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Frisch geduscht, die Haare zu einem eleganten Zopf geflochten, befinde ich mich nur wenige Stunden später samt meiner Tasche auf dem Weg in den Club.

Heute bin ich schon viel weniger aufgeregt, als beim letzten Mal, trotzdem lasse ich mich erneut von einem Taxi hinbringen.

Und auch wie beim letzten Mal öffnet mir Charlene die Tür.

"Hallo. " grüßt sie mich mit einem herzlichen Lächeln und schaut mich nachdenklich an.

"Kate." helfe ich ihr kurzerhand auf die Sprünge. "Ich war letztes Wochenende schon mal da."

"Ach richtig. Ich hab dich ja herum geführt. Wie geht es dir? Schön dass du wieder hier bist. Komm doch rein." sie macht eine einladende Handbewegung und führt mich wieder zu dem kleinen, eleganten Empfangstresen, wo sie mir ein Handtuch reicht und einen Chip für den Schrank.

"Kann ich wieder die dreizehn haben?" frage ich mit einem entschuldigenden Lächeln und reiche ihr die vierundzwanzig zurück, die sie mir gegeben hat. "Ich bin ein ziemliches Gewohnheitstier." erkläre ich verlegen und streiche mir eine Haarsträhne hinters Ohr. "Oder ist sie schon vergeben? Dann nehm ich auch eine andere Nummer."

Kurz studiert sie die Marken, dann reicht sie mir den Chip mit der dreizehn. "Hier, bitte schön. Ich dachte du möchtest vielleicht lieber eine andere Nummer. Die dreizehn wird normalerweise nicht so gern genommen. Du weißt schon... Unglück und so." mit einem verschmitzten Grinsen schaut sie mich an und zuckt belustigt mit den Schultern. Als wollte sie sagen, wer glaubt schon an so einen Mist. Na, ich auf jeden Fall nicht.

"Aber wenn du sie magst, um so besser, dann können wir ja deinen Namen dran heften." sagt sie lächelnd und zwinkert mir vergnügt zu.

"Klar, mach ruhig." spiele ich ihr Spiel mit und lächel sie belustigt an, doch als es erneut an der Tür läutet, zuckt sie entschuldigend mit den Schultern und wünscht mir viel Spaß.

Im Umkleidezimmer, Kabine kann man es nämlich nicht nennen, denn dafür ist es viel zu elegant eingerichtet, schlüpfe ich kurzerhand in mein schwarzes Kleid und setzte die Maske auf.

Jetzt kann der Spaß ja los gehen.

Im großen Barbereich ist heute eine ganze Menge los. Überall sitzen Frauen und Männer in mehr oder weniger ansprechender Bekleidung.

Wie kann ein Mann nur denken, dass wir Frauen auf einen Slip mit Rüssel stehen? Verschmitzt grinsend schaue ich den Elefanten an, der sich mit Hängendem Rüssel vor mich an die Bar drängt.

"Einen Martini und ein Glas Champus." ruft er der Barkeeperin zu, die heute ganz offensichtlich nicht Louis, sondern eine der anderen Mitarbeiterinnen ist, von denen mir Charlene erzählt hat.

Also entweder Jessica oder Megan. Aber mit ihren kurzen, feuerroten Haaren und den langen, schlanken Beinen, die bis zu den Knien in schwarzen Lederstiefeln stecken, sieht sie eher wie eine Megan aus und nicht wie eine Jessica.

"Und was möchtest du?" reißt sie mich aus meinen Gedanken und lächelt mich freundlich an.

"Ich weiß nicht, mach mir irgendeinen Cocktail, ja." sage ich ratlos, woraufhin sie mich aufmerksam mustert und mir wenig später einen hellbraunen Drink in einem Cocktailglas vor die Nase stellt.

Fragend schaue ich sie an.

"Das ist ein "Dirty Banana" erklärt sie und zwinkert mir belustigt zu. "Und auf welche Nummer geht das?"

"Oh, die dreizehn." erwidere ich verlegen. Hätt ich ja fast vergessen..."Danke." mit meinem Glas setze ich mich eine Weile auf einen der freien Barhocker und schaue mich im Raum um. Sehe den tanzenden und flirtenden Paaren zu, die sich doch recht ungezwungen auf der Tanzfläche bewegen oder leidenschaftlich knutschend auf einem der vielen, gemütlichen Sofas herum lümmeln.

