Warum bist du da?

Mit dröhnendem Kopf kam Ria wieder zu sich. Sie fühlte sich ausgelaugt, als hätte sie soeben einen Marathon hinter sich gebracht. Das Zimmer war vollständig abgedunkelt, im Kamin glommen die letzten Reste eines Feuers. Wenn sie die Konturen richtig deutete, war sie irgendwie wieder in ihr Zimmer im Schloss gekommen. Leicht benommen tastete sie sich entlang der Möbel ins Bad. Sie musste dringend unter die Dusche. Das sollte die Kopfschmerzen lindern und Schwung in ihren Kreislauf bringen. Mit wackeligen Beinen schlüpfte sie aus dem Nachthemd und stakste unter die Dusche. Das kühle Wasser tat gut. Bevor sie anfangen konnte zu frieren, drehte sie das warme Wasser auf. Sie genoss das herrliche Gefühl des fließenden Wassers auf ihrer Haut und in ihrem Haar.

Erfrischt und wesentlich sicherer auf den Beinen trat sie wieder ins Zimmer. Wie spät es wohl war? Neugierig zog sie den Vorhang ein Stück beiseite. Ein klarer Sternenhimmel funkelte ihr entgegen. Was für eine schöne Nacht. Normalerweise wäre sie jetzt nach draußen gegangen, doch leider fühlte sie sich ihr Kopf noch immer an, als hätte jemand ihr Gehirn püriert. Daher beschränkte sie sich darauf, auf die Fensterbank zu klettern und die Sterne von drinnen anzuhimmeln.

Bedacht schloss Eleasar die Tür hinter sich. Der Spaziergang durch die Nacht hatte ihm die nötige Auszeit verschafft, die er gebraucht hatte. Das hoffte er zumindest. Beim Anblick des Mondlichts befürchtete er jedoch schon wieder das Schlimmste. Erleichtert entdeckte er Ria, die mit leicht angewinkelten Beinen entspannt an die Wand gelehnt auf der Fensterbank saß, den Blick nach draußen gerichtet. Aus unerfindlichen Gründen berührte ihn dieser Anblick zutiefst. Unschlüssig betrachtete er sie eine Weile. Ein Teil in ihm befürchtete, dass sie ihn wieder so anfallen würde, wie in ihrer letzten Wachphase. Doch anders als am Morgen wirkte sie jetzt wieder wie sie selbst. Er gab sich einen Ruck und trat zu ihr. „Du bist wach."

Langsam hob sie ihren Kopf. Erstaunliche orangefarbene Augen musterten ihn eingehend. Wann hatten sie ihre Farbe gewechselt? „Ich hoffe, du verzichtest meinetwegen nicht auf deinen Schlaf." Sie schenkte ihm ein scheues Lächeln.

Seine Augen funkelten im schwachen Licht der Sterne, als er zum halben Mond hinauf blickte. „Ich war bis eben draußen."

Ein leises Lächeln malte sich auf ihren Lippen ab, wenngleich ihr unendlich trauriger Blick eine ganz andere Sprache sprach. „Ja. Eine gute Nacht, um Spazieren zu gehen."

Einen Moment lang hing jeder seinen eigenen Gedanken nach. „Wie geht es deinem Kopf?"

„Wurde gemörsert. Danke." Schüchtern lächelte sie zu ihm auf. „Dafür, dass du dich um mich gekümmert hast." Vorsichtig zog sie ihre Beine an und deutete auf den nun freien Platz vor sich. „Setz dich."

Er zögerte kurz, die Geschehnisse vom Morgen noch zu gegenwärtig, um sie einfach vergessen zu können. Mit einem knappen Nicken ließ er sich schließlich neben ihr nieder. „Es war meine Schuld, dass du verletzt wurdest."

Im stummen Widerspruch hielt sie eine Hand nach oben. „Du hast mich nicht angegriffen. Und ich würde jederzeit wieder für ein Menschenkind ins Wasser springen und es retten. Ich hätte die Wache nicht so leicht mit dem Tod davon lassen kommen sollen." Bei ihren letzten Worten wurde ihr Blick düster.

Lächelnd stieß er Luft aus. „Du solltest einen Bogen um Orte machen, die nicht von Menschen bewohnt werden."

„Ich habe nicht vor, das Schloss jemals wieder zu verlassen." In einer offenkundig resignierenden Geste lehnte sie ihre Stirn gegen das kühle Fensterglas.

