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Auch nicht, als ich beginne ein kleines Klingelkonzert zu veranstalten, weshalb ich nach geschlagenen fünf Minuten dann doch ein Stockwerk tiefer fahre um in meine Wohnung zu gehen.
Nachdenklich greife ich nach meinem Handy und nehme all die Anrufe zur Kenntnis, die in meiner Abwesenheit eingegangen sind und fühle mich dann doch ziemlich mies, als ich ihn jetzt versuche anzurufen.
Hoffentlich geht er überhaupt dran.
Doch ich bin mir sicher, wenn ich vorhin mit ihm gesprochen hätte, hätten wir uns nur weiter angebrüllt, wie eigentlich schon den ganzen Tag und das hätte uns auch nicht weiter gebracht.
Doch wie zu erwarten war, geht er nicht dran.
Seufzend schreibe ich ihm eine Nachricht. Wenn er schon nicht ans Telefon geht, vielleicht liest er ja wenigstens was ich schreibe und kommt dann zu mir, wenn ihm danach ist. Oder er könnte mir ja auch zurück schreiben...doch leider tut er es nicht.
Minute für Minute verstreicht, ohne dass mein Telefon einen Mucks macht und so versuche ich es erneut an seiner Tür.
"Alexander! Bitte, kannst du auf machen!" rufe ich der Tür zu in der Hoffnung sie würde sich öffnen, doch das tut sie nicht. Aber auch sonst rührt sich nichts. Angespannt lege ich lauschend ein Ohr ans Holz und wünschte ich würde irgendetwas hören, oder sie würde sich öffnen, doch leider herrscht absolute Stille. Und ich habe auch keinen Schlüssel, denn den habe ich heute Morgen auf dem Küchentisch liegen lassen.
Wer hätte denn gedacht, dass ich ihn so schnell wieder brauchen würde.
Enttäuscht fahre ich zurück in meine Wohnung, nur um dann nochmal in die Garage zu fahren, um das Rezept zu holen, dass ich im Auto habe liegen lassen, doch als ich in die Tiefgarage komme fällt mir gleich der verwaiste Parkplatz von meinem Angebeteten auf.
Wo kann er nur sein?
Aber jetzt verstehe ich wenigstens, warum er die Tür nicht aufmacht...wie denn auch, wenn er nicht da ist...
Doch als ich auf dem Weg nach oben bin kommt mir ein beunruhigender Gedanke.
Ob er wohl ohne mich in den Club gefahren ist? Immerhin hat er mich gefragt, ob ich mit ihm hingehe.
Aber ob er das machen würde? Nein. Sicher nicht.
Energisch schüttele ich den Kopf, doch schon im nächsten Moment werde ich unsicher.
...was wenn er bei mir war, als ich mit dem Auto weg war und sich gedacht hat, ICH könnte in den Club gefahren sein, obwohl ich ihm gesagt habe, dass ich nicht dorthin wollte.
Er würde mir bestimmt folgen.
Und wenn er jetzt die ganze Zeit dort hockt und wartet? Wo ich doch hier auf ihn warte...
Sollte ich vielleicht mal hin fahren und schauen, ob er da ist? Also wirklich nur zum gucken. Mit ihm schlafen werde ich definitiv nicht. Nicht solange er mir keinen triftigen Grund gesagt hat, warum er sich nicht untersuchen lassen will.
Also schön. Ein Versuch ist es wert. Seufzend drücke ich erneut auf den Knopf für die Tiefgarage, kaum dass sich der Fahrstuhl auf meinem Stockwerk öffnet und schon bin ich wieder auf dem langen Weg nach unten, der gleich mehrmals unterbrochen wird, als andere Bewohner des Hauses ein und aus steigen.
Endlich am Ziel setzte ich mich in mein Auto und fahre los, wobei ich die ganze Zeit nicht weiß, was mir lieber ist.
Will ich, dass er im Club ist, oder will ich es lieber nicht.
Sein Anblick würde mir sicher mal wieder den Verstand rauben, wenn ich ihn dort in seiner sexy Boxershorts sehen würde und wenn er dann vielleicht noch die weiße Krawatte trägt, die zu seiner gebräunten Haut einen so schönen Kontrast bildet, wird es mir sicher nicht leicht fallen, die Finger still zu halten und meine Fantasie verrücktspielen lassen, doch was wäre die Alternative?
