Kapitel 11/ Variante Eomér

„Bitte geh morgen mit Eowyn zurück nach Edoras.... Von dort, schlag dich durch in deine Heimat! In Bruchtal bist du sicher! Ich könnte es mir nie verziehen, wenn dir etwas zustoßen würde!"

Entsetzt sah ich den Hauptmann an.

„Ich werde deiner Bitte nicht nachkommen!" sagte ich streng und bestimmt, obwohl ich mich zerbrechlich fühlte.

Als hätte er diese Antwort erwartet, wurde sein Tonfall schroffer. „Gilenya, ich bin der Hauptmann von Edoras und wenn es sein muss ... befehle ich dir, von der Schlacht fernzubleiben. Du magst eine Kriegerin sein, doch von niederem Rang und meinen Befehl unterstellt."

Entsetzt trat ich einen Schritt zurück.

„Wenn Legolas mir den Befehl gibt, in die Schlacht zu reiten ..."

„Das wird er nicht!" unterbrach mich der Eorlinga abrupt.

Das also hatten die beiden so angeregt besprochen.

„Eomér .... Ich will dir nicht von der Seite weichen!" widersprach ich im freundlicheren Ton, denn alles Gezeter würde nichts bringen.

Sanft nahm er meine Hand und bedeutete mir, mich zu ihm zu setzen.

„Gil, du bist elbischen Bluts und ich ein einfacher Mensch. Auch wenn die Zeiten besser wären..." er rang um seine Fassung und nach Worten.

„Was versuchst du mir zu sagen?" hakte ich nach.

„Ich werde dich deiner Unsterblichkeit nicht berauben - Gil! Eher führe ich ein Leben ohne Liebe, als dessen schuldig zu sein."

Tränen stiegen in seine Augen, was er zu verbergen versuchte, indem er den Kopf abwand.

Mit beiden Händen an seinen Wangen, zwang ich ihn, mich anzusehen, denn auch ich hatte ihm etwas zu sagen.
„Es ist zu spät Eomér!"

Panisch befühlte er meine kalten Hände. „Nein! Was hast du getan?" fragte er mich mit Furcht in der Stimme.

„Ich liebe dich ... und so führe ich ein sterbliches Leben."

Fassungslos drückte er meine Hände an seine Lippen und schloss die Augen.

„Es geschah bereits in Edoras ... weder du noch ich hatten Einfluss darauf. Das Schicksal hat uns zusammengeführt ... ich bedaure es nicht Eomér. Ein Leben, erfüllt von Liebe ist so viel mehr wert als die Unendlichkeit!"

Seine Augen öffneten sich und glitzerten im Licht der Fackel.

„Ich liebe dich auch!" mehr konnte er nicht sagen. Glücklich über seine direkte Liebesbekundung fiel ich über ihn her und küsste ihn stürmisch.

Wir liebten uns die ganze Nacht, bis der Morgen graute. Der Beischlaf war erfüllt von Zärtlichkeit und Liebkosungen. Er hatte nichts Herrisches an sich, was er sonst so gerne auslebte. Eomér war ausschließlich liebevoll, rücksichtsvoll und verlor sich dennoch genüsslich in mir.

Wir schauten uns tief in die Augen, wissend, dass nun eine sehr schwere Zeit für uns anbrechen würde.

„Ich werde mit dir ziehen!" sagte ich bestimmt, aber sanftmütig.

Der Hauptmann nahm diese Feststellung erstaunlich gut auf.

„Dein Sturkopf ist dir erhalten geblieben. ... Ob Elb oder Mensch – du kannst kämpfen und dass besser als mir lieb ist. Du bleibst stets in meiner Nähe – das ist ein Befehl!"

Er wirkte nicht sonderlich glücklich, dafür aber einsichtig. Er vertraute mir und wusste zugleich, dass er mich nicht aufhalten konnte.

Gemeinsam verließen wir in voller Ausrüstung das Zelt – bereit für den Aufbruch.

Von Theodén erfuhren wir, dass Legolas, Gimli und Aragorn mitten in der Nacht aufbrachen und den Pfad der Toten beschritten. Meine Gefährten hatten mich also zurückgelassen... . Eomér schien zu ahnen, was in mir vorging.

„Sie haben dich nicht vergessen Gil. Deren Unterfangen ist vermutlich gefährlicher als unser Ritt in die Schlacht. Sie wollten dich schützen! Legolas hatte mich gebeten, dich nach Hause zu schicken. Er wusste, dass das mein Bestreben war und wollte dich nicht zu einer neuen, noch gefährlicheren Mission mitnehmen."

„Wird Gilenya deine Frau?" fragte der König direkt seinen Neffen.

Kurze Stille, bis der Hauptmann seine Sprache wiederfand.

„Sie hat ihre Unsterblichkeit verloren, im Austausch zu unserer Liebe..."

„Dann schlag ich vor, dass ich Euch zu Mann und Frau ernenne, bevor wir in die Schlacht reiten." Bestimmte der König vergnügt.

Verdutzt sahen wir beide uns nur an und blickten Theodén nach, der breit grinsend in sein Zelt ging.

Geschwind kam er wieder hinaus und befahl Eowyn zu sich.

„Kommt!" sagte er fordernd zu uns gewandt und ging vorweg.

„Willst du das?" fragte mich der junge Krieger.

