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Mitten in der Nacht werde ich vom Klingeln meines Handys geweckt.

Müde schleppe ich mich ins Wohnzimmer, wo ich es auf dem Tisch liegen gelassen habe.

"Ja?." melde ich mich müde, ohne vorher aufs Display zu schauen.

"Miss. Stone?" vernehme ich eine Männliche Stimme.

"Mr. Black? Sind sie das?"

"Ja, wer sonst!" bei diesen Worten kann ich förmlich den finsteren Blick meines Chefs auf mir spüren.

"Wissen sie eigentlich wie spät es ist?" frage ich gähnend.

"Natürlich! Es ist vier Uhr dreißig in der Früh! Dumme Frage!" sagt er ungehalten.

Stöhnend werfe ich einen Blick auf die Leuchtziffern meiner Stereoanlage. Tatsächlich es ist halb fünf! Warum um Himmels willen, ruft mich mein Chef um diese Uhrzeit an?!

"Was gibt es denn?" will ich genervt wissen und lasse mich auf mein Sofa fallen.

"Ich brauche die Termine für heute." fordert er ungehalten.

"Und das kann nicht warten?" rutscht es mir heraus.

"Ich habe sie nicht nach ihrer Meinung gefragt! Also, wird's bald!" herrscht er mich an.

"Ja, Sir. Einen Moment." Eilig ziehe ich mein Tablet hervor und rufe den Terminplan auf. Aber, da Samstag ist, ist kein Termin eingetragen.

"Es ist Wochenende." sage ich schlicht. Wie konnte ich das nur vergessen. Ich hätte so schön ausschlafen können, wenn er nicht angerufen hätte. Und eigentlich weiß er auch selbst, dass an den Wochenenden selten Termine anstehen. Warum also belästigt er mich?

"Ja und!"

"Es stehen keine Termine an." präzisiere ich schnell.

"Dann haben sie ja Zeit, meinen Anzug in die Reinigung zu bringen und der Mercedes muss auch mal wieder gewaschen werden! Und wenn das erledigt ist, können sie den unerledigten Papierkram von gestern aufarbeiten." verlangt mein Chef kalt.

"Was! Aber...!" beginne ich zu wiedersprechen.

"Miss Stone!" unterbricht er mich unwirsch und das mitten in der Nacht! Verdammt, was für ein Mistkerl!

"Ich habe sie nicht nach ihrer Meinung gefragt! Ich erwarte sie um acht Uhr im Büro. Haben sie mich verstanden!"

"Ja, Sir." erwidere ich kleinlaut, auch wenn ich ihn eher anschreien möchte, was ihm eigentlich einfällt, mich an meinem freien Tag mitten in der Nacht aus dem Bett zu reißen und mich mit Zusätzlicher Arbeit zu bombardieren. Gott! Warum bin ich überhaupt ans Telefon gegangen? Ich hätte es einfach lassen sollen. So ein Mist, jetzt muss ich mich auch noch am Wochenende mit ihm herumschlagen.

"Kann ich sonst noch etwas für sie tun?" frage ich unterwürfig, doch außer einem Knacken in der Leitung ist nichts mehr zu hören. Oh! Er hat einfach aufgelegt.

Resigniert werfe ich mein Handy neben mich auf die Couch und lasse mich in die Kissen sinken.

Na Toll! Was für ein super Wochenende, wenn ich mich an meinem freien Tag jetzt auch noch mit meinem Boss auseinander setzten muss!

Müde schließe ich einen Moment die Augen. Ich steh gleich auf und geh ins Bett, nur fünf Minuten. Ich darf nicht vergessen meinen Wecker zu stellen. Das mach ich am besten gleich, damit ich nicht verschlafe.

Hm... ist eine Stunde lang genug um mich fertig zu machen? Ich weiß nicht. Vielleicht doch besser eineinhalb oder?

Ich bin so Müde, ich sollte jetzt wirklich aufstehen, meinen Wecker stellen und ins Bett gehen, das sollte ich wirklich, aber es ist so gemütlich hier... ob ich einfach hier bleibe? Aber den Wecker... ja, gleich...

Ring! Ring... RING!