Ich würde weiterhin auf ihn warten oder nach ihm suchen. Ohne die geringste Ahnung, wo er ist.
Unsicher biege ich auf den Parkplatz ab und atme vor Erleichterung hörbar auf, als ich seinen Wagen erblicke.
Nun gut. Immerhin habe ich ihn gefunden und jetzt erklärt es sich mir auch, warum er mir nicht geantwortet hat.
Sein Telefon steckt im Umkleideraum. Und er...
"Hallo Kate." begrüßt mich Charlene lächelnd und will mir meinen Chip geben, den ich verlegen ablehne.
"Danke, aber ich bleibe heute nicht lange." sage ich entschuldigend und strebe der Bar zu, die ich durchqueren muss, um zu Jo zu kommen.
"Er ist..." beginnt sie mir hinterher zu rufen, doch da es gerade an der Tür klingelt bricht sie ab. Allerdings weiß ich ja ohnehin, das er da ist und wo er ist, weshalb ich ihr über die Schulter zurufe..."Ich weiß!"
Ein klein wenig angespannt, nach dem langen und von Gefühlen überschatteten Tag gehe ich zu seinem Raum, doch was ich dort zu sehen bekomme, zieht mir beinahe den Boden unter den Füßen weg.
Er ist nicht dort, wo ich ihn erwartet habe!
Er kniet nicht auf seinem Platz in der Ecke, hat nicht den Kopf gesenkt und wartet auch nicht auf mich, sondern er liegt gebeugt über der Bank. Ob er gefesselt ist kann ich nicht sehen, aber was ich sehe ist, dass seine Hose herunter gelassen ist und dass Kassandra gerade in meine Richtung kommt um sich eine Gerte oder irgendetwas ähnliches von der Wand zu nehmen.
Zitternd lege ich mir den Finger an die Lippen, als sie mich erblickt, um ihr zu bedeuten, dass sie mich nicht verraten soll und trete von der Tür zurück, damit Jo mich nicht sehen kann, doch bedeute ich ihr, kurz heraus zu kommen.
Was sie auch tut.
"Hallo." sage ich zittrig und kurz davor in Tränen auszubrechen. Heiser räuspere ich mich und versuche den Kloß in meinem Hals los zu werden, was mir aber nicht wirklich gelingt.
"Hallo. Kennen wir uns?" fragt sie mit gerunzelter Stirn und kratzt sich mit schräg gelegtem Kopf über den Arm.
"Ja. Flüchtig. Es ist schon eine Zeitlang her, da hast du mich eingeladen, mit euch zu spielen." versuche ich ihr ins Gedächtnis zu rufen. "Aber damals trug ich eine Maske...Kate." helfe ich ihr weiter auf die Sprünge.
Unwissend zuckt sie mit den Schultern, doch dann hellt sich ihr Gesicht plötzlich auf.
"Ach richtig, jetzt erinnere ich mich. Das ist aber schon eine ganze Weile her. Ich glaube das war das letzte Mal, als Jo mich angerufen hat." lacht sie auf und mustert mich neugierig.
"Wirklich?" frage ich, ein klein wenig Hoffnung schöpfend. "Du warst seit dem nicht mehr mit ihm hier?"
Verneinend schüttelt sie den Kopf lächelt mich schmunzelnd an. "Er hat wohl jemand anderen gefunden, mit dem er spielen konnte." sagt sie gleichgültig, was mich doch sehr erleichtert, wobei er ja jemand anderen beauftragt haben könnte...
"Tust du mir ein Gefallen?" bitte ich sie und werfe der Tür einen verlangenden Blick zu.
"Würdest du Jo die Augen verbinden und dann mit mir die Plätze tauschen?"
Kurz runzelt sie die Stirn, dann kräuselt sie überlegend die Lippen, bevor sie unschlüssig mit den Schultern zuckt.
"Ich weiß nicht." sagt sie unbehaglich. "Du weißt ja sicher, dass Jo, was seine Spielpartner angeht ein Mitsprache recht hat." erklärt sie mir entschuldigend.
"Ja, ich weiß, aber das geht schon in Ordnung. Er wollte dass ich komme, aber...ich...ich dachte...ich schaff es nicht." sage ich ausweichend und schaue betreten zu Boden.
