28
Mit leicht zittrigen Knien betrete ich am Montagmorgen das Büro und setzte als erstes eine Kanne Kaffee auf, damit er fertig ist, wenn Mr. Black um acht ins Büro kommt.
Ich bin fürchterlich nervös, weil ich nicht weiß, was ich heute von ihm zu erwarten habe, deshalb konnte ich auch nicht mehr schlafen und bin somit fast eine halbe Stunde zu früh hier angekommen.
Jetzt sitze ich seit fünf Minuten, mit zitternden Fingern und leichtem Herzklopfen, auf meinem Stuhl und warte darauf, dass er kommt.
Alles ist bereits für ihn vorbereitet, fehlt nur noch das Dokument, was ich für ihn bearbeiten sollte.
Dafür muss ich aber wissen, was ihm daran nicht gefällt und das kann er mir leider nur persönlich sagen.
Immer wieder schweift mein Blick zur Uhr. Es ist fünf vor acht. Dann vier...dann drei...zwei...eins...
Pünktlich um acht öffnet Mr. Black die Tür, jedoch nicht die Eingangstür, sondern seine Bürotür.
Erstaunt sehe ich ihn an. Lasse meinen Blick flüchtig in sein Gesicht huschen und sehe, wie er mich nachdenklich betrachtet, bevor ich schnell zu Boden schaue.
Eilig springe ich auf.
"Guten Morgen Mr. B..Black." grüße ich unsicher ohne ihn erneut anzusehen.
"Guten Morgen Miss Stone." sagt er leise. "Würden sie mir bitte einen Kaffee und die heutigen Termine in mein Büro bringen?" fragt er höflich, was mich dann doch dazu veranlasst, ihn etwas genauer anzusehen. Doch der nachdenkliche Ausdruck in seinem Gesicht und der stille, musternde Blick, mit dem er mich bedenkt, machen mich fast wahnsinnig.
"S..sicher, Mr. Black. Einen Moment." sage ich stockend.
"Danke." sagt er, dreht sich um und geht langsam in sein Zimmer zurück, lässt die Tür aber offen.
Verwirrt starre ich ihm nach, doch dann mache ich mich so schnell ich kann auf, um seinen Wunsch zu erfüllen.
Nur wenig später stehe ich mit weichen Knien vor seinem Schreibtisch und stelle den Kaffe vor ihn auf den Tisch.
"Hier Sir." unauffällig versuche ich mich zu sammeln und atme einmal tief durch, bevor ich ihm die Termine reiche, die er aufmerksam mustert.
"Miss Stone, wenn es ihnen nichts ausmacht, versuchen sie doch bitte meine Anwälte zu erreichen und fragen sie ob einer der Herren Zeit hat, heute kurzfristig vorbeizukommen. Vielleicht so gegen zehn?" fragend sieht er mich an.
"Sicher Sir. Zehn Uhr. Ich sehe was ich tun kann. Sonst noch was?" frage ich verunsichert. Was ist nur mit ihm? So zurückhaltend ist er doch sonst nicht. Immer wieder sieht er mich nachdenklich an und streicht sich mit der Hand durch den Bart. Dann verharrt er plötzlich mitten in der Bewegung und betastet sein Kinn und seine Wangen.
"Ja, sie könnten auch noch einen Termin bei Madam Sheréce machen. Wenn Madame Zeit hat heute Mittag gegen zwei, sonst Morgen. Ach so und ich möchte, dass sie mich wieder begleiten.
Empört sehe ich ihn an. Schon wieder diese Tortur! Tickt der noch ganz richtig? Das kann er vergessen!
"Tut mir leid Sir." wiederspreche ich mit fester, aber höflicher Stimme, die trotz aller mühe ein klein wenig zittert. "Ich werde sie nicht dorthin begleiten."
Er hebt erstaunt eine Augenbraue und sieht mich mit dunklem Blick an, doch statt mich wie üblich anzublaffen fragt er mich lediglich etwas gekränkt. "Warum nicht?"
Verwirrt kneife ich die Augen zusammen und sehe ihn, leicht irritiert den Kopf schüttelnd an, dann sage ich leise aber bestimmt.
"Weil sie nicht das recht haben, über meinen Körper zu bestimmen. Mr. Black. Ich werde aber für sie diesen Termin machen, wenn sie wollen."
Überlegend sieht er mich an und kaut auf seiner Unterlippe herum, dann nickt er still in sich hinein.
"Ganz wie sie wünschen, Miss Stone." stimmt er schließlich zu, was mich ziemlich verwundert, doch was er als nächstes sagt, ist noch weitaus verwunderlicher. "Dann entscheiden sie eben, wann wir das nächste Mal in den Salon gehen." sagt er ruhig und schaut mich bittend an. "Ich wäre ihnen allerdings dankbar, wenn sie sich nicht allzu lange Zeit ließen, denn ich fürchte, mein Bart braucht mal wieder ein wenig... na, sie wissen schon." mit seinen blauen Augen fixiert er mich nachdenklich und fährt sich erneut mit der Hand durch die kurzen Stoppeln auf seinem Kinn.