Überrascht hob er eine Augenbraue. „Willst du denn gar nicht mehr nach Hause?"

Ria lachte hohl. „Und wie? Tut sich plötzlich ein Loch im Boden auf? Oh oder vielleicht wenn ich mit Wasser in Kontakt komme?" Ihren Sarkasmus büßte sie mich Kopfschmerzen.

„Ria?" Besorgt beugte er sich zu ihr herunter. Sie wirkte so zierlich, beinahe zerbrechlich.

„Schon gut", erwiderte sie schnell und kehrte dem Fenster den Rücken zu. „Ich sollte mich noch etwas hinlegen." Dummerweise stand sie zu schnell auf. Ihr Kreislauf kam der plötzlichen Veränderung nicht hinterher, weshalb sie sich schwindelnd an den nächstbesten Sessel klammerte. Innerlich grollte sie ihrer momentanen Schwäche. „Noch ein Grund, nicht unbedingt jetzt nach Hause zu wollen. Die schleppen mich sofort ins Krankenhaus. Und ganz zu vergessen von den vielen Fragen. Und Vorwürfe!" Sie schnitt eine abfällige Grimasse. „So langsam weiß ich diese Art von Gefängnis hier zu schätzen."

Zweifelnd stand er auf und bot ihr seinen Arm an. „Ich bringe dich ins Bett." Sie war zweifelsohne recht taff, doch so langsam stieß sie an ihre Grenzen. Entweder, sie fand sich damit ab, dass sie hier bleiben würde oder sie würde an ihrem Heimweh vergehen. Sofern er sie nicht zurück in ihre eigene Welt brachte.

„Gentleman", feixte sie vergnügt, lief die zwei Schritte bis zum Bett ohne ihn und verkroch sich unter der Decke. „Solange ich diese Kopfschmerzen habe, bin ich mit deinem Zimmer zufrieden."

Rücksichtsvoll rutschte sie an den Rand. „Du darfst die Hälfte deines Bettes nutzen. Ich bin grad in Spendierlaune."

Kopfschüttelnd zog er sich einen Sessel heran. Diese Frau. „Lass mich noch einmal nach der Verletzung sehen."

Ratlos sah sie ihn an. „Mein Körper ist topfit."

„Den meinte ich auch nicht." Es gelang ihm nicht ganz, seine Belustigung zu verbergen. Zumal die Kleine ihn mit großen Augen ansah. „Komm her, ich zeige es dir. Du musst mir nur vertrauen."

Skeptisch musterte sie seine ausgestreckte Hand. „Was muss ich tun?"

Verräterisch zuckten seine Mundwinkel nach oben. Misstraute sie jedem so? Vermutlich. „Stillhalten."

Ein wenig unsicher rutschte sie samt Bettzeug auf die freie Hälfte vor ihn. In Decke und Kopfkissen gekuschelt blickte sie ihn beklommen an. „Okay, wenn's gruselig wird, fängst du dir eine."

Noch immer leise lächelnd schob er sorgfältig ihre Haare zurück, um dann seine Finger sacht auf ihre Schläfen zu legen. Beinahe augenblicklich offenbarte sich ihm ihre Seele. Erleichterung durchflutete ihn in Anbetracht der fast verheilten Wunden. Sie heilte schneller als er befürchtet hatte. „Stell dich auf ein oder zwei weitere Tage Kopfschmerzen ein, dann sollte es dir wieder gut gehen. Mach dir keine Sorgen, wenn du etwas vergisst oder Dinge durcheinander wirfst. Das ist normal."

Sanft berührte ihre Hand die seine. Eine unerwartete Berührung, die ihn erstarren ließ. „Du kannst Seelen sehen?"

„Nicht nur das. Deinen Geist auch. Du kannst es dir wie eine Knospe vorstellen", versuchte er ihr begreiflich zu machen. Dabei entzog er ihr geschickt seine Hand. „Der Geist beherbergt die Seele. Sie ist der Kern allen Seins. Stirbt die Seele, existierst du nur noch als leere Hülle." Dunkle Schatten schlichen sich in seine Augen und erzählten von vergangenen Tagen, an denen er solch seelenlosen Wesen begegnet war.

„Er hatte es auf meine Seele abgesehen?" Mit großen Augen setzte sie sich auf. Bei Eleasars Berührung waren ihre Kopfschmerzen dankenswerterweise auf ein erträgliches Maß zusammengeschrumpft.