Zumal ich nicht verstehe, warum er Kassandra hier her geholt hat.
Hat er mir nicht mal gesagt, dass er nicht mehr den Wunsch verspürt, sich von ihr bestrafen zu lassen? Warum also ist sie hier.
Wie kann er mich so hintergehen?
Ich versteh das nicht. Erst gestern hat er mich "vertraglich" darum gebeten bei ihm einzuziehen und schon heute geht er mir quasi "fremd".
Was soll das nur? Will er mich dafür bestrafen, dass ich ihn nicht hier her begleiten wollte?
"Also gut." sagt sie schließlich nach einer Zeit des Nachdenkens, doch bevor sie in den Raum zurückkehren kann halte ich sie noch einmal auf, um mich zu vergewissern, dass meine Befürchtungen auch wirklich richtig sind.
"Kassandra?"
"Ja, Kate?" musternd dreht sie sich noch einmal zu mir um und schaut mich abwartend an.
"Ich...ich wollte nur wissen...hat er dich angerufen, oder bist du zufällig hier?" innerlich drücke ich die Daumen, dass das alles nur ein dummer Zufall ist, dass er einfach die Gelegenheit beim Schopf gepackt hat, als ihm klar wurde, dass ich doch nicht kommen würde, doch...
"Er hat mich gebeten zu kommen. Warum?" sagt sie stirnrunzelnd.
"Nicht so wichtig." sage ich ausweichend und schlucke erneut die Tränen herunter, die mir den Hals zuschnüren.
Oh, Jo. Was hast du dir nur dabei gedacht? Erst die Weigerung wegen des Tests und jetzt das. Das macht doch alles nur noch schlimmer!
Als sie den Raum betritt weiche ich weiter vor der Tür zurück, damit er mich unter keinen Umständen sieht, doch als sie ihm die Augenbinde umlegt und sich eine Gerte holt, betrete ich leise den Raum und bitte sie stumm zu gehen.
Dankbar nicke ich ihr zu, doch der skeptische Blick, mit dem sie mich mustert spricht Bände.
Kann ich sie wirklich mit ihm allein lassen? Scheint sie sich zu fragen, doch als ich auf das Fenster deute, durch dass sie uns zusehen kann, nickt sie zustimmend, reicht mir die Gerte und lässt mich mit ihm allein.
Langsam gehe ich auf ihn zu, fahre ihm mit der Gerte sanft über den Rücken und den Po, wobei mir verstohlen eine Träne über die Wange rollt.
Nach der ganzen Wut, die mich den ganzen Tag verfolgt hat, bin ich jetzt nur noch enttäuscht.
Ich weiß zwar nicht, was ich erwartet habe, aber das hier ganz sicher nicht. Vor allem nachdem wir erst gestern den Vertrag geschlossen haben, habe ich gedacht, dass er wirklich so etwas wie eine Beziehung mit mir führen möchte und jetzt das hier!
Ich fühle mich, als hätte ich ihn mit einer anderen Frau im Bett erwischt, dabei weiß ich ja, dass er nicht mit Kassandra schläft. Sondern sich nur von ihr bestrafen lässt.
Nur wofür wollte er sich wohl diesmal bestrafen lassen?
Dafür, dass er...dass...ach!!! Verdammt!! Ich weiß es nicht. Mir fällt einfach nichts ein, was es aus seiner Sicht nötig machen könnte, bestraft zu werden und warum kommt er denn nicht zu mir und redet mit mir? Ich dachte, was auch immer ich mache, würde ihm mehr bedeuten, als dass was sie mit ihm macht?
"Herrin?" unterbricht Jo's tiefe, betrübte Stimme meine Gedanken. "Ich bin bereit meine Strafe zu empfangen." sagt er respektvoll, während er ergeben den Kopf senkt.
Ich stelle mich vor ihn und greife ihm in die Haare und zerre seinen Kopf in die Höhe, was ihn einen leises Zischen ausstoßen lässt, was allein schon ausreicht, mein Herz zum Stillstand zu bringen.
