Kapitel 18
Ein morscher Ast brach unter ihren Sohlen. Sie wischte sich eine schweißnasse Strähne ihres Haares aus dem Gesicht und blickte hoch zum Himmel. Wo war sie hier? War sie auf dem richtigen Weg oder lief sie in die falsche Richtung?
Jadora hatte keine Ahnung. Sie wusste nur, dass es bald dunkel werden würde. Jacqueline oder Fleur hatten sie bisher nicht gefunden, ein Glück.
Ja blieb stehen und setzte sich kurz auf einem Stein im Moos und stillte ihren Durst an einem klaren Bach. "Hallo!" Die Schattenjägerin schreckte auf. Ihr Kopf flog zurück, sie griff hinter sich und umfasste einen Stock, den sie unterwegs gefunden hatte. Besser als nichts.
Sie verhielt sich volkommen still, ihr Atem ging nur leise und krampfhaft. Ihre Finger zitterten leicht, sie packte den Stock fester. Was, wenn jetzt die Schatten kamen? Sie war wehrlos! Sie würden Jadora einfach so auseinander nehmen.
"Keine Angst, ich will dir nichts tun", ertönte die Stimme wieder. Jadora lief ein Schauer über den Rücken. Die Stimme klang düster und voller Grauen. Ein süßlicher Beigeschmack hatte sie jedoch und das war das, was sie so verunsicherte.
"Wer bist du?", rief sie. Jetzt konnte Ja eh nicht mehr abhauen und reden war besser als schweigen. Solange sie redete, konnte die Kreatur ihr nichts anhaben. "Wer ich bin? Tja, ich habe viele Namen."
Viele Namen? Ähm..der Teufel? Der Teufel hatte viele Namen und auch keinen Namen. Ihr Gehirn begann, allen möglichen Kram auszuspucken, doch nichts half ihr hier weiter. Hinter einer Fichtengruppierung kam eine hochgewachsene Gestalt hervor und blieb mitten in einem Meer von Ringelblumen stehen.
Sie war weiblich. Ihre Haaren waren schwarze Schemen, die hinter ihr herflatterten. Ihre Augen waren düster und obsidanschwarz. Generell war ihr Teint dunkel, fast schon gräulich. Ein komischer Kontrats bildete das knallrote Kleid, welches sich eng an die Taille der Person schmiegte.
Das Kleid gab ihre schlanken Beine frei, die überseht von Schrammen und Narben waren. Genauso wie ihre Arme, wie Ja jetzt auffiel.
Die Gestalt lächelte warm: "Hallo". "Was willst du von mir?", wollte Ja immernoch wissen und nahm den Stock ein Stückchen weiter auf. "Sind wir schon soweit, dass wir uns gegenseitig die Köpfte einschlagen?", fragte sie belustigt. "Ich traue dir nicht!"
"Gutes Mädchen, wer hat das dir beigebracht?" "Das geht dich nichts an. Ich frage dich nocheinmal, was willst du von mir?" Jadoras Stimme war gefährlich leise. "Du hast Mumm, das muss ich dir lassen. Ich bin nur zufällig hierher gekommen und du?"
"Ich bin weggelaufen". "Von wem?", fragte die Gestalt. Ihre Stimme hatte einen mitfühlenden Ton angenommen. "Von..meiner Tante", sagte Jadora und schüttelte den Kopf. "Woher hast du die ganzen Narben?" "Die hier? Tja, mein Freund ist nicht gerade sanft, weißt du?"
Sie ließ sich auf einem Stein nieder und blickte durch ihre dichten Wimpern zu ihr auf. Ja runzelte die Stirn. "Ich heiße Lumiel, und du?"
"Schöner name, ich bin Olivia". Sie saß sich zu ihr. Jadora hatte ihren richtigen Namen nicht genannt, weil sie ihr nicht vertraute. Was hieß Lumiel noch gleich? Alle Namen hatten eine Beteutung..Olivia beteutete die Friedliche, Jacqueline beteutete Gott möge schützen oder etwas in der Art..Aber was beteutete Jadora?
Ihr Vater hatte es ihr nie gesagt. Ach, ihr Vater! Jadora richtete ihren Blick gen Himmel. "Olivia ist auch ein schöner Name", meinte Lumiel neben ihr. Was sollte diese Unterhaltung hier? "Ich..muss dann mal weiter", meinte sie langsam.
Lumiel nickte: "Ich kann dich begleiten und vor den Gefahren hier beschützen". "Echt?" Jadora überlegte. Es began schon zu dämmern, zu zweit würden sie definitiv bessere Chancen haben. "Okay. Dann los!" Sie gingen los und tauchten wieder im Unterholz ab.
"Wo willst du eigentlich hin, Olivia?", überlegte Lumiel interessiert. Sie schob gerade einen Strauch zur Seite, der ihr den Weg blockierte. Ja blieb stehen und schnaufte. Die letzten zehn Minuten waren sie stetig bergauf gegangen.
"Ich weiß es nicht, einfach nur weg". "Wir sollten mal besser einen geeigneten Schlafplatz suchen, nicht? Ich meine, gleich wird es so dunkel sein, dass du nichts mehr siehst!" "Warst du schon mal draußen?" Lumiel nickte, sie schien zu schrumpfen: "Ich bin ebenfalls von meinem Freund abgehauen, bin jetzt schon seit drei Tagen auf dem Weg nach Paris. Dort möchte ich ein neues Leben anfangen. Komm doch mit!"
