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Den Rest des Sonntags verbringe ich mit Telefonieren, bedanke mich bei Kara für mein Geburtstagsgeschenk, wobei ich ihr allerdings verschweige, dass ich es bereits eingeweiht habe, sehe Fernsehen und gehe ein wenig spazieren, denn das Wetter ist einfach herrlich.
Die Sonne scheint und es sind wunderbar warme fünfundzwanzig Grad.
Im Park gönne ich mir ein leckeres Eis und setze mich auf eine Parkbank um den Tag zu genießen. Allerdings kann ich wie immer nicht vollkommen abschalten. Ständig schaue ich auf mein Handy und erwarte eine Nachricht zu haben. Von meinem Chef natürlich, der normalerweise nie lange ohne mich klar kommt. Heute allerdings scheint er mich tatsächlich mal in Ruhe zu lassen, denn auch als ich gegen elf in meinem Bett liege hat er sich noch immer nicht gemeldet.
Oh Wunder!
Am Montagmorgen mache ich mich dann gegen halb sieben auf den Weg ins Büro, weil der Sklaventreiber es so gewollt hat und bereite alles für den Tag vor.
Koche Kaffee, bringe sein Büro auf Vordermann, richte den Konferenzraum schon mal für das Nächste Meeting her und drucke den Terminplan aus, der heute eine Telefonkonferenz mit den Leitern der Nordland Kompanie beinhaltet, ebenso wie den Termin mit Jason um vier.
Gerade bin ich damit beschäftigt, eine E-Mail auszudrucken, als Mr. Black gegen acht Uhr das Büro betritt.
Erstaunt schaut er mich an, als er mich erblickt, doch außer eines knappen "Guten Morgen, Miss Stone." bekomme ich nichts von ihm zu hören.
Was fürn Glück an einem Montagmorgen, wobei Montage häufig etwas entspannter sind als die übrigen Tage der Woche. Woran das liegt? Keine Ahnung, aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Und nehme es als gegeben hin. Allerdings kann man nie wissen, wie sich der Tag entwickelt. Es ist auch schon vorgekommen, dass er an einem Montag ganz besonders mies drauf war und wenn das so war, dann konnte ich mich auf eine gänzlich beschissene Woche einstellen. Doch heute scheint er relativ gut drauf zu sein.
Ich lasse ihm fünf Minuten Zeit, sich an seinen Schreibtisch zu setzen, dann klopfe ich zögernd mit einer Tasse Kaffee und der morgendlichen Post, sowie der aktuellen Tageszeitung und den Tagesterminen an seine Tür.
"Ja." fordert er mich knapp auf das Zimmer zu betreten.
Doch als ich den Raum betrete sitzt er nicht auf seinem Platz, sondern steht vor dem Fenster und schaut hinaus.
Langsam dreht er sich in meine Richtung und hält mir auffordernd die Hand entgegen, doch was genau er haben will, sagt er nicht.
Und so stelle ich den Kaffee auf seinen Schreibtisch und reiche ihm den Terminplan, in der Hoffnung, dass es das ist, was er möchte.
Kurz wirft er einen Blick darauf, dann legt er ihn beiseite. Und greift nach der Tasse.
Oh, oh.
Falsch geraten?!
Schon bekomme ich leichtes Herzklopfen und warte auf das Donnerwetter, doch er schaut mich lediglich mit gerunzelter Stirn an.
"Den Termin mit Jason sagen sie ab..." sagt er jedoch nur und Fixiert mich mit seinen strahlend blauen Augen, bevor er einen Schluck von dem Kaffee nimmt. Doch das Getränk oder was auch immer scheint seine Meinung zu ändern. "...oder nein, warten sie..." setzt er an und mustert mich eingehend, lässt seinen Blick nachdenklich und ein wenig anzüglich über meinen Körper wandern.
Kurz Fixiert er meinen Blick, dann beginnt er zu grinsen. Doch ich weiß nicht, ob es gehässig oder lediglich herablassend ist, denn er sagt. "Sie werden den Termin mit ihm wahrnehmen."
Vor staunen werden meine Augen ganz groß. "Aber Sir..." beginne ich zu wiedersprechen, was wie so oft ein Fehler ist, denn schon wird sein Ausdruck dunkler, scheinen mich seine Augen mit kleinen feurigen Blitzen zu durchbohren. Trotzdem beende ich meinen Satz, allerdings etwas ängstlicher.
"...ich habe keine Sportsachen dabei."
"Dann besorgen sie welche. Sie werden doch sicher welche haben."
"Ja Sir. Zuhause... aber..." man, meint der das Ernst? Ich und Sport? Jason wird mich fertig machen. Ich hab weiß ich was wie lange keinen Sport mehr gemacht. Das kann nur in einem Desaster enden! Und warum will er eigentlich sein Training nicht wahrnehmen, dass macht er doch sonst immer.
Verwirrt schaue ich ihn an, traue mich aber nicht zu fragen.
