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Auf dem Rückweg ins Büro mache ich nochmal den Schlenker zur Reinigung, um den Anzug abzugeben.

Man! Für einen Samstag, den ich wirklich mit wichtigeren Dingen hätte verbringen könnte, kommt mir dieses ganze Gegurke echt sinnlos vor.

Den Scheiß, den ich bisher erledigt habe, den hätte ich auch am Montag zur ganz normalen Arbeitszeit erledigen können, aber naja. Vielleicht hat der Tyrann ja tatsächlich noch irgendetwas wichtiges, was nicht warten kann, für mich zu tun.

Mit grummelndem Magen fahre ich in den fünfundzwanzigsten Stock. Noch immer bin ich nicht dazu gekommen etwas zu essen und mittlerweile ist es schon weit nach Mittag. Und meine Laune ziemlich im Keller.

"Mr. Black. Ich bin zurück." melde ich mich bei ihm an und hänge seinen Anzug an die Garderobe in seinem Zimmer. Doch als ich sehe, dass er Telefoniert verstumme ich augenblicklich.

"Tschuldigung." flüstere ich tonlos, mache eine entschuldigende Geste mit der Hand und will das Zimmer verlassen, doch sein erhobener Zeigefinger hält mich auf.

"Ja, Mam. Ganz recht. Selbe Zeit, selber Ort. Vielen Dank." sagt er lächelnd und dreht sich auf seinem Bürostuhl in meine Richtung. Verträumt scheint er mich zu beobachten und streicht sich mit der Hand über seinen gepflegten kurzen Bart, der seinen Mund und sein Kinn umspielt. Dann fährt er sich mit dem Daumen über die Lippen und legt lächelnd den Hörer beiseite.

"Ja Sir?" melde ich mich stirnrunzelnd zu Wort. "Was kann ich für sie tun?"

Aufmerksam mustere ich ihn und bin eigentlich froh, dass er nachwievor hinter seinem Schreibtisch sitzt, denn so kann ich lediglich seine braunen, Muskulösen Oberarme und Schultern sehen, seinen Allerwertesten hingegen nicht.

"Könnten sie mir bitte kurz behilflich sein?" fragt er äußerst liebenswürdig, was mich ziemlich nervös macht.

Mr. Kotzbrocken Black ist nicht liebenswürdig! Niemals! Und ich hätte nicht gedacht, dass das Wort "Bitte" überhaupt in seinem Wortschatz existiert! Bisher jedenfalls nicht.

Unsicher nähere ich mich ihm und stelle mich hinter ihn, um auf seinen Monitor zu schauen, wo es scheinbar ein Problem gibt.

"Worum geht es denn?" frage ich hilfsbereit, bin mir aber nicht sicher, was ich von ihm zu erwarten habe.

"Ich möchte diese Mail drucken, aber es geht nicht. Wissen sie warum?"

"Lassen sie mich mal sehen." Über seine Schulter gebeugt greife ich nach der Maus und klicke mich durch unzählige Fenster, bis ich auf eine Fehlermeldung des Druckers stoße.

Dabei steigt mir sein überaus angenehmer Geruch in die Nase und mir wird peinlich bewusst, dass er nachwievor nicht wirklich viel an hat. Mit klopfendem Herzen, lese ich, was der Drucker für ein Problem hat, während mir Mr. Black aufmerksam zusieht.

"Hier steht's." sage ich erklärend. "Papierstau."

"Und was kann man dagegen tun?" Nachdenklich dreht er seinen Kopf in meine Richtung, was ihn mir unangenehm nahe bringt.

Besser gesagt meiner Brust, denn die ist so ziemlich auf seiner Kopfhöhe.

Seine strahlend blauen Augen verfinstern sich fast unmerklich und er macht einen tiefen Atemzug, der mich ganz durcheinander und meinen Pulsschlag völlig aus der Bahn bringt.

Schnell richte ich mich auf und gehe mit klopfendem Herzen zum Drucker, um den Papierstau zu beseitigen.

"Sie müssen nur hier die Schublade aufmachen und..." beginne ich unsicher, doch als ich höre, wie er aufsteht und zu mir kommt halte ich erschreckt in meinem tun inne.
Dicht hinter mir bleibt er stehen und schaut nun mir über die Schulter. Allerdings hat er es deutlich leichter, denn er ist über zwanzig Zentimeter größer als ich.

