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"Bin schon da." stoße ich hervor und steige eilig in den Wagen. Er setzt sich auf den Fahrersitz und startet den Motor und schon fädelt er sich in den Verkehr ein, der ausnahmsweise einmal nicht allzu stockend durch die Straßen fließt.

"Nur wegen ihnen werden wir zu spät kommen!" beschwert er sich.

"Ja, Sir." stimme ich der Gewohnheit halber zu und verdrehe genervt die Augen.

"Miss Stone, unterlassen sie diese herablassende Geste in meiner Gegenwart, sonst werde ich ihnen die eben gewährte Gefälligkeit vom Gehalt abziehen!" sagt er drohend.

Wie bitte! Gefälligkeit!? Als hätte ich eine Wahl gehabt! Ein kleines, wütendes Schnauben entfährt mir, das ich jedoch gerade noch rechtzeitig mit einem Husten überspielen kann.

Mein Boss schaut mich finster an, enthält sich aber eines weiteren Kommentars, was für ein Glück!

Als wir am Hillary ankommen wird mir die Tür von einem Mann in einer Pagenuniform geöffnet. Dankbar lächle ich ihn an. Doch plötzlich steht Mr. Black neben mir und nimmt ganz Gentleman like meinen Arm und führt mich in das Noble Restaurant, in dem die Underwoods bereits an unserem Reservierten Tisch platzgenommen haben. Den Wagen überlassen wir einfach einem der Buttler, der ihn zu einem freien Parkplatz bringt.

Ein Platzanweiser führt uns zu unseren Gästen.

"Guten Tag Mr. Black, Mrs." begrüßt uns Mr. Underwood höflich.

"Wenn ich vorstellen darf?" Mein Boss deutet auf mich. "Meine... " beginnt er, doch dann ändert er die Richtung und stellt mich als. "Miss Stone, eine Bekannte von mir." vor.

"Sehr erfreut." Grüßt mich der ältere Herr freundlich lächelnd. " Eine wirklich reizende junge Dame." wendet er sich wieder an das krampfhaft lächelnde Etwas neben mir.

"Vielen Dank!" sage ich verlegen lächelnd. Wenigstens einer, der mich nicht wie eine schleimige Schnecke behandelt.

"Sie kennen meine Frau, Mr. Black?" fragt Mr. Underwood höflich, woraufhin mein Boss meinen Arm endlich los lässt und die Hand der Dame, auf die unser gegenüber deutet, nimmt und ihr einen leichten Kuss aufdrückt.

"Wie könnte ich ihre reizende Gattin vergessen!" sagt er galant und lächelt die elegante Dame neben Mr. Underwood, die seine Frau ist freundlich an.

"Miss Stone war ihr Name, ja?" fragt mich die ältere Dame freundlich lächelnd und reicht mir die Hand.

"Ja, richtig." stimme ich ihr zu, dabei werfe ich meinem Boss einen Unsicheren Blick zu. Hoffentlich wird er mich während des Essens nicht bloßstellen, denn dass hätte mir gerade noch gefehlt.

Doch meine Sorge bleibt unbegründet. Die ganze Zeit bleibt er höflich und elegant und so wage ich zu hoffen, das mich am Nachmittag keine allzu großen Probleme erwarten.

Doch da habe ich die Rechnung ohne ihn gemacht, denn kaum haben wir uns von den Underwoods verabschiedet, wobei mir mein Chef zuvorkommend die Wagentür geöffnet hat, fällt er wie ein wütender Stier über mich her.

"Was glauben sie eigentlich, wer sie sind!" schnauzt er mich an, kaum dass wir den Platz vor dem Restaurant verlassen haben.

"Wer hat ihnen erlaubt den Mund auf zu machen?" dabei knallt er wiedermal mit der Hand gegen das Lenkrad, was mich erschreckt zusammen fahren lässt.

"Ich... hätte ich etwa schweigen sollen?" frage ich verschreckt. "Ich musste doch auf die Fragen von Mr. und Mrs. Underwood antworten." versuche ich mich zu verteidigen.

"Ich habe sie nicht mitgenommen, damit sie mir das Geschäft versauen!" sagt er aufbrausend und wirft mir einen giftigen Blick zu, wobei seine Augen noch blauer leuchten, als normalerweise. Er sieht wirklich beängstigend aus, wenn er mich so direkt anfunkelt und ich keine Möglichkeit habe seinem Blick auszuweichen.

Ängstlich versuche ich trotzdem mein bestes. "Tut mir leid, ich wollte nicht... "setze ich an, doch er lässt mich nicht ausreden.

"Völlig egal was sie wollten! Wenn ich das nächste Mal einen Termin mit einem Geschäftspartner habe und er seine Frau mit bringt sorgen sie gefälligst dafür, dass ich eine vernünftige Begleitung habe, damit ich ihr unansehnliches Gesicht nicht die ganze Zeit mit mir herumschleppen muss!" sagt er laut.

Verdammt! Dieser beschissene Idiot! Warum hat er mich denn mitgenommen, er hätte ja auch allen gehen können! Unansehnlich! ich? Der Spinnt doch total!

Ok, ich bin kein Model aber ein Quasimodo bin ich auch nicht. Und eigentlich finde ich mein Gesicht wirklich hübsch. Die hohen Wangenknochen, die zierliche Nase, die weichen, vollen Lippen und auch meine sanften braunen Augen finde ich ausnehmend hübsch. Was hat er nur gegen mich? Verletzt schaue ich auf meine Hände und versuche krampfhaft die Tränen zurück zu halten.