"Ich denke Zehn Schläge werden angemessen sein." legt er selbst seine Strafe fest, was mich etwas verwirrt, doch da er scheinbar keinen Verdacht hegt lasse ich seinen Kopf wieder sinken und fahre ihm sanft durch die Haare. Lasse meine Hand über seinen Rücken gleiten und stelle mich wieder hinter ihn, wo ich seinen Hinter mit der Gerte liebkose, ganz so, wie es Kassandra gemacht hat, als ich ihr zugesehen habe.
Doch ich bringe es einfach nicht über mich ihn zu schlagen. Weshalb ich mich räuspere um den Kloß aus meinem Hals zu bekommen.
Doch scheinbar ist dies für ihn das Zeichen, seine Vergehen aufzuzählen, denn er spannt unbehaglich die Rückenmuskeln an, bevor er zu reden beginnt.
"Ich bin ein schlechter Mensch." sagt er leise und schüttelt leicht den Kopf hin und her. "Ich war schwach. Ich bin es immer noch." ich höre, wie sehr er mit sich kämpft, doch ich kämpfe ebenso. Darum nicht die Fassung zu verlieren, wobei er mit sich Kämpft die rechten Worte zu finden, wie mir scheint, denn immer wieder bricht er ab.
"Was hast du getan Jo?" ertönt Kassandras Stimme hinter mir, wo sie in respektvollem Abstand stehen bleibt.
Erstaunt schaue ich die an, doch da ich selbst Jo keine Fragen stellen kann, ohne das er mich erkennen könnte, bin ich ihr beinahe dankbar, dass sie wieder herein gekommen ist.
"Ich habe jemanden schlecht behandelt." höre ich seine betrübte Stimme.
"Wen?" will Kassandra wissen und sieht mich entschuldigend an, während mir eine weitere Träne über das Gesicht läuft.
"Emely." sagt er erstickt und seufzt tief auf, genau wie ich, wobei ich mich bemühe keinen Ton von mir zu geben.
"Warum?" fragt Kassandra unbeirrt weiter.
"Weil ich schwach bin." sagt er ausweichend. "Deshalb habe ich eine Strafe verdient, damit ich mich daran erinnere, wie wichtig es ist, stark zu sein."
"Gut Jo." stimmt Kassandra zu und sieht mich auffordernd an, was wohl so viel heißen soll, dass ich nun an der Reihe bin, das ich ihn schlagen soll, doch als ich auf ihn hinunter sehe, den Blick zu der Gerte lenke, die ich in der Hand halte und diese zum Schlag hebe, sehe, wie angespannt er die Muskeln verkrampft, bringe ich es einfach nicht über mich. Kopfschüttelnd, mit geschlossenen Augen reiche ich ihr das unscheinbare Ding in meiner Hand, das mir schon jetzt mehr Schmerzen zufügt, als ich es mir vorstellen kann.
Er will sich selbst dafür bestrafen, weil er mich heute wieder so angefahren hat, dabei habe ich ihn doch genauso angefahren, habe mich ihm wiedersetzt und ständig wiederworte gegen ihn erhoben, nur weil ich sauer auf ihn war. Dafür muss er sich doch nicht bestrafen. Vielleicht sollte Kassandra stattdessen mich bestrafen, weil ich ihn dazu getrieben habe. Mit meiner unbeugsamen Forderung habe ich ihn zur Weißglut getrieben und nur deshalb hatte er so schlechte Laune.
Langsam bin ich vor ihm zurück gewichen, um Kassandra Platz zu machen, doch als ich jetzt sehe, wie sie den Arm hebt, um ihm den ersten Streich zu verpassen, falle ich ihr in den Arm und halte sie auf. Es reicht nicht ganz, um zu verhindern, dass sie ihn trifft, doch sie bremst den Schlag so stark ab, dass das leise klatschen ihn lediglich zu einem leisen Zischen verleitet, zu mehr jedoch nicht.
Für mich ist allerdings auch das schon fast zu viel. Erschreckt zucke ich zusammen und schließe schmerzhaft die Augen um nicht mit ansehen zu müssen, wie sein Körper zuckt.
Verwirrt blinzelt Kassandra mich an, scheint mich fragen zu wollen, was mein Verhalten zu bedeuten hat, doch ich kann es ihr nicht mit Worten erklären und so deute ich mit dem Finger auf die Gerte in ihrer Hand, dann auf Jo und schüttel den Kopf.
