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"Erholen sie sich gut. Und kommen sie bitte am Montag um 8 pünktlich zur Arbeit.
AB"
Verdutzt schaue ich auf den Karton in meiner Hand und kann nicht glauben, was ich sehe.
Minutenlang starre ich ihn einfach nur an, dann bringe ich endlich den Mut auf ihn zu öffnen.
Es ist alles noch genau so, wie ich es hinein getan habe.
Der Laptop in seiner Zeitungshülle, das Smartphone in seinem Karton und auch das Tablet in seiner Schutzhülle liegen friedlich schlummernd in dem Karton, als hätten sie nur darauf gewartet, dass ich sie daraus befreie.
Langsam trage ich den Karton in die Stube und stelle ihn auf den Couchtisch, dann nehme ich den Laptop heraus und fahre ihn hoch. Während der Rechner startet schalte ich auch das Handy ein.
Es wurde vierzig Mal angerufen, dreißig Mal davon allein gestern. Die letzten zehn waren von heute Morgen.
Ich habe zehn Sprachnachrichten, die alle von Mr. Black sind. Mal mehr mal weniger Wütend, will er wissen, wo ich stecke, warum ich nicht zur Arbeit erscheine und das ich gefeuert bin, wenn ich heute nicht pünktlich um acht ins Büro komme.
Oh, je...
Aber er hatte mich doch schon gefeuert! Wieso ruft er mich dann an und droht mir mich zu entlassen, wenn ich nicht komme?
Und was war das dann heute Morgen? Wollte er mich kündigen? Oder tatsächlich seine Sachen zurückhaben, als ich nicht ins Büro kam?
Und warum hat er sie mir dann doch wiedergegeben? Und mir dann auch noch für den Rest der Woche freigegeben?
Aus dem soll einer Schlau werden!
Inzwischen ist auch der Rechner hochgefahren und wie zu erwarten war habe ich Unmengen Post in meinem E-Mail fach.
Sie sind nicht alle von Mr. Rätselhaft, aber die Meisten. Der Rest sind geschäftliche Anfragen, mit dessen Bearbeitung ich mich umgehend befasse.
Der Spaziergang ist längst vergessen!
Freudestrahlend bearbeite ich eine Anfrage nach der Nächsten, vereinbare Termine und vertröste den einen oder anderen unwichtigen Mitarbeiter mit einer kurzen Mitteilung auf einen späteren Zeitpunkt.
Kurz vor Mitternacht bin ich mit den E-Mails endlich fertig und will den Rechner schon runterfahren, als ich es mir dann doch nicht nehmen lasse MEINEM CHEF! ...ja, er ist es immer noch!... eine Mail zu schreiben.
"Lieber Mr. Black,
selbstverständlich werde ich am Montag pünktlich zur Arbeit erscheinen.
Bitte verzeihen sie, mein unentschuldigtes Fehlen.
Mit Freundlichen Grüßen
Emely Stone"
Fast augenblicklich bekomme ich eine Antwort.
"Liebe Mrs. Stone,
bitte verzeihen sie mein unverzeihliches Benehmen. Es tut mir leid, dass ich ihnen den Eindruck vermittelt habe, sie seien entlassen.
Das war ein Missverständnis.
Wenn sie mir erlauben, würde ich sie als Entschuldigung gern am Sonntag zum Essen einladen.
Mit der Bitte um Rückmeldung verbleibe ich mit den besten Wünschen
Alexander Black"
Mit Erstaunen lese ich seine Nachricht ein ums andere Mal und komme nicht umhin mich darüber zu wundern.
Missverständnis?
Meint er seine Worte vom Mittwoch? Oder die Nachrichten auf dem Handy? Vielleicht ja auch beides.
Wie auch immer. Er hat keinen Grund sich zu entschuldigen.
"Sehr geehrter Mr. Black,
vielen Dank für die Einladung.
Dennoch möchte ich ihnen versichern, dass ich keinen Grund sehe, der eine Entschuldigung ihrerseits notwendig macht.
Vielmehr bin ich ihnen Dankbar, dass sie davon absehen, mich, für mein unbedachtes Handeln vom Mittwoch, zur Rechenschaft zu ziehen.
Ihre überaus Dankbare
Emely Stone"
Ich bin mir zwar nicht sicher, ob es klug ist, ihn daran zu erinnern, was ich mir am Mittwoch geleistet habe...wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass er das vergessen hat...aber ich möchte auch nicht so tun, als wäre er an diesem Missverständnis schuld. Dabei kann ich immer noch nicht glauben, dass es das ist...ein Missverständnis... Ihm blieb doch gar nichts anderes übrig, als mich zu feuern.
"Sehr geehrte Mrs. Stone,
wenn das so ist, bestehe ich einfach darauf, dass sie mich als Entschädigung zu diesem Essen begleiten.
Ich hoffe, es ihnen recht, wenn ich sie gegen 20.00 Uhr vor ihrer Wohnung abhole und sie nicht anderweitig beschäftigt sind.
