Kapitel 21
"Jadora! Jacqueline!" Fleur kam ihnen entgegen. Ja erschrak. Sie sah aus wie ein Geist. Ihr weißes Nachthemd flatterte um sie, die schwarzen Haare fielen lose über ihren Rücken und ihr Gesicht war kalkweis.
Jadora lief zu ihr und umarmte sie: "Es tut mir alles so leid!" "Schon gut. Ich verstehe, dass alles dir Angst eingeflößt hat", murmelte sie. Dann ließ sie ihre Nichte los und starrte auf ihre andere Nichte. "Scheiße, was ist denn mit dir passiert?" "Feeng", meinte sie nur und folgte ihrer Tante ins Haus. Jadora wandte sich zum Wald und schloss die Augen. Sie war nur ganz knapp einem Unglück entrannen.
"Ja! Hilfst du mir mal bei Jacquelines Behandlung?" "Ja", gab sie zurück und verschloss die Holztür hinter sich.
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Jadora lag wach und angezogen im Bett. Sonnestrahlen vielen durch die milchigen Fenster und wärmten ihre Haut. An der Zimmerdecke hing eine Kristtalllampe, die sicher sehr teuer gewesen war. Die junge Schattenjägerin stöhnte, als die Tür aufging. Die angenehem Stille war gebrochen, Rosenduft erfüllte den Raum. "Fleur, Guten Morgen". Ja saß sich auf und musterte ihre Tante. Sie sah eindeutig besser aus als vorgestern. Sie hatte wieder Farbe im Gesicht, die Haaren waren sorgfältig nach oben gesteckt und das blaue T-shirt mit der schwarzen Hose ließ Fleur nicht mehr krank erscheinen.
"Ich bin froh, dass es dir wieder gut geht", sagte Jadora und lehnte sich gegen die Lehne des Bettes. Fleur lächelte und ließ sich neben ihr auf der Matratze nieder: "Jetzt heißt es wohl Abschied nehmen, oder?" Jadora starrte auf ihre Jeans. Sie war sauber und an den Hosentaschen mit kleinen Edelsteinen bestickt. "Hey, guck mich an!" Sie tat es. "Ich werde dich besuchen kommen. Einmal im Monat darf man Familie besuchen", versprach sie. "Ja, okay. Ich werde euch aber trotzdem vermissen".
Schritte erklangen bevor Fleur etwas erwidern konnte und Jacqueline erschien im Zimmer. Sie trug ihre langen Haare offen, eine Motorradjacke verdeckte das Tattoo auf ihrem Arm. "Können wir? Du solltest nochmal bei dir zuhause vorbeisehen". "Ich..komme!" Jadora sah auf ihren Arm, wo ein Pflaster über dem Tattoo pragte. "Viel Spaß und pass auf dich auf". Ja stand auf, warf einen Blick auf ihr Zimmer zurück und ging dann zu ihrer Schwester.
"Hey, lächle doch mal", forderte sie sie auf. "Danke, dass du mitkommst!" Jacqueline verschloss die Tür hinter sich und Ja folgte ihr hinters Haus zu einem Schuppen. "Was machen wir? Sollen wir nicht fliegen?", wunderte sich die junge Schattenjägerin und lehnte sich gegen einen Baum. Jacqueline warf ihr ein gewinnendes Lächeln zu: "Nein, wir wollen doch in der Welt der Irdischen nicht auffallen, oder?" "Ich dachte, wir sind sogut wie unsichtbar?!"
Sie trat zu dem Schuppen vor und zog einen Schlüssel aus ihrer Hosentasche. Mit einem Klacken sprang die Tür auf und gab die Sicht auf ein Motorrad frei. "Oha! Mega schön und das gehört dir?" Jadora schritt auf sie zu. "Ja. Ich habe es bekommen als ich volljährg wurde". Jacqueline holte es heraus und säuberte es zuerst mit einem Lappen. Jadora war fasziniert.
"Hier, aufsetzen!" Sie drückte Ja einen Helm in die Hand. Dann schwang sich die Schattenjägerin auf das Motrorrad und hielt ihrer Schwester die Hand hin. Jadora ergriff sie und ruschte hinter ihr auf den Sitz. Sie fuhren schnell los, die Erde spritze hoch, doch das kümmerte Jacqueline nicht. Sie lachte überglücklich und Jadora genoss es, dass sie glücklich war. Eine war es zumindest.
Bald schon kamen sie auf eine Straße und fuhren weiter. Jadora prägte sich die Landschaft ganz genau ein. Sie würde für ein paar Jahre nicht mehr hier sein. Shit! Wie sollte sie ihren Freunden das bloß erklären? Nach den Sommerferien fing schließlich die Schule wieder an. Verstohlen zog Ja ihr Handy aus der Jeans und kontrollierte die Nachrichten. Keiner hatte ihr geschreiben, nicht einmal Lucy oder Caro.
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Cergy sah genauso aus, wie sie es verlassen hatte. Es war heiß, die Vögel hüpften auf dem Asphalt herum und Touristen gönnten sich ein Eis. Jadora war froh, dass sie sich wieder in ihrer gewohnten Umgebung befand. Jacqueline fuhr an dem Bürgersteig und stieg ab. "Hey, wir sind ja noch gar nicht da", protestierte Ja. "Wir gehen lieber.." Die Schattenjägerin murrte. Warum musste ihre Schwester bloß so sportlich sein? Jacky warf ihr ein Grinsen zu: "Ein bisschen Sport am Morgen schadet keinem".
