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Schlaftrunken taste ich auf meinem Nachtschrank nach meinem Handy und kneife bei dem hellen Licht, das mich blendet, als ich es einschalte, erst einmal die Augen zusammen.

Was Mr. Black wohl jetzt schon wieder von mir will?! Wer sonst sollte mitten in der Nacht etwas von mir wollen?

Bestimmt will er nur wissen, ob der Flug gebucht und das Hotellzimmer reserviert ist, denn dieses Mal hat er mir quasi gleich die Pistole auf die Brust gesetzt und mir gesagt, dass es nur eines geben wird.

Tja, aber da hat er die Rechnung ohne mich gemacht, denn ich habe kurzerhand ein zweites auf einen Anderen Namen reserviert.

Und gerade nach meinem Abend mit Jo, finde ich diese Maßnahme alles andere als unpassend.

Denn auch wenn ich Mr. Blacks Nähe mitunter ebenso erregend finde, wie Jo's, so bin ich innerhalb einer Beziehung... wenn ich es denn so nennen kann...doch monogam und auch wenn sich meine Beziehung zu Jo auf den Club beschränkt, möchte ich ihn doch nicht hintergehen.

Und bevor mir Mr. Blacks Anwesenheit mal wieder den Kopf verdreht, gehe ich lieber auf Nummer sicher.

Blinzelnd schaue ich auf das Display und stelle verwundert fest, dass es ausnahmsweise einmal nicht mein Workaholic von Chef ist, der mir geschrieben hat, sondern eine mir unbekannte Nummer, die das Telefon anzeigt.

Verstimmt will ich das Telefon schon stumm schalten, als ich dann doch kurz nachschaue, wer mir mitten in der Nacht geschrieben hat.

Und was ich lese, lässt meine schlechte Laune wie eine Seifenblase platzen.

Langsam schleicht sich ein glückliches Lächeln in mein Gesicht, als ich die Worte der Nachricht überfliege.

"Hey Babe.

Danke für den wundervollen Abend und deine Nummer.

Ich freu mich auf Mittwoch.

Schlaf gut.

Jo.

P.s. Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe. Ich musste die ganze Zeit an dich denken und konnte nicht schlafen. Du bist so nah und doch so fern. Wünschte es wäre anders.

Bye Baby"

Mit wildem Herzklopfen schmeiße ich mich plötzlich hellwach in die Kissen zurück und presse das Telefon grinsend an die Brust.

Man! Wer hätte gedacht, dass Jo mir so schnell schreibt? Ich mein, meistens sind es doch die Männer, die ewig nichts von sich hören lassen, kaum dass du mit ihnen im Bett gelandet bist, aber Jo...

Ach! Dieser Mann ist einfach perfekt! Okay, okay...FAST perfekt. Sonst würde ich mir wohl nicht so viele Gedanken darüber machen, was die Leute von mir denken würden, wenn sie wüssten, was für Vorlieben mein Freund hat. Wobei Freund vielleicht etwas zu hochgegriffen ist, denn zur Zeit sind wir eher so etwas wie...wie... keine Ahnung, wie ich unsere Beziehung beschreiben soll?

Spielpartner? Sexpartner?

Keine Ahnung?

Ich hoffe nur, dass er in der Zeit, wo ich nicht im Club bin, mit jemand anderem schläft.

Vielleicht sollte ich das nächste Woche mal mit ihm besprechen, denn auch wenn ich ihn noch nicht in mein Privatleben lassen möchte, so möchte ich ihn auch nicht mit anderen Frauen teilen.

Hoffentlich versteht er das.

Eilig fliegen meine Finger über das Display und tippen eine Antwort. Doch kaum habe ich sie abgeschickt, kommt von ihm etwas zurück.

Und so geht es weiter. Nachricht um Nachricht, bis es draußen langsam hell wird und mich mein Wecker daran erinnert, dass ich mich langsam mal für die Arbeit fertig machen sollte.

Äußerst müde, aber wahnsinnig gut gelaunt, verabschiede ich mich fürs erste, doch als ich aus der Dusche steige, habe ich erneut Nachrichten auf den Display.

Leider bleibt mir keine Zeit zu antworten, denn mittlerweile bin ich etwas spät dran.

Schnell springe ich in einen meiner Hosenanzüge, stecke mir die Haare hoch und schminke mich, dann tippe ich beim Verlassen meiner Wohnung eilig eine Nachricht für Jo, dass ich jetzt zur Arbeit muss.