Ihr durchaus leicht zu besänftigender Vorgesetzter
Alexander Black"
Wie bitte? Leicht zu besänftigen? Mr. Black?! Niemals!
Nur habe ich jetzt wohl keine andere Wahl mehr, als ihm seinen "Wunsch" zu gewähren.
Aber was ist mit Jo? Er wartet am Sonntag doch auch auf mich. Allerdings hatte ich sowieso nicht das Bedürfnis ihn zu treffen.
LÜGE! Emely!
Versuch's doch zur Abwechslung mal mit der Wahrheit. Du kannst es doch kaum abwarten, ihn wieder zu sehen!
Ja, ja. Schon gut. Ich geh aber trotzdem nicht in den Club. Ganz gleich, ob ich ihn wiedersehen will oder nicht. Ich kann mir nichts vormachen. Wir passen einfach nicht zusammen.
Buähh....Kotz! Verarschen kann ich mich alleine!
Entschuldige mal! Können wir uns jetzt bitte mal wieder auf das Wesentliche konzentrieren?! Und das ist jetzt nicht Jo, sondern Mr. Black!
Der im Übrigen auch echt scharf ist!
Du denkst auch nur an das Eine!
Darf ich daran erinnern, das du ich bist oder ich du. Wir sind eins Emely.
Ach! Halt die Klappe!
"Sehr geehrter Mr. Black,
zu meinem Bedauern muss ich ihnen Mitteilen, dass ich am Sonntag tatsächlich schon etwas vorhabe und ich ihnen ihren Wunsch leider nicht erfüllen kann.
Daher bitte ich sie, mit allem nötigen Respekt, mich am Sonntag zu entschuldigen und meine Abbitte an einem Anderen Tag einzufordern.
Mit freundlichen Grüßen
Emely Stone
Angestellte eines leicht reizbaren Vorgesetzten"
Oh, je! Den letzten Satz hätte ich mir vielleicht lieber schenken sollen. Na, mal sehen, wie er reagiert.
"Mrs. Stone,
In Anbetracht, ihres doch sehr unsicheren Angestellten Verhältnisses, sollten sie vielleicht ihren Zügellosen Schreibstil, der notwendigen Ernsthaftigkeit der Lage anpassen und ihren inzwischen leicht gereizten Arbeitgeber mit einer Zusage besänftigen.
Ansonsten könnte ebenbesagter Arbeitgeber es sich doch noch anders überlegen und ihnen die gewährten Urlaubstage streichen.
Desweiteren hoffe ich für sie, dass ihre Verabredung am Sonntag, so nachsichtig ist wie ich und es ihnen nicht übel nehmen wird, wenn sie sie versetzten.
Sollten sie jedoch bedenken haben, was die Akzeptanz einer Absage, bei ihrer Verabredung anbelangt, so bin ich sicher, dass ich ihnen auch in dieser Hinsicht behilflich sein könnte.
Ihr stets hilfsbereiter und noch immer durchaus freundlicher Vorgesetzter
Alexander Black"
So, so. Hilfsbereit und Freundlich also, Ja?
Verschmitzt Grinsend sitze ich vor dem Pc und weiß nicht wie weit ich noch gehen sollte. In Anbetracht dessen, dass ich bis vor ein paar Stunden noch dachte, dass ich arbeitslos bin, lehne ich mich gerade ganz schön weit aus dem Fenster.
Aber wenn ich ihm sofort klein bei gebe, wird er mich nur wieder herum schubsen, wie er es normalerweise mit Vorliebe zu tun pflegt.
"Sehr geehrter Mr. Black,
vielen Dank, für ihr wohlwollendes Hilfsangebot. Dennoch möchte ich sie höflichst darauf hinweisen, dass ich ihnen am Sonntag leider nicht zur Verfügung stehe.
Es sei denn, sie möchten den derzeitig bestehenden Arbeitsvertrag neu verhandeln.
Sollte dies der Fall sein, bitte ich sie sich alsbald mit ihrer Sekretärin in Verbindung zu setzten und einen Termin zu vereinbaren.
In diesem Sinne verbleibe ich mit den besten Wünschen
Ihre Emely Stone
Vermutlich bald Ex Sekretärin eines hoffentlich noch immer freundlichem, leicht zu besänftigendem und hilfsbereitem Vorgesetzten."
Angespannt warte ich auf seine Mail, doch als auch fünf Minuten Später noch immer keine Antwort angekommen ist, mache ich mir langsam Sorgen.
Habe ich es jetzt vielleicht doch zu weit getrieben?
Weitere zwei Minuten verstreichen und schon will ich zu einer entschuldigenden Mail ansetzten, als mich das Klingeln meines Handys erschreckt zusammen fahren lässt.
Mit klopfendem Herzen, lese ich den angezeigten Namen auf dem Display.
Mr. Black.
Wer auch sonst. Eigentlich kommt ja nur er in frage nachts um viertel vor eins.
"Ja Sir?" melde ich mich zerknirscht.