Doch ganz kann ich es nicht verhindern, dass ein paar Tropfen den Weg auf mein Hemd finden.

Verstohlen wische ich mir mit dem Finger unter den Augen lang, um meine Wimperntusche nicht zu verschmieren.

"Heulen sie etwa?" fragt das Sackgesicht neben mir wütend.

Doch weil ich nichts sagen kann, ohne das meine Stimme bricht schüttle ich nur den Kopf.

"Gott! Typisch Weiber! Immer müssen sie heulen, wenn man die Wahrheit sagt!" schimpft mein Boss weiter. "Und dann lügen sie deswegen auch noch!"

Verdammt dieser Kerl ist echt nicht zum aushalten! Warum kann er mich nicht in Ruhe lassen! Jetzt habe ich mich für ihn schon dieser elendigen Tortur unterzogen, nur damit er nicht allein zu seinem Meeting musste, dass eigentlich ganz gut verlaufen ist, wenn ich daran denke, wie ungezwungen die Unterhaltung zwischen uns und den Underwoods abgelaufen ist und trotzdem hackt er so auf mir herum. Langsam wird es mir echt zu viel. Was bildet sich dieses Arschloch eigentlich ein? So kann er mich doch nicht behandeln!

"Halten sie an!" verlange ich leise, mit brüchiger Stimme.

"Warum sollte ich?"

"Weil ich es sage!"

"Und was dann?" will er noch immer aufgebracht wissen?

"Werde ich nach Hause gehen!" langsam wird meine Stimme fester.

"Das hätten sie wohl gerne!" fährt mich mein Boss an. " Sie haben noch zu tun, vergessen sie das nicht!"

"Das ist mir egal. Ich lasse mich so nicht von ihnen behandeln!"

"Wie? SO?!" fragt er arrogant. "Wie behandele ich sie denn?"

"Wie das größte Stück Scheiße, dass ihnen untergekommen ist!" gebe ich wutentbrannt zurück, was ihn kurz stutzen lässt, genau wie mich. Verdammt! Bin ich etwa verrückt geworden? Habe ich denn vergessen, mit wem ich hier gerade rede? Ähm, ja, zugegeben, das habe ich tatsächlich. Deshalb sollte ich mich schleunigst beruhigen, auch wenn mir nicht im geringsten danach zu Mute ist.

Angespannt atme ich ein und aus, balle die Hände zu Fäusten und versuche das Adrenalin, das durch meine Adern rauscht zu neutralisieren.

Ganz ruhig, braune! Sage ich zu mir selbst. Ich schließe die Augen und atme weiter kontrolliert ein und aus, bis ich mich besser fühle. Die ganze Zeit über schweigt der Idiot neben mir, was auch sein Glück ist, denn wer weiß, was ich sonst getan hätte. Vielleicht wäre ich ja bei voller Fahrt aus dem Auto gesprungen, wenn er nicht angehalten hätte, aber so bleibe ich einfach auf meinem Sitz sitzen und starre durch das Seitenfenster auf die Häuser, an denen wir vorbeifahren. Gottseidank dauert die Fahrt nicht mehr lange, dann biegt mein Boss in die Tiefgarage, die sich unter dem Bürogebäude befindet, ein.

Kaum dass der Wagen steht, springe ich raus und gehe eilig auf den Fahrstuhl zu, der leider viel zu langsam zu uns nach unten fährt, denn inzwischen ist auch der hübsche, aber leider völlig behinderte, steinreiche Typ, der leider auch mein Boss ist, neben mich getreten.

"Haben sie das Hotelzimmer schon storniert?" bricht er das schweigen.

"Nein, noch nicht. Ich hatte noch keine Zeit dafür." erwidere ich verhalten, aus Angst, er könnte gleich wieder an die Decke gehen, was er aber gottseidank nicht tut.

"Wann kommt Jason noch mal?" fragt er als nächstes.

"Um vier." seufze ich.

"Und habe ich sonst noch irgendwelche Termine heute?"

"Nein." verwirrt schaue ich ihn an. Was ist denn plötzlich in ihn gefahren, so zahm kenne ich ihn gar nicht.

"Dann können sie heute um vier Feierabend machen." sagt er den Blick stur geradeaus auf den Fahrstuhl gerichtet.

"Was!" entfährt es mir erstaunt.

"Sie haben mich schon verstanden!" sagt mein Boss jetzt wieder in seiner gewohnt bissigen Art. "Es sei denn, sie wissen nichts mit ihrer Zeit anzufangen, dann werde ich mir was einfallen lassen."

"Nein, ich meine doch, ich weiß was ich machen werde." sage ich eilig und steige in den Fahrstuhl ein, der endlich bei uns angelangt ist, doch als ich in meine Tasche greife um mein Handy hervorzuholen, muss ich entsetzt feststellen, dass es nicht da ist. Schnell schiebe ich meine Hand zwischen die sich schließenden Aufzugtüren.

"Was ist denn jetzt schon wieder in sie gefahren?" blafft mich mein Boss an. Na halleluja, da ist er ja wieder, der altbekannte Idiot, ich habe mich schon fast über ihn gewundert, das er plötzlich so "nett" war, wobei nett vielleicht nicht das richtige Wort ist, eher weniger unhöflich.

"Ich glaube ich habe mein Handy im Auto vergessen." erkläre ich vorsichtig, man kann nie wissen, wie er auf solche Ankündigungen reagiert, denn er hasst Tollpatschigkeit und Vergesslichkeit, dazu Unpünktlichkeit und eigentlich alles, was in seinen Augen nicht perfekt ist, so wie ich.

*

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