„Ja. Zum Glück hat nur dein Geist etwas abbekommen."

Ria fröstelte. „Das ist unheimlich. Wie soll man bloß gegen einen solchen Feind antreten?"

Antreten? War sie verrückt? Alarmiert musterte er sie. „Gar nicht. Das ist nicht deine Aufgabe."

Verblüfft und eine Spur rebellisch sah sie ihn an. „Das war eher rhetorisch gemeint."

Ernst begegnete er dem Blick ihrer faszinierenden Augen. „Ich möchte, dass du mir versprichst wegzulaufen, solltest du jemals wieder einem Lich begegnen."

Sie antwortete nicht, sondern starrte ihn einfach nur an.

Mit gerunzelter Stirn betrachtete er sie. „Was versuchst du da?" Ging es ihr doch schlechter, als er angenommen hatte? In Gedanken überschlug er noch einmal, was er gesehen hatte.

„Ich frage mich, wie deine Augen nur so blau sein können. Und warum du deine Emotionen unterdrückst", antwortete sie gedankenverloren.

Augenblicklich schottete er sich komplett ab. „Was genau siehst du?"

Ihre Mundwinkel zuckten leicht. „Ich sehe nichts. Das ist viel mehr ein Gefühl. Jede Emotion fühlt sich anders an und jedes Wesen hat dazu noch seine eigene Signatur. Die einen fühlen sich zum Beispiel an, als seien sie vom Winde verweht, die anderen, als wären sie in Wasser getaucht worden. Es ist schwer, das zu beschreiben."

„Siehst du die Wesen so?"

Jetzt verzog sie spöttisch ihre Mundwinkel. „Teils. Ich hab ja auch noch Augen im Kopf."

Neugierig lehnte er sich nach vorne. „Wie fühlen sich Menschen an? Oder Vampire?"

Sein Interesse war unerwartet und ungewohnt. Noch nie hatte jemand ihr solche Fragen gestellt. „Menschen sind aufdringlich und chaotisch. Vampire... sie sind kalt. Ich kann nur ganz starke Emotionen von ihnen wahrnehmen. Oftmals sind es nur die Spuren der Blutspender. Sie sind die einzigen Wesen, die sich schwer erfassen lassen. Ich habe erst einmal wirklich gespürt, was ein Vampir empfindet. Und das war, als ich Aram davon abbringen wollte, Adele her zu bringen. Dieser Sauhund war der einzige, der mich bemerkt hat", entfuhr es ihr frustriert.

Überrascht blinzelte er sie an. Aram hatte hie und da Andeutungen bezüglich ihrer Aufeinandertreffen in der Menschenwelt gemacht, aber nie etwas erzählt. „Jetzt musst du die ganze Geschichte erzählen."

„Dann erwarte ich auch eine Geschichte im Gegenzug", forderte sie nach kurzem Zögern.

Er nickte. „Also?"

Lächelnd fuhr sie sich mit der Hand durch die Haare. „Oh, da ist nicht viel. Ich mochte ihn nicht. Er wollte mir meine Freundin wegnehmen, also bin ich in sein Haus eingestiegen und wollte Adele entführen. Niemand, nicht einmal die anderen Vampire im Haus haben mich bemerkt. Und dann stand er auf einmal da. Wie ich schon sagte, ist es schwer, Vampire anhand von Emotionsquellen ausfindig zu machen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch gehofft, dass er einfach ein anderes Wesen ist, das sich als Vampir ausgibt. Da stand er dann und hat mir den Weg aus dem Raum versperrt. Wie sich herausgestellt hat, lässt er sich wirklich nicht so leicht töten." Ein dunkles Vergnügen schlich sich in ihren Blick, gefolgt von einer Menge Frustration. Sie hatte also versucht Aram zu töten, ohne genau zu wissen, was er war. Hatte sie jemals von dem Rat gehört, den Feind zu kennen, ehe man ihn angriff? Nach kurzem Grübeln kam er zu dem Schluss, dass es ihr egal gewesen sein musste. Aufmerksam lauschte er ihren nächsten Worten. „Hätte ich versucht, ihn in einen Kampf zu verwickeln, wären die anderen auf den Plan gerufen worden." In offenkundigem Missfallen biss sie sich auf die Unterlippe. „Er wollte reden. Ah, und er hat sein T-Shirt ausgezogen. Ich glaube, er war ein wenig enttäuscht, dass mir das nichts ausgemacht hat, aber sag's ihm bitte nicht." Verschwörerisch zwinkerte sie ihm zu. „Auf jeden Fall hat er versucht mir zu erklären, warum ich sie nicht mitnehmen könne. Das war nicht das erste Mal, dass er meinte, sie gehöre ihm. Ich hätte ihm auch dieses Mal nicht geglaubt, dass ihm an ihr liegt, wären da nicht seine eigenen, wirklich starken Emotionen gewesen. Ganz die gute Freundin, hab ich ihn laufen lassen. Und dann bin ich unglücklicherweise über diesen Stuhl gestolpert."