Ratlos zuckt sie die Schultern und ich denke schon, sie hat mich nicht verstanden, doch als sie mir die Gerte reicht und hilflos mit den Achseln zuckt kommt mir eine Idee, wo ihr Problem liegen könnte.
Umständlich deute ich auf ihn und auf sie und dann auf ihren Mund. Mache mit meinem Sprechbewegungen und deute erneut von ihr auf ihn.
Sie soll ihn zum Reden bringen. Das ist seine Strafe. Er soll sich mit dem Auseinandersetzen, was er für seine Schwäche hält. Sicher ist das viel unangenehmer, als die Schläge und vielleicht lernt er dabei sogar etwas.
Und ich auch.
Kurz runzelt sie die Stirn, dann nickt sie bestätigend und schmunzelt leicht, bevor sie sich ihm wieder zuwendet.
"Wir haben schon so oft über Emely gesprochen Jo." beginnt sie und wirft mir einen forschenden Blick zu, den ich aber ignoriere, viel zu sehr bin ich auf seine Rektion gespannt.
"Und ich habe dich schon so oft für ein und das selbe Vergehen bestraft. Scheinbar kommen wir so nicht weiter." versucht sie meine Bitte umzusetzen.
"Ich möchte, dass du mir von ihr erzählst. Warum behandelst du Emely schlecht?"
"Ich weiß nicht Herrin." sagt Jo unbehaglich.
"Das ist keine Antwort Jo." fährt sie ihn streng an. "Warum hast du Emely heute schlecht behandelt." fragt sie erneut, mit fester Stimme.
"Weil ich...ich..." bringt er stockend hervor, was Kassandra verärgert die Stirn runzeln lässt.
"Reiß dich zusammen Jo und stotter hier nicht rum!"herrscht sie ihn verärgert an und fällt langsam immer mehr in ihre Rolle, die sie ihm gegenüber normalerweise vertritt, doch scheinbar braucht er dass denn er atmet angespannt auf, bevor er zu reden Beginnt.
"Sie wollte das ich zum Arzt gehe." antwortet er gehorsam, was mich ungläubig mit dem Kopf schütteln lässt. Was bitte ist daran so schlimm, dass er sich so sehr dagegen wehrt?
Das scheint sich wohl auch Kassandra zu fragen, denn sie will wissen warum er nicht zum Arzt will.
"Ich habe Angst vor Nadeln." gesteht er unbehaglich ein. Aber er tut es fast ohne zu zögern "Wie ich gesagt habe Herrin, ich bin schwach, ich konnte ihr diese Angst nicht eingestehen und das macht mich noch schwächer. Ich bin nicht mal stark genug ihr die Wahrheit zu sagen." sagt er bedrückt und lässt den Kopf hängen.
"Ist gut Jo. Du hast mir die Wahrheit gesagt, das ist ein Anfang." nickend sieht Kassandra mich an, ganz so als scheint sie mich fragen zu wollen, ob mir die Antwort reicht. Und das Tut sie tatsächlich, immerhin kann ich mir jetzt seine Reaktion ein klein wenig besser erklären, aber was ich mir nicht erklären kann ist, warum er mich hintergangen hat und sie hat hier her kommen lassen.
Anstatt zu mir zu kommen.
Mit Gesten versuche ich ihr verständlich zu machen, was ich von ihr will, doch diesmal versteht sie nicht, was ich meine.
"Warum kannst du IHR das nicht sagen?" wendet sie sich an ihn, was mich verstimmt den Kopf schütteln lässt.
Doch das sieht Jo ja nicht und so Antwortet er ihr. "Ich möchte nicht, dass sie sieht was für ein Versager ich bin." gibt er geknickt wieder. "Sie ist so stark. Wie kann ich ihr da meine Schwäche eingestehen."
"Warum glaubst du das sie stark ist Jo?" will Kassandra wissen und sieht mich forschend an, während ich mir die Hand vor den Mund lege und versuche keinen Laut von mir zu geben.
Wie kann er nur denken, dass er ein Versager ist? Nur weil er Angst vor Nadeln hat. Viele Menschen haben Angst vor Nadeln. Und ich? Ich bin nicht stark! Ich stehe kurz davor in Tränen auszubrechen, nur weil er so schlecht von sich denkt.