Ja lächelte leicht: "Vielleicht?! Aber ich möchte zu meinen Freunden. Ich hoffe, dass es dir gelingt!" „Ja, das wäre schön. Ich muss mal schnell aufs Klo, wartest du auf mich?" Jadora maß sie mit einem wachsamen Blick. „Okay.", meinte sie gedehnt und saß ich auf den Boden. Lumiel nickte und verschwand zwischen den Büschen.
Die junge Schattenjägerin zog ihre Knie an und legte ihren Kopf darauf. So war sie Jacqueline, ihrer Schwester, begegnet. Das war noch gar nicht solange her, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Ein Ruf riss Jadora aus ihren Gedanken. Sie schoss in die Höhe und ihre Hand schnellte zu einem Messer, welches sie sich eingesteckt hatte, als sie die Hütte verlassen hatte. Es lag locker im Gürtel.
„Hallo?" Ja sah sich um, doch da war nichts. Ein Schauer lief ihr die Wirbelsäule hinunter. Es war schon dunkel, man sah keine zwei Meter weit. Wie lange war sie nun hier gesessen und hatte geträumt? Das mochte sie lieber gar nicht wissen!
„Lumiel? Wo bist du?", flüsterte sie leise und band sich ihre langen Haare zu einen Knoten im Nacken zusammen. Sie machte sich auf ein Gefecht bereit, das wurde Ja erst klar, als das leichte Messer mit der Messingklinge in ihrer Hand lag.
Lumiel müsste schon längst zurück sein. Oder ihr war etwas passiert. Obwohl Jadora es nicht gerne zugab, sie war ihr ein bisschen ans Herz gewachsen, zumal die Schatten was der Geier mit ihr anstellen würden.
Sie schluckte. Ob..nein! Daran durfte sie nicht mal denken. Aber man hörte immer, dass junge Frauen im Wald missbraucht und dann umgebracht werden. Wenn Lumiel wirklich die Wahrheit sagte, dann war sie schon von ihrem Freund misshandelt worden.
Jadora sog die kühle Nachtluft ein und warf einen Blick hinauf in den Himmel. Eine Krähe saß dort und blickte auf sie herab. Eigentlich hätte Ja den Vogel gar nicht erkennen dürfen, er war rabenschwarz. Doch seine Augen funkelten glutrot. Es war, als würde er sie direkt anstarren. Ja wurde gelichzeitig heiß und kalt und senkte den Kopf schnell wieder.
Was war hier bloß los? Natürlich hätte sie sich abseilen können und die Schattenjägerin allein zurücklassen „Hast du schon Bekanntschaft mit meinem Haustier gemacht?!" Jadora fuhr herum und hob das Messer.
„Das wird dir nichts bringen. Ich bin ein Schatten, schon vergessen?", lachte Darwin höhnisch. Sie erstarrte. Ihre Finger begannen zu zittern. „Hast du Angst vor mir?" Er trat einen Schritt näher und Ja wich einen zurück. „Wo ist Lumiel? Was hast du mit ihr gemacht?", stieß sie hervor. Ihr Atem ging hektisch.
„Du meinst meine liebe Freundin? Die ist..hier!" Lumiel tauchte hinter ihm auf. Sie hatte ein hässliches Grinsen im Gesicht. „DU!" Jadora schlug sich auf die Stirn. Warum hatte sie ihr überhaupt vertraut? Klar, die hatte doch Dreck am Stecken!
Sie hatte es immer gewusst! „Ja, ich. weißt du nicht, dass Lumiel Schattentochter bedeutet?". Lumiel hakte sich bei Darwin unter ein und warf ihm einen verträumten Blick zu. „Und jetzt? Was wollt ihr mit mir anstellen, hm?", fragte sie. „Och, das wissen wir noch gar nicht, aber ich kann dir versprechen, dass es uns amüsieren wird!" Jadora biss die Zähne fest aufeinander. Darwin war so ein schlauer Kerl...
Der stürzte sich nun auf sie und fixierte ihre Arme auf dem Boden. „Lass los, du Arsch", keuchte sie und schlug aus. Lumiel lachte nur und band ihre Hände mit einem Seil zusammen. "Was wollt ihr jetzt machen? Mich umbringen? Was nützt euch das?"
Darwin sah sie lange an. In seinen Augen glimmte die Wut, aber Ja sah auch ein anderes Gefühl. Reue und..Liebe? Liebte der Typ sie wirklich, oder wollte er nur, dass sie das sah? "Was machen wir mit ihr? Du könntest sie anzünden", schlug Lumiel vor. Er lächelte: " Ja, das könnte ich in der Tat. Das würde mir auch Spaß machen.."
Die Schattenjägerin bekam nun doch Angst. Ihr Atem ging nur mehr stoßweise. "Aber..ich werde es nicht tun.." Lumiels Lächeln gefror: "Aber warum denn nicht?"
"Das Feuer ist doch nur Verschwendung an ihr". Aha, interessant. Jadora schloss die Augen und holte Luft. Sie musste so viele Informationen wie nur möglich beschaffen. "Und warum außgerechnet Feuer?", wollte sie wissen.
"Keine Ahnung. Warum willst du das wissen, du kleine Schlampe?!" Lumiel zog Ja an den Haaren hoch, sie biss sich wütend auf die Unterlippe.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top