Ja, er hat schon recht, das der mal wieder ein wenig Pflege vertragen könnte, aber warum ich ihn unbedingt dorthin begleiten soll ist mir ein Rätsel.
"Ich mache ihnen einen Termin." sage ich seufzend, doch er lehnt ab.
"Nein Miss Stone, ich möchte, dass sie mich begleiten."
"Mr. Black." sage ich brummig. Wenn er glaubt, er könnte mich dazu zwingen mich dieser Folter erneut zu unterziehen, dann hat er sich geschnitten, dabei könnte ich durchaus mal wieder einen neuen Haarschnitt gebrauchen.
"Ich habe aber keine Lust sie zu begleiten."
Ein klein wenig verletzt sieht er mich an, runzelt mit finsterem Blick die Stirn und nickt dann knapp.
"Also gut Miss Stone. Wie sie wünschen." sagt er leicht ungehalten. "Dann eben nicht. Dann machen sie halt nur einen Termin für mich."
"Gern Mr. Black." sage ich schmunzelnd. "Und wollen sie nur eine Rasur, oder noch andere Leistungen?" will ich wissen, schüttel innerlich aber den Kopf über ihn.
Keine Ahnung, was sein beherrschtes verhalten zu bedeuten hat, aber so ist er mir deutlich lieber, als wenn er so laut und aufbrausend ist.
Aber das wird sicher nicht lange so bleiben, vor allem, wenn ich ihm weiterhin wiederspreche.
Nachdenklich fährt er sich mit dem Daumen über die Lippen, dann mustert er aufmerksam seine Hände, bevor er sagt.
"Entscheiden sie. Sie wissen ja, was ich dort normalerweise in Anspruch nehme."
Verdattert starre ich ihn an. Ist das sein ernst? Ich soll entscheiden, was Madame bei ihm macht?
Hmm. Nun gut. Innerlich grinse ich fies in mich hinein, aber äußerlich bleibe ich ganz gelassen.
"Wie sie wünschen." oh, ich weiß schon ganz genau, was Madame Sheréce zu tun bekommen wird und das wird ihm gar nicht gefallen, aber das braucht er ja nicht zu erfahren. Na ja, zumindest nicht vorher.
Um nicht grinsen zu müssen beiße ich fest auf die Lippe und presse sie zusammen, doch ganz verhindern, dass ein Lächeln in mein Gesicht tritt kann ich nicht.
Und scheinbar bleibt es ihm nicht verborgen, denn plötzlich werden seine Gesichtszüge weicher und die Fältchen um seine Augen vertiefen sich ein wenig, als auch er sanft zu lächeln beginnt.
Oh mein Gott! Ist das... verdammt er ist so süß, wenn er lächelt. Aber ich darf nicht schwach werden. Er hat mich zurück gewiesen! Er kann mich nicht ausstehen! Das darf ich unter keinen Umständen vergessen. Wer weiß, sonst gebe ich ihm womöglich erneut die Möglichkeit mir weh zu tun.
"Sonst n...noch was?" wende ich mich unsicher an ihn, als ich mich wieder einigermaßen im Griff habe.
"Nein, das wäre alles." mit einem knappen Nicken gibt er mir zu verstehen, dass ich gehen kann, doch an der Tür hält er mich noch mal auf.
"Ach, Miss Stone?"
"Ja, Sir?" mit der Hand auf der Klinke drehe ich mich noch mal zu ihm um.
"Wenn die Termine stehen, kommen sie dann bitte wieder zu mir." verlangt er freundlich und schaut mich erneut nachdenklich an.
"Ist gut Sir." bestätige ich und verlasse sein Zimmer.
An meinem Schreibtisch muss ich die Begegnung mit ihm erst mal verarbeiten.
Verwirrt runzel ich die Stirn und schüttel immer wieder den Kopf über ihn. Warum ist er nur so seltsam?
Das kann doch nicht alles nur mit meiner Zurückweisung vom Sonntag zu tun haben? Vor allem weil er mich im Flugzeug ja noch so angeblafft hat.
Aber anders kann ich mir sein Verhalten einfach nicht erklären. Noch vor diesem Wochenende war er ein widerwärtiger Tyrann, den kann er doch nicht plötzlich in Hannover verloren haben?
Und das er sich Gedanken darüber macht, weil er mich so schlecht behandelt hat, das glaube ich nicht. Das wird ihm auch vorher schon klar gewesen sein.
Seufzend stoße ich die Luft aus. Solange ich auch über sein Verhalten nachdenke, ich werde nicht schlau aus ihm. Wie immer eigentlich.
Und so vereinbare ich kurzerhand die Termine und kehre in sein Zimmer zurück, den ergänzten Terminkalender in der Hand.