Vielleicht geht es ihm ja nicht so gut...? Aber eigentlich sieht er aus wie immer. Braungebrannt, kraftvoll, elegant. Hoch aufgerichtet, mit geradem Rücken und bemerkenswert Diszipliniert.
Ein Geschäftsmann, durch und durch, der weiß was er will, zumindest meistens.
"Gut, dann holen sie sie in der Mittagspause." unterbricht er meinen Einspruch kurzerhand. Und was bleibt mir anderes Übrig, als seine Entscheidung zu Akzeptiren.
"Ja, Sir." sage ich schlicht und schaue betreten zu Boden.
"Ach und noch etwas..." kurz kramt er auf seinem Schreibtisch herum, dann reicht er mir einen Zettel. "Erledigen sie das. Ich hab keinen Nerv mich um so einen Kleinkram zu kümmern." sagt er gereizt.
Erstaunt nehme ich die Mail entgegen und überfliege sie kurz. Es geht um eine Frage zu einer größeren Anschaffung in einem der Hotels. Was soll ich denn damit machen?
"Ja Sir." bestätige ich aus Gewohnheit, doch eigentlich habe ich keine Ahnung, wie ich damit verfahren soll. "Soll ich die Anfrage ablehnen?"
"Nein. Sie sollen sich darum Kümmern. Entscheiden sie ob diese Anschaffung wirklich nötig ist." sagt er brummig.
Oh, wow!
Mr. "ich will über alles Bescheid wissen und alles selbst bestimmen" gibt die Zügel aus der Hand, das ist mal was neues, aber fast wäre es mir lieber er hätte es nicht getan.
Ich hab keine Ahnung, von den Dingen, um die es hier geht.
Doch da ich mein Glück nicht überstrapazieren will, halte ich lieber den Mund.
"Sonst noch etwas Sir?" frage ich Hilfsbereit.
"Nein, das wär's für's erste." Mit dem Kaffee in der Hand dreht er sich zum Fenster zurück und beachtet mich nicht weiter und so mache ich lieber das ich wegkomme.
Knapp zwei Stunden Später raucht mein Kopf und mein Ohr. Ich habe mit Technikern telefoniert, mit Empfangschefinnen und Köchen, habe Mails und Briefe gelesen und studiert und als ich gerade dabei bin mir ein Haufen Bilder anzusehen, die mir der Cheftechniker aus dem Hotel in Hamburg auf meine Bitte hin zugesandt hat, klingelt erneut mein Telefon.
"Ja, Sir?" melde ich mich höflich.
"Verbinden sie mich jetzt mit den Konferenzteilnehmern." sagt mein Chef knapp und legt auf.
Ja, Sir. Natürlich, Sir... alles was sie wünschen... knurrt es in mir. Bitte... Danke... Gern geschehen!
Gereizt schnaube ich auf. Ein kleines bisschen Respekt vor seinen Angestellten täte diesem scheiß Kerl mal ganz gut!
Kurzerhand steht die Verbindung zwischen den vier Parteien und ich ziehe mich aus dem Gespräch zurück, um mich erneut mit der Anfrage aus Hamburg zu beschäftigen.
"Gut Herr Berger." sage ich eine Stunde später abschließend. "Dann verbleiben wir so, dass sie sich darum kümmern, dass mir in den nächsten Tagen drei Angebote zugesandt werden. Außerdem möchte ich die genauen Maße und technischen Details der Geräte, die sie für geeignet halten....gut... Sicher haben sie Verständnis dafür, dass ich keinen genauen Zeitpunkt festlegen kann, aber ich werde mich so schnell wie möglich damit auseinandersetzten.... Sicher... Auf Wiederhören." mit rauchendem Kopf lege ich den Hörer beiseite und atme schnaufend aus, dann mache ich weiter. Post sortieren, berichte lesen, Mails schreiben und beantworten, Büroalltag halt.
Gegen Zwölf ist mein Chef noch immer in der Telefonkonferenz. Scheinbar ist das Problem schwerwiegender als erwartet, was nur heißen kann, dass mir ein anstrengender Nachmittag bevorsteht.
Denn wenn irgendetwas nicht nach seiner Nase läuft, muss ich das für gewöhnlich ausbaden, aber jetzt habe ich erst mal Mittagspause.
Wobei Pause heute allerdings nicht das richtige Wort ist, denn anstatt mich wie üblich in das kleine Café im Park zu setzten, fahre ich nach Hause um meine Sportsachen zu packen, denn wenn ich schon das Privileg habe einen Personal Trainer zur Verfügung gestellt zu bekommen, dann freue ich mich natürlich darüber... hahaha... genau... das wird bestimmt lustig.. ich und Sport! Mit dem stehe ich so ziemlich auf Kriegsfuß! Aber was soll ich machen.
Um kurz vor vier bin ich mir allerdings nicht mehr so sicher, ob Mr. Muffelkopp noch immer an seiner Entscheidung vom Morgen festhält und so gehe ich zögerlich in sein Zimmer.