"Ja?" fragt er mit dunkler Stimme nach und veranlasst mich somit weiter zu machen.

Ich spüre die Wärme, die von seinem Körper ausgeht, so dicht steht er hinter mir. Aber er berührt mich nicht. Zumindest nicht mit seinem Körper, dafür streift sein Atem die Haut an meinem Hals, als er ausatmet, was mir eine unangenehme Gänsehaut verursacht.

"Sie müssen das zerknitterte Pap...Papier entfernen." beende ich angespannt meinen Satz, mit vor Nervosität zitternder Stimme.

Um ganz ehrlich zu sein, ist mir die Situation verdammt unangenehm. Was passiert hier eigentlich gerade?

Ich meine Hallooo! Wer ist der Kerl da hinter mir, der so nett und neugierig mein Tun beobachtet. Normalerweise würde er mich nicht einmal eines Blickes würdigen, ganz zu schweigen, Interesse daran zeigen, wie man ein solches Problem beheben kann.

Der Mr. Black, den ich kenne, würde mich höchstens anschnauzen, warum das nicht schneller geht und das ich gefälligst zusehen soll, dass ich fertig werde.

Und ich bin mir nicht sicher, welcher der beiden mir lieber ist.

Der, der gerade fast nackt und neugierig hinter mir steht, oder der angezogene Tyrann, der mich nicht mal mit der Kneifzange anfassen würde. Den ich dafür aber wenigstens ein klein wenig einschätzen kann.

Mit zitternden Fingern entferne ich das Papier, dass sich im Drucker verhakt hat.

"Jetzt nur noch das Fach schließen, dann sollte der Drucker wieder funktionieren." beende ich meine Erklärung, doch bevor ich auch nur dazu komme, die Schublade zu schließen, greift mein Boss an mir vorbei und schließt das Fach.

"So?" Fragt er leise nach und zieht seine große Hand zurück, wobei er zufällig an meiner Hüfte vorbei streift.

Zumindest hoffe ich, dass das zufällig war.

Unbehaglich schnappe ich nach Luft und trete mit rotem Kopf ein Stück zur Seite, dann gehe ich zum Schreibtisch zurück, um das Dokument erneut an den Drucker zu senden.

Das Herz schlägt mir bis zum Hals und meine Hände sind ganz Zittrig. Von meinen Beinen ganz zu schweigen. Aber Gottseidank ist er mir nicht zum Schreibtisch gefolgt, sondern wartet am Drucker auf sein Dokument.

Erleichtert atme ich tief durch um mich zu sammeln, dann trete ich auch von seinem Schreibtisch zurück und gehe Richtung Tür.

"Wenn das alles wäre Mr. Black, dann würde ich jetzt an die Arbeit zurückgehen." sage ich mit so fester Stimme ich kann.

"Danke. Das wärs fürs erste. Wenn sie mir noch den Terminkalender für nächste Woche fertig machen und die Dokumente für die Anwälte, dann können sie auch für heute Schluss machen."

Während er das sagt, schaut er mich nicht an. Er dreht sich nicht einmal um. Noch immer steht er vor dem Drucker, mit dem Rücken zu mir. Seine eine Hand liegt mit dem Ausdruck auf dem Gerät, die andere lässt er herabhängen, reibt den Daumen aber über die Innenfläche seiner Hand, als würden seine Finger schwitzen.

Verwirrt werfe ich noch einen Blick in seine Richtung, bevor ich die Tür hinter mir schließe und bin beinahe froh, dass er so... so... ja, ich weiß auch nicht wie, aber so nett war und mich nicht wie sonst zur Schnecke gemacht hat, für Dinge, für die ich nicht einmal was kann, wie den bekleckerten Anzug, oder eben den Papierstau.

So schnell ich kann, erledige ich was er mir aufgetragen hat. Speichere seinen Terminplan auch auf meinem Tablett, damit auch ich seine Termine für die Woche parat habe, für den Fall, dass er wieder vergisst, wie man den Plan liest oder er einfach nur zu faul ist selbst nachzuschauen, wie heute Nacht.

Dann klopfe ich leise an seine Tür und betrete unsicher den Raum, um ihm die Termine und die Akten zu bringen.

Wen werde ich wohl diesmal vorfinden? Den Mann von vorhin, der mir durchaus gefallen könnte, oder den Tyrann, der er normalerweise ist.