Vollkommen auf mein Handy fixiert, renne ich auf dem Flur in jemanden hinein und blicke, als ich meinen Kopf hebe in die glühenden Augen von meinem Vorgesetzten, der mich müde, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht ansieht.

"Haben sie es etwa eilig Mrs. Stone?" fragt er erheitert und lässt die Hände sinken, mit denen er mich festgehalten hat, damit ich nicht falle.

Dabei streichen seine Finger sanft an meinen Armen entlang und jagen ein Prickeln durch meinen Körper.

"Was? Ach so, nein...doch, ich dachte ich wäre ein wenig spät." sage ich ein wenig atemlos.

Seine Augen durchbohren mich und bei seinem Blick werden meine Knie ganz weich.

Gott! Wie können zwei so unterschiedliche Menschen nur so ähnliche Augen haben?

Dieses strahlen und funkeln. Dieses sagenhafte Blau.

Und schon wünschte ich mir, nicht mein Boss würde vor mir stehen, sondern Jo.

Denn wenn er jetzt hier wäre, würde ich ihn an die Wand des Fahrstuhls pressen, meine Hände in seinen Haaren vergraben und ihn zu mir nach unten ziehen, um meine Lippen auf seine zu pressen.

Doch leider sieht die Wirklichkeit anders aus und so trete ich mit wild klopfendem Herzen und ziemlich verwirrt einen Schritt weiter von Mr. Black zurück und löse den Blick von seinen Augen, in denen ich mich ungeniert verloren habe.

Um Fassung bemüht räuspere ich mich vernehmlich und beiße mir tief atmend auf die Lippe, um das erregende kribbeln zu vertreiben, was mich bei meinen Träumen überkommt.

Auch Mr. Black wirkt etwas erhitzt, als wir den Fahrstuhl verlassen und die Ader an seinem Hals pulsiert heftig unter seiner Haut.

Heilige scheiße!

Wie gut, dass ich gestern mit Jo zusammen war, ich glaube, sonst könnte ich mich nicht beherrschen und würde jetzt zügellos über meinen Boss herfallen, so erregt bin ich gerade.

Verdammt! Ich will nicht eine Woche warten! Ich will Jo! Jetzt! Am besten sofort.

Kaum dass ich im Auto sitze schicke ich meine Nachricht an ihn ab, denn bisher bin ich nicht dazu gekommen, doch leider antwortet er nicht.

Bestimmt ist er gerade beschäftigt, denn er hatte mir geschrieben, dass er auch zur Arbeit muss.

Ob ich ihn fragen soll, ob er vielleicht heute Abend Zeit hat. Wir könnten uns ja im Club treffen. Also nach der Arbeit. Oder bin ich vielleicht zu aufdringlich? Vielleicht würde auch unersättlich gerade auf mich zutreffen.

Was, wenn mein Verlangen nach ihm größer ist als seines nach mir?

Ach! Scheiß drauf! Ich frag ihn einfach.

"Wie war denn ihr Abend?" unterbricht Mr. Neugier mein ungeduldiges Starren auf das Handy in meiner Hand.

"Wie bitte?" frage ich unkonzentriert nach. Ich bin viel zu sehr auf mein Handy fixiert, als dass ich viel auf meine Umgebung achten würde, doch leider kommt von Jo noch immer keine Antwort.

Wie frustrierend.

"Wollten sie sich nicht mit ihrem Freund treffen?" wiederholt er sein Anliegen und wirft mir einen kurzen Blick zu, bevor er den Blinker setzt und auf den Parkplatz unseres neuen Bürogebäudes abbiegt.

"Ach so. Ja. Hab ich auch." sage ich, den Blick noch immer auf mein Handy gerichtet.

"Und? Wie war es?"

" Es war nett." gestehe ich schüchtern und spüre, wie mir das Blut zu Kopf steigt bei der Erinnerung daran, wie NETT.

"Scheint mir auch so." sagt er verschmitzt grinsend, was mich noch dunkler anlaufen lässt und schaltete den Motor ab.

"Was haben sie denn so "getrieben"?" will er wissen und zuckt wissend mit den Augenbrauen, als könnte er mir an der Nasenspitze ansehen, dass wir miteinander geschlafen haben.

Weshalb ich auch so gleichgültig wie möglich "Ach, nichts allzu aufregendes." sage und mir verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr streiche, die sich aus meiner Frisur gelöst hat. Dabei würde ich die Spange am liebsten ganz lösen, um mein rot glühendes Gesicht hinter meiner ungezügelten Haarpracht zu verstecken. "Was man halt so macht als Paar. Lauter unwichtiges Zeug halt." achselzuckend wende ich mich der Tür zu und steige aus.