"Mrs. Stone." knurrt er mit tiefer Stimme, beherrscht ins Telefon. "Ich werde ihr aufmüpfiges Verhalten mal der späten Stunde zuschreiben und ihrer damit verbundenen, nicht mehr vorhandenen Zurechnungsfähigkeit. Sonst würde ich mir ernsthaft Gedanken darüber machen, ob der gewährte Kurzurlaub und die damit verbundene Unterforderung ihrer Gesundheit zuträglich ist. Desweiteren dürfen sie den Termin am Sonntag, den sie hiermit bitte zur Kenntnis nehmen, als geschäftliches Meeting in ihren Terminkalender Eintragen. Vertragsverhandlungen inbegriffen. Haben sie verstanden?"
Ich kann förmlich seinen Finsteren Blick auf mir spüren, während er spricht, doch wenn ich die Augenschließe und ganz genau auf seine Stimme lausche, glaube ich fast ein Lächeln hinter seinen Worten zu hören. Aber vielleicht täusche ich mich da auch.
Deshalb unterlasse ich auch jedwede Spielerei, zu der ich mich in den Mails habe hinreißen lassen.
"Ja Sir. Selbstverständlich. Zwanzig Uhr haben sie gesagt?" frage ich aufmerksam nach.
"Ganz richtig, Mrs. Stone. Ich bin froh, dass wir das so schnell klären konnten. Gute Nacht."
"Gute Nacht Mr. Black" verabschiede ich mich erleichtert von ihm und lege auf.
Puh, da hab ich wohl nochmal Glück gehabt.
Das kannst du aber laut sagen! Du willst wohl unbedingt deinen Job loswerden was?!
Ach, sei Still!
Kurzerhand will ich den Rechner runter fahren, als mir im letzten Moment eine Mail ins Auge fällt, die gerade hereinkommt.
Mit vor Aufregung klopfendem Herzen klicke ich sie an und beginne zu lesen.
Was er wohl noch von mir will?
"Allerliebste Mrs. Stone,
es freut mich zu hören, dass sie so schnell einen Termin für mich einrichten konnten.
In freudiger Erwartung sehe ich den Vertragsverhandlungen am Sonntag entgegen und wünsche ihnen bis dahin alles Gute und eine angenehme Nachtruhe.
Gute Besserrung.
Ihr inzwischen wieder äußerst zufriedener Vorgesetzter
Alexander Black"
Ui ui ui, da habe ihn aber wohl gerade mal in einer äußerst entspannten Stimmung angetroffen, wenn er meine doch recht frechen Mails beinahe mit einem Lächeln hinnimmt. Nicht, dass er klein bei gegeben hätte, er hat mal wieder bekommen, was er wollte, aber immerhin hat er mich nicht zur Schnecke gemacht.
Noch einmal setzte ich zu einer Antwort an, die diesmal alles andere als aufmüpfig ist.
"Sehr geehrter Mr. Black,
vielen Dank, für die wohlwollenden Worte.
Ich bin sicher, dass ich mich dank ihnen am Sonntag bester Gesundheit erfreuen werde.
Schlafen sie gut. Mr. Black.
Ihre nicht ganz zurechnungsfähige und etwas verspielte Angestellte
Emely Stone"
Kopfschüttelnd vor mich hin lächelnd klappe ich den Rechner zu. Ich kann noch immer nicht ganz glauben, was für einen merkwürdigen Email Verkehr ich gerade mit meinem Boss ausgetauscht habe. Aber noch verwunderlicher finde ich es, dass er es so gelassen aufgenommen hat.
Wobei... letzten Endes hat er ja bekommen, was er wollte.
Typisch Mr. mir liegt die Welt zu Füßen. Mit einem Nein, gibt er sich nicht zufrieden. Warum sollte er auch. Er bekommt doch immer alles, was er will.
Selbst mich, wenn er mich braucht. Wobei brauchen hier vielleicht nicht das richtige Wort ist, denn auch wenn er von Vertragsverhandlungen gesprochen hat, bin ich mir fast sicher, dass er sich noch immer bei mir entschuldigen möchte, so wie er in seiner ersten Mail geschrieben hat. Dabei gibt es dafür ja gar keinen Grund.
Gähnend reibe ich mir die müden Augen und mache mich bettfertig. Allerdings stelle ich mir für Morgen früh noch einen Wecker, weil ich um zehn ja mit Jason zum Schwimmen verabredet bin.
Ich bin mal gespannt, wer noch alles dabei ist, denn er hat ja gesagt, dass er mit Freunden dort verabredet ist.
Gott! Was für ein Unterschied. Das wird das erste Mal sein, seitdem ich für Mr. Black arbeite, dass ich mich hier mit jemandem Treffe um etwas anderes zu machen, als zu Arbeiten.
Ich freu mich wirklich Jason zu treffen, ganz ohne diesen Sportlichen stress, die Arbeit oder Mr. Unbeugsam.
Einen ganzen Tag nur faul in der Sonne liegen, mich nett unterhalten, vielleicht ein bisschen Musik hören und nebenbei ein bisschen Schwimmen.
Was kann es schöneres geben?
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