"Mr. Black? Ich bin dann jetzt für eine Stunde mit Jason unterwegs." melde ich mich ab und schaue ihn beklommen an während ich darauf warte, das er mir sagt, was mir denn einfällt, meinen Platz zu verlassen, aber außer eines leicht schmerzverzerrten Blick's und einem knappen Nicken bekomme ich keine Antwort und so trete ich verwirrt den Rückweg an.
Er wird doch nicht etwa krank werden?
Besorgt ziehe ich mich im Badezimmer um, dabei sollte ich mich freuen, wenn er mal krank wäre, denn dann hätte ich wenigstens für ein paar Tage Ruhe vor ihm.
Als ich in Sportbekleidung an meinen Platz zurückkomme, die Haare habe ich zu einen Zopf geflochten, damit sie nicht stören, steht Jason schon wartend vor meinem Schreibtisch.
"Hi Emely." begrüßt er mich lächelnd.
"Hallo Jason." ich mache ein entschuldigendes Gesicht, als ich sehe, wie er mich mustert.
"Mr. Black lässt sich entschuldigen. Dafür musst du mit mir vorlieb nehmen."
"Cool. Das wird lustig." versichert er mir gutgelaunt, doch ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was daran lustig sein soll, wie eine Irre durch die Gegend gescheucht zu werden.
"Das bezweifel ich." rutscht es mir heraus. Und Jason lacht.
"Wird schon nicht so schlimm, Em. Ich halte mich zurück! Versprochen!" einladend hält er mir die Tür auf.
"Das kann nur noch viel schlimmer werden als schlimm." versichere ich ihm. "Ich hab bestimmt seit über drei Jahren keinen Sport mehr gemacht und davor auch mehr schlecht als recht." Beschämt werfe ich Jason einen kleinen Blick zu, dann drücke ich auf den Knopf für den ersten Stock.
"Keine Panik, Emely. Wenn das so ist, dann fangen wir mit einem leichten Training an. Wärmen uns mit kleinen Laufeinheiten auf und machen ein paar Übungen zur Kräftigung deiner Muskeln. Ich versprech dir nicht, das du Morgen keinen Muskelkater hast aber ich werde dich nicht überfordern." erklärt er grinsend während der Fahrstuhl nach unten fährt.
"Können wir nicht einfach Kaffee trinken gehen oder so?" versuche ich mich vor dem Sport zu drücken.
"Hey. Komm schon. So schlimm ist Sport wirklich nicht. Wirst schon sehen, das macht Spaß!" versucht er mich aufzumuntern, doch außer eines genervten Grummelns bekommt er keine Antwort von mir.
Eine Stunde später bin ich Fix und fertig, aber ich muss Jason recht geben. Es hat Spaß gemacht.
Jason ist ein Netter Trainer. Ich meine, das er nett ist, dass wußte ich schon, aber er versteht es wirklich einen zu motivieren, dran zu bleiben und sein Bestes zu geben.
Als wir ins Bürogebäude zurückkommen schweift mein Blick sehnsüchtig zum Fahrstuhl, doch da mir seine Aussage vom Freitag noch im Gedächtnis ist, steuere ich unsicher das Treppenhaus an.
"Wo willst du denn hin?" hält er mich auf.
"Na zur Treppe." gebe ich verwirrt zurück. "Wieso?"
"Weil wir mit dem Fahrstuhl rauffahren." sagt er und grinst mich verschwörerisch an.
Vor Erleichterung falle ich ihm um den Hals, naja zumindest fast, denn er ist ziemlich groß und ich...
"Danke! Danke! Danke!" freue ich mich und hopse vor dem Fahrstuhl auf und ab, nachdem ich von ihm abgelassen habe, was mir von ihm einen belustigten Blick einbringt. "Aber hast du Mr. Black am Freitag nicht gesagt, wozu den Fahrstuhl, wenn es auch eine Treppe gibt...?"
will ich noch immer freudestrahlend wissen.
"Ach, das war nur, um ihn ein wenig zu ärgern. Du hast doch angedeutet, das er dir extra Arbeit aufgebrummt hat. Ich dachte, er könnte auch... naja, etwas extra Arbeit vertragen..." lacht er auf, wofür ich ihm noch einmal um den Hals fallen könnte.
"Du bist ein Schatz!" versichere ich ihm, als sich die Fahrstuhltüren öffnen.
"Danke, aber nicht, dass du mich bei ihm verpetzt!" belustigt zwinkert er mir zu und hält mir erneut die Tür auf, um mich in unser Büro zu lassen.
"Keine Sorge, ich bin nicht lebensmüde." versichere ich ihm grinsend. Allerdings rutscht mir dieses, kaum dass ich das Büro betrete vom Gesicht, denn niemand anderes als mein Boss persönlich steht mit finsterem Blick vor meinem Schreibtisch.
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