Dabei versuche ich nicht allzu sehr zu strahlen, was mir bei meinen Gedanken an die "unwichtigen Dinge", die wir getan haben, gar nicht mal so leicht fällt.

Und scheinbar kann ich meine Gefühle auch nicht wirklich gut verbergen, denn der anzügliche Blick, mit dem mich mein Vorgesetzter mustert, spricht Bände.

"So so." sagt er mit skeptischem Blick und hebt vielsagend eine Augenbraue, während wir das Gebäude betreten. "Na, solange diese "Unwichtigen Dinge"..." sagt er zwinkernd und malt Anführungszeichen in die Luft "...ihnen nicht den Schlaf rauben, solls mir recht sein. Nur, sollte ihr Freund sie auch in der nächsten Nacht wach halten, würde ich mal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden...Sie sehen fürchterlich aus." wirft er mir vor und schüttelt missbilligend den Kopf.

Und dass aus seinem Mund! Als würde er so viel besser aussehen! Wenigstens habe ich die dunklen Schatten unter meinen Augen überschminkt, wohingegen er aussieht, als hätte er nächtelang kein Auge zu gemacht.

"Das sagen ausgerechnet sie? Sie sehen auch nicht gerade taufrisch aus." rutscht es mir beleidigt heraus, wobei ich ihn mit leichter Besorgnis mustere.

Er sieht wirklich ein wenig übernächtigt aus. Aber seine Augen funkeln lebendig, was mich doch ein klein wenig erleichtert. Allerdings verfinstert sich sein Blick bei meinen Worten und sein Kiefer spannt sich ein wenig an.

"Da mögen sie recht haben Mrs. Stone, aber ich habe auch gearbeitet, wohingegen sie gestern frei hatten und sich eigentlich erholt haben sollten." brummt er ein klein wenig verstimmt, was für mich das Zeichen ist, dass es an der Zeit ist das Thema zu wechseln, wenn ich mir für den Rest des Tages nicht sein Gemeckere anhören möchte.

Ob er wohl wieder Alpträume hatte? Oder ob er sich wegen der Arbeit so viele Sorgen macht? Wie dem auch sei, so oder so wirkt er auf mich ein klein wenig erschöpft. Trotzdem lasse ich die Sache fürs erste auf sich beruhen.

Seufzend schiebe ich meine Handtasche ein Stück den Arm hinauf und krame mein Handy hervor.

Doch wie befürchtet, habe ich noch immer keine Nachricht von Jo erhalten. Wie schade.

Was er wohl gerade macht? Bisher wollte ich nicht wissen, als was und wo er arbeitet, aber inzwischen werde ich doch neugierig, womit er so beschäftigt ist, dass er keine Zeit findet mir zu antworten.

In unserem Büro angekommen verschwindet Mr. Black recht schnell in seinem Büro, allerdings bittet er mich noch, ihm einen Kaffee zu bringen.

Normalerweise übernimmt dass seit neuestem Mrs. Gunnar aber da sie heute erst um neun anfängt, bleibt diese Aufgabe mal wieder an mir hängen.

Und so stehe ich zehn Minuten später vor seiner Tür und klopfe, als ich aus meinem Zimmer ein vertrautes Piepsen vernehme, dass mein Herz schneller schlagen lässt.

So ein Ärger, dass ich gerade keine Zeit habe nachzusehen, von wem die Nachricht ist.

"Sir? Ihr Kaffee." melde ich mich ungeduldig an, während ich die Tür öffne, doch hält er mich mit erhobenem Zeigefinger auf und bedeutet mir still zu sein.

Er legt erst den Finger an die Lippen, dann macht er eine auffordernde Geste, die mir bedeutet näher zu kommen.

Leise folge ich seiner Aufforderung und stelle die Tasse vor ihn auf den Tisch, während er, den Hörer am Ohr auf etwas zu lauschen scheint.

Schon will ich wieder gehen, als er mich kopfschüttelnd aufhält.
Mit gerunzelter Stirn sehe ich ihn nachdenklich an. Werfe einen sehnsüchtigen Blick Richtung Tür, bevor ich resigniert aufseufze und mich in mein Schicksal ergebe.

Falls es Jo ist, der mir geschrieben hat, wird er sich wohl auch ein wenig gedulden müssen. Wie ich vorhin. Doch mit meiner Geduld ist es gerade nicht weit her, so dass ich unruhig von einem Bein aufs andere zappele.