Jadora ging vor und ließ ihren Blick schweifen. Hier war sie aufgewachsen, sie kannte jede Straße wie ihre Westentasche. "Sei nicht traurig. Wenn du die Schule abgeschlossen hast, kehren wir hierher zurück. Mit Fleur", versuchte sie Ja aufzuheitern. "Das wäre schön". Auf dem Weg zu ihrem Haus mussten die Zwei durch die Innenstadt laufen. "Jadora? Was..machst du denn hier?" Sie blieb stehen und blickte in die Richtung aus der die bekannte Stimme gekommen war. "Caro? Lucy? Was macht ihr hier?" Ja lief los und kurz darauf war sie bei ihren Freunden angekommen. Sie klatschten sich ab.
"Ich dachte, du wärst an der..wie heißt der Ort nochmal?", meinte Lucy und strahlte die Schattenjägerin an. "Achso, nein. Mein Dad hatte keine Zeit", log sie schnell. "Hast du dich verletzt?" Caro deutete auf das große Pflaster, welches das Tattoo abdeckte. Jadora nickte knapp. Lucy und Caro warfen sich einen Blick zu. Kam ihnen das Verhalten seltsam vor?
"Mit wem bist du unterwegs?" Jadora spürte, wie ihre Schwester hinter sie trat. "Ich bin Jacqueline. Eine Freundin ihres Vaters." Ja atmete auf. Gut, dass ihr so schnell etwas eingefallen war. "Aha. EINE Freundin?", kicherte Caro und warf ihre Haare über die Schulter. Jacqueline trat neben Ja und striff ihre Hand: "Ja, nur eine Freundin".
"Okay, wir müssen dann auch mal weiter". Jadoras Freunde nickten und schlenderten weiter durch die Gassen. "Das sind deine Freunde? Ziemlich komisch", bemerkte ihre Schwester, als sie ihren Weg fortsetzten. "Wem sagst du das?" Ja blickte zu ihrer Schule, die gegenüber von ihnen lag. Das Loch war schon wieder weg. Ja musste ein Lachen unterdrücken. Der Bürgermeister wundert sich sicher bis heute noch, wie das dorthin gekommen war.
Doch ganz plötzlich verging ihr das Lachen. Jadoras Körper versteifte sich. Ein Mann sah ihnen zu. Seine Haut war über und über mit Tattoos bedeckt. Aber das unnatürliche Funklen in seinen Augen erregte die Aufmerksamkeit von ihr. Er war ein Schatten!
"Jacqueline, da ist ein Schatten", wisperte sie ihr zu. Ihre Schwester maß ihn nur mit einem flüchtigen Blick. "Alles gut, Ja". "Wie kann da alles gut sein?", wollte sie wissen. "Sir Amrose, Rabat und seine Anhänger greifen jeden überall an, aber..es gibt auch noch andere Schatten. Die vernünftiger sind. Und dieser ist einer, man erkennt es an den vielen Tätowierungen. Dieser Schatten gehört zu der Gruppe von Linken". Aha, dachte Ja. Es gab also die radikalen Schatten und die..vernünftigen Schatten?! Interessant.
"Starr ihn nicht so an, geh einfach weiter. Er wird uns auf offenere Straße nichts tun". Jacqueline stieß sie vorwärts und Jadora schoss ihr einen giftigen Blick zu. Wie konnte sie sich da so sicher sein? Doch schon bald merkte Ja, dass ihre Sorge unbegründet war. Der Schatten war weg, als sie sich umdrehte. "Ich habe schon früher mit Schatten gelebt? Warte mal, sind Lucy und Caro auch Schatten?" Jaccqueline verneinte: "Nein, es gibt auch noch Irdische, stell dir das mal vor!" Die junge Schattenjägerin boxte ihrer Schwester in die Seite, die daraufhin ein wenig grinsen musste.
"Komm, gehen wir. Je schneller wir am Internat sind, desto besser". Das sah Ja anders, aber sie erwiderte nichts darauf. Das Haus stand still und träge am Waldesrand. "Wow, schön ist es hier. Man ist so abgeschieden", staunte Jacky und blieb stehen, um den Moment in sich einzusaugen. Wann war sie das letzte Mal hier gewesen?
"War das Haus bei dir früher anders?" Sie nickte: "Ja. Es war rot gestrichen und überall waren Efeuranken. Aber ihr habt es wirklich sehr gut erhalten". Jadora strahlte über das Kompliment. "Wie alt bist du eigentlich?", wollte sie beiläufig wissen. Sie öffnete gerade die Tür und drehte sich nochmals zu ihr um. "24 Jahre. Mit...zwei Jahren kam ich weg". Ihre Stimme brach. "Das tut mir leid". Unschlüssig stand Jadora da, die Hände hangen herab. "Geh rein, ich warte hier".
Ja fragte nicht, ob sie nicht doch mit rein wollte. Sie konnte sich vorstellen, dass die Erinnerung ziemlich schmerzhaft sein musste. Das würde es auch für mich sein, dachte sie, während Jadora die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufstieg. Die Vorstellung, dass dich deine eigene Mutter einfach verlässt, musste ganz schön wehtun.
Bei ihr hatte sie ihre Mom auch nicht verlassen, sie war verschwunden. Aber..lief das nicht auf das Gleiche hinaus?! Sie verharrte auf der letzten Stufe. Daran hatte Ja noch gar nicht gedacht. Doch zu spekulieren brachte ihr auch nichts. Die Schattenjägerin schüttelte den Kopf, wischte sich eine Strähe ihres Haares aus dem Gesicht und betrat ihr Zimmer.
Wie gefällt euch das Kapitel?
Wie wird es Ja wohl in Elase ergehen?
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