"Sie lässt sich nicht unterkriegen. Bietet mir die Stirn, obwohl sie gerade mehr als genug Probleme hat. Probleme, die sie ohne mich nicht hätte. Und doch ist alles was sie verlangt, dass ich zum Arzt gehe. Damit er testet ob ich gesund bin. Damit ich sie nicht anstecke. Und ich bin nicht stark genug ihr diesen Wunsch zu erfüllen." sagt er hilflos. "Ich bin so selbstsüchtig. Ich denke nur an mich und meine Angst. Dabei ist sie das wichtigste, was ich habe." beendet er seine Erklärung, doch das reicht mir. Ich muss nicht noch mehr hören.
Ich kann nur hoffen, wenn ich mich ihm jetzt offenbare, dass er auch weiterhin mit mir redet und nicht wieder verstummt. Oder Laut wird.
Ich bin zwar noch immer nicht glücklich darüber, dass er Kassandra angerufen hat und nicht zu mir gekommen ist, doch es ist mir immer noch lieber, er geht zu ihr, als zu irgendeiner anderen. Immerhin kennt sie ihn schon länger.
Und somit war sie mir eine große Hilfe.
Außerdem kann ich ihn das gleich alleine Fragen, wenn ich mich ihm zeige.
Dankbar lächel ich sie an und nicke ihr zu, wische mir das Gesicht trocken und bedeute ihr, das ich jetzt alleine klar komme.
Ich geleite sie noch zur Tür, dann flüstere ich ihr ein leises "Danke." zu. Doch bevor sie geht sieht sie mich musternd an. "Du bist Emely, oder?" flüstert sie genauso leise zurück, was ich mit einem Nicken bestätige. Schmunzelnd schaut sie zu ihm zurück, legt ihre schlanken Finger auf meinem Arm und drückt mich zuversichtlich, dann lässt sie uns allein. Und diesmal geht sie ganz. Lässt mich mit ihm allein, ohne die Angst, er könnte etwas dagegen haben, dass ich ihren Part übernehme.
Bewegt von seinen Worten kehre ich zu ihm zurück und streiche ihm mal wieder sanft mit den Fingern über den Rücken, was seine feinen Härchen dazu veranlasst sich aufzustellen.
Lasse meine Finger durch seine Haare fahren und knie mich neben ihn. Sacht hebe ich seinen Kopf an, so dass ich ihm einen Kuss geben kann, was ihm scheinbar aber nicht gefällt.
Unbehaglich dreht er den Kopf weg, was ich im ersten Moment nicht verstehen kann, doch dann wird mir klar, dass er mich wohl noch immer für Kassandra hält und dass lässt mich seine Reaktion geradezu genießen.
Erneut begehe ich diesen Übergriff, während ich seinen Arm hinunter streiche, um die Fesseln zu lösen.
"Stopp!" sagt er mit fester Stimme und dreht den Kopf erneut beiseite. "Du überschreitest deine Grenzen!"
"Falsch." sage ich sanft. "Zwischen uns gibt es keine Grenzen. Wir sind eins Joel. Du gehörst mir und ich gehöre dir. Schon vergessen?"
Ruckartig fährt sein Kopf in die Höhe und er reißt sich mit der bereits entfesselten Hand die Maske vom Gesicht und nicht nur die, die ihm die Sicht versperrt, sondern auch die, die ihn zu Jo macht. Die Weiße, die den oberen Teil seines Gesichts verdeckt und ihn zu dem Mann macht der er normalerweise hier ist.
Mit großen Augen sieht er mich an. Seine Atmung ist schnell und flach und sein Blick huscht panisch durch den Raum.
"Emely." flüstert er ungläubig und richtet sich langsam auf, als ich auch seine zweite Hand losgebunden habe.
"Kassandra ist weg." teile ich ihm das offensichtliche mit. "Ich habe sie entlassen." sage ich bestimmt, wobei ich das "ENTLASSEN" ganz besonders betone.
"Du wirst sie nie wieder anrufen. Ist das klar." verlange ich unbeugsam.
"Ja." stimmt er blinzelnd zu, doch er wirkt noch immer als würde er neben sich stehen. "Seit wann bist du hier?" fragt er unbehaglich und streicht sich über den Nacken.