Missbilligend verzieht mein Boss das Gesicht und presst die Lippen verstimmt aufeinander, während er seinem Gesprächspartner lauscht, was mich dann doch dazu veranlasst zur Reglosigkeit zu erstarren.

Angespannt warte ich darauf, was er von mir will, als er endlich das Wort erhebt. "Natürlich. Ich werde Mrs. Wellenstein um einen Termin ersuchen, doch kann ich ihnen nicht versprechen, dass sie Zeit für sie finden wird.... Sicher habe sie Verständnis dafür, dass eine Frau in ihrer Position besseres zu tun hat, als sich mit ihnen zu unterhalten...Wie sie wünschen...Auf Wiederhören." brummig schmeißt er den Telefonhörer auf den Schreibtisch und funkelt mich verstimmt an.

Was hab ich denn jetzt schon wieder angestellt?

"Stimmt etwas nicht Sir?" frage ich vorsichtig und mustere ihn eindringlich.

"Nein." brummt er verärgert. "Aber es haben sich einige Änderungen in der Planung ergeben. Verschieben sie die Termine heute Nachmittag auf einen anderen Tag und buchen sie einen Flug nach Bielefeld. Ich habe um siebzehn Uhr einen Termin dort. Rückflug morgen. So früh wie möglich. Und buchen sie ein Zimmer." erschöpft reibt er sich übers Gesicht, dann trinkt er den Kaffee in beinahe einem Zug leer und hält mir die Tasse hin. "Bringen sie mir noch einen." knurrt er kurz angebunden und widmet sich wieder seinen Papieren.

Zwei Minuten später stehe ich erneut mit einer Tasse vor ihm und stelle sie Wortlos vor ihn auf den Tisch, dann setzte ich mich ans Telefon und buche die Flüge und die Zimmer.

"Mr. Black? Sir?" zögernd betrete ich das Büro.

"Was gibt es denn?"

"Wir müssen um fünfzehnuhrdreißig am Flughafen sein. Der Flieger ist dann um sechzehnurfünfzehn in Bielefeld." teile ich ihm kurz mit. "Der Rückflug ist für acht Uhr anberaumt, wenn ihnen das recht ist. Die Chartergesellschafft fliegt leider nicht früher." füge ich eilig hinzu, als ich sehe, wie sich sein Blick bei meinen Worten verfinstert.

"Wie sieht es mit einem Mietwagen aus? Oder einem Taxi?" fragt er brummig.
Wie gut, dass ich mich bei der kleinen Fluggesellschaft auch gleich danach erkundigt habe.

"Wenn sie wollen, können wir einen Wagen mit Chauffeur bekommen, der uns nach dem Termin ins Hotel bringt und am Morgen auch wieder zum Flughafen." gebe ich bereitwillig auskunft, doch bei meinen Worten verengt er verstimmt die Augen.

"Wer hat denn gesagt, dass sie mitkommen." fährt er mich plötzlich grantig an und presst die Zähne aufeinander. "Ich brauche sie hier!"

"Aber ich dachte... Mrs. Wellenstein..." stottere ich vor mich hin, wobei er mich mal wieder mit seinen dunklen Blicken durchbohrt."

"Gott! Habe ich ihnen nicht oft genug gesagt, sie sollen dass denken mir überlassen! Muss ich denn alles allein machen!" wütend knallt er die Hand auf den Tisch, was mich zusammen zucken lässt.

Verdammt! Welche Laus ist dem denn schon wieder über die Leber gelaufen? Hat er am Telefon nicht gesagt, dass er Mrs. Wellenstein wegen eines Termins fragen würde... und bin ich nicht Mrs. Wellenstein... somit habe ich angenommen, dass ich ihn begleiten würde, doch wie es scheint habe ich mich geirrt.

"Es tut mir Leid Sir." sage ich zerknirscht und senke beschämt den Blick. "Ich werde den Flug sofort stornieren und auch das Zimmer." sage ich schnell und wende mich zum gehen.

Als ich die Tür hinter mir schließe höre ich einen lauten Knall und das zerspringen von Glas. Dann ein Geräusch, dass sich anhört, als hätte er seinen Stuhl umgeworfen oder noch einmal mit der Hand auf den Tisch geschlagen, doch dann herrscht wieder Ruhe.

Mit vor Erregung zitternden Fingern kehre ich in mein Büro zurück und ändere die Buchungen, dann beginne ich damit seine Termine zu verschieben, was gottseidank recht schnell geht, weil heute nur wenig ansteht.