Als ich sein Zimmer betrete steht er, mit hinter dem Rücken verschränkten Armen, vor dem Fenster und schaut nachdenklich hinaus. Als er mich jedoch hört, dreht er sich mit nachdenklichem Blick zu mir um.
"Würden sie sich setzten?" fragend deutet er auf seinen Stuhl, auf dem ich mich niederlasse.
"Ich habe die Datei vom Samstag schon geöffnet." erklärt er sachlich, dann beginnt er mir einige Änderungen zu diktieren, die ich in das Dokument einfüge.
Nach ein paar Minuten stellt er sich hinter mich, schaut mir einen Moment über die Schulter, beugt sich vor und deutet mit dem Finger auf den Bildschirm.
"Nein, Miss Stone, hier müssen sie nochmal die Angaben überprüfen, da stimmt etwas nicht." sagt er nachdenklich und kommt mir noch näher. Eine Hand stützt er neben mir auf den Schreibtisch ab und wenn ich nicht gänzlich den Verstand verloren habe, dann dreht er den Kopf in meine Richtung und atmet unauffällig meinen Duft ein, was mich etwas verwirrt.
Ach was etwas! Es macht mich fertig!
Mein Herz schlägt so heftig, dass es schmerzt und am liebsten würde ich die Luft anhalten, so intensiv ist sein Duft, der mit in die Nase steigt.
"W..was meinen sie Sir?" frage ich zittrig und lehne mich etwas weiter vor, damit er mir nicht mehr so nah ist. Doch vielleicht war das ein Fehler, denn jetzt beugt er sich noch weiter vor um mit dem Finger direkt auf den Monitor zu deuten.
"Das hier." sagt er irritiert und tippt mit dem Zeigefinger auf eine Stelle im Dokument. "Es kann doch nicht sein, dass in so einem großen Haus nur zehn Angestellte arbeiten."
Überlegend mustere ich den Text, den wir verfasst haben und versuche mich an die Dokumente zu erinnern, aus denen wir die Informationen zusammen getragen haben, aber ich komm einfach nicht drauf, was genau auf den Zetteln stand. "Das haben wir gleich, Sir. Ich schau noch mal in die Unterlagen, die uns die Vertreter der Nordland Kompanie da gelassen haben." sage ich erklärend, allerdings müsste ich dafür aufstehen, was etwas schwierig ist, da er noch immer so dicht hinter mir steht und auch keine Anstalten macht sich von der Stelle zu bewegen.
Unsicher mache ich einen tiefen Atemzug, dann drehe ich mich mit dem Stuhl zur Seite und stehe langsam, darauf bedacht ihn nicht zu berühren, auf.
Er ist mir so nah, das ich seinen Atem in meinem Nacken spüren kann, was mich unheimlich nervös macht.
"Würden sie...?"fragend werfe ich ihm einen Blick über die Schulter zu und deute auf die Aktenschränke, damit er mich vorbei lässt.
"Wa...." konzentriert sieht er auf mich hinunter, scheint jede Regung in meinem Gesicht zu mustern und schaut mir einige Atemzüge lang in die Augen, was mich gelinde gesagt von den Socken haut, doch dann scheint der Groschen endlich zu fallen und er tritt einen Schritt zurück.
"Oh, Sicher." er macht eine einladende Handbewegung, die wohl so viel heißen soll, wie, ist doch genug Platz da, gehen sie doch.
Am Aktenschrank knie ich mich hin und ziehe kurzerhand die Unterlagen hervor, brauche aber mehrere Anläufe, die richtige Seite zu fassen zu bekommen, so sehr Zittern meine Finger und auch mein Puls rast. Weshalb ich länger hier sitze als nötig, um mich zu beruhigen und nicht in hektische Schnappatmung zu verfallen.
Wie soll denn das nur weitergehen? Die ganze Situation ist so emotionsgeladen, das kann doch nur eskalieren. Und vor allem verstehe ich nicht, was das Ganze soll.
Noch vor einem Tag, habe ich mich ihm quasi angeboten und da wollte er mich nicht und jetzt?
Irgendwie scheint er sich nicht ganz schlüssig zu sein, wie er mich behandeln soll.
Schon wieder betrachtet er mich nachdenklich, während ich in dem Ordner blättere, doch was auch immer ihn so beschäftigt, er scheint der Lösung seines Problems nicht näher zu kommen, denn als ich mit der Antwort auf unsere Angestelltenfrage an den Schreibtisch zurückkehre, runzelt er die Stirn und schüttelt leicht verzweifelt den Kopf.
Aber Gott sei Dank, hält er jetzt etwas mehr Abstand, als ich mich auf den Stuhl setzte und die Zahlen korrigiere, denn anscheinend haben wir tatsächlich einen Fehler gemacht, als wir diese Zusammenfassung geschrieben haben.
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