"Seit sie dir die Augen verbunden hat. Ich habe alles gehört." sage ich sanft, lege ihm die Hand unters Kinn und streiche ihm zart mit dem Daumen über die Lippe.
"Dann weißt du, warum ich nicht zum Arzt will?" sagt er bedrückt und versucht unbehaglich meinem Blick auszuweichen.
"Jo! Sieh mich an." verlange ich liebevoll von ihm und verleihe meinen Worten Nachdruck, in dem ich fast unmerklich den Druck meiner Finger unter seinem Kinn erhöhe.
"Ja, ich weiß, dass du Angst hast. Es tut mir leid, dass ich dich so sehr gedrängt habe, aber meinst du, du könntest es mir zu liebe in Betracht ziehen, es zu versuchen?" frage ich sanft und hauche ihm einen Kuss auf die Lippen. "Wenn du willst, dann komme ich auch mit." biete ich ihm an, dabei glaube ich nicht daran, dass das helfen wird.
"Ich klappe zusammen." sagt er leise, wagt es aber nicht, meinem Blick auszuweichen, dabei sehe ich, wie schwer es ihm fällt mich weiterhin anzusehen.
"Wenn das alles ist." sage ich so zuversichtlich wie möglich. "Damit komme ich klar. Wir sagen es dem Arzt einfach vorher, dann kannst du dich gleich hinlegen." schlage ich vor, was ihn schmunzeln lässt.
"Du bist unverbesserlich. Können wir nicht einfach darauf verzichten?" fragt er hoffnungsvoll und sieht mich flehend an, doch so leid er mir auch tut, die Sache ist einfach zu wichtig, als dass ich nachgeben könnte und das sage ich ihm auch.
"Aber ich habe in den Zwei Jahren nur mit zwei Frauen hier geschlafen und eine davon warst du. Nicht, dass ich nicht hin und wieder gewollt hätte, aber immer wenn ich sie küssen wollte, musste ich an dich denken und dann..." verlegen bricht er ab, was ich als gute Gelegenheit sehe, ihn zu küssen.
"Freut mich zu hören, vor allem, nachdem ich dich heute mit Kassandra gesehen habe." gestehe ich erleichtert, muss aber schwer schlucken bei dem Gedanken an die beiden und schließe kurz unbehaglich die Augen.
Entschuldigend legt er den Arm um meine Schulter und zieht mich neben sich auf die Bank, wo ich mich hinsetze.
"Es tut mir leid." sagt er zerknirscht und drückt mich sanft an sich. Gibt mir einen Kuss auf die Stirn und sieht mich bedauernd an.
"Ich wollte mit dir herkommen, aber du wolltest nicht. Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten, dass du so wütend auf mich warst. Ich wollte, dass du mich bestrafst, aber..." achselzuckend bricht er ab, sieht mir tief in die Augen.
Es ist fast so, wie ich mir gedacht habe, doch irgendwie macht es die Sache nicht besser. Er kann nicht einfach zu jemand anderem Laufen, nur weil wir eine Meinungsverschiedenheit haben. Und das sage ich ihm auch.
"Vielleicht hast du recht..." beginnt er nachdenklich, doch ich unterbreche ihn.
"Nicht vielleicht Alexander." sage ich verstimmt. "Ich habe recht! Oder wie würdest du es finden, wenn ich zu...zu... irgendjemandem renne, nur weil wir uns streiten." will ich wissen, was ihn verstimmt aufbrummen lässt.
"Ja, genau." nehme ich den Laut mal als eine Unmutsbekundung. "Genau so habe ich mich gefühlt, als ich dich hier vorhin mit ihr gesehen habe. Ich war kurz davor, einfach wieder zu gehen, doch du hattest Glück, du Idiot!" knurre ich ihn an und presse einmal kurz fest meine Lippen auf seine. "Glück, dass ich sie schon kannte! Und ich wusste, dass du nicht mit ihr schläfst! Tu! Das! Nie! Wieder!" betone ich jedes einzelne Wort. "Sonst bin ich schneller weg als du "Stopp!" sagen kannst." sage ich finster, kann mir aber ein kleines Grinsen nicht verkneifen, als ich mich an seinen Unmut erinnere, den er hegte, als ich ihn küsste und er glaubte, ich wäre sie.