"Hier sind die Sachen, die sie wollten Mr. Black. Falls das alles ist, würde ich dann jetzt nach Hause gehen." so selbstsicher ich kann gehe ich auf seinen Schreibtisch zu doch umso dichter ich komme, desto dunkler wird sein Blick und ich kann sehen, wie er die Stirn runzelt.

Oh oh! So wie ich ihn kenne, würde ich sagen, dass es gleich ein Donnerwetter gibt. Nur warum weiß ich nicht.

Auf den letzten Metern verwandeln sich meine Beine immer mehr in Pudding, bis ich beinahe zitternd vor seinem Schreibtisch stehe und lege die Ausdrucke und den Ordner vor ihn auf den Tisch.

Wenigstens ist er inzwischen wieder angezogen, was für ein Glück!

"Hatte ich ihnen nicht gesagt, sie sollen die Tasche vom Bett mitbringen!" herrscht er mich an.

"Ähm, doch Sir." sage ich kleinlaut.

"Und wo ist sie dann?!" seine Stimme wird immer lauter und seine Augen beginnen gefährlich zu lodern. Wenn sie nicht so kalt wären, müssten eigentlich Funken aus ihnen schlagen, aber auch so brennt sich das Blau in meine braunen Rehaugen, die ich verschreckt weit aufreiße.

"In ihrem Auto, Sir. Ich hole sie sofort." beeile ich mich zu sagen, doch bevor ich auch nur einen Schritt Richtung Zimmertür machen kann hält er mich auf.

"Dafür ist es jetzt zu spät!" fährt er mich an.

Man! Welche Laus ist dem denn schon wieder über die Leber gelaufen? Kann er sich vielleicht mal entscheiden, wie er mich behandeln will? Ständig ändert er seine Launen, da bekommt man ja ein Schleudertrauma. Da wünschte ich mir fast, er hätte sich nicht angezogen, dann hätte ich wenigstens was zu begucken, während er mich mal wieder runter macht.

"Das nächste Mal tun sie gefälligst was ich sage und vergessen nicht die Hälfte!" schnauzt er mich an.

"Ich hab es nicht vergessen, ich hatte nur gedacht, dass sie..." beginne ich zu wiedersprechen, was leider gar nicht gut bei ihm ankommt.

"DENKEN?!" Brüllt er beinahe los. "Denken?" Sie könne nicht denken! Sie sind absolut nutzlos! Also überlassen sie das Denken gefälligst mir! Und jetzt machen sie, dass sie rauskommen!"

"Aber..." verwirrt schaue ich ihn an und will mir durch die Haare streichen, aber da ich sie zusammen gebunden habe geht das nicht.

So ein Arsch! Von wegen nicht denken! Ich hab die Tasche extra im Auto gelassen, damit er sie nicht wieder runter schleppen muss, denn er wird sie sicher nicht im Büro brauchen. Ich weiß zwar nicht was drin ist, aber was auch immer es ist, solange es keine Sportsachen sind und die braucht er nur am Montag, Mittwoch und Freitag, wenn Jason zum Training kommt, dann ist die Tasche im Auto besser aufgehoben, als hier oben im Büro.

Seufzend atme ich auf. Wozu mach ich mir darüber eigentlich Gedanken? Ist doch völlig egal, ob das was ich tue nun richtig oder falsch ist, er sucht doch immer nach einem Grund um mich anzuschnauzen, ganz so als hätte er Spaß daran.

Verunsichert schaue ich ihn an, doch dann straffe ich die Schultern, als sich bei meinem erneuten Wiederspruch seine blauen Augen zu schlitzen verengen und er mich wutentbrannt anstarrt.

"Ja, Sir." gebe ich schnell klein bei und suche das Weite, bevor er weiter über mich herfallen kann.

Seufzend lasse ich mich auf meinen Bürostuhl fallen. Und jetzt? Soll ich nach Hause gehen? Oder nicht? Eigentlich hat er ja gesagt, dass ich gehen kann, wenn ich die Sachen erledigt habe, aber so oft, wie er seine Meinung ändert, bin ich mir nicht sicher, ob das noch immer zählt.

Aber letzten Endes ist es auch egal. Der Tag ist ohnehin gelaufen. Jetzt kann ich auch den Scheiß von Gestern noch erledigen, den ich nicht mehr geschafft habe, dann habe ich am Montag wenigstens etwas weniger zu tun.

Sarkastisch lache ich auf. Wach auf Emely, nur weil dieser Papierkram erledigt ist, hast du nicht weniger zu tun. Nur andere Sachen.