Fasziniert beobachte ich eine kleine Gruppe, von zwei Männern und zwei Frauen, die sehr vertraut miteinander scheinen. Ständig wechseln sie die Partner und auch die Frauen küssen sich gegenseitig. Wobei die Männer, was das angeht eher zurückhaltend sind. Dafür schauen sie den Damen umso begeisterter zu, wenn diese sich miteinander beschäftigen. Lange dauert es jedoch nicht, bis sich die vier in eines der angrenzenden Zimmer verziehen und was sie dort tun, das ist nun wirklich nicht schwer zu erraten.

Doch als ich mein Glas geleert habe, bin ich trotz der hier herrschenden, erotischen Stimmung und den vielen freizügig gekleideten Menschen noch immer nicht so recht in Stimmung mich nach einem geeigneten Partner umzusehen. Dabei mangelt es keineswegs an Interessenten.

Immer wieder fällt mir der eine oder andere Mann auf, der mich wohlwollend betrachtet, doch irgendwie sind sie nicht das was ich suche.

Wobei ich nicht einmal selbst weiß, was das ist.

Ich bin nicht unbedingt mit dem Wunsch hier her gekommen Sex zu haben, sondern eher um mich umsorgt und geliebt zu fühlen, doch vielleicht war dieser Wunsch ein klein wenig Naiv.

Die meisten Menschen, oder Männer, die hier her kommen, sind eher auf eine schnelle Nummer aus, aber bestimmt nicht darauf einen fremden Menschen zu umgarnen und auf Händen zu tragen, aber genau das brauche ich jetzt, nach der Zurückweisung von gestern Abend.

Ich versteh es immer noch nicht, warum Alexander mich nicht wollte. Warum hasst er mich nur so?

Oder war sein Spiel tatsächlich das? Ein Spiel? Vielleicht macht es ihm ja Spaß, mich zu demütigen und mich zu verletzten. Vielleicht hat er es ja sogar von Anfang an darauf angelegt?

Ach shit!

Woher soll ich auch wissen, was er denkt! Und was seine Beweggründe sind.

Ich verstehe ihn ja nicht mal auf der Arbeit und da kenne ich sein Verhalten schon seit über einem Jahr.

Nicht mal ansatzweise würde ich da behaupten, dass ich Alexanders Gedanken verstehe!

Nachdenklich lasse ich meinen Blick Richtung Ausgang schweifen. Ich kann ja auch einfach wieder gehen. Niemand zwingt mich hier zu bleiben oder Sex zu haben.

Aber wollen wirklich ALLE hier anwesenden Männer Sex?

Jo nicht. Jo ist nicht hier um Sex zu haben, zumindest hat Kassandra das gesagt. Ich könnte ja mal schauen, ob er in seinem Zimmer ist. Wenn man es denn das seine nennen kann.

Zögerlich steige ich von meinem Stuhl und verlasse den Barbereich. Gehe an der "Großen Spielwiese" vorbei, wo wie zu erwarten das Quartett fleißig bei der Sache ist, doch da ich heute nicht in der Stimmung bin schaue ich ihnen nicht zu, sondern gehe zielstrebig zum SM Raum, in dem hoffentlich Jo zu finden ist.

Sollte er jedoch nicht da sein, werde ich einfach wieder nach Hause fahren. Ich weiß auch nicht, warum ich überhaupt her gekommen bin. Das was ich suche, findet man normalerweise nicht in einem Swingerclub. Auch nicht in diesem..., wenn Jo nicht wäre.

Durch das kleine Fenster in der Tür schaue ich in den Raum, doch von hier aus ist er nicht zu sehen. Allerdings auch niemand anderes.

Trotzdem öffne ich die Tür. So ungestört wie heute, werde ich mich sicher nicht oft hier drinnen umschauen können.