"Versprochen!" versichert er mir bestimmt "Wenn du mir auch etwas versprichst."
"Und was?" will ich skeptisch wissen, während ich mir die Haare aus der Stirn streiche und meinen Kopf an seine Schulter lege.
"Ignorier mich nicht noch mal, okay." sagt er mit gerunzelter Stirn. "Den ganzen Vormittag habe ich wie auf Kohlen gesessen und dabei hast du mir versprochen, mich auf dem Laufenden zu halten." brummt er leicht verstimmt in mein Ohr, während er mir anschließend eine Kuss auf die Wange haucht.
"Ich werde es versuchen." sage ich zerknirscht. "Nur manchmal brauche ich Zeit zum Nachdenken, bevor ich über meine Gefühle reden kann und heute Morgen... Ich war so durcheinander." unbehaglich breche ich ab. Bei dem ganzen Streit, konnte ich meine anderen Sorgen tatsächlich für eine Weile vergessen, doch jetzt, wo er mich daran erinnert hat, schieben sie sich für einen Moment wieder unangenehm in den Vordergrund.
"Können wir bitte nach Hause fahren Joel?" Nutze ich seinen zweiten Vornamen, der mir eigentlich ganz gut gefällt und lege müde meinen Kopf an seine Schulter.
"Natürlich." stimmt er meiner Bitte zu. "Komm." ich ergreife seine Hand und folge ihm nach draußen. An der Bar treffen wir noch mal auf Kassandra, die uns gutmütig belächelt und verabschieden uns von ihr.
Dann warte ich in der Lobby auf Jo, während er sich umzieht, damit wir gemeinsam nach Hause fahren können.
Doch da ich leider mit meinem Auto hier bin, müssen wir in getrennten Wagen fahren, was mir nicht wirklich gefällt, doch uns bleibt wohl nichts anderes Übrig, wenn ich ihn nicht hier stehen lassen will.
Und hier findet sich sicher niemand, der mir das Auto nach Hause bringt. Ich habe mich sowieso gewundert, das er heute Morgen in der Garage stand, aber Alexander hat da irgendwas gedreht, so dass ihn ein Angestellter des Restaurants zu uns nach Hause gebracht hat.
Doch jetzt fahre ich hinter ihm her, während er bedacht die Landstraße entlang, nach Hause fährt.
Und schon eine halbe Stunde später stehe ich wieder neben ihm, steige mit ihm in den Fahrstuhl, fahre mit ihm ins oberste Stockwerk und kuschel mich neben ihn ins Bett, doch als er mir an die Wäsche will halte ich ihn auf.
"Erst die Untersuchung!" tadele ich ihn, wobei ich ihn verschmitzt angrinse, doch als ich sehe, wie er um die Nase herum ganz Blass wird, versetzt es mir einen leichten Stich ins Herz. Doch was soll ich machen. Sicherheit geht vor. Und auch wenn er nur mit einer anderen Frau Sex im Club hatte, so kann es sicher nicht schaden, diesen Test trotzdem zu machen.
"Sieh das Warten als kleinen Anreiz, dich deiner Angst zu stellen." necke ich ihn gutmütig und küsse ihn zart auf den Mundwinkel, was ihn grummelnd die Luft ausstoßen lässt, bevor er mir einen Kuss auf die Lippen drückt, mich auf die Seite rollt und sich an meinen Rücken kuschelt.
"Wann ist der Termin?" fragt er knurrig, bevor wir uns dem Schlaf überlassen, doch als ich ihm den Termin sage, gibt er missbilligendes "Pff!" von sich und zieht mich noch dichter an seine Brust.
"Abgelehnt. Das machen wir Morgen." grummelt er in seinen Bart, doch ich höre die leichte Unsicherheit in seiner Stimme, die mich ganz rührselig macht.
Von wegen schwach! Er ist der stärkste Mann, den ich kenne. Niemand stellt sich so furchtlos seiner Angst wie er. Ich muss nur daran denken, wie er ohne Nachzudenken seine Höhenangst ignoriert hat, um mir zur Hilfe zu eilen.
Von wegen Egoistisch. Er ist geradezu selbstlos. Wie kommt er nur auf diese seltsamen Ideen?
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