Erneut geräuschvoll die Luft ausstoßend mache ich mich an die Arbeit. Ich kann nur hoffen, dass das in seinem Sinne ist, nicht das er noch einen Grund mehr hat mich fertig zu machen. Also...nicht, das er dafür einen Grund bräuchte...aber na ja.

Um kurz vor fünf sitze ich noch immer im Büro. Inzwischen habe ich allerdings den Salat gegessen und bin so gut wie fertig mit der Arbeit, als plötzlich schwungvoll die Bürotür aufgeht und mein Boss mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht aus dem Zimmer kommt, das jedoch erlischt, als er mich erblickt. Vor Verwunderung reißt er die Augen auf.

"Was machen sie denn hier?" fragt er brummig und knöpft mit gerunzelter Stirn sein Jackett zu. "Habe ich nicht gesagt, sie sollen gehen?!"

"Ja, Sir." sage ich schlicht, damit ich nicht schon wieder sagen muss, das ich gedacht habe...denn er denkt ja, das ich dazu nicht im Stande bin.

"Und warum sind sie dann noch hier?" fragt er erneut mit dunklem Blick.

"Ich wollte noch den Papierkram von gestern erledigen, Sir." verunsichert schaue ich zu ihm auf. Und blinzele ihn beinahe ängstlich mit meinen großen braunen Augen an. Hoffentlich hat er dagegen nicht auch was einzuwenden, doch Gott sei Dank bekomme ich lediglich ein schnauben von ihm zu hören.

Er hätte ja auch mal was Nettes sagen können, wie... schön, dass sie so fleißig sind, aber da war wohl der Wunsch die Mutter des Gedanken, oder ich habe schlicht vergessen, mit wem ich es zu tun habe.

"Schön! Wenn sie das erledigt haben, verschwinden sie endlich! Ich will sie hier nicht mehr sehen!" sagt er kalt und geht an mir vorbei ins Konferenzzimmer.

Na, Halleluja!

Eilig packe ich meine Sachen zusammen und fahre den Pc herunter, denn ich wollte sowieso gerade Schluss machen.

"Sir?" zögerlich stehe ich in der Tür zum Konferenzraum und beobachte meinen Chef, der Gedankenversunken vor dem Fenster steht und nach draußen schaut.

"Was gibt es denn noch Mrs. Stone?" seine Stimme klingt genervt aber er dreht sich nicht zu mir um. Stattdessen fährt er sich mit der Hand durch die Haare.

"Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich jetzt gehe."

"Gut." sagt er schlicht, doch gerade als ich mich zum gehen wende, dreht er sich zu mir. Sein Blick ist dunkel und eine gewisse Erregung schimmert in seinen Augen, die ich dort noch nie gesehen habe und die mich ein wenig aus der Bahn bringt.

Erstaunt schnappe ich nach Luft und weiche einen Schritt zurück.

"Am Montag holen sie die Stunde nach, die sie heute zu spät waren." verlangt er jedoch nur mit fester Stimme.

Wobei NUR nicht ganz zutrifft! Ach man! Scheiße! Denn das heißt, dass ich schon um sieben hier sein muss! Dabei hatte ich heute doch eigentlich frei! Wie kann er mir die verschlafene Stunde dann noch zusätzlich aufbrummen?!

Und wenn ich es ihm sage? Also dass mit dem Frei, ob er dann davon absieht? Bestimmt nicht, dann wird es sicher nur schlimmer. Deshalb sage ich seufzend.

"Ja, Sir."

So ein Idiotischer Tyrann! Ich hoffe, er trifft mal jemanden, der ihn so richtig übers Knie legt oder ihm mal ne Abreibung verpasst, damit er mal merkt, wie es ist, ständig herum geschubst zu werden.

Doch dann bin ich endlich auf dem Weg nach Hause, wo ich mich genüsslich in der Badewanne zu ertränken versuche. Leider ohne Erfolg. Dafür gehen meine Gedanken beim Eincremen auf Wanderschaft.

Zart streiche ich mit den Händen über die Haut an meinen Armen und Beinen und auch über meinen Bauch und die Brust. Verteile die ölige Feuchtigkeit überall dort, wo ich ankomme, dann gehe ich in mein Schlafzimmer um mich anzuziehen. Doch was dort auf dem Bett liegt, lässt mich nachdenklich werden.

*

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