„Willst du das? Bis vor ein paar Tagen warst du ein wilder, unzähmbarer Hengst, der an keiner Frau vorbeiging, ohne sie flach zu legen. Sollen deine Tage als Junggeselle für immer vorbei sein?"

„Ich will nur dich Gil! Ich hoffe... du willst mich auch... ."

„Ja natürlich will ich deine Frau werden und es sein, solange wir leben ... wie lange auch immer das sein mag."

Ein Felsvorsprung, von dem aus man die gesamte Heerschar überblicken konnte, aber auch die Berge um uns herum, welche von der Sonne in goldenes Licht getaucht wurden.

Eomérs Schwester eilte herbei und sah uns verdutzt an.

„Gut, dann lasst uns anfangen." Klatschte der König fröhlich in die Hände.

Mein Zukünftiger nahm meine Hand und führte mich auf einen sonnigen Platz und stellte sich mir gegenüber. Er lächelte aufbauend und hielt weiterhin meine Hand.

„Eomér, Hauptmann von Edoras, Thronfolger von Rohan... mein Neffe. Ich freue mich, dass du in den Genuss der wahren Liebe gekommen bist, ehe das Ende naht! Du bist ein tapferer, unschlagbarer Krieger. Wie meinen Sohn habe ich dich großgezogen und wie ein Vater bin ich unendlich stolz auf dich. Aus dir ist ein Ehrenmann geworden! Deine Eltern wären auch unendlich stolz auf dich... auf euch Beide." Dabei sah er zu Eowyn rüber.

Aus der Tasche zog er zwei Ringe.

„Gilenya, Elbin aus Bruchtal. Es bedarf immer viel Mut, sein Herz zu verschenken ... vor allem, wenn man so viel zu verlieren hat. Du hast deine Unsterblichkeit für einen Eorlinga aufgegeben, dass macht dich zu eine von uns."

Mein Gegenüber grinste schief. Scheinbar belustigte ihn der Gedanke, eben noch eine Halbelbin und jetzt eine Eorlinga zu lieben.

„Eomér, Sohn von Éomund und Théodwyn, willst du Gilenya aus Bruchtal zu deiner Gemahlin nehmen, sie mit deinem Leben beschützen, ihr treu ergeben sein, lieben in guten wie schlechten Zeiten, in Gesundheit wie auch Krankheit?"

„Ja, ich will! Du wirst es nie bereuen, deine Unsterblichkeit gegen mich eingetauscht zu haben, das schwöre ich dir, bei meinem Leben!" antwortete der Krieger mit fester Stimme prompt.

Zufrieden nickte der König und stellte mir die gleiche Frage.

Kaum das ich mit: „Ja, ich will." Antwortete, durchfuhr mein Körper ein Zittern. Ich atmete unweigerlich tief aus und spürte, wie nun auch der letzte Rest meines Elbin - seins meinen Körper verließ. Für einen Moment fühlte ich mich unvollständig, als wäre mir ein Teil meiner Seele genommen worden. Eomér sah, dass etwas mit mir geschah und schloss mich kurzerhand in seine Arme. Der eben noch freie Platz wurde gefüllt und ich fühlte mich nun vollständiger denn je. Alle Zweifel und Unsicherheiten, die ich bezüglich meiner Abstammung hatte, waren verpufft. Mehr denn je, war es besiegelt, wo mein Platz auf dieser Welt war.

Vorsichtig löste ich mich von meinem Mann und sah ihn in die Augen. Aufmunternd lächelte er.

„Als Mensch bist du noch schöner." Seine Finger strichen sanft über mein Gesicht. Eowyn reichte mir einen kleinen Spiegel. Der Blick darin verriet, dass kleine Fältchen meine Augen umspielten und wenn ich lachte, bildeten sich Grübchen. Meine Augen waren nicht mehr eisblau, sondern etwas dunkler aber immer noch ein klarer Blauton. Das war immer noch ich und von nun an würde ich altern, wie jeder Mensch.

Mir gefiel, was ich sah, und so lachte ich losgelöst und warf mich um Eomérs Hals. Er war ebenso wie ich überglücklich.

Der König räusperte sich und reichte uns die Ringe. Stumm aber mit einem Lächeln auf den Lippen forderte er uns auf, die gegenseitig anzustecken.

Eomér bekam Theodéns alten Ehering und mein Finger wurde mit dem Ring von der verstorbenen Königin Elfhild verziert.

„Ihr seid nun Mann und Frau! Möget ihr ein glückliches, kinderreiches und langes Leben führen ... Ihr dürft euch nun küssen."

Eomér kullerte eine Träne über die Wange und er überwältigte mich mit seinen Gefühlen. Auch meine Wangen wurden nass, während wir uns ausgiebig und unter Applaus küssten.

Hörner ertönten. Das war für uns zu ehren, doch bald schon würden wir sie hören, weil wir aufbrechen würden.

„Ich liebe dich meine Schöne!" flüsterte er mir ins Ohr, bevor er mich ein letztes Mal in seine Arme schloss und seine Lippen, die meine liebkosten. Meine Knie wurden weich, bei seinem Liebesgeständnis. Dieser Mann ließ mich leben und die Liebe erleben. Solange es noch möglich war, würde ich dieses Gefühl, was er bei mir auslöste, genießen. 

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