Was? Was ist das schon wieder? Klingelt etwa schon wieder mein Handy? Was will er denn noch? Bestimmt hat er was vergessen?

Erschöpft greife ich nach dem Telefon, das neben meinem Kopf liegt.

"Ja?" gähne ich müde hinein.

"WO ZUM TEUFEL BLEIBEN SIE!" brüllt es wütend aus dem Hörer und wie von der Tarantel gestochen richte ich mich auf.

Verdammt! Ich hab verschlafen!

"Tut mir leid Sir. Ich hab verschlafen!" stammel ich von Panik ergriffen ins Telefon.

"Ich komm so schnell ich kann!"

"Das wird ein Nachspiel haben!" sagt er kalt, dann ist das Telefon stumm.

Eilig renne ich durch meine Wohnung und werfe mein Geburtstagsgeschenk unachtsam aufs Bett, dann stürze ich ins Bad. Nach fünf Minuten bin ich geduscht und schon halb angezogen.

Die Haare binde ich mir schnell zu einem Strengen Dutt zusammen, weil mir die Zeit fehlt, sie zu Waschen, dann ziehe ich mir einen engen grau melierten Rock und eine weinrote Bluse an, darüber ein schwarzes Jackett und schwarze High heels .

Und schon bin ich unterwegs. Renne die Treppe hinunter und die Straße entlang, bis ich mein kleines Auto erreiche.

Als ich den Motor starte springen mich die Ziffern auf dem Display des Radios förmlich an.

Es ist halb neun! Das wird ein Donnerwetter geben, wenn ich im Büro ankomme. Bei dem Gedanken daran beginnen meine Finger vor Nervosität zu zittern. Und mein Puls beschleunigt sich. Ich sollte mir das nicht gefallen lassen, denke ich ärgerlich. Immerhin ist heute eigentlich mein freier Tag und noch dazu hat mich mein Boss mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen und anstatt ihm die Meinung zu sagen rede ich mir auch noch ein schlechtes Gewissen ein, weil ich mich verspäte, dabei sollte er eigentlich ein schlechtes Gewissen haben, dass er mich an meinem Freien Tag ins Büro zitiert.

Gottseidank kommt das nicht so häufig vor und warum ausgerechnet heute ist mir ein Rätsel, doch bisher bin ich noch nie zu spät gekommen.

Erneut schaue ich auf die Uhr. Schon seit zehn Minuten schlängele ich mich durch den Verkehr, aber zum Glück ist er heute nicht so zäh, wie normalerweise, was wohl damit zu tun hat, dass Wochenende ist.

Weitere zehn Minuten später erreiche ich mein Ziel. Da ich allerdings nicht das Privileg besitze ebenfalls einen Parkplatz in der Tiefgarage des Gebäudes zu besitzen, bleibt mir nichts anderes Übrig als mir auf der Straße einen Platz für mein Auto zu suchen.

Minutenlang, zumindest kommt es mir so vor, fahre ich erfolglos den Häuserblock entlang, bis direkt vor mir ein Parkplatz frei wird.

Schnell zwänge ich meinen kleinen Ford in die Lücke, dann Laufe ich den Weg zurück ins Büro.

Gerade als ich die Lobby betrete schließen sich die Türen des Fahrstuhls.

"Bitte! Warten sie auf mich!" rufe ich dem jungen Mann zu, der auf dem Weg nach oben ist.

Er hält die Tür fest, so dass sie sich wieder öffnen.

"Danke!" schnaufe ich, als ich ebenfalls eingestiegen bin.

"Gern geschehen. Wohin wollen sie denn?" er lächelt mich freundlich an.

"In den fünfundzwanzigsten."

Er drückt auf den Knopf, dann schließen sich die Türen.

Während wir nach oben fahren komme ich langsam wieder zu Atem, doch ein wenig mulmig ist mir immer noch, wegen der bevorstehenden Auseinandersetzung mit Mr. Black.

Im zwölften Stock hält der Fahrstuhl an und mein Mitfahrer steigt aus.

"Auf wiedersehen." verabschiedet er sich und ich nicke ihm höflich zu.

Und endlich, oder leider, was auch immer, habe ich mein Ziel erreicht.