Was mir allerdings ein wenig Kopfzerbrechen bereitet ist ein Termin der dick und fett in roter Schrift auf seinem Kalender eingetragen ist und der für morgen vorgesehen ist.

Wie konnte ich den nur übersehen?

Ob ich seinen Flug einfach umbuchen soll? Oder sollte ich ihn lieber fragen?

Doch so überaus liebenswürdig er im Moment ist, sollte ich vielleicht tatsächlich darauf verzichten selbstständig zu entscheiden und ihm die Wahl überlassen.

Allerdings bin ich mir wirklich nicht sicher, wie er zu der Sache steht.

Aber was soll ich machen.

Sicher wird er mir den Kopf abreißen, wenn ich ihm den Termin verschweige, ebenso, wenn ich ihm davon erzähle.

Doch ganz gleich was ich mache, das Donnerwetter wird über mich herein brechen, ob ich nun will oder nicht.

Mit zitternden Knien und einem Herzen, dass krampfhaft versucht das Weite zu suchen, klopfe ich mal wieder an seine Tür.

"Sir?" melde ich mich heute schon zum dritten Mal bei ihm an und betrete zögerlich den Raum, wobei mir die zerbrochene Kaffeetasse auf dem Boden und der Fleck an der Wand förmlich ins Auge springen, ebenso die auf dem Boden verstreut liegenden Papiere.

Ich höre sein erschöpftes seufzen, sehe den reumütigen Blick, den er mir zuwirft, als ich das Zimmer betrete und atme beinahe erleichtert auf, als er entschuldigend einen Mundwinkel anhebt und den Blick über die Verwüstung gleiten lässt.

Mit einem resignierten Kopfschütteln mache ich mich daran die Scherben aufzusammeln und entsorge sie im Papierkorb, doch als ich auch die Papiere von Boden pflücke hält er mich auf.

"Ist schon gut. Ich mach das selbst." sagt er leise und bedeutet mir, zu ihm zu kommen.

Als ich neben seinem Schreibtisch stehe, wischt er mit einer langsamen Bewegung auch die restlichen Zettel vom Tisch, packt mich plötzlich an der Hüfte und zieht mich zwischen seine Beine, so dass ich beinahe mit dem Po auf seinem Schreibtisch sitze, dann lehnt er den Kopf erschöpft an meinen Bauch und legt die Arme sanft um mich.

Angespannt atmet er mehrmals ein und aus, sagt aber nichts, was mich doch mehr als verwirrt.

Was hat er nur?

Verunsichert hebe ich die Hand und fahre ihm über den Kopf. Streiche tröstend darüber, obwohl ich mir nicht sicher bin, was sein Verhalten zu bedeuten hat.

Vielleicht hat er ja auch nur zu wenig geschlafen in letzter Zeit und ist deshalb so unberechenbar, oder er weiß selbst, was morgen ist, auch das würde sein wechselhaftes Verhalten erklären.

Doch was es auch ist, für mich bleibt sein Gebaren ein Rätsel.

"Mr. Black." breche ich nach wenigen Minuten sanft das Schweigen, weil mir seine Nähe langsam zu viel wird.

Von der Stelle, wo sein Kopf an meinem Bauch liegt, breitet sich eine verwirrende Wärme aus und über meinen Rücken kriecht langsam eine Gänsehaut, weil er zart die Finger über den Stoff meiner Bluse bewegt.

"Es tut mir leid." entschuldigt er sich leise ohne auf meine Worte zu achten und sieht mich mit traurigem Hundeblick an.

"Ich weiß." sage ich schlicht. Lege meine Hand unter sein Kinn und streiche ihm kurz mit dem Daumen über die Wange, dann schiebe ich ihn an den Schultern auf seinen Stuhl zurück und bringe ein wenig Distanz zwischen uns. Steige über die Papiere hinweg und stelle mich hinter seinen Schreibtisch, dann räuspere ich mich vernehmlich und teile ihm mit belegter Stimme mit.

"Sir, es tut mir leid, aber ich habe gerade erst gesehen, dass der Name ihrer Schwester für Morgen im Terminkalender steht. Und ich wollte sie fragen, was das zu bedeuten hat." sage ich angespannt und mit einem schmerzenden Knoten in der Brust.

Ob dieser Tag der Tag des Unfalls ist und somit ihr Todestag oder ihr Geburtstag, ergibt sich aus dem einfachen Wort...Sophie... nämlich nicht, aber ganz gleich welcher Tag es auch ist, sicher verbindet er mit diesem Tag nichts erfreuliches, nachdem was ich inzwischen über sie und ihn weiß.

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