Langsam gehe ich an der Wand mit den, ich nenne sie mal "Schlagwerkzeugen" vorbei und fahren nachdenklich mit der Hand über die verschiedenen Peitschen, Gerten, Stöcke und... Holzbretter? Irritiert runzel ich die Stirn, aber der Sinn und Zweck dieser... ja Holzbrett artigen Dinger will sich mir nicht erschließen. Sie sehen fast aus wie Baseballschläger, sind aber nicht rund sondern platt, wie Bretter eben.

Gleich neben diesen Dingen befindet sich ein hölzernes Kreuz, an dem lederne Handschellen befestigt sind.

Gerade schaue ich mir diese genauer an, als ich höre, wie hinter mir die Tür geöffnet wird und jemand auf leisen Füßen den Raum betritt.

Ertappt drehe ich mich um und schaue auf den gesenkten Kopf von Jo, der heute ganz besonders geknickt wirkt. Seine Schultern sind nicht so gerade wie beim letzten Mal und auch sein Rücken wirkt gebeugt, als würde er eine Last mit sich herum schleppen.

"Hallo Jo." grüße ich schüchtern und streiche mir eine Haarsträhne aus der Stirn, die sich aus meinem Zopf gelöst hat.

"Guten Abend Miss Kate." sagt er höflich, aber der begeisterte Unterton vom letzten Mal fehlt, als er sich ein klein wenig schleppend durch den Raum bewegt und sich auf seinem Platz in der Ecke niederkniet.

"Oh, du erinnerst dich an mich?" sage ich erstaunt und folge ihm mit den Augen durch den Raum.

Es missfällt mir ein wenig, dass er mich so ignoriert, aber wenn ich seine Aufmerksamkeit möchte, dann werde ich ihn wohl etwas energischer ansprechen müssen. Doch immerhin antwortet er mir, nachdem er seinen Platz eingenommen hat.

"Ja, Herrin." ist jedoch alles, was er von sich gibt.

Na gut. Seis drum. Dann werde ich ihn fürs Erste eben Ignorieren entscheide ich mich und schaue mich weiter um. Betrachte die Auswahl an Lederriemen, die ebenfalls an der Wand hängen und lasse meine Hand nachdenklich über sie hin weg gleiten, obwohl sie mich unangenehm an den Gürtel von Alexander erinnern.

Und so unterbreche ich meine Betrachtung dieser Gegenstände und balle meine Hand unbehaglich zur Faust um das verwirrende Gefühl, das sich in ihr ausbreitet zu vertreiben.

Als ich mich von der Wand abwende und an Jo vorbei zu der Bank gehe, auf die Kassandra ihn beim letzten Mal gefesselt hat, habe ich beinahe das Gefühl beobachtet zu werden, aber als ich Jo einen forschenden Blick zuwerfe ist sein Kopf nachwievor gesenkt.

Mit der Hand fahre ich über die weichen Lederpolster und knie mich dann so wie er darauf.

Das Gefühl ist seltsam hier zu liegen und dabei bin ich nicht mal gefesselt, sondern beuge mich ganz aus freien Stücken über die Bank. Mit gerunzelter Stirn richte ich mich auf und als ich mich erneut zu Jo umdrehe sehe ich gerade noch, wie er schnell den Blick wieder gen Boden richtet.

"Du darfst mich anschauen, Jo." gebe ich ihm die Erlaubnis und schaue ihm fest in die Augen, als er den Blick hebt.

"Kommt Kassandra heute?" will ich wissen und setze mich dorthin, wo eben noch meine Knie waren und schaue ihn nachdenklich an.

"Nein Herrin." erwidert er enttäuscht.

"Warum nicht?" frage ich und fahre mit der Hand über meine verspannten Nackenmuskeln.

"Sie hatte keine Zeit." erklärt er knapp und lässt ein wenig den Kopf hängen.

"Oh! Möchtest du denn... ich meine... sie hat doch gesagt, sie würde nicht oft kommen. Warum möchtest du denn dass sie schon wieder kommt?" nachdenklich runzel ich die Stirn und lasse meine Finger über den Arm hinab auf meinen Oberschenkel gleiten.

"Weil ich kein guter Mensch bin Herrin." sagt er betrübt, was mich nur noch mehr die Stirn runzeln lässt.

"Du meinst, du möchtest dass sie kommt, weil du betraft werden willst? Für etwas das du getan hast?" frage ich nach, damit ich besser verstehe, wovon er spricht.

