9. Kapitel

Vor der Schule wurde ich von meinen Klassenkameradinnen begrüßt. Alli grinste wie immer über beide Backen. Ich konnte ihre gute Laune morgens noch nie verstehen.
Während wir zum Biologie Saal gingen, trank ich noch schnell meinen Kaffee leer. Wir setzen uns in die 3 Reihe und warteten.

Wir redeten über die genetische Vererbung, dominant und rezessiv usw.
Als ich merkte dass mein Handy vibrierte holte ich es vorsichtig aus der Tasche. Von Alli erntete ich nur einen bösen Blick, aber das machte nichts. 
 Sören, mein bester Freund, hatte mir geschrieben.

Sören: Tanja?
Tanja: Ja?
Sören: Sitz du?
Tanja: Ja, gerade im Unterricht. Warum?
Sören: Oke da ich nicht weiß wie ich es anders sagen kann. Steven ist jetzt mit Kati zusammen.

Und in diesem Moment brach ich zusammen. Mitten im Biologie Unterricht und vor der ganzen Klasse. Aber es war mir egal. Ich heulte nur noch. Mitten im Unterricht. Selbst Alli konnte mich nicht mehr beruhigen. Es fühlte sich einfach alles so an, als hätte man mir meine letzte Kraft genommen. Der Kloß war im Hals stecken geblieben und schreien konnte ich nicht. Mir fehlte die Kraft für alles. Im nächsten Moment wurde mir schlecht und alles drehte sich um mich. Jemand hob mich hoch und brachte mich aus dem Klassenzimmer. Derjenige legte mich vorsichtig im Flur ab. Sofort rollte ich mich zusammen und weinte weiter. Es war mir alles nur noch egal. Für mehr hatte ich keine Kraft mehr.

Irgendwann legte Alli meinen Kopf auf ihren Schoß. Sie sprach leise, doch ich hörte jedes Wort. Jedes einzelne.
"Ich habe die Nachricht gelesen. Wieso reagierst du so heftig? Es ist doch nur ein Junge. Wie jeder andere auch. Andere Mütter haben auch schöne Söhne."
Kaum merklich schüttelte ich meinen Kopf. Er war nicht irgendwer. Er war die Liebe meines Lebens. Seit ich ihn das erste Mal gesehen habe, habe ich ihn geliebt. Seine Stärken und seine Schwächen. Seine Fehler. Sein tieftest Inneres und alles was weiter ging. Seine verschiedenen Facetten.
"Ich will aber nur ihn!" "Tanja, du siehst doch wohin das alles führt. Du bist eben einfach mal ebenso mitten in Biologie zusammen gebrochen. Sieh dich doch an! Er hat dich zu einem Wrack gemacht."
Ein erneutes Schluchzen meinerseits durchbrach die Stille. Mein Kopf explodierte so stark hatte ich geweint.
Sandra schlich sich aus dem Klassenraum mit einer ganzen Box voller Taschentücher. Dankend lächelte ich sie an.
"Ich glaube, die brauchst du gerade dringender."
Alli klopfte mir auf den Oberschenkel und lächelte schwach.
"Hat er es dir je gesagt?" Traurig senkte ich meinen Kopf. Alli schwieg. Sie wusste, dass das nein heißen holte.

Mit Schwung stand ich auf. "Lass uns wieder reingehen." Schnell schickte ich Anna noch einen Screenshot. Alli rettete meinen verlaufenen Mascara und wir gingen rein. Alle starrten uns an, fuhren dann aber wieder mit dem Unterricht fort.
Mir setzten uns an unsere Plätze und Nico ergriff meine Hand und drückte sie schwach. Sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln. Er beugte sich zu mir rüber und flüsterte:" Alles wieder okay?" Ich nickte und wir lauschten dem Unterricht weiter.

...

Nach dem Unterricht fuhr ich heim, legte mich in diverse Decken, zitterte und tat nichts. Später kam Anna noch spontan vorbei.
"Tanja! Wir haben 30 Grad draußen und du liegst hier mit 3 Decken! Kein Wunder wieso du so zitterst."
Sie nahm mir alles Decken weg, gab sie mir aber wieder als sie merkte dass ich ohne nur noch mehr zitterte.
"Falls es dich beruhigt, ich kenne Kati und mag sie nicht. Vollkommen seltsames Mädel. Ihr spielt eh in verschiedenen Ligen."
Stumm nickte ich. Sanft legte ich mich hin und schloss die Augen. Anna kochte in der Küche und stellte es mir vor die Nase. Langsam öffnete ich die Augen, schloss sie danach aber wieder. Mein Körper verweigerte gerade alles. Er funktionierte nicht mehr.
"Wenn du nicht willst dass ich kotzte, solltest du es wegnehmen."
"So schlimm?"
"Tja Anna. Das macht mein Körper immer so. Total witzig", laut schnaufte ich die Luft aus, "einfach alles verweigern. Trinken muss ich mir rein zwingen, sonst geht nichts mehr."
"Tanja! Dein Körper ist scheiße."
Sie nahm mir meine Portion ab, und aß beide.
Total fertig merkte ich wie ich abdriftete.

4 Wochen später 

"Alli! Gut siehst du aus." Alli drehte sich um und fiel mir in die Arme.

Heute war der große Tag. Endlich den Abschluss in der Tasche. Es wurde gegessen und getrunken. Einfach jeder hatte Spaß. Anschließend ging unsere Klasse noch gemeinsam Shisha rauchen.

Die Zeit war gekommen, wo jeder sich verabschieden musste. Lange umarmten Alli und ich uns, dabei blieb auch kein Auge trocken.
"Und du machst keinen Scheiß im Gymi. Und pass ja gut auf Nico auf." "Und dir viel Spaß im Urlaub. Und viel Spaß und Erfolg bei einer bevorstehenden Ausbildung."
So ging es noch einige Zeit, bis sie ihren Weg ging und ich meinen. Es war heftig nachdem wir uns so ins Herz geschlossen haben. Aber wir sind ja nicht aus der Welt. Und da wir auch bald beide 18 werden, ist das mit der Entfernung kein Problem.

Zuhause angekommen packte ich schnell meinen Koffer. Morgen ging es endlich in den lang ersehnten Türkeiurlaub. Einfach Sachen packen und weg. Alles vergessen. Steven vergessen.Das Flugzeug hob ab und somit ließ ich meine Probleme und Sorgen auf dem Boden zurück und freute mich auf den bevorstehenden Urlaub.

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