Den letzten Teil glaubte er ihr keinen Augenblick. „Gestolpert?"

Sie nickte. „Ja, so nennt man das, wenn man etwas nicht sieht und dagegen läuft."

Er fasste unter ihr Kinn. Ihre Haut fühlte sich verboten gut an. „Du lügst mich doch nicht etwa an?"

Ria schluckte. Warum brachte er sie bloß auf diese unbeschreibliche, unterschwellige Art durcheinander? „Wieso sollte ich?" Ihr dummes Herz musste jetzt auch noch aus dem Takt geraten. „Ich glaube, meine Kopfschmerzen kehren zurück", murmelte sie und legte sich wieder hin. „Bleibst du hier?"

Er gab nur ein schwaches Nicken von sich. Eleasar war mit seinen Gedanken schon meilenweit entfernt. „Schlaf gut."

.

Die darauffolgenden Tage verbrachte Ria damit, Eleasar beim Verfassen von Schreiben zuzusehen und sich von ihm die Feinheiten der Sprache beibringen zu lassen. Es dauerte, bis sie herausgefunden hatte, wie man die Worte so aussprach, dass sie wie munter dahinplätscherndes Wasser klangen. Am Abend des zweiten Tages ging es ihr so gut, dass er beschloss, sie auf einen kleinen Ausflug mitzunehmen.

„Wo gehen wir denn hin?", versuchte sie nun schon zum wiederholten Male aus ihm heraus zu bekommen, während sie ihm ungeduldig über die Schulter schielend durch die spärlich beleuchteten Gänge folgte.

Vor einer Tür blieb er plötzlich stehen. „Den Ort kennst du nicht. Es bringt also nichts, wenn ich ihn dir nenne." Er bemühte sich um eine ausdruckslose Miene und reichte ihr einen Umhang. „Es ist kühl draußen."

Mit unverhohlener Neugier folgte sie ihm zu den Ställen, wo sie mit wachsender Unruhe das große schwarze Pferd betrachtete, das er ungesattelt aus einer der unzähligen Boxen führte. Sie hatte es nicht so mit diesen großen Tieren.

Abschätzend musterte er Rias leicht verkrampfte Haltung. „Du kannst nicht reiten." Es war eine Feststellung. Ihr ablehnendes Schweigen war Antwort genug. Skeptisch beobachtete sie ihn dabei, wie er sich auf den Pferderücken schwang. Als er sie dann auch noch ohne Vorwarnung vor sich aufs Tier zog, wusste sie nicht recht, ob sie ihm eine kleben oder sich panisch an ihm festhalten sollte. Letztendlich gewann ihr Instinkt und sie krallte sich in die an den Spitzen ins Violett umschlagende Pferdemähne. Dass er sie fest in seinen Armen hielt, dämmte ihre Panik auf ein kontrollierbares Maß. Nicht, dass sie es ihm jemals verraten würde, aber auch wenn er sie oft an den Rand der Verzweiflung trieb, so war sie doch froh, dass er da war.

Eleasar trieb das Pferd über die kleine Brücke, auf der Ria kurz nach ihrer Ankunft hier aus der Kutsche geflohen war, auf eine kleine Anhöhe hinauf. Ihr stockte der Atem. Es schien, als würde die Sonne direkt vor ihnen beim Untergehen verbrennen. Es war ein berauschender Anblick, an dem sie sich nicht sattsehen konnte. Das Pferd galoppierte den Hügel hinab und als sie die große Ebene am Fuße erreichten, hoben sich die ersten Sterne deutlich vom Nachthimmel ab.

Kurz darauf ließ er das Pferd anhalten und war ihr beim Absteigen behilflich. Anschließend setzte er sich ins angenehm kühle Gras. Sein Pferd widmete sich unterdessen schnaubend dem dunkelgrünen, saftigen Gras. „Von hier aus kann man den Sternenhimmel ungestört betrachten", sagte er leise.

