier?", frage ich voller Argwohn. Ist er Arzt? "Kooperation. Nenn mich einen Großhändler." Ein stalkender, mordender Großhändler. Sein Name wird immer länger. Mein Gesicht verzieht sich abgeneigt. "Ich bin ein finanziell abgesicherter Mann, der für mehrere Familien sorgen kann. Ich liebe Kinder, würde meiner Frau alles schenken, was sie sich nur wünscht und sie mit meinem Leben beschützen. Was spricht dagegen, Schneeflocke?" "Ich hasse Kinder." Und wie ich sie hasse. Früher war ich ganz vernarrt in sie, aber da war ich selbst im Alter der Unausstehlichkeit. Ich kann keine Zuneigung zu diesen Nervensägen zeigen.
"Ich gebe dir die Zeit, die du brauchst. So ein Angebot wirst du nie wieder kriegen." Das Problem ist, dass er recht hat. Mit einem Wort, selbst ein Nicken würde reichen und ich würde meine Eltern und mich von Sorgen entlasten. Meine Schwestern müssten nicht immer durch das Kaff laufen und könnten ihre Freunde zu sich einladen, statt immer wieder beschämt Ausreden finden zu müssen. Sie wären alle in einem besseren, sicheren Umfeld, meine Mutter würde in binnen von Sekunden von Sorgen entlastet werden und ich könnte meinen Traum verwirklichen, aber ... ich kann diesem Mann nicht vertrauen. Er könnte wie der gottverdammte Junkie sein, der einem erst schmeichelt und zuvorkommt und dann mit einem Schlag die Nase bricht. Meine Atmung nimmt wieder zu. Was soll ich dann machen, wenn ich in so einen Teufelskreis gelange? Mein Leben würde nie wieder normal werden. Ich weiß nicht. In seiner Hand liegt meine potenzielle Zukunft. Ich hasse es, dass er eine Wirkung auf mich hat. Ich hasse es, dass er mich schwachmacht, auch wenn er mich nur stumm mit seinen eisblauen Augen mustert. Er weiß ganz genau, was mir das bedeutet. "Wie wäre es damit", setzt er an, als er langsam auf mich zukommt. Ich will sein herbes Parfüm nicht riechen. Ich will seine eindringlichen Augen nicht auf mir spüren. Ich will sein schönes Gesicht nicht sehen. "Ich hole dich nach deiner Arbeit immer ab und wir verbringen ein wenig Zeit miteinander. Ich gebe dir mein Wort, kein einziges Mal zu lügen. Wieso sollte ich auch? Du weißt, wo meine Waffe ist und was ich getan habe." "Ich kenne nicht einmal deinen Namen", erwidere ich kühl. Er verzieht so selten das Gesicht, dass seine reine Haut komplett Faltenfrei bleibt. "Azad Dastan, Schneeflocke. Den Rest erfährst du morgen."
Zum ersten Mal in meinem Leben spielt mein Gefühl gegen meinen Verstand.
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Und? Was denkt ihr?
- Helo
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