Vor der Tür zum Büro bleibe ich kurz stehen und Atme noch einmal tief durch, dann trete ich ein.

"Mr. Black! Ich bin da!" rufe ich schon, als ich an meinem Platz vorbei zum Büro meines Chefs eile.

"Wird auch langsam Zeit!" fährt er mich gereizt an, kaum dass ich seine Tür öffne.

Während ich auf ihn zugehe, verengen sich seine Augen zu schlitzen und ich höre ihn erstaunt nach Luft schnappen.

Gott! Was hat er denn nun schon wieder?

Doch anstatt einer harschen Erwiderung deutet er lediglich auf eine Tasche, die an der Wand neben der Tür steht.

"Bringen sie die Sachen in die Reinigung.", verlangt er relativ freundlich in Anbetracht seiner doch recht giftigen Begrüßung.

"Ja Sir, soll ich den Mercedes gleich mitnehmen?" frage ich, weil mir einfällt, das ich das Auto ja auch reinigen sollte.

"Tun sie das."

"Kann ich sonst noch was für sie erledigen?" frage ich erstaunt, weil er so zahm ist. Ich hatte mit einer viel unfreundlicheren Begrüßung gerechnet, doch scheinbar hat sich die Laune meines Boss von abgrundtief düster in dunkel grau verbessert.

"Nein, das wäre fürs erste alles. Was glauben sie, wie lange sie brauchen werden?"

"Ich denke, in zwei Stunden müsste ich wieder zurück sein." Hoffentlich habe ich die Zeit nicht zu knapp bemessen, denn ich brauche ungefähr fünfzehn Minuten zur Reinigung, dann zehn bis zur Waschanlage. Waschen, Trocknen, Polieren und Saugen dauern sicher noch mal eine Stunde. Und dann wieder hier her. Wenn also nichts dazwischen kommt müsste ich mit zwei Stunden auskommen.

"Also, gut. Melden sie sich, wenn sie wieder da sind."

"Ja, Sir." unsicher schaue ich ihn an. Seine strahlend blauen Augen fixieren jede meiner Bewegungen, sind aber nicht direkt auf mich gerichtet. Irgendwie scheint er mich verstohlen zu beobachten, als wäre er nicht sicher, ob er das Recht dazu hat. Dabei ist seine Haltung ein wenig... zurückhaltend... möchte ich sie mal nennen, was mich unheimlich verunsichert. So kenne ich ihn gar nicht.

Finstere Blicke...Ja, durch aus... böse Bemerkungen... auf jeden Fall und herablassende Gesten, definitiv, doch wie er sich heute gibt, so zahm und beinahe willfährig, das ist mir neu, vor allem weil wir alleine sind.

Doch bevor er Zeit hat, zu seinem sonst so arroganten ich zurückzufinden, mache ich dass ich weg komme.

Ich werde das Ganze einfach als Glückssache abhaken und hoffen, dass, wenn ich wieder komme, er noch immer in so..."guter" Stimmung ist.

Doch gerade als ich die Tasche an der Tür aufnehme, hält er mich auf.

Mist!

"Miss Stone!"

"Ja, Mr. Black." zögernd drehe ich mich zu ihm um.

Als ich meinen Blick auf ihn richte, sehe ich, dass er mir etwas entgegen hält.

"Den hier werden sie brauchen." sagt er schlicht und ich nehme ihm den Autoschlüssel ab. Erleichtert atme ich auf. Ich hatte sonst etwas erwartet, aber nicht das.

Als ich auf dem Weg zur Reinigung bin, wird mir seine Reaktion immer suspekter.

Hatte ich erwartet, ein riesen Donnerwetter zu hören zu bekommen, so habe ich mich geirrt und auch sein beinahe freundliches Verhalten mir gegenüber finde ich mehr als seltsam.

Nicht das mich das stören würde, aber wer weiß, was ich zu erwarten habe, wenn ich wiederkomme.

Nach dem ich seine Anzüge in der Reinigung abgegeben habe, fahre ich den Wagen durch die Waschanlage. Nach dem ich auch die Innenreinigung hinter mir habe bekomme ich langsam Hunger. Immerhin ist es schon fast elf.

*

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