Da konnte Ria ihm nur zustimmen. „Kommst du oft her?" Den Blick gen Himmel gerichtet ließ sie sich neben ihn auf den Boden sinken. Dieser Anblick war unbeschreiblich faszinierend.

„In schönen Nächten und wenn ich den Kopf frei bekommen möchte." Auch er sah zu den Sternen hinauf.

Die nun eintretende vertraute Stille spann zarte Fäden zwischen ihnen, während sie schweigend dabei zusahen, wie das letzte Tageslicht der geheimnisvollen Verheißung der Nacht wich. Entspannt ließ Ria sich ins Gras sinken, die einzelnen Halme kitzelten sacht auf ihrer Haut, als wollten sie sie willkommen heißen. „Das habe ich in meiner Welt oft gemacht."

Fragend sah er auf sie herab und begegnete einem sehnsuchtsvollen Leuchten in ihren wunderschönen Augen.

„Nachts nach draußen gehen und die Sterne betrachten", erklärte sie wohlig seufzend. „Es ist, als würde man in eine andere Welt sehen. So friedvoll." Von tiefer Ruhe erfüllt, schloss sie ihre Augen.

Angespannt ballte er die Hände zu Fäusten. Ihr gelöster, friedlicher Anblick war nicht gut für seinen eigenen Frieden. Da kam es ihm sehr gelegen, dass sie kurz darauf anfing zu frösteln. „Reiten wir zurück."

„Ich will aber noch nicht gehen", maulte sie und unterdrückte ein tiefes Gähnen.

Mit zurückgehaltenem Lächeln stand er auf. Was für ein störrisches Mädchen. „Du frierst und bist müde. Wenn du nicht unter freiem Himmel schlafen willst, sollten wir gehen."

Mürrisch rappelte sie sich auf. „Aber nur, weil du so gute Argumente hast."

Mit so wenig Hautkontakt wie möglich half er ihr auf den Pferderücken, bevor er sich geschickt hinter sie schwang. Sichtlich niedergeschlagen griff sie nach der Mähne. „Du kannst die Sterne von der Fensterbank aus betrachten", flüsterte er ihr ins Ohr. Er konnte es nicht ertragen, dass sie seinetwegen so geknickt war.

Sein warmer Atem kitzelte sie. Entspannt lehnte sie sich nach hinten. Ein Reflex, den sie nicht unterdrücken konnte. „Hm."

Im schnellen Galopp ging es auf kürzestem Wege zurück zum Schloss. Ria war so müde, dass sie sich auf dem Weg durch die Gänge an Eleasar festhalten musste. Ansonsten wäre sie vermutlich beim Gehen eingeschlafen oder gestolpert. Ihm war es ein Rätsel, wie sie es schaffte, die Kleider zu wechseln, ohne umzufallen. Er an ihrer Stelle wäre einfach so ins Bett gegangen.

„Elea?" Sie griff nach seinem Ärmel.

Aufmerksam wandte er sich zu ihr um. Sie stand unerwartet nah bei ihm. Eine Seite des Nachthemds war ihr unübersehbar über die Schulter gerutscht. Schwer schluckend zog er ihr den Stoff wieder über die Schulter. Anschließend berührte er sacht ihre Schläfen. Es war ihm zur Gewohnheit geworden sich zu versichern, dass ihr Geist weiter heilte.

Vertrauensvoll schmiege sie sich in seine Hand. Sie erweckte den Anschein, als schliefe sie gleich in seinen Armen ein. „Warum bin ich hier? Das ist doch dein Zimmer."

Umsichtig brachte er sie zum Bett. Darauf wusste er so schnell keine überzeugende Antwort. Sie bedurfte keiner Fürsorge mehr, denn die Wunden waren nicht mehr als kleine Kratzer auf ihrem Geist. „Ich würde sagen, weil mein Vater dich während meiner Abwesenheit hier einquartiert hat."

„Nein." Sie gähnte herzhaft. „Warum sorgst du dich um mich?"

Das war eine sehr gute Frage. Er wollte es nicht - nur konnte er einfach nicht anders. „Warum lässt du es zu?"

„Ich weiß es nicht", antwortete sie schläfrig. „Du bist einfach da."

Ja, dachte er traurig bei sich und drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn.

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