"Ja Herrin ich habe jemanden..."

"Nicht!" unterbreche ich ihn energisch. Ich will nichts aus seinem Privatleben erfahren. Alles was in diesem Club passiert möchte ich strickt von der Außenwelt trennen und das gilt auch für das Leben dieses Mannes, der so sonderbare Vorlieben hat. Gerade weil er mir hier einen so liebenswerten Eindruck macht und auf mich nicht so wirkt, als könnte er einer Fliege etwas zu leide tun. Und deshalb will ich auch nicht hören, wie er normalerweise ist. Mir reicht es zu wissen, dass er der Meinung ist, es verdient zu haben, bestraft zu werden.

"Keine Details." verlange ich bestimmt.

"Ja Herrin." stimmt er stirnrunzelnd zu.

"Ich möchte nicht den Grund wissen, warum du glaubst bestraft werden zu müssen, sondern nur warum du es für richtig hältst." erkläre ich ihm, woraufhin er in nachdenkliches schweigen versinkt, bevor er erneut zu einer Antwort ansetzt.

"Wenn sie mich für das bestraft hat, was ich angestellt habe, dann fühle ich mich besser. Und ich benehme mich dann auch besser. Der Schmerz hilft mir, mich ein wenig mehr zu kontrollieren und nicht immer gleich aus der Haut zu fahren." demütig lässt er den Kopf sinken und verstummt.

Nachdenklich betrachte ich diesen merkwürdigen, durchaus ansehnlichen Mann, der mit gesenktem Kopf mehrere Meter von mir entfernt auf dem Boden kauert und werde einfach nicht aus ihm schlau, was sicher daran liegt, dass ich einfach nicht verstehe, wie sich jemand besser fühlen kann, wenn er schmerz empfindet.

Könnte ich ihm Schmerzen zufügen? Letztes Mal konnte ich es mir beim besten Willen nicht vorstellen und auch heute ist diese Vorstellung für mich alles andere als angenehm.

Aber wenn er es doch will?

Könnte ich ihm diesen Wunsch erfüllen? Nur damit es ihm besser geht. Auch ich fühle mich schlecht und bin mit dem Wunsch hier her gekommen, mich besser zu fühlen. Wie kann ich also von ihm erwarten, meine Wünsche zu erfüllen, wenn ich es nicht in Betracht ziehe die seinen zu befriedigen.

"Jo?" wende ich mich Fragend an ihn, worauf hin er mich abwartend ansieht.

"Möchtest du... ich meine, ich weiß nicht ob ich, aber..." stammel ich unbehaglich vor mich hin. Soll ich ihm wirklich das anbieten, was mir gerade durch den Kopf geht?

Noch immer spüre ich das unangenehme Gefühl des Gürtels in meiner Hand, als dieser auf Alexanders Bein aufgeschlagen ist, höre das klatschende Geräusch, wenn ich auch nur an den Abend denke. Wie kann ich da auch nur daran denken, Jo mit einer der Gerten zu schlagen. Bestimmt wird mich auch dieses Gefühl verfolgen. Angespannt atme ich aus und schaue ihn unsicher an.

Nein, ich kann ihn nicht schlagen. Ich habe zwar Mr. Black geschlagen, aber nur aus versehen. Und selbst das war schon fürchterlich. Ich glaube nicht, dass ich es ertrage Jo mit Absicht zu schlagen, egal wie sehr er es auch möchte.

Langsam erhebe ich mich von meinem Sitz, gehe zu ihm und knie mich vor ihn hin, dann lege ich meine Fingerspitzen unter sein Kinn und hebe es an.

Zart streiche ich ihm mit dem Daumen übers Kinn und die Lippen. Schaue ihm tief in die Augen, die mich unangenehm an meinen Chef erinnern, obwohl sie in diesem Zimmer deutlich dunkler sind als die seinen, trotzdem weiche ich seinem Blick nicht aus.

"Ich würde dir zwar gern deinen Wunsch erfüllen Jo, aber ich kann nicht. Es tut mir leid." sage ich leise und lächeln ihn entschuldigend an.

Doch als ich meine Hand zurückziehen und aufstehen